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  • 1391 Wyderfew
  • 1428 Gederfew
  • 1572 Geoderfeu
  • 1618 Neustift alias Geödörfeö
  • 1697 Najstift
  • 1773 Neustift
  • 1863 Gödorfö, Neustift
  • 1892 Ujtelep, Gödörfö, Ujtelek, Neustift
  • 1907 Ùjtelep
Der ungarische Name bedeutet Obergraben, am Beginn des Grabens liegend. Der Ort wurde im 16. Jahrhundert neu besiedelt und erhielt den Namen Neustift. 1971 wurden die Gemeinden Neustift, Großmürbisch, Kleinmürbisch, Inzenhof und Tschanigraben zur Großgemeinde Neustift bei Güssing zusammengeschlossen. 1991 wurden die Gemeinden wieder getrennt.

Neustift bei Güssing ist heute eine Gemeinde mit 447 Einwohnern (Stand 1. Jänner 2022) im Bezirk Güssing. Das Dorf ist eine Streusiedlung.

Von der urgeschichtlichen Besiedlung zeugen zwei Hügelgräber im Fidischwald.

Im Mittelalter gehörte das Dorf zur Burg und Herrschaft Güssing. In der frühen Neuzeit wird das anscheinend wüst gefallene Dorf neu bestiftet. 1604 wird es erstmals Neustift genannt. Im 16. Jahrhundert besaßen die Batthyany in Neustift vier bis fünf Gehöfte. Seine Entwicklung war stark durch die Nähe zur Güssinger Burg geprägt, etwa während der Türkenbelagerung von Güssing 1532 oder während des Bocskai-Aufstandes.

1648 wurde das Dorf von Adam Batthyány an Franz Perneszi verpfändet. 1662 kam es an Christoph Batthyány von der älteren Linie. 1663 wurde das Dorf erneut verpfändet, an Perneszi, und 1668 an Anna Grezczy, die Witwe des Istvan Kisfaludy.

Nach Vera Zimanyi, der Bauernstand in der Herrschaft Güssing im 16. Und 17. Jahrhundert hat sich Neustift folgendermaßen entwickelt:

  • 1576 gab es 9 Ansässigkeiten, davon 5 ganze und 4 halbe. 9 ganze Ansässigkeiten (56,25 %)  lagen öde. 1588 bestanden 11 Ansässigkeiten, davon  2 ganze und 9 halbe. 9 ganze Ansässigkeiten (58%) lagen öde. 1599 bestanden 12 Ansässigkeiten, davon 4 ganze und 8 halbe. 8 ganze Ansässigkeiten (50 %) lagen öde.
  • 1634 bestanden 16 Ansässigkeiten, davon 1 ganze, 8 halbe, 3 Eindrittel- und 4 Einviertelansässigkeiten. 8 Ansässigkeiten (53,33 %) lagen öde. 1634 wurden erstmals 5 Söllner gezählt.
  • 1643  gab es 21 Ansässigkeiten, davon 1 ganze, 9 halbe, 3 Eindrittel und 8 Einviertel Anaässigkeiten. Ein Söllner lebte im eigenen Haus, drei in einem anderen Haus, 10 Söllner wohnten bei ihrem eigenen Weingarten (mit Viehbestand) 7 Söllner in einem Weingarten eines anderen. 7  ¾  Ansässigkeiten lagen öde.
  • 1691 gab es 50 Ansässigeiten, davon 2 halbe und 44  Einviertel- Ansässigkeiten. Sowie 4 Einachtelansässigkeiten.  1 Söllner und 3 Inwohner lebten im Dorf, 14 im eigenen Weingarten. Sie besaßen zusammen 82 Hauer Weingarten  und 44 ½ Metzen Rodungsgründe. Nur mehr 1 ¾ Ansässigkeiten (12 %) lagen öde.
  • 1590 gab es einen Freigekauften, der 6 Gulden bezahlte und dafür von der Robot befreit war. 1604 befreite sich 3 Bauern mit je einer halben Ansässigkeit um zusamen 400 Gulden von Robot, Bannweingeld und königlicher Steuer.

1648 war ein Söllner Schuhmacher, ein Sohn eines Bauern war Nachtwächter in der Burg.

Weingärten gab es 1634  720 Hauer  in vier Rieden. 1691 waren zwei Allodialweingärten  mit 60 und 40 Hauer vorhanden. 1651 wurden 363 Hauer, 1691 395 Hauer  erfasst.

