- 1250-1273 Ruhonch
- 1288 Rohonch
- 1291 Ruhanch
- 1348 Rohoncz
- 1463 Rechnicz
- 1540 Rechnitz
- 1674 Rohoncz
- 1773 Rechnitz
- 1920 Rohonc
Orech, Orih ist die slawische Bezeichnung für Nuss. Nach Elemer Moor ist der Ortsname von einer slawischen Siedlung Orechovc (Nußwald) abzuleiten. Aus Orechov wurde Rechov und schließlich Rechentz bzw. Rechnitz.
Urgeschichte und Römerzeit
Die jungsteinzeitliche Besiedlung ist durch Tonscherben der Leinearbandkeramik, gefunden auf den Ziegelckern, bewiesen. Aus der Lengyelkultur sind weitere Siedlungsstätten bekannt. Auf der Ried Gyeri wurden zahlreiche bronzezeitliche Funde gemacht. Zentren der Bronzezeit waren in der Nähe St.Veit/Velem bei Güns mit einer bedeutenden Höhensiedlung und die Befestigungsanlage von Burg. Auf dem Predigtstuhl wird eine prähistorische Kultstätte vermutet.
Die Bernsteinstraße führte östlich von Rechnitz vorbei. In der Römerzeit war das Gebiet dicht mit Gutshöfen besetzt. In Rechnitz befanden sich vier Gutshöfe (villae rusticae) – einer auf den Ziegeläckern, einer nahe der ungarischen Grenze am Rechnitzbach,ein anderer an der Schachendorfer Hottergrenze und ein weiterer an der Straße nach Neuhodis am Nußgrabenbach. 1974 wurden zwei Römergräber aus dem 4.Jahrhundert freigelegt. Archäologisch besonders interessant ist aber die 23 km lange Wasserleitung, die ausgehend von mehreren Quellen im Bereich von Rechnitz in einem Zuleitungssystem bis nach Savaria/Steinamanger führte. Es wurde 1933 bis 1938 systematisch erforscht.
Mittelalter
Der Ortsteil Ungermarkt wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts von den Ják (Wasserburger) gegründet.1270 wird Csepan II., "der Rechnitzer" erwähnt. Die Jak bauten dort ein Kastell.
Um 1270 gründete der Güssinger Heinrich II, 1244 Gespan von Eisenburg und 1253 Hofrichter, den Deutschmarkt und ließ die Bergburg ("ödes Schloss") erbauen.1288 wird in einer Urkunde eine Straße erwähnt, die zur Burg führte (via publica iter ad castrum Rohoncz“). Die Burg liegt auf einer Rückfallkuppe und ist auf drei Seiten von einem Steilabfall gesichert. Im südlichen Teil der Hochburg liegt der Palas (20 x 8,5 m) mit drei Räumen. Zwei mächtige Türme sicherten die Burg, dazwischen eine Schildmauer mit dem Burgtor. Der westliche Turm war rund, mit einem Durchmesser von 10 m, der östliche Turmtrapezförmig. Über den Burggraben führte vermutlich eine hölzerne Zugbrücke.
Im Zuge der Güssinger Fehde wurde die Burg belagert und musste nachdem Entsatz ausblieb gegen freien Abzug der Besatzung aufgegeben werden. 1291 wurde sie von den Ungarn unter Führung der Söhne Hertwigs - Werrach, Coraldus und Seyfried aus dem Geschlecht Chem, zurückerobert. Nach dem Frieden von Hainburg 1291 hätte die Burg zerstört werden sollen, was aber nicht geschah. Zerstört wurde aber die Burg St. Veit. Ihre Zugehörigkeiten wurden 1274 oder 1279 an Rechnitz übertragen.
