Die erste Entwicklung in Richtung einer "bürgerlichen" Kultur in den Städten Westungarns, die sehr stark auch auf die Dörfer ausstrahlte, fällt zeitlich wie inhaltlich mit der Reformation zusammen, wobei die Ursache - Wirkung - Beziehung höchst komplex ist. Ansätze dazu sind schon in vorreformatorischer Zeit feststellbar, besonders natürlich in Ödenburg, das schon im 15. Jh. zur Schriftlichkeit der Stadtverwaltung überging und von den Geistesströmungen aus dem Westen, besonders vom deutschen Humanismus, beeinflusst wurde. Die religiöse Emanzipation des gebildeten Bürgertums ging Hand in Hand mit einem sehr starken Drang zu besserer Bildung. Die Bürgersöhne drängten an die Universitäten, in Krakau, Wien, später vor allem nach Wittenberg und andere evangelische Geisteszentren.
Die Gegenreformation, die Rekatholisierung vor allem des hohen Adels in Westungarn, war zugleich auch antiständisch und antistädtisch, sie war mit starken Einschränkungen der geistigen und religiösen Autonomie verbunden und brachte den Niedergang dieser frühneuzeitlich - bürgerlichen Kultur mit sich. Die Kultur des Barockzeitalters war wieder eine Kultur der Herrschaftssitze, der Fürsten, der katholischen Kirche. Der Kampf gegen die Rekatholisierung war auch ein Kampf gegen den Absolutismus.
An der Spitze der westungarischen Städte und des damals noch nahezu ausschließlich deutschen Bürgertums - das sich natürlich auch aus den umliegenden, heute im wesentlichen burgenländischen Dörfern ergänzte - standen bedeutende , humanistisch gebildete Persönlichkeiten, die man mit Recht zu den größten "Burgenländern" der Vergangenheit zählen darf. Dazu gehörten etwa Paul Dauchner in Güns und Christoph Lackner in Ödenburg.
Der Boden war für Paul Dauchner in Güns bereits durch seinen Vorgänger, den gebürtigen Augsburger Pangraz Swankler, der von 1527 bis 1551 Notar war, bereitet. Paul Dauchner wurde zunächst als evangelischer Schulmeister nach Güns berufen. Er stammte aus Kirchschlag, studierte 1549 in Wien die Rechte und kam 1559 in die Stadt, die ihm, den umfassend gebildeten Humanisten, ein weites Betätigungsfeld öffnete. Sozialgeschichtlich ist dabei interessant, daß ein Fremder, ein Nichtbürger, ohne durch Standesgrenzen behindert zu werden allein auf Grund seiner Bildung diesen Aufstieg schaffte. 1560 bis 1584 war er Stadtnotar und auch Stadtrichter. Er stellte für alle städtischen Verwaltungs- und Gerichtsaufgaben ein Musterbuch zusammen, führte schriftliche Gerichtsprotokolle ein, schuf ein städtisches Grundbuch und entwarf für die Stadt zahlreiche Statuten wie etwa eine Marktordnung, eine Kriegsordnung, eine Tagwerkerordnung... wobei neben westungarischen Vorbildern auch Einflüsse aus Niederösterreich und Wittenberg feststellbar sind. Seine eigentliche Bedeutung liegt aber im Bereich der Bildung und Kultur. Als er nach Güns kam brachte er bereits das fertige Konzept einer Schule, die weit über das damals übliche hinausgehen sollte, mit. Dieses Konzept war zwar nicht im vollen Umfang zu verwirklichen, dafür war die Wirtschaftskraft von Güns wohl damals schon zu schwach. Aber er kann doch als Vermittler der humanistischen protestantischen Kultur seiner Zeit gesehen werden. Er übernahm dabei viele Elemente der Schultradition Wittenbergs. Er selbst schrieb Novellen, Gedichte, Studentenlieder auf. Auch um das Auslandsstudium in der Zeit der ersten Verfolgungen und der Schließung der evangelischen Schulen kümmerte er sich. Persönlichkeiten wie Dauchner waren es, die das westungarische deutsche Bürgertum nicht nur für die Reformation gewannen, sondern weit darüber hinaus durch Bildung diesem Bürgertum auch ein neues Selbstbewusstsein vermittelten, das sie später dem ärgsten Druck der Rekatholisierung standhalten ließ.
