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Der Dreißigstzoll war der ungarische Außenhandelszoll. Er war ein Wertzoll, der nach dem Wert der aus- und eingeführten Waren bemessen wurde. Im Allgemeinen wurde nicht ein Dreißigstel sondern ein Zwanzigstel des Warenwertes festgelegt. Der Zolltarif für die einzelnen Warengattungen wurde „vectigal regium“  oder kurz Vectigal genannt. 1539 wurde ein Vectigal für die Dreißigstämter im Windischland erlassen, 1545 wurden die Tarife für den ungarischen und den slawonischen Dreißigstzoll neu festgelegt. Besonders die Zollsätze für Vieh wurden neu angeordnet: für einen Ochsen, einen Stier, ein Pferd je ein ungarischer Gulden, für eine Kuh 15 ungarische Denare, für einen jungen Ochsen oder einen jungen Stier 40 ungarische Denare. König Ferdinand I. erhöhte den zuletzt genannten Tarif auf das Doppelte und erhöhte ihn 1546 erneut.

Vor 1527 unterstanden sämtliche Dreißigstämter in Ungarn und im Windischland der Ungarischen Kammer in Preßburg. König Ferdinand unterstellte sie der Niederösterreichischen Kammer. 1578 erhielten Andreas Weißenberger und Georg Günther von der Niederösterreichischen Kammer den Auftrag zur Visitation. Zunächst wurde das Hauptdreißigstamt Preßburg mit den Filialämtern Stampfen und Geiring visitiert. Oberdreißiger war 1578 in Preßburg Franz Kamper, damals Grundherr eines Anteils von Gattendorf und Hausbesitzer in Preßburg.

Überprüft wurden die Dreißigstamtsgebäude, die ordnungsgemäße vierteljährliche Ablieferung der eingenommenen Gelder. Bei jedem Dreißigstamt hatten der Dreißiger und der zugeordnete Gegenschreiber zwischen ein und vier gerüsteten Pferden zu halten. Sie dienten der Kontrolle der Straßen und der Verfolgung von Schwärzern (Schmugglern).

Südlich der Donau hatte sich Ungarisch Altenburg zum Hauptdreißigstamt bis in die Gegend von Güns entwickelt. Ihm unterstanden die Dreißigstämter Deutsch Jahrndorf, Karlburg, Raab, Zurndorf, Neusiedl am See, Ödenburg, St.Martin. Früher waren Rust, Mörbisch und Kroisbach Filialen von Ödenburg. Der Dreißigigst im Windischland begann bei Pinkafeld. Rudersdorf war ein Nebendreißigstamt, zu dem die Filialen Oberwart, Allhau, Deutsch Kaltenbrunn, Stegersbach, Ollersdorf, Rauchwart, Welten Jennersdorf und Henndorf gehörten.

Bei der Visitation der Dreißigstämter wurden oft Haarsträubende Missstände festgestellt. Nach den Vorschriften hatten Dreißiger und Gegenschreiber am Dienstort oder in unmittelbarer Nähe zu wohnen. Ihren Dienst hatten sie persönlich auszuüben und durften sich nur in Ausnahmefällen vertreten lassen. Der Oberwarter Filialdreißiger Gregor Luplitsch und sein Gegenschreiber Gregoritsch bezogen je 48 Gulden und hatten ein Pferd zu halten. Sie lebten aber weit entfernt, hielten die Pferde nicht und beauftragten einen Bauern mit ihrem Amt. Am Amtssitz ließen sie sich nur selten sehen. Ähnlich waren die Zustände in Allhau. Ihr Amt übertrugen sie einem Bauer mit Namen Paul Fink legte laut Visitatoren „viele Dreißigstgefälle lieber in seinen eigenen Beutel legte als in die Amtstruhe“. Der Gegenschreiber Feyrtag betrieb sogar einen schwungvollen Handel mit Pferden und anderem Vieh, ohne jemals den Dreißigst zu entrichten Im Dreißigstamt Rudersdorf war 1578 Hans Bötsch Gegenschreiber mit einem beachtlichen Jahresgehalt von 192 Gulden. Er war ein alter, schwacher Mann, der sich auf keinem Pferd halten konnte. Die drei Pferde, die er unterhalten sollte, waren außerdem für die Verfolgung von Schwärzern ungeeignet. Er hatte seine Stelle gnadenhalber als Flüchtling aus Kroatien erhalten. Die Visitatoren forderten seine Entlassung. Probleme gab es mit den Beschäftigten des Schwefel – und Kupferbergwerkes des Grafen Julius von Salm in Neustift - Bernstein, die große Mengen an Lebensmitteln, auch an Schlachtvieh, auch aus Niederösterreich und der Steiermark benötigten und behaupteten, dass sie von der Bezahlung des Dreißigst befreit seien. Probleme hatte der Dreißiger auch mit zwei Untertanen Balthasar Batthyanys, die im Auftrag der Pullendorfer Vieh aufkauften und dieses dann ohne Bezahlung des Zolls nach Österreich und in die Steiermark trieben.

