Die Raiffeisenorganisation hat in der Entwicklung des Burgenlandes eine überaus wichtige Rolle gespielt. Neben der Landesbank gibt es heute 22 selbstständige Raiffeisenbanken, die zusammen 114 Bankstellen im Land betreiben. Insgesamt zählt die Raiffeisenbankengruppe Burgenland 231.000 Kunden und verweist aktuell auf eine Bilanzsumme von 7,22 Milliarden Euro. „Raiffeisen war im Burgenland stets erste Adresse bei Bankgeschäften. Wir sind es heute und wollen es auch künftig bleiben“, sagt Generaldirektor Könighofer anlässlich des 90-Jahr-Jubiläums. Seit dem Beitritt zur EU im Jahr vervierfachte sich die Bilanzsumme auf 7,22 Milliarden Euro. Die Spareinlagen konnten um drei Milliarden Euro auf 4,5 Milliarden erhöht werden. Das Finanzierungsvolumen wurde von 1,3 auf drei Milliarden Euro gesteigert.
Die Idee der bäuerlichen Kreditgenossenschaft erfasste von Deutschland aus auch die österreichischen Kronländer. Die ersten wurden 1886 in Roßwein (Untersteiermark, heute Slowenien) und in Mühldorf bei Spitz an der Donu gegründet. Auch in Ungarn fiel die Idee Raiffeisens auf fruchtbaren Boden, gefördert von einigen fortschrittlichen Großgrundbesitzern. 1886 gründete Graf Sándor Károly die Pester Komitatsgenossenschaft, 1996 den Bund ungarischer Landwirte, 1998 die Konsumgenossenschaft Hangya (Ameise). Die Kreditgenossenschaften konnten sich aber nicht so recht entwickeln, da die Regierung misstrauisch war und die Sparkassen der ländlichen Kleinstädte die Konkurrenz fürchteten. Weniger WSiderstand gab es bei der Gründung von Milch-, Obst- und Winzergenossenschaften. 1887 wurde eine Raiffeisen Zentralkreditgenossenschaft gegründet.
Natürlich gab es auch in Deutschwesrungarn eine Fülle von Hilfs- und Unterstützungseinrichtungen, zum Beisoiel getragen von religiösen Bruderschaften. Sie waren ausschließlich karitativ tätig. Solche "Vereine" sind etwa aus Großhöflein, Horitschon und Hornstein bekannt. 1878 wurde "Neckenmarkter Spar- und Darlehens- Vereins - genossenschaft" gegründet. Sie war vermutlich schon nach dem System Raiffeisen organisiert. Ein Selbsthilfeverein bestand in Oberschützen, Spar- und Darlehensvereine in Lackenbach (1894 gegründet), Mattersdorf, Deutsch Schützen und Marz. Die Ideen Raiffeisens waren ebenfalls schon früh bekannt. So etwa gründeten die Neckenmarkter schon 1878 eine "Spar- und Darlehhens-Verein Genossenschaft. 1921 bestand die einzige 1908 gegründete offizielle Raiffeisenkasse in Rattersdorf. 1882 entstand die erste Winzergenossenschaft als "Eisenstadt - Ruster Weinproduzentenverein". An der landwirtschaftlichen Akademie in Ungarisch Altenburg war die Genossenschaftsidee sehr populär. Der Veterinör Imre Ùjhely gründete 1900 etwa die Milchenossenschaften in Andau, Illmitz, Podersdorf. In Neudorf entstand 1907 eine Spiritusfabrik - Genossenschaft, in Rattersdorf 1908 eine "Credit-Genossenschaft, ebenso in Oberrabnitz, Kark, Milchgenossenschaften entstanden 1912 in Pamhagen und 1913 in Zurndorf.
Bald nach dem Anschluss folgten die ersten Neugründungen, 1922 in Großmutschen, Mattersdorf, Ritzing und Oberloisdorf. Anfangs 1923 folgten in kurzer Zeit 36 weitere Gründungen, die meisten im Südburgenland, gefördert durch den Genossenschaftsverband der Steiermark.
In ungarischer Zeit war das Bank- und Kreditwesen der größte Schwachpunkt im Wirtschaftssystem Deutschwestungarns. Zwar wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Städten einige Banken gegründet, die aber als Kreditgteber für die dörflich - bäuerliche und kleingewerbliche Wirtschaft nicht in Frage kamen. Weite Kreise der Bevölkerung waren vor allem im Gefolge der Grundentlastung hoch verschuldet, Zwangsversteigerungen waren an der Tagesordnung. Geld konnte im günstigsten Fall von den Kirchengemeinden geborgt werden. Meist musste man das Geld aber bei den Juden borgen, die, entsprechend dem hohen Risiko, das sie eingingen, sehr hohe Zinsen verlangten. In der unmittelbaren Nachkriegszeit sah sich so mancher Bauer gezwungen, Wucherkredite bis zu 50 % und mehr Zinsenlast aufzunehmen. Anders als in den benachbarten deutschen Kronländern, wo die Ideen Raiffeisens längst Eingang gefunden hatten, waren in Ungarn genossenschaftlich organisierte Spar- und Hilfskassen weitgehend unbekannt, wenn man von Hilfskassen zur Krankenunterstützung absieht. In einigen Dörfern gab es Konsumvereine (hangyar).
Österreichische Banken waren nicht bereit, Kredite an die burgenländische Wirtschaft und schon gar nicht an die desolate Landwirtschaft zu geben. Ungarische Banken sprangen gerne ein. Damit waren aber natürlich politische Absichten verbunden. In dieser Situation der Geldknappheit kam es - nach ersten Ansätzen noch in ungarischer Zeit durch deutschnationale Kreise - zur Gründungen von Raiffeisengenossenschaften. Als einen Vorläufer der Raiffeisen-Lagerhäuser könnte man die ungarische Hangya - Organisation ansehen (Hangya=Ameise). Vor allem der Großgrundbesitzer Graf Sándor Károly stand hinter der Idee landwirtschaftlicher Genossenschaften. Karoly gründte 1896 den Bund ungarischer Landwirte, der allerdings mehr die Interessen des Großgrundbesitzes als die der Bauern vertrat, 1998 gründete er die Hangya als Konsumgenossenschaft. Über sie konnten z.B. auch lanwirtschaftliche Maschinen günstiger gekauft werden. Die Hangya war in Westungarn sehr erfolgreich. z.B. war der spätere Agrarlandesrat Johann Bauer vor dem 1. Weltkrieg Leiter der Hangya in Ritzing.
Parallel zum politischen, kulturellen und nationalen Erwachen der Bevölkerung seit der Jahrhundertwende erkannte man immer mehr auch die Bedeutung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit. Es waren jene Kreise um Karl Wollinger im Eisenburger Komitat, also im Südburgenland, die für den Anschluss an Österreich eintraten, die mit der Ideologie der Großdeutschen und des Landbundes auch die deutsche Genossenschaftsidee Raiffeisens aus der Steiermark übernahmen. Sie riefen die ersten Selbsthilfekassen ins Leben. Auch später noch, während der gesamten Zwischenkriegszeit, waren es Landbundpolitiker, die man bevorzugt als Gründer und Funktionäre von Raiffeisenkassen und landwirtschaftlichen Genossenschaften findet.Eine andere Wurzel der Genossenschaftsidee findet sich im christlichsozialen Milieu. Immer wieder waren auch Pfarrer - katholische wie evangelische - treibende Kraft bei der Errichtung von Genossenschaften.
Schon 1922 entstanden Raiffeisenkassen in Großmutschen, Mattersburg, Ritzing und Oberloisdorf. In Ritzing war Johann Bauer der Gründer, der auch schon in ungarischer Zeit einer KOnsumgenossenschaft vorstand und dann zum wichtigsten Agrarpolitiker der Zwischenkriegszeit wurde. Zu Beginn des Jahres 1923 entstanden zahlreiche Genossenschaften, vor allem im Südburgenland 34 von 36 Neugründungen. Hinter dieser Organisationsarbeit stand der landwirtschaftliche Genossenschaftsverband Steiermark. 1924 zog das Nordburgenland nach, wo sich auch christlichsoziale Politiker engagierten.1924 bestanden bereits 58 Raiffeisenkassen und 30 landwirtschaftliche Gnossenschaften, 1927 gab es 91 Raiffisenkassen und 112 landwirtschaftliche Genossenschaften. 1924 wurde ein burgenländischer Genossenschaftsverband mit Sitz in Fürstenfeld gegründet. Den Vorsitz in der Gründungsversammlung führte der Bauernbündler Michael Vas. Schon damals gehörten 40 Raiffeisenkassen und zwei Elektrizitätsgenossenschaften dem Verband an. Im Jahre 1924 bestand bereits eine nahezu lückenlose Organisation von Raiffeisenkassen im Südburgenland. Ende 1924 wurde auf Betreiben Michael Kochs und Lorenz Karalls in Wien ein zweiter Verband gegründet, der "Verband ländlicher Genossenschaften im Burgenland". Er hatte seinen Sitz in Sauerbrunn. 1925 schieden die burgenländischen Genossenschaften, 32 Raiffeisenkassen, aus dem steirischen Verband aus. Sie wollten sich aber nicht dem Sauerbrunner Verband anchließen und gründeten einen einen "Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften im Burgenland" mit der Geschäftsstelle in Wien. Die beiden Verbände waren auch ideologisch - weltanschaulich unterschiedlich augerichtet - großdeutsch, landbündlerisch und christlichsozial. Aus wirtschaftlichen Gründen war der Zusammenschluss aber naheliegend und letztlich zwingend. Es wurde vereinbart, dass die Funktionäre paritätisch aus beiden Lagern kommen sollten.
Am 9. Juni 1928 kam es zu Gründungsversammlung des „Landesverbandes der landwirtschaftlichen Genossenschaften im Burgenland, reg. Ges.m.b.H.". Obmann wurde Karl Mörz aus Mattersburg, sein Stellvertreter Pfarrer Josef Bauer aus Horitschon. Im Vorstand saßen etwa Lorenz Karall, Pfarrer Schrödl aus Pöttelsdorf, Kammerpräsident Alexander Kugler, Martin Wetschka aus Frauenkirchen, Samuel Bruckner aus Riedlingsdorf, Franz Scober aus Rudersdorf, Josef Wachtler aus Dt. Schützen. Es wurde demnach auf politische und konfessionelle Ausgeogenheit geachtet. Vorsitzender des Aufsichtsrates war Johann Bauer aus Ritzing, sein Stellvertreter Johann Sylvester aus Nickelsdorf. 1929 übersiedelte der Landesverband nach Eisenstadt. Bauer war1928 bis 1934 Vorsitzender des Aufsichtsrates im Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften.
Schon 1930 zählte dieser Verband 116 Institute mit 22 000 Mitgliedern. Das Kapitalproblem war damit noch nicht gelöst. Nur langsam konnte Eigenkapital aufgebaut werden. Helfend sprangen die Girozentrale und deutsche Kreditverbände ein. Zugleich mit der Gründung der Raiffeisenkassen entstanden die verschiedensten landwirtschaftlichen Genossenschaften: Winzergenossenschaften, Viehzuchtgenossenschaften, Milchgenossenschaften in beinahe jeder Ortschaft des Nordburgenlandes und auch eine Gemüseverwertungsgenossenschaft in Neusiedl am See. Anfangs war es recht schwierig, die Bauern vom Sinn und der Wichtigkeit der Genossenschaften zu überzeugen. Die Genossenschaften wiesen aber bald beachtliche Erfolge auf. Durch Großeinkäufe konnten sie Saatgut, Kunstdünger, Pflanzenschutzmittel usw. billiger einkaufen und die niedrigeren Preise an die Bauern weitergeben.1922 wurde von Michael Koch die erste Lagerhausgenossenschaft in Mattersburg gegründet,1930 folgte das Lagerhaus in St,Martin, 1932 in Frauenkirchen, 1933 in Großpetersdorf und 1935 in Eisenstadt.
Es folgten Viehzucht-, Milch- und Obstverwertungsgenossenschaften sowie Weinbaugenossenschaften. Wichtig waren die Milchgenossenschaften, da diese für viele Kleinbauern oft das einzige regelmäßige Einkommen sicherten. Mit Hilfe von Völkerbundkrediten wurden 1926 die Molkerei in Oberwart und 1927 in Horitschon gegründet. Güssing folgte erst 1938. Erfolgreich war zum Beispiel auch die Brennereigenossenschaft in Markt st. Martin. Die Genossenschaften halfen den Bauern auch, sich auf neue Arbeits- und Produktionsformen umzustellen und bessere Absatzchancen zu ermöglichen. Wichtig wurde die Gemüseverwertungsgenossenschaft in Neusiedl a. S., die den Bauern neue Einkommensmöglichkeiten öffnete. Dass diese Bemühungen oft auch recht schwierig und wenig erfolgreich waren, hing mit den Konjunkturschwankungen und mit Billigstangeboten aus dem Ausland zusammen. Vor allem Ungarn und Rumänien brachten in der Mitte der 20er Jahre ihre überschüssigen Agrarprodukte, speziell Getreide, auf den Markt. Auch die hohen Zolltarife konnten nicht verhindern, dass billiges Getreide den österreichischen Markt überschwemmte. Ein Preisverfall für österreichisches Getreide war die Folge. Die Bauern mussten reagieren und begannen mit der Umstellung auf Futtermittelgetreide und Viehhaltung - um bald darauf nach staatlichen Maßnahmen zur Stabilisierung der Getreide- und Mehlpreise wieder auf den alten Weg gedrängt zu werden.
Die erste Lagerhausgenossenschaft entstand im August 1922 in Mattersburg, gegründet von Michael Koch unter dem Namen "Landwirtschaftliche Genossenschaft für Mattersdorf und Umgebung" Betriebsstandort war der ehemalige Meierhof. 1930 folgte St. Martin. Größere Bedeutung erlangten die Lagerhausgenossenschaften Frauenkirchen 1932, Großpetersdorf 1933 und Eisenstadt 1935. Horitschon folgte erst 1942 und Jennersdorf 1951. In Großwarasdorf wurde vorübergehend eine Genossenschaftsmühle betrieben. Auch die Weichselrohrproduktion mit Schwerpunkt in Walbersdorf - Pöttelsdorf versuchte man genossenschaftlich zu organisieren.In einigen Orten entstanden Elektrizitätsgenossenschaften. Viehzuchtgenossenschaften erlangten zunächst wenig Bedeutung. Von größerer Bedeutung waren die Pachtgenossenschaften, die die Betriebsgrößenstruktur zumindest etwas verbessern konnten, auch wenn sie kein Ersatz für die unterbliebene Bodenreform waren. Die 10 Genossenschaften pachteten nach Ablauf der Pachtverträge 17 Großgüter der ehemaligen Grundherrn.
1931 hatte das Genossenschaftswesen im Burgenland schon einen sehr großen Umfang erlangt und war für die wirtschaftliche Entwicklung der Dörfer von riesiger Bedeutung. Es gab
- 116 Raiffeisenkassen
- 22 000 Mitgliedern
- 6 Lagerhäuser
- 2 Bezirksmokereien
- 72 Milchgenossenschaften
- 3 Kellereigenossenschaften
- 3 Brennereigenossenschaften
- 1 Gemüseverwertungsgenossenschaft
- 1 Obstverwertungsgenossenschaft
- 12 Viehzuchtgenossenschaften
- 10 landwirtschaftliche Pachtgenossenschaften usw.
Der Weinbau litt stark unter der ausländischen Konkurrenz, etwa aus Italien. Auch im Weinbau sollten genossenschaftliche Strukturen die Situation erleichtern.Es wurde eine Landeszentralkellereigenossenschaft gegründet mit einem ständigen Musterlager in Wien. Die Obstverwertung war vor allem für das Südburgenland von Bedeutung. Riesige Mengen an Streuobst konnten in manchen Jahren nicht ökonomisch verwertet werden. In Jennersdorf wurde die erste Verwertungsgenossenschaft gegründet.
Das Jahr 1934 war ein Wendepunkt in der ständigen Aufwärtsentwicklung des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen. Erst jetzt wirkte sich die Weltwirtschaftskrise voll aus. Einige mit Verlust arbeitende Genossenschaften mussten aufgelöst werden, etwa die Landeskellereigenossenschaft die Weichselrohr- und eine Milchverwertungsgenossenschaft. Einige Raiffeisenkassen wiesen hohe Verluste auf. Die Krise konnte durch Zuwendungen des Landes, der Nationalbank, der Landwirtschaftskammer einigermaßen bewältigt werden. Die große Euphorie aber war verflogen. Die Reorganisation war mit einer Veränderung im Vorstand und im Aufsichtsrat verbunden. Der Warensektor wurde neu organisiert. In jedem Bezirk sollte eine Lagerhausgenossenschaft mit möglichst vielen Filialen und Abgabestellen entstehen. Sie dehnten ihren Geschäftsumfang aus, nicht eben zur Freude des Einzelhandels.
Ende 1937 zählte der Landesverband 283 Mitglieder, mit 120 Raiffeisenkassen, 95 Milchverwertungsgenossenschaften und 46 landwirtschaftliche Genossenschaften. Der Gesamtumsatz betrug 54 Millionen Schilling, die Spareinlagen etwa 10 Millionen, ebenso die Darlehen. Die Bilanz war ausgeglichen. Das Warengeschäft expandierte stark. Die Krise von 1935 schien überwunden. Mit dem Anschluss an das Dritte Reich wurde auch der Landesverband aufgelöst und den Genossenschaftszentralen der Gaue Niederdonau bzw. Steiermark angeschlossen.
Am 14. Juli 1946 trat die Gründungsversammlung zur Wiedererrichtung des Landesverbandes zusammen. Alle burgenländischen Genossenschaften traten dem Verband bei. Das Büro des Verbandes wurde 1950 von Wien nach Eisenstadt verlegt. Die Hoffer - Villa wurde angekauft und umgebaut. 1966 wurde dann ein neues Bürogebäude mit Platz für 100 Mitarbeiter errichtet,Mit der Leitung wurde Richard Fux aus Baden betraut. Obmann wurde Johann Bauer aus Ritzing, der mächtige Agrarlandesrat, sein Stellvertreter August Kleinrath, Sauerbrunn. Bruckner und Kugler fanden sich erneut im Gremium. Im Aufsichtsrat übernahm Dr.Fritz Kraft aus Rust die Führung, sein Stellvertreter wurde Adalbert Riedl. Man versuchte, das frühere Vermögen zurück zu erlangen. Das Geldgeschäft konnte zunächst nicht aufgenommen werden. Es wurde von Niederösterreich und der Steiermark aus getätigt. Dem Landesverband wurde die Funktion des Geldausgleiches verweigert. Erst am 1. Juli1949 genehmigte das Finanzministerium die Geldgeschäfte, 1953 wurde eine eigene Warenabteilung eingerichtet. Die großen Bestände an Reichsmark wurden weitgehend wertlos. 1953 wurde eine Warenabteilung eingerichtet, die ein ständig wachsendes Betätigungsfeld vorfand, im Bereich der Mechanisierung, in der Versorgung mit Handelsdünger, Futtermittel, Reinigung von Getreide und Saatgut, Versorgung mit Treibstoffen ...
In Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer gelang es, die Milchaufbringung neu zu organisieren. 32 Milchsammelstellen wurden neu eingerichtet, 16 modernisiert und die drei Molkereien mit beträchtlichen Mitteln wieder hergestellt. 1957 ging der burgenländische Milchgenossenschaftsverband mit dem Molkereiverband der Steiermark einen Verwertungsvertrag ein, der 1970 vom neu gegründeten Agrarverwertungsverband Agroserte übernommen wurde, Alle burgenländischen Milchprodukte wurden unter dem Markennamen "Desserta" vermarktet. Die Brennereien St. Martin und Neudorf bei Parndorf wurden neu gebaut, in Stegersbach und Pinkafeld entstanden Obstlagerhäuser. Die Winzergenossenschaften hatten nach dem Anschluss an das Dritte Reich eine2n beträchtlichen Aufschwung erlebt. 1938 entstanden in Pöttsching, Gols und Mörbisch neue Winzergenossenschaften, 1939 in Neusie2dl und Sankt Margarethen, 1943 in Großhöflein und bis Kriegsende noch fünf weitere. 1951 gab es im Land14 Winzergenossenschaften.
1954 war das Jahr einer schweren Krise des Raiffeisensektors. Im "Lagerhausskandal" wurden Unregelmäßigkeiten und große Sorglosigkeit festgestellt. Die ganze Angelegenheit hatte auch eine politische Dimension. Dahinter stand die Revolte jüngerer ÖVP-Funktionäre gegen den mächtigen Agrarlandesrat und Raiffeisenobmann Johann Bauer. Er musste schließlich, obwohl ihm persönlich keine Verfehlungen nachgewiesen werden konnten, gehen. Einige Lagerhausgenossenschaften erwiesen sich als schlecht geführt, waren unzweckmäßige Beteiligungen eingegangen (Braunkohlebergbau) und hatten die Eigenkapitalsbildung vernachlässigt. Das Vertrauen in Raiffeisen war schwer beschädgt. Die Auflösung des Verbandes konnte aber verhindert werden, die Landwirtschaftskammer übernahm einen Teil der Schulden. Der Verbandstag 1955 brachte die große Bereinigung, viele Funktionäre wurden abgewählt und die gesamte Neuorganisation beschlossen. Neuer Obmann wurde Johann Hautzinger aus Tadten, Stellvertreter Andreas Nedwal aus Gerersdorf. In den Vorstand zogen etwa Bernhard Gansriegler aus Deutschkreutz, Johann Grabenhofer aus Unterschützen, Eduard Knotzer aus Pöttsching, Paul Ratz aus Neckenmarkt ein. Vorsitzender des Aufsichtsrates wurde Otto Pucher us Oberwart, sein Stellvertreter Martin Schmidt aus St. Martin. Wichtigste Aufgabe war es, das schwer erschütterte Vertrauen wieder herzustellen. Dies gelang und nach dem Abzug der Besatzungsmacht begann mit dem allgemeinen Wirtschaftsaufschwung auch der rasche Aufstieg des Raiffeisensektors.
In der Zeit der Hochkonjunktur wurden bis Mitte der 1980er Jahre 40 neue Bankstellen eröffnet. 1968 wurde bereits die Milliardengrenze (in Schilling) bei den Einagen überschritten, 1966 wurde in Eisenstadt ein neues Bürogebäude errichtet. Nach dem neuen Kreditwesengesetz von 1979 folgte allerdings eine erste Fusionswelle. 1982 machte der WBO -Skandal auch Raiffeisen schwer zu schaffen. Ein großer Kreditausfall wurde durch "Untreue der Geschäftsführng" verursacht. Der Generaldirektor musste zurücktreten.
1984 wurde die Burgenländische Raiffeisenbank in Eisenstadt (RBE) geschaffen, nach Fusion von zunächst 6 Raiffeisenbanken des Bezirkes. Bis 1993 kamen weitere 12 Genossenschaften hinzu. 1988 entstand die Raiffeisenlandesbank Burgenland. 1994 waren 73 Mitarbeiter in insgesamt 18 Banken tätig, 2008 erfolgte die Umwandlung in eine Holdinggesellschaft.2012 erzielte man eine Bilanzsumme von 4,1 Milliarden Euro. 1986 wurden 16 unrentable Niederlassungen geschlossen. Als Folge der Ostöffnung 1989 kam es zu einem starken Anstieg der Geschäftsbeziehungen zu Ungarn. Viele Ungarn legten ihr Geld bbei Raiffeisen Burgenland an. Der Raiffeisen- Burgenland Fonds entwickelte sich überaus günstig. 1991 entstand die Raiffeisen-Bezirksbank Güssing, mit 5 Raiffeisenbanken und 18 Bankstellen.Die Bilanzsumme der Landesbank überstieg 1992 erstmals die 10-Milliarden Marke (Schilling). 1994 lag die Zahl der Mitglieder erstmals über 100 000.Die Landesbank beteiligte sich an zahlreichen Projekten im Bereich Tourismus.