Noch weit bedeutender als Paul Dauchner war der Ödenburger Christoph Lackner, der schon in einer stark deutsch- evangelisch geprägten bürgerlichen Kultur aufwuchs, denn Ödenburger hatten schon früh den Anschluss an Wittenberg gefunden. 1533 etwa studierte Georg Faber bei Melanchthon und Michael Wirt, der später Ödenburger Stadtnotar wurde. In Ödenburg wirkte etwa auch der Humanist Franz Hartmann aus Wiener Neustadt als Schulmeister. Lackner selbst besuchte die Trivialschule in Ödenburg und Tschapring (Csepreg), das protestantische Gymnasium in Graz und erwarb schließlich 1595 in Padua den Doktor der Rechte. Sein Bildungsgang ist ein Beweis für den weiten kulturellen Horizont, den das Ödenburger Bürgertum damals bereits hatte. Vor allem das vorübergehende Verbot des evangelischen Gymnasiums und die ständigen Belästigungen durch den Raaber Bischof zwangen die Ödenburger, Stiftungen an den deutschen Universitäten für ihre begabtesten Söhne zu unterhalten. Dies wirkte sich auf die geistige Entwicklung höchst positiv aus. Christoph Lackner kehrte 1597 in seine Heimatstadt zurück. 1599 war er bereits Mitglied des Inneren Rates, ein Jahr später nahm er als Gesandter der Stadt am Preßburger Ständetag teil, 1603 war er Stadtrichter,1614, 1628 und 1630 Bürgermeister; 1631 starb er. Auch er verfasste einen Sammelband mit allen stadtrechtlichen Materien, die ihm wichtig erschienen. Als Politiker erkannte er den negativen Einfluss der erstarkenden Gegenreformation, des höfischen Absolutismus und der Adelsrestauration auf die bürgerlichen Freiheiten der Stadt. Er war bereit, diesen Tendenzen Widerstand zu leisten.
Als Humanist und Künstler belebte Lackner das Geistesleben Ödenburgs außerordentlich; unter seinem Einfluss wurde die Ödenburger Lateinschule 1619-1629 zum Gymnasium, einem der berühmtesten ganz Ungarns, mit einer weiten Ausstrahlung.1604 gründete Lackner die Gesellschaft der Ödenburger Gelehrten, eine der ersten derartigen Institutionen im ganzen deutschen Sprachraum. Das beweist erneut, welch hohen Wert man der Bildung beimaß.
Im 17. Jh. sind also durchaus Ansätze einer bürgerlichen Kultur in Westungarn zu erkennen. Vom neuen Selbstbewusstsein der Bürger künden etwa die bürgerlichen Schützengesellschaften, die im frühen 17. Jh. gegründet wurden, etwa in Eisenstadt und Rust. Die Kirchen- und Hausmusik erlebte einen großen Aufschwung, und zwar nicht nur an den Fürstenhöfen. Zwei der bedeutendsten deutschen Barockkomponisten des 17. Jahrhunderts, Kusser und Strattner, stammen aus Rust bzw. Gols, also aus dem Milieu der nordburgenländischen Weinbauorte. Auch in der Stadt Eisenstadt und nicht nur am Esterhazyhof wurde die kirchliche und weltliche Musik gepflegt. In der Architektur treten Renaissance und Frühbarock weniger in Erscheinung, da der Türkenkrieg ja tatsächlich viele Zerstörungen hinterlassen hat und vor allem die Kirchen im barocken Stil erneuert wurden. Einige prächtige Kirchenbauten sind aber erhalten, darunter die vom evangelischen Rust errichtete Kirche, die heutige katholische Stadtpfarrkirche. Bürgerhäuser und im 17. Jh. errichtete Bürgerspitäler zeigten den bürgerlichen Geist und den relativen Wohlstand am deutlichsten. Vor allem in den Märkten zwischen Eisenstadt und Neusiedl kann man bis heute Reste davon in der Bausubstanz erkennen, am deutlichsten natürlich in Eisenstadt selbst und in Rust.
Ein besonders interessantes Kapitel im Westungarn des 16. und 17. Jh. ist das Schulwesen. Neben den bereits erwähnten städtischen Gymnasien entstanden auch an den Herrschaftssitzen, etwa in Güssing, Gymnasien und in vielen, auch kleinen Gemeinden wurden Schulen gegründet. Offenbar legte man in den evangelischen Gemeinden besonderen Wert auf Schulbildung. Auch noch in der Zeit der Gegenreformation bot zumindest das Ödenburger Lyceum die Möglichkeit, begabten Schülern eine bessere Bildung zu vermitteln. Andachts- und Gebetbücher, ja auch Bibeln befanden sich in nahezu jedem Haus, man konnte also offenbar lesen und wohl auch schreiben. Bürgerliche Haushalte , etwa in Rust, verfügten über Bibliotheken bis zu 70 Bänden, meist geistlichen Inhalts, aber auch in den Verlassenschaften einfacher Bauern werden immer wieder Bücher aufgezählt.