Einen tiefen Einblick in das System geben die Beschwerden des St. Martiner Dreißigers Melchior Schöder 1616, die er der niederösterreichischen Kammer vorlegte. Die meisten Fälle betrafen versuchte und durchgeführte Schmuggelfälle, in denen er sich vergeblich um Unterstützung an die Kammer oder die Grundherrschaft wandte. Da er seine Pflichten ernst nahm wurde er von den Herrschaftsverwaltungen gehasst und verfolgt. 1612 etwa wurde er von sechs Räubern aus der Herrschaft Landsee-Lackenbach überfallen und ausgeraubt. Die Herrschaft unternahm gegen die bekannten Räuber nichts, sie blieben unbehelligt. Die heftigsten Konflikte hatte er mit ungarischen Adeligen, die Dreißigstbefreiung für die Waren, die ihrer „Hausnotdurft“ dienten, beriefen. Darunter waren die Bewohner der Orte Ober-, Mitter- und Unterpullendorf , teils kleinadelige Magyaren. Diese „Pullendorfer“ und die Kroaten des Grenzraumes waren die Hauptkontrahenten des Dreißgers. Ein Teil der Dreißigstbeamten arrangierte sich mit den mächtigen Herrschaftsinhabern und ihren Beamten. Da Schöder dazu nicht bereit war zog er sich deren Gegnerschaft zu. Dahinter stand auch ein latenter Nationalitätenkonflikt gegen den deutschen Beamten aus den Erblanden. Als er 1615 drei Untertanen der Herrschaft Landsee-Lackenbach beim Getreideschmuggel erwischte und die Säcke beschlagnahmte ließ der Lackenbacher Hofrichter Sepsy diese zurückgeben und drohte den Dreißiger, die Untertanen sollten ihn „ohne alles mitl und verschonung wie ain hund zu thodt schlagen, auf die gassen schleppen und ligen lassen“. Selbst vor einer Untersuchungskommission des Komitates wiederholte er diese Drohung, untersagte ihm die Holznutzung, drohte die Beschlagnahmung seiner Pferde und Wagen an und drohte mit der Inhaftierung im Lackenbacher Schloss. Dem Dreißiger wurde das Weiderecht für seine Tiere entzogen, ebenso die Nutzung des Landseer Steinbruches. Die Knechte des Dreißigers wurden schwer misshandelt.

Die im großen Stil durchgeführten illegalen Handelsaktivitäten der Pullendorfer und Kroaten wurden 1576 vor dem Eisenburger Kapitel untersucht. Sie wurden beschuldigt, in 27 Jahren Vieh, hauptsächlich Rinder, in großer Zahl ohne Zoll nach Österreich getrieben zu haben. Die Schmuggler bildeten Gruppen bis zu 20 Mann, die Verzollungsversuche auch mit Waffengewalt abwehrten und die Dreißigstamtleute niedermachten. In den Instruktionen für die Dreißigstämter wurde immer wieder auch angeordnet, auf die Kroaten besonders achtsam zu sein. Diese waren wie die Pullendorfer meist in Kleingruppen straff organisiert, denen die Kenntnisse der Grenzgebiete zustatten kam.

Zollaußengrenze waren auch die Grenzen zu den verpfändeten Herrschaften. So war etwa bei Weinlieferungen von der Herrschaft Landsee-Lackenbach in die Herrschaft Eisenstadt Zoll zu zahlen, aber auch für Einfuhren wie zum Beispiel Eisenwaren. Einen interessanten Fall schildert Tobler:

Ein Untertan des Grafen Winsischgrätz zu Mannersdorf und ein Untertan des Hans Kollonitsch zu Hornstein schärzten 1615 zwei Pferde an der Zollstelle zu Ödenburg vorbei, kamen nach Raiding in der Herrschaft Landsee-Lackenbach und tauschten sie gegen vier Zugochsen ein. Der Dreißiger von St. Martin erfuhr davon und ließ die Tiere beschlagnahmen. Die Schmuggler aber fielen über die beiden Knechte des Dreißgers her, entrissen ihnen Gewehre und Säbel und schlugen beide blutig. Einem gelang die Flucht. Schöder forderte vom Landseer Hofrichter wiederholt die Auslieferung des Kontrabandgutes. Der Hofrichter erklärte, er würde die Pferde lieber den „ausländischen Krabaten als dem ambt überlassen“.

Vor allem die ungarischen Adeligen waren bei der Einfuhr ihrer „Hausnotdurft“ und bei der Ausfuhr ihrer auf ihren Wirtschaften produzierten Gütern vom Dreißigst befreit. Sie nützten dies für viele Handelsaktivitäten, die weit darüber hinausgingen. So berichtete der Oberdreißiger von Ungarisch Altenburg 1614 an die Niederösterreichische Kammer, dass die ungarischen Adeligen den Dreißigern „da sie inen ihre aus- und einführende wein, traidt, honig, zwespen, häring, salz, ja bisweilen allerley groß und klein viech nit wollen passieren lassen“, mit der Vorladung vor dem zuständigen Komitat. Da dies den Dreißigern sehr beschwerlich falle würden sie um sich diese Ungemach zu ersparen, frei passieren ließen. Die ungarische Kammer teilte mit, dass eine Vorladung vor ungarischen Gerichtsinstanzen rechtens sei. Die Hofkammer hingegen bestritt die Zuständigkeit ungarischer Stellen im Dreißigstwesen.

Grafik / Karte

dreissigstaemter
Dreißigstämter im Gebiet des heutigen Burgenlandes 1578
(Entwurf Felix Tobler, Grafik Floiger)

 

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Quellen


  • Tobler, Felix: Zur Organisation und zum Alltag der Dreissigstämter des burgenländisch –westungarischen Raumes am Ende des 16. und zu Beginn des 17.Jahrhunderts Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 156

  • Gecsényi Lajos: Routen, Mauten und Dreißiger in Westungarn im Jahre 1668, in: Archivar und Bibliothekar. Bausteine zur Landeskunde des burgenländisch-westungarischen Raumes. Festschrift für Johann Seedoch zum 60. Geburtstag, (Burgenländische Forschungen SB 22), Eisenstadt 1999, 157–173.

 
 
 
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