Nach dem Vorbild England, Frankreich und Rußland entstanden im 17. und 18.Jh. Kanalbauten, teils aus militärischen, teils wirtschaftlichen Gründen. Auch im Kaiserreich Österreich gab Überlegungen, durch eine "schiffbare Wasserstraße" Wien mil der Adria bei Triest zu verbinden. Ein Wasserstraßennetz mit dem Mittelpunkt Wien sollte einen volkswirtschaftlichen Aufschwung der Habsburgermonarchie bringen. 1794 beauftragte Kaiser Franz I. den Feldmarschalleutnant im Ingeneurkorps Sebastian von Meüllard, der zusammen mit einigen anderen Technikern nach England geschickt wurde, um das dortige Kanalwesen zu studieren, "die Möglichkeit eines Kanals zu untersuchen, der von Wien aus Österreich mit Ungarn, Steiermark und Krain verbinden, auch den Hafen von Triest so viel möglich sich nähern sollte". Ende des 18Jhs. kam es durch die "Wr. Neustädter Steinkohlen-Gewerkschaft" zu einer Teilverwirklichung dieser Idee, nämlich eine Kanalverbindung Wien-Schottwien bei Gloggnitz für den Materialtransport. Die Grundüberlegung der Planer war, einen im Vergleich zur Straße billigeren Tranportweg zu bauen. Die hochbeladenen Pferdefuhrwerke waren eine zu kostspielige Fracht für den Holz- und Kohletransport.Die Wiener Neustädter Steinkohlen-Gewerkschaft unterbreitete Kaiser Franz I. ihren Plan, einen Kanal von Schottwien nach Wien zu bauen. Die Kasernen und Spitäler Wiens sollten mit Ödenburger Kohle (Brennberger Kohle) versorgt werden. Man überlegte daher Kanal-Trassenvarianten von Wiener Neustadt ostwärts; über Ödenburg sollte ein Kanalast nach Raab (Györ) , ein anderer Kanalast über Steinamanger nach Körmend-Varasdin-Pettau-Laibach nach Triest an die Adria führen.Die k.u.k. privilegierte Kanal-und Bergbaukompagnie begann im Sommer 1797 bei Guntramsdorf mit den Bauarbeiten, 1799 wurde Wien bei St.Marx erreicht. Das Arbeitskontingent bildeten zur Zwangsarbeit verpflichtete Soldaten. Italiener und Kroaten wurden zum Graben und Ziegelbrennen verpflichtet, der Staat stellte Sträflinge vom Brünner Spielberg zur Verfügung. Diese Arbeitskontingente schufen von 1797-1803 eine 56 km lange Wasserstraße zwischen Wiener Neustadt und Wien , die schon während des Baues Wiener Neustädter Kanal genannt wurde. Am 12. Mai 1803 fand die feierliche Eröffnung statt.Die Frachtkähne- mit Kohle und Holz beladen- waren zwischen Wien und Wiener Neustadt 35 Stunden unterwegs. Im Jahre 1812 wurden 60.000 t Güter umgeschlagen. Der Kanalbau verschlang 11 Mio . Gulden.
Die geplante Trasse des Adria-Wien Kanals war folgende: Der Kanal sollte von Wien nach Wr. Neustadt und von dort weiter nach Ödenburg gehen. Von Ödenburg sollte ein Kanalast nach Raab (Györ) führen, der Hauptkanal sollte weiter nach Steinamanger, Körmend und über Warasdin und Laibach nach Triest gehen.
Die einzelnen Kanalstrecken zwischen den Schleuser, wiesen nur ein minnimales Gefälle auf, die Breite betrug an der Sohle 5,7, am Spiegel 11 m.; die durchschnittliche Wassertiefe lag bei 1,5 m. Dem rechter Kanalufer folgte ein 2,5 m breitet Treppelweg für die Pferde, am linken ein halb so breiter Fußpfad. Die ursprünglichen Standardlastkähne waren 22,7 m lang, 1,73 m breit und hatten eine Tragfähigkeit von 33,6 t. Für jeden dieser Kähne war nur ein Pferd erforderlich. Die Lastkähne wurden in Passau oder Wr. Neustadt gebaut.