1308 waren Lockenhaus und Rechnitz im Besitz des Nikolaus des Hahns (Kakas), Neffe des Grafen Ivein von Güssing. 1329 tauschte der Güssinger Nikolaus der Hahn die Dörfer Egeházas, Niczk und Lak Niczk den Ungermarkt von den Jákern ein und kam damit auch in den Besitz der Stadtburg der Jak. Damit war die ganze Herrschaft Rechnitz im Besitz der Rechnitzer Linie der Güssinger. 1374 wurden die Herrschaft und der Ort zwischen zwei "Hähnen" - Heinrich von Rechnitz und Ladislaus von Kemend (Körmend) - geteilt. Auf der Bergburg bekam jeder der beiden einen Turm. Auch die Stadtburg blieb in gemeinsamen Besitz, ebenso die Rechte und Einkünfte der Herrschaft Deutschmarkt, "civitas teutonicalis", war zu dieser Zeit schon ein recht ansehnlicher Markt, eine Marktstraße wird erwähnt. Erst 1478 wurde die Stadtburg wieder Sitz der Herrschaft, die Höhenburg wurde ausfgegeben und verfiel. Die Stadtburg, 1517 als Cstellum, 1621 als „gar festes Castell“ bezeichnet, wurde 1621 zerstört. An seiner Stelle entstand später das riesige Batthyany-Schloss.
Rechnitz Deutschmarkt wurde also von den Güssingern als städtische Siedlung angelegt und entwickelte sich als Mittelpunkt einer Herrschaft zu einer sehr volkreichen Siedlung mit einem großen Weingebirge und mit einem differenzierten Handwerk. Anders als Güns, das zur königlichen Stadt wurde, oder Schlaining, das vom Grundherrn entsprechend privilegiert wurde, blieb Rechnitz aber rechtlich ein Untertanendorf mit entsprechenden Verpflichtungen gegenüber dem Grundherrn.
Nach dem „Mitterndorfer Urbar“ von 1451 bestanden in Deutschmarkt 48 bestiftete Höfe, darunter 30 Viertellehen. 46 Viertellehen waren öde. In Ungermarkt gab es 31 Viertellehen, 16 befreite Viertellehen. 21 Viertellehen lagen öde.
1374 gehörten zur Herrschaft Rechnitz der Markt Rechnitz mit der Hofstatt, Schachendorf, Dürnbach, Neuhodis, Bozsok, Velem, Szerdahely, Cák, Perenye, Gör und Rabakovacsi. Im 16. Jahrhundert vereinigten die Batthyany die Herrschaft Rechnitz mit der Herrschaft Schlaining.
1398 unternahmen die letzten Güssinger von Rechnitz, Graf Andreas und sein Sohn Heinrich, Raubzüge in das Ödenburger Komitat. Im Widerstand gegen König Sigismund schlugen sich die Güssinger auf die Seite des Ladislaus von Neapel. Palatin Nikolaus von Gara warf den Aufstand nieder und eroberte Rechnitz und Güns. Damit endete die Herrschaft der Güssinger über Rechnitz. Der König übertrug die Herrschaft Rechnitz an Nikolaus de Gara. 1433 folgte dessen Sohn Ladislaus. Dieser heiratete die Fürstin Alexandra von Teschen und trat nehmen Friedrich III. als Thronprätendent auf. Dann flüchtete er mit der Königinwitwe Elisabeth zu Friedrich III. Der neue ungarische König Wladislaw erklärte ihn seiner Güter für verlustig. 1443 ist Dionys de Vag Burggraf von Rechnitz. 1445 nahm Friedrich III, Rechnitz in Besitz. Matthias Corvinus versprach Alexandra, der Witwe des Ladislaus von Gara, löste dieses Versprechen aber nicht ein. 1461 wurde Rechnitz als erledigtes Reichslehen eingezogen. Friedrich III. ließ die Herrschaft durch Pfleger verwalten. 1478 eroberte Corvinus die Burg zurück und übergab sie sowie die Stadtburg, den Markt und die Herrschaft seinem Geschützmeister Jakob Margenwerder, einem Preußen. Nach dem Tod des Corvinus nahm Maximilian I. die Herrschaft zurück. Margenwerder hatte die Herrschaft an Wilhelm und Georg Baumkircher verkauft. 1502 erklärte König Wladislaw II. die Herrschaft der Krone verfallen. Dem trat Barbara, die Erbin des Wilhelm Baumkircher, entgegen. Wladislaw II. übertrug die Herrschaft seinem Schatzmeister Johann Bornemissza, konnte dies aber nicht durchsetzen. Die Bürger verweigerten die Steuern.