Nach der Konskription von 1720 wurden die Felder in Wechselfolge bewirtschaftet. Sie werden als gebirgig und steinig beschrieben. Die Wiesen gaben mittelmäßig Heu, Weide und Brennholz waren karg. Auf einem Hauer Weingarten konnten zwei Eimer Wein geerntet werden. Die Rodungsgründe umfassten 1588 24 Joch, 1638 51 ½ Joch, 1691 aber schon 143,5 Joch (bei 174 Joch Ackerland und 72,5 Joch Wiesen.

Der Viehbestand war bescheiden: 1643 26 Pferde, 43 Ochsen, 43 Kühe, 1691 17 Pferde, 12 Ochsen, 51 Kühe. 1691 hatten 22,4 % kein Zugvieh. Die durchschnittliche Zugkraft im Besitz eines Hauses sank von 5,18 im Jahre 1643 auf 1 im Jahre 1691.

Die Entwicklung ist für charakteristisch für viele Dörfer des südlichen Burgenlandes. Obwohl viele Ansässigkeiten öde lagen wurden die Ansässigkeiten im Laufe der Zeit geteilt, um die hohen Belastungen vor  allem durch die Robot zu reduzieren. Auch die vielen Söllner passen in dieses Bild. Viele Söllner zogen es vor, sich in den Weingärten niederzulassen. Ihre Situation war nicht viel schlechter als der der Bauern. Einige von ihnen hatten einen durchaus beachtlichen Viehbestand. Die Weingärten waren nicht an die Session gebunden und konnten frei gekauft und verkauft werden. Auch das bis zum Ende des 18. Jahrhunderts stark zunehmende Rodungsland weisen in diese Richtung. Die Reutäcker waren mit geringeren Abgaben belastet als die an den Hof gebundenen Urbarialgründe. Erst der im ausgehenden 18. und im 19. Jahrhudert stark zunehmende Bevölkerungsdruck führte zur Nutzung auch der öde liegenden Sessionen.

 

Entwicklung seit dem ersten Weltkrieg

Auch noch in der Zwischenkriegszeit änderte sich wenig an der sozialökonomischen Struktur. Auch Neustift blieb trotz der Nähe zu Güssing ein Bauerndorf mit schlechten Verkehrsverbindungn. Das Ventil für die vor allem in den 1930er Jahren überschüssigen Bevölkerung war einerseits die Amerikawanderung und dann immer mehr die Pendlerwanderung. 1923 wanderten 86 Personen nach Amerika aus. Erst zur Zeit des Wirtschaftsaufschwunges ab den späteren 1960er Jahren verbesserte sich die Situation. Aus den Wanderarbeitern und Wochenpendlern wurden Tagespendler, vor allem nach Güssing

1931 erfolgte die Einweihung des Kriegerdenkmales. Im Jahr 1949 erfolgte die Elektrifizierung im Ort, in den Bergen erst Ende der 50er-Jahre.
Das größte Gebäude Neustifts ist das Schulgebäude, das 1954 errichtet wurde. Die dafür benötigte Bauzeit erstreckte sich über Jahre. Die Finanzierung wurde zum größten Teil von der Landesregierung getragen. Mit dem Schulbeginn konnte 1958/59 begonnen werden. Die Gemeinde hatte zu dieser Zeit noch keine erschlossenen Straßen; die heutige Verbindung von Heiligenkreuz im Lafnitztal nach Güssing durch das Hottergebiet von Neustift entstand erst mit dem Bau der Bundesstraße im Jahr 1956. Auch der Ausbau der Güterwege begann in den 60er-Jahren.

1964 wurde ein Schlepplift errichtet (der erste Schi-Lift im gesamten Burgenland), den man jedoch nach einiger Zeit sperren musste.
1970 erfolgte die feierliche Einweihung des neuen Gemeinde- und Feuerwehrhauses.
1971 war Neustift durch Zusammenlegung der Ortschaften Neustift, Inzenhof, Kleinmürbisch, Großmürbisch und Tschanigraben zur Großgemeinde geworden. Nach Auslegung der des Verfassungsgerichtshofes ging die Zusammenlegung nicht mit den Strukturverbesserungsgesetz konform, und mit Wirkung vom 31. Mai 1991 erfolgte die Auflösung der Großgemeinde.

Anfang der 70er-Jahre schloss sich die Gemeinde dem Wasserverband "Unteres Lafnitztal" an und sicherte somit ihre Wasserversorgung.

Im Frühjahr 1977 wurde mit dem Bau einer Leichenhalle begonnen, die 1979 eingeweiht wurde.

 

Bevölkerungsentwicklung und Politische Entwicklung

Die Einwohnerzahl erreichte im Jahre 1890 mit 1163 Personen einen Höhepunkt und sank noch bis 1923  auf 762 Personen ab. In der Zwischenkriegszeit stagnierte sie trotz der starken Auswanderung um 800 Einwohner. Vor allem seit den 1970er Jahren sank die Einwohnerzhl erneut stark ab: 1971 753; 1991 614, 2011 509 und 2021 447. Trotz aller Bemühungen und obwohl ein reges Vereinsleben besteht konnte dieser Prozess nicht gestoppt werden.Die Abwanderng hatte natürlich eine negative Geburtenbilanz und eine starke Überalterung zur Folge.

Im Gemeinderat dominiert die SPÖ mit 9 bis 11 Mandaten. Die ÖVP brachte es auf 2 bis 3 Mandate. Seit 1997 verzichtete sie auf einen eigenen Bürgermeisterkandidaten. Langzeitbürgermeister war bis 2007 Ewald Steiner. Sein Nachfolger wurde Franz Kazinota.

 

Kirchen und Schulen

Unter den evangelischen Batthyany, die Güssing zu einem Zentrum des Protestantismus machten, wurde auch Neustift evangelisch. Anders als in vielen Gemeinden der Herrschaft Güssing konnten sich in Neustift aber nach der Vertreibung der evangelischen Pfarrer und Lehrer weiterhin Evangelische halten. Bis zum Toleranzpatent Josefs II. mussten sie aber ihre kirchlichen Handlungen von den jeweiligen katholischen Pfarrern vornhemen lassen. 1792  bekannten sich  262 Personen zum evangelischen Glauben, 250 Personen waren katholisch. Die Evangelischen schlossen sich als Tochtergemeinde Kukmirn an, obwohl Eltendorf näher lag. In Kukmirn bestand schon 1786 ein Bethaus. In den folgenden Jahrhunderten verschob sich die konfessionelle Zugehörigkeit zugunsten der Katholiken: 1832 kamen auf 290 Evengelische bereits 367 Katholiken, 1896 auf 440 Evangelische 628 Katholiken. Nach langen Bemühungen um die Loslösung von Kukmirn schon ab 1866, gegen die sich die Muttergemeinde aus finanziellen Gründen strebte, erfolgte 1940 der Anschluss an Eltendorf als Muttergemeinde.

Neustift  war immer eine Filiale der katholischen Kirchengemeinde Güssing. Die katholische Filialkirche St. Anton  in den Neustifter Bergen wurde 1950/51 gebaut und 1955 geweiht. Wahrscheinlich um das Jahr 1700 dürfte die erste röm. kath. Schule in Neustift entstanden sein. Auch die Anschaffung einer kleinen Glocke erfolgte vermutlich in dieser Zeit. 1879 wurde eine neue katholische Schule gebaut.

Die evangelischen Kinder besuchten weiterhin die katholische Schule. Bis 1860 wirkten in Neustift aber auch evangelische Winkelschulmeister in einer Notschule, die größeren Kinder besuchten die evangelische Schule in Zahling. 1860 kauften die Evangelischen ein Bauernhaus und richteten es als Schule ein. Auf die Ausschreibung meldete sich aber kein geprüfter Lehrer. So wurde der ungeprüfte Johann Georg Ochsenhofer  eingestellt, der aus Schreibersdorf kamund einen guten Ruf hatte. Er trat 1879 in den Ruhestand. Sein Nachfolger wurde bis 1882  der aus Güns stammende und in der Evangelischen Lehrerbildungsanstalt Ödenburg ausgebildete Lehrer Theophil Loibersbeck (Vater des Historikers Dr. Josef Loibersbeck. Bis zur Auflösung der konfessionellen Schulen 1939 waren Alexander Kurz, Tobias Bruckner und Adolf Perl.

1885 – 1889 wurde eine neue evangelische Schule gebaut. Sie diente auch noch nach der Abschaffung der konfessionellen Schulen als Schulgebäude. 1958 wurde ein neues Schulgebäude errichtet. In der alten, 1994 schön renovierten Schule richtete die evangelische Filialgemeinde einen Betsaal ein.

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Quellen

  • Fiedler,Karl: Geschichte der evangelischen Filialgemeinde Neustift bei Güssing. In: Volk und Heimat 1964

  • Zmanyi, Vera: Der Bauernstand der Herrschaft Güssing im 16. Und 17. Jahrhundert. Burgenländische Forschungen. Eisenstadt 1962