Die internationale Wirtschaftskrise von 2007 überstand die Raiffeisenbank gut. Man investierte in zahlreiche Großprojekte, etwa das Steigenberger - Hotel in Bad Tatzmannsdorf, in den Gewerbe und Handelspark Eisenstadt mit dem Technologiezentrum, in den Gewere- und Handelspark Müllendorf oder das Technologiezentrum Mittelburgenland. Die Bank war an der St.Martinstherme beteiligt und das Gebäude des Raiffeisenverbandes wurde erneuert. Die Zahl der Raiffeisenbanken sank freilich von 37 auf 28. Die veranlagten Kundengelder liegen bei 3,1 Milliarden Euro.
Den Schwerpunkt der Entwicklung bildete der Raiffeisen - Geldsektor. Aus Sonntagskassen wurden moderne Banken, die immer mehr für die gesamte Bevölkerung - auch in den Städten - ein umfangreiches Leistungsangebot stellen konnten.Die Höhe der Einlagen stieg rasch an. 1977 fielen nur mehr 26 % der Ausleihungen auf die Land- und Forstwirtschaft, 31,6 % hingegen auf Gewerbe, Handel, Verkehr und Fremdenverkehr. 1992 wurde bereits in Raab (Györ) eine Repräsentanz eingerichtet. Die Landesbank beteiligte sich an der Raiffeisen-Unic - Bank in Budapest.
Die Raiffeisen - Lagerhäuser wurden mit modernen Einrichtungen für Übernahme und Lagerung von Getreide ausgestattet, das Tankstellen- und das Landmaschinenwerkstättennetz wurden ausgebaut. In Großpetersdorf wurde ein Silo mit 3000 t Fassungsvermögen gebaut.Das Netz der Filialen und Abgabestellen wurde zügig ausgebaut, die Brennereien in St.Martin und Neudorfb bei Parndorf neu gebaut. In Stegersbach und Pinkafeld wurden Obstlagerhäuser errichtet. Das Warensortiment der Lagerhäuser musste ständig ausgeweitet werden um den Wünschen nicht nur der Bauern und Nebenerwerbsbauern sondern auch der übrigen Bevölkerung zu entsprechen. Die Gewerbeordnung wurde geändert. Konflikte mit dem Einzelhandel waren freilich nicht zu verhindern. 1977 erzielten die 8 Lagerhäuser einen Umsatz von 1,1 Milliarden Schilling. Für die Durchführung des Warengeschäftes wurde eine eigene Warenabteilung eingerichtet. Die Viehverwertungsgenossenschaft musste schon 1958 aufgelöst werden. Zwei Versuche, sie wieder zu beleben, waren erfolglos. Siloanlagen entstanden in Unterpullendorf und Jennersdorf - Lagerraum für 30 000 t landwirtschaftlicher Produkte.Es mussten die steigenden Mengen der Alternativkulturen - Raps, Futtererbsen, Pferdebohnen - übernommen werden. Auch in Unterwart und Deutschkreutz entstanden große Siloanlagen.
Weniger ergreulich war die Entwcklung der letzten Jahzehnte. Aus Kostengründen mussten zahlreiche Filialen und Abgabestellen geschlossen werden - 16 allein im Jahre 1986. Die verbleibenden Lagerhäuser wurden durch Investitionen gestärkt, Güssing und Jennersdorf fusioniert, später kam auch Großpetersdorf zu dieser Lagerhausgenossenschaft Süd. Mattersburg und Eisenstadt wurden fusioniert.1987 gab es nur mehr fünf Lagerhausgenossenschaften. 2012 kamen zu Eisenstadt/Mattersbburg auch Frauenkirchen und Horitschon. Es gab nunmehr nur mehr drei Lagerhausgenossenschaften.
Ende der 1970er Jahre wurde begonnen, Maschinenringe auf Vereinsbasis zu gründen. Ein neuer Typ von Genossenschaften entstand mit den genossenschaftlichen Fernwärmeanlagen aus Biomasse, mit der ersten Anlage in Unterkohlstätten. Bis 2012 wurden 18 Fernwärmegenossenschaften gegründet.
Am 6. April 1959 wurde der Burgenländische Winzerverband als Dachorganisation der 13 Winzergenossenschaften gegründet. 1977 gehörten dem Verband 29 Winzergenossenschaften an. Am Rusterberg bei St.Margarethen wurde eine Zentralkellerei errichtet. Das Ziel war, durch entsprechenden Lagerraum die Trauben- und Weinpreise positiv zu beeinflussen. Dies gelang freilich nur teilweise.
In der Milchproduktion verlagerte sich das Schwergewicht immer mehr nach Süden. Im Nordburgenland hatten die Milchgenossenschaften nur mehr Sammelfunktion und lösten sich schließlich ganz auf, da die arbeitsintensive Milchviehhaltung aufgegeben wurde. Im Jahr 1977 wurden 56,5 Mill. kg Milch von den drei bestehenden Molkereien verwertet. Unter andrem wurden 664 000 kg Butter und 1,695 000 kg Käse produziert. Der Absatz erfolgte zunächst über den niederösterreichischen Molkereiverband, ab 1957 wurde ein Verwertungsvertrag mit dem Molkereiverband für Steiermark und Kärnten geschlossen und die Produkte unter dem Markennamen Deserta angeboten.
Im Bereich der Viehzucht war die genossenschaftliche Organisation weniger erfolgreich. Eine Viehverwertungsgenossenschaft musste 1958 den Betrieb einstellen. Erst 1967 mit der Beteiligung an der WÖV-Mischfutter- und Schlachthofgesellschaft konnte ein neuer Anfang gemacht werden.1978 wurde diese Firma mit der niederösterreichischen Viehverwertungsgenossenschaft zusammengelegt. Eine sehr positive Entwicklung nahm hingegen der Burgenländische Fleckviehzuchtverband. Mit den Versteigerungen in Oberwart konnte 1977ein Umsatz von 32,4 Mill. Schilling erzielt werden.
Raiffeisen wurde mit seiner Aufwärtsentwicklung mit 1868 Angestellten und Arbeitern einer der wichtigsten Arbeitgeber im Land. Daneben wirkten in den Genossenschaften 2679 gewählte, überwiegend ehrenamtliche Funktionäre. Die von Raiffeisen vergebenen etwa 3,4 Milliarden Schilling an Darlehen und Krediten waren für den Ausbau der INfrastrukur des Landes und der Dörfer von großer Bedeutung, etwa beim Bau von Schulen, in der Wasserversorgung und Kanalisation, beim Güterwegebau, im Fremdenverkehr.
Zu einer schweren Krise kam es im Gefolge des WBO-Skandals. Raiffeisen musste beträchtliche Kreditausfälle verkraften. Der langjährige Geschäftsführer Dipl. Kfm. Dr. Franz Forstik musste gehen. Auch der Weinskandal verunsicherte die Mitglieder. Ab 1972 gehörten dem Vorstand an: als Obmann Karl Millner, sein Stellvertreter Franz Marx (Kobersdorf), Johann Loos (Rechnitz) Reinhold Polster (Oberschützen), Johann Schwarz (Andau) usw. Im Aufsichtsrat saßen als Vorsitzender Landesrat Josef Wiesler, Stellvertrater Heinrich Franta, Johann Zechmeister (Zurndorf), Johann Mayerhofer (Horitschon). Seit 1960 war Dr. Franz Forstik Geschäftsführer.
Die 1980er und 1990er Jahre waren gekennzeichnet durch zunehmende Konzentration und Schwerpunktbildung. So wurden etwa in Horitschon ein zentrales Getreidesilo gebaut, in St. Martin ein Zentrallager für Haus, Hof und Garten und in Halbturn eine zentrale Saatgutaufbereitungsanlage errichtet. Das Rechnungswesen wurde in einem Verrechnungszentrum in Wien zentralisiert. Im Bereich der Verwertung sollte die Konzentration den Handelsketten eine entsprechende Marktmacht gegenüber stellen. Im Jahre 2003 übernahm die Raiffeisen Ware Austria die Großhandelsfuntion und die betriebswirtschaftliche Betreuung der Lagerhäuser. Viele FiIialen wurden geschlossen, andere ausgebaut. Der Baustoffhandel gewann mmer mehr an Bedeutung. Die Finanzkrise von 2008/9 überstand Raiffeisen ohne Probleme, ja man konnte Vertrauen und auch Kunden hinzugewinnen. 2010 konnte das Raiffeisen Finanz Center, ein Zu- und Neubau der Landesbank, in Betrieb genommen werden.