1801 übernahm der Staat den Kanal ins Finanzeigentum (Ärarisches Eigentum). Eine Hofkommission leitete nun den Bau. Arbeitermangel und hohe Grundablösen hemmten den Baufortschritt. Ab dem Wiener Hafen eröffnete am 12. Mai 1803 der erste Schiffszug mit vier geschmückten Frachtkähnen den Kanalbetrieb Sie waren 35 Stunden bis Wr. Neustadt unterwegs Mit Kohle beladen kehrten sie in den Wiener Hafen zurück. Im Jahre 1804 beförderten 55 Boote trotz sechswöchiger Unterbrechung durch Dammbrüche und Pannen auf 1713 Fahrten ca. 32 000 t Güter. 1812 überstieg die Fracht bei 70 Schiffen mit über 2000 Fahrten 60 000 t Güterumschlag. Der Kanalbau kostete statt der veranschlagten 3,7 Mill. Gulden 11 Millionen.
Der Neudörfl-Pöttschinger Kanal
1810/1811 wurde der Wiener Neustädter Kanal von Wr. Neustadt nach Osten verlängert. Vom Ungarfeld führte der Kanal auf einer Holzbrücke über die Leitha und am Fuß der Zillingdorfer Platte zur heutigen Landesgrenze Niederösterreich -Burgenland zum Kanalhafen Fondsgut. Die Baukosten betrugen 300 000 Gulden. Der wirtschaftliche Hauptgrund für die Kanalverlängerung war die Erschließung des bedeutendsten Braunkohlereviers des Wiener Beckens und Westungarns. Im Raume von Neufeld - Zillingdorf - Zillingtal - Pöttsching - Eggendorf. Schon Ende des 1 S.Jahrhunderts war man in diesem Braunkohlerevier fündig geworden. Zunächst wurde der Georgs-Schacht von Zillingtal abgebaut. Das Bergwerk gehörte der Gemeinde Wien und sollte hauptsächlich zur Deckung des Kohlebedarfs der Haußptstadt und der Ziegeleien im Wiener Raum dienen. Erst mit dem Bau des Pöttschinger Kanals wurde der rentabel.
Am 7. August 1810 besichtigte Kaiser Franz I. in Begleitung seines Bruders Joseph, Statthalter in Ungarn, von Laxenburg aus die "Pöttschinger Höhe" und die geplante Verlängerung des Wiener Neustädter Kanals nach Ödenburg, um die um 1760 entdeckten Braunkohlevorkommen von Brennberg-Helenenschacht besser abtransportieren zu können. Auf "prächtig verziertem Schiff' ging es nach Wiener Neustadt und nach Besichtigung des Holzlagerplatzes Kottingbrunn wieder nach Laxenburg zurück.
Für den Bau des Kanals wurden 1802 von der Grafschaft |Forchtenstein eine Anzahl von Ziegelöfen errichtet bei Pöttsching im Siemenstal, bei Hirm.Baumgarten, zwei in Mattersdorf, einer davon neben der Mühle, wo schon um 1700 Ziegel erzeugt wurden. Kohle aus dem Helenenschacht diente als Brennstoff.
Braunkohle aus Westungarn - Burgenland: Brennstoff für die Industrialisierung des Wiener Beckens
Die Erschließung der Braunkohlelager von Brennberg, Ritzing, Pöttsching, Zillingtal und Neufeld Ende des 18.Jahrhunderts war von größter Bedeutung. Bald nach ihrer Erschließung bildete sich eine Gesellschaft zur Ausbeutung der Kohlelager. Die hohen Transportkosten erschwerten jedoch den Absatz. Erst nach der Fertigstellung des Wiener Neustädter Kanals konnte die Industrie des Wiener Beckens mit billiger Kohle versorgt werden. Aber auch Brennholz, Ziegel und Lebensmittel wurden auf dem Kanal befördert.
An die Weiterführung des Kanals bis Ödenburg wurde vor allem gedacht, um auch die Brennberger Kohle nach Wien transportieren zu können. Man erhoffte sich davon ein Absinken der Brennstoffpreise in der rasch wachsenden Stadt Wien, in der noch immer überwiegend mit Holz geheizt wurde. Das Projekt scheiterte aber schließlich nach langen Bemühungen am Widerstand der ungarischen adeligen Grundbesitzer, vor allem auch des Fürsten Nikolaus IV.