Nach dem Abzug der Langobarden nach Italien begann allmählich jene Neuordnung des Alpen- und Donauraumes, die die Basis für das mittelalterliche Österreich bildete: Im Westen fand die Stammesbildung der Bayern statt, wobei das westliche Oberösterreich und der Salzburger Raum eine wichtige Rolle spielten. Die Enns war die Grenze zum awarischen Machtbereich. Slawische Siedler drangen allmählich in die Ostalpen vor, es entstand das slawische Stammesfürstentum der Karantanen, das aber bald unter bayerischem Einfluß geriet. Der awarische Machtbereich war keineswegs ident mit dem awarischen Siedlungsgebiet, das wohl in erster Linie große und kleine ungarische Tiefebene umfaßte. Bis heute heftig umstritten und noch nicht geklärt ist die Frage nach der Zusammensetzung der Bevölkerung Ostösterreichs in der Awarenzeit. Mit dem Fortbestehen älterer (romanischer, germanischer) Elemente ist wohl ebenso zu rechnen wie mit der Zusiedlung von Slawen bis zur Traun und in das Salzkammergut.
In den Awarenkriegen Karls des Großen wurde die awarische Macht ausgeschaltet und der ganze riesige Raum bis zum Plattensee und der ungarischen Donau Bayern und damit dem Frankenreich eingegliedert, verwaltungsmäßig und kirchlich organisiert und zum Teil auch kolonisiert. Im 9. Jahrhundert spielte dieses Ostland eine politisch immer wichtigere Rolle. Mit dem Auftauchen der Magyaren und der schweren Niederlage des bayerisch-fränkischen Heerbannes bei Preßburg im Jahre 907 endete diese hundertjährige Epoche unserer Geschichte, die Enns wurde wieder Grenze. Anders als das Gebiet bis zur Leitha und Lafnitz, das ja nach wenigen Jahrzehnten erneut von der deutschen Ostexpansion erfaßt wurde, geriet das Gebiet des heutigen Burgenlandes in den Einflußbereich der ungarischen Staatsbildung.
Das Verhältnis der Bayern zu den Awaren bzw. auch zu den Slawen war wechselhaft. 595 etwa mußte der Bayernherzog Tassilo eine schwere Niederlage gegen die Awaren einstecken, angeblich fielen 2000 Bayern. Garibald II., Tassilos Sohn, wurde 610 bei Aguntum von den Slawen geschlagen. Die Grenze verlief damals noch quer durch die Ostalpen, von der Enns über den Pongau bis Innichen. 626 scheiterten die Awaren vor Konstantinopel, sie hatten den Höhepunkt ihrer Macht damals wohl schon überschritten. Damals entstand das Slawenreich des Samo, mit Schwerpunkt im Sudetenraum, mit Ausstrahlung aber auch in die Ostalpen. Den Awaren gelang es nicht mehr, ihren Einfluß auf die Alpenslawen zurückzugewinnen. Die Karantanen unterstellten sich schließlich den Bayern.
711 erfolgte ein awarischer Vorstoß über die Enns. Dabei wurde Lorch zerstört. 741/42 siegten die Bayern zusammen mit dem Karantanenfürsten Boruth über die Awaren. Es gab aber auch lange Zeiten des friedlichen Nebeneinanders. 782 erschien auf einer Reichsversammlung in Sachsen eine awarische Gesandtschaft des Khagans. Tassilo III. von Bayern nahm anscheinend sogar Verbindung zu den Awaren auf, um seine Herrschaft abzusichern - was dann zum Vorwand für seine endgültige Absetzung wurde.788 unterstellte Karl d.Große das Bayernland direkt seiner Herrschaft. Die Awaren waren anscheinend durch die Entwicklung bei ihrem westlichen Nachbarn sehr beunruhigt: große Scharen von Awaren tauchten nach langer Zeit wieder an der Enns auf, anscheinend um ihren Anspruch auf diese Grenze zu demonstrieren. Mit dem Ende der Agilolfinger in Bayern begann dann die neue Phase der Expansiopn in den Südosten.
Im Jahre 788 begann der Krieg gegen die Awaren mit Kämpfen bei Amstetten, ein awarischer Rachefeldzug scheiterte. Die Awaren errichteten Befestigungen und Sperren an der Kampmündung und an den Ausläufern des Wienerwaldes.790 scheiterten Verhandlungen - die Gebietsansprüche der Franken waren vermutlich zu groß, man wollte den Krieg gegen die Awaren.
791 fand der erste große Heerzug gegen die Awaren statt. Karl d.Gr.selbst übernahm die Führung. Die fränkischen, sächsischen, friesischen, bayerischen und alamannischen Kontingente sammelten sich bei Lorch. Der Bayernpräfekt Gerold und die Bischöfe Arn von Salzburg und Atto von Freising nahmen teil; eine Donauflottille sollte für Nachschub sorgen. Nach dreitägigem Fasten brach man im September, also verhältnismäßig spät für ein derartiges Unternehmen, auf. Es zeigte sich bald, daß die Awaren nicht mehr die gefährlichen Gegner waren, als die man sie früher kannte. Sie zogen sich zurück, gaben ihre Befestigungen auf. Bis zur Raab gab es keinen Widerstand. Der Winter und eine Pferdeseuche zwangen dann zur Umkehr. Karl selbst marschierte mit einem Teil des Heeres über Steinamanger/Savaria zurück. Im November war man wieder an der Enns. Der Feldzug, in dessen Verlauf einige kirchliche Würdenträger an den Strapazen gestorben waren, hatte reiche Beute gebracht, die Awaren aber nicht besiegt.
Der Druck, der vom Frankenreich ausging, spaltete die Awaren. Es kam zu schweren inneren Auseinandersetzungen, einzelne Gruppen begannen, unabhängig vom Khagan die Unterwerfung anzubieten, so etwa 795 der Tudun, der möglicherweise mit seinen Leuten das Wiener Becken und Westungarn bewohnte. Diese Awaren erklärten sich bereit, Christen zu werden.
795 griff Herzog Erich von Friaul die Awaren erneut an, eroberte deren Zentrum, den "Ring", der nach der Meinung der meisten Forscher zwischen Donau und Theiß lag, und kehrte mit unermeßlicher Beute zurück. Im Frühjahr 796 erschien der Tudun mit großem Gefolge in Aachen und ließ sich taufen. Im Sommer 796 stieß erneut ein großes fränkisches Heer bis zur Donau vor, errichtete dort ein festes Lager und nahm die Unterwerfung des neuen Khagans entgegen. Eine Bischofssynode leitete erste Maßnahmen zur Christianisierung und kirchlichen Organisation ein. Jene Awaren, die sich nicht unterwerfen wollten, zogen sich über die Theiß zurück.
In den folgenden Jahren gab es vereinzelt noch Widerstand. 799 scheiterte eine große, aber nicht koordinierte Gegenoffensive der Awaren. Die beiden Präfekten an der Ostgrenze, Gerold I. und Erich v. Friaul, fielen; auch noch 802 gab es Widerstand, die beiden Königsboten Goteram und Cadaloc fanden "ad castellum Guntionis" den Tod. 803 wurde wieder ein Frankenheer entsandt, der Tudun unterwarf sich erneut, awarische und slawische Fürsten erschienen in Regensburg.
Um die Frage, wo das Kastell des Guntio lag, gab es in der Forschung Kontroversen. Zumeist wird es in Westungarn lokalisiert, eine Gleichsetzung mit Güns von der Sprachwissenschaft her aber eher abgelehnt. Wolfram hält es nicht für unmöglich, daß es sich bei Guntio um einen jener Adeligen germanischer Herkunft handelt, die unter awarischer Herrschaft ihre Position behauptet hatten. Die Quellen berichten auch von einem "Awaren" mit gepidischem oder suebischen Namen, der zu den Franken überging. Ebenfalls bei Wolfram findet sich die Andeutung, daß auch jene drei "Mattersburger" Geschwister Wirut, Gisilmar und Wentilmar, die 808 ihren Besitz vom Ort Wolfsbach bis zur Wiesach, von da bis zum Winterbach...an das Kloster St.Emmeran in Regensburg übergaben, dieser Gruppe angehörten. Wirut ist nicht germanisch, wohl aber die Namen der beiden anderen, ihres Vaters und auch ihres Dieners, den sie ebenfalls Regensburg schenkten. Es könnte sich durchaus um alteingesessene Personen, die die Awarenherrschaft überdauerten, gehandelt haben.
805 erreichte ein bereits christlicher Kapkhan namens Theodor von Karl d.Gr. die Anerkennung eines awarischen Tributärfürstentums zwischen Carnuntum und Sabaria. Theodors Awaren waren aus ihren früheren Sitzen (vermutlich in der südlichen Slowakei) abgezogen, weil sie dort von den Slawen bedrängt worden waren. Dieses Tributärfürstentum wird in den Quellen bis 822 erwähnt, seine Vertreter kamen sogar zu den fränkischen Reichstagen. Vermutlich wurde es 828 aufgelöst. Ein anderer Awarenfürst ließ sich 805 an der Fischa auf den Namen Abraham taufen.
Auf die Eroberung erfolgte die organisatorische Eingliederung in das Frankenreich. Schon 796 wurde dem Erzbischof von Salzburg "das Gebiet Pannoniens um den Plattensee" sowie der gesamte Raum, der von Raab, Donau und Drau begrenzt wird, übergeben. 799 führten der Präfekt Gerold und Erzbischof Arn von Salzburg den neugeweihten Chorbischof Theoderich in sein Amt im Ostland ein. Es wird vermutet, daß er seine Basis in Besitzungen an der Leitha hatte. Die Diözesangrenzen waren in dieser Zeit noch fließend, lediglich dort , wo es zu Streitereien kam, wurden sie genau festgelegt. Dies geschah 828/30 zwischen Passau und Salzburg: König Ludwig d. Deutsche bestimmte folgende Grenze zwischen der Diözese Passau im Norden und der von Salzburg im Süden: Spratzbach,Rabnitz und Raab.
Auch in der weltlichen Verwaltung kam es bald zu einer ähnlichen Lösung. Zunächst unterstanden die neu eroberten Gebiete dem Bayernpräfekten Gerold. Nach seinem Tod wurden Altbayern und das Ostland (bestehend aus dem Traungau, Karantanien und Pannonien) getrennt, das Ostland bekam eigene Präfekten, die aber den Bayernpräfekten nachgeordnet waren. Die Präfekten des Ostlandes waren Goteram, Werner, Albrih, Gotafrid , Gerold II. Neben ihnen sind aber auch noch andere Grafen und Königsboten als königliche Beauftragte im Ostland bezeugt. 828/30 wurde das fränkisch-bayerische Pannonien in ein Oberpannonien und ein Unterpannonien geteilt.
Unter der Leitung des Ostlandpräfekten standen auch die einheimischen Stammesfürsten, so weit sie von den Franken anerkannt wurden. Bei einem Thronwechsel mußte allerdings die Zustimmung des ostfränkischen Königs eingeholt werden. Solche trubutäre Fürstentümer waren Karantanien und auch das 805 errichtete awarische Gebiet des Theodor. Im Laufe der Zeit verschwanden diese allerdings und wurden in die normale fränkische Grafschaftsverfassung eingegliedert. Östlich der Enns gab es nach der Eroberung viel "herrenloses" Land, was natürlich nicht bedeutet, daß es auch menschenleer war. Dieses Land wurde nun an bayerisch-fränkische Große, vor allem aber an die Kirche vergeben oder einfach in Besitz genommen. Die königlichen Schenkungsurkunden konnten später eingeholt werden. Besonders reiche Schenkungen gingen an Salzburg, Passau, Regensburg, Freising, an die Klöster Tegernsee, Niederaltaich, Kremsmünster, Mattsee und Moosburg am Plattensee. Es scheint, als ob diese neuen Herren zumindest im heutigen Niederösterreich und am Ostrand der Alpen,also auch im heutigen Burgenland, eine umfangreichere Kolonisation mit abhängigen Bauern begonnen hätten. Wie intensiv diese Erschließung war, ist allerdings umstritten.
833 bekam das Ostland mit Radpot einen neuen Präfekten. Im selben Jahr mußte der christliche Sawenfürst Priwina seine Heimat Neutra in der Slowakei - vom Mährerfürst Moimir bedrängt - mit seiner Gefolgschaft verlassen. Dies war für Pannonien ein folgenschweres Ereignis, denn Priwina wurde 838/40 am Plattensee angesiedelt, wo er ein slawisches Tributärfürstentum errichtete. Das Zentrum seiner Herrschaft war die Mosapurc (Moosburg, das heutige Zalavár). Mosapurc wurde zum Stützpunkt der bayerischen Kirche bei der Christianisierung Pannoniens. Unter Priwina und seinem Sohn Chozil wurden etwa 30 Kirchen geweiht.
Priwina erhielt von den fränkischen Königen große Landschenkungen. In Mosapurc ließ er einige Kirchen erbauen, der Erzbischof von Salzburg schickte ihm dafür Handwerker wie Maurer, Maler, Schmiede und Zimmerleute. Auch die Geistlichkeit an Priwinas Hof war überwiegend bayerisch - fränkischer Herkunft. Für die burgenländische Geschichte besonders interessant ist ein Presbyter Dominicus, ein Bayer, der möglicherweise Notar in der Kanzlei Ludwigs des Deutschen gewesen war. Ihm verlieh 844/45 der König zu Brunnaron am Zöbernbach, dort, wo die Grafschaften Radpots und Rihharis zusammenstießen, aber außerhalb von Priwinas Herrschaftsbereich, Besitzungen. Etwas später beschenkt Ludwig der Deutsche seine Anhänger im Ostland, auch im Bereich des heutigen Burgenlandes, reich: so etwa erhält der Chorbischof Alberich eine reiche Ausstattung im Raume Ödenburg, das Reichskloster Mattsee zwanzig Hufen am Ostabfall der Buckligen Welt und das Erzbistum Salzburg Steinamanger und Postrum (Szentpéterfa).
844 wurde das Land des Ostlandpräfekten geteilt. Grenze wurde der Zöbernbach. Nördlich davon lag die Grafschaft des Radpot, südlich davon die des Rihhari mit der Hauptstadt Steinhamanger. Östlich schloß das abhängige und in das fränkische Lehenssystem eingebaute Fürstentum Priwinas und Chozils an. Das Nord- und das Südburgenland gehörten also wieder - wie schon zur Römerzeit - getrennten Verwaltungseinheiten an.
Die zweite Hälfte des 9.Jahrhunderts ist geprägt durch heftige Auseinandersetzungen mit dem Mährischen Reich. Die Krieger Rastislavs fielen wiederholt im Ostland ein. Dazu kamen innere Probleme wie etwa die Rebellion Karlmanns gegen seinen Vater Ludwig d.Dt. 871 wurden die Grafschaften im Osten an Ar(i)bo vergeben, den Stammvater der Aribonen, die die mächtigste Familie im Ostland werden. Die vielen Kriege und die Fehden zwischen den Adelsparteien schaden aber dem Land sehr, die Zeitgenossen beklagten den Untergang des "glücklichen Pannonien". 876 übernahm Arnulf von Kärnten, Karlmanns Sohn, die Herrschaft im Ostland.
Nach Chozils Tod wurde auch das Fürstentum Mosapurc direkter bayerisch- fränkischer Herrschaft unterstellt. Im Jahre 881 kam es zum ersten Zusammenstoß der Bayern mit den Magyaren bei Wien und Pöchlarn, 892 nahmen magyarische Scharen an einem Einfall König Arnulfs in Mähren teil. In Bayern hatte inzwischen der Aufstieg Liutpolds begonnen. Er übernahm nun die Magyarenabwehr. 900 überschritten diese erstmals die Enns. In diesem Jahr ging vermutlich auch die Grafschaft Steinamanger an die Magyaren verloren. 901 plünderte ein magyarisches Heer Karantanien, bei der Rückkehr wurde es an der Fischa geschlagen. Sie erwiesen sich immer mehr als die gefährlicheren Gegner. 902 zogen bayerisch-fränkische Truppen und Mährer gemeinsam gegen den neuen Feind. 904 wurde eine magyarische Gesandtschaft von den Bayern umgebracht.
Am 4.Juli 907 ging in der Schlacht bei Preßburg das bayerische Ostland, das Kolonisationswerk eines Jahrhunderts, unter. Markgraf Liutpold, Eb.Theotmar von Salzburg, Bischof Udo von Freising, zahlreiche Grafen und Herren Bayerns und des Ostlandes fielen gegen die Magyaren, die Enns wurde wieder zur Grenze. Allerdings heißt das nicht, daß jegliches Leben östlich der Enns aufhörte. Die alten Rechte, die dort bestanden, auch die Besitzansprüche, wurden niemals aufgegeben. Noch 926 hielt sich etwa der Freisinger Bischof Drakolf im Ostland auf (er ertrank dabei im Greiner Donaustrudel). Die Beziehungen zu den Magyaren waren auch keineswegs nur feindlicher Natur. So etwa ging der Bayernherzog Arnulf (Sohn Liutpolds) zweimal ins magyarische Exil. Es ist zu vermuten, daß auch ein beträchlicher Teil der Bevölkerung den "Ungarnsturm" überlebte. Zu einer magyarischen "Besiedlung" des eroberten Gebietes kam es nicht.
Barb, A.A.: Das "Öde Kloster" - römischer Gutshof, karolingische Festung, Zisterzienser - Abtei ? Burgenländische Heimatblätter 23. Jahrgang Heft 3. Eisenstadt 1961 |