Neuzeit
Franz I. Batthyany zeichnete sich im Türkenkrieg aus. 1524 übertrug ihm König Ludwig II. die Herrschaft Güssing, 1527 verlieh ihm König Ferdinand I. die Herrschaften Rechnitz und Schlaining. Dieser musste sich aber zunächst wegen des Widerstandes der Baumkircher – Erben mit der Hälfte begnügen. In Rechnitz ließ er die Stadtburg aufbauen. Erst unter König Maximilian II. konnten die Batthyany die ganze Herrschaft in Besitz nehmen. Zu dieser Zeit war die Herrschaft aber als Folge des Türkenzuges von 1532 schwer verwüstet. Von Schlaining, Güssing und Bernstein aus bekämpfte Batthyany gegen das vor Güns liegende Türkenheer. Im 16. Jahrhundert kam es zur Einsiedlung von Kroaten aus den kroatischen und slawonischen Besitzungen der Batthyany, im 17. Jahrhundert siedelten die Batthyany am „Tabor“ eine Judengemeinde an, die rasch die größte im Komitat wurde. 1744 umfasste sie mehr als 2000 Personen.
Christoph Batthyany war in dritter Ehe mit Elisabeth Swetkovits verheiratet. Ihr Sohn Balthasar III. war ein erfolgreicher General im Türkenkampf und unterhielt auf eigene Kosten 500 Reiter und 1200 Mann Fußvolk. Er war gebildet, hatte an mehreren Universitäten studiert, war Bücherfreund und Musikliebhaber. Auf seinen Besitzungen in Güssing und Schlaining hielt sich Carolus Clusius auf. Elisabeth Swetkovits war eine überzeugte Anhängerin der Reformation, ebenso seine Gemahlin Dora Zrinyi. 1569 nahm Balthasar III. den reformierten Glauben an und wurde ein eifriger Förderer des Calvinismus. Auch Franz II., Sohn Balthasar III., war ein bedeutender Türkenkämpfer. Er war Kammerherr, königlicher Stallmeister und oberster Feldhauptmann in Niederungarn, 1603 wurde er in den Grafenstand erhoben. 1608 heiratete er Eva Poppel Gräfin Lobkovits und vermehrte damit erneut die Batthyany – Güter. Im Bocskai – Aufstand blieb er königstreu. Im Bethlenkrieg schlug er sich auf die Seite der Rebellen, wozu das Vorgehen Ferdinands II. gegen die Protestanten beitrug. Schlaining, Rechnitz und Körmend wurden von den Kaiserlichen verwüstet. Die Bergburg durch den kaiserlichen Oberst Collalto zerstört. Die Wende in der konfessionellen Haltung der Batthyany kam mit Adam I., mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Bevölkerung. Adam wurde in jungen Jahren in Güssing vom Superintendenten Zvonarics kalvinistisch erzogen. Er kam an den Wiener Kaiserhof und unter den Einfluss der Jesuiten sowie seiner späteren Frau, der Hofdame Aurora Katharina Formantini, einer fanatischen Katholikin. 1629 trat Adam zur katholischen Kirche über. Die Belohnung folgte auf den Fuß: 1630 wurde Adam auf dem Reichstag zu Regensburg in den Reichsgrafenstand erhoben. Seine Mutter, Eva Poppel, die mit der Konversion ihres Sohnes nicht einverstanden war, blieb Lutheranerin und zog sich in die Herrschaft Neuhaus zurück.1640 wurde Adam I. zum Generalkapitän für das Gebiet diesseits der Donau ernannt. Seine Besitzungen vermehrte er um die 1644 von den Königsberg gekaufte Herrschaft Bernstein, um die Kleinadelssitze Tatzmannsdorf und Sulz, um die Gebiete der steirischen Freiherrn von Rindsmaul und der Neringer in Pinkafeld.
Adam I. hielt eine riesige Privatarmee von 2300 Söldnern – Husaren, Heiducken und Fußtruppen. In Althodis, Weiden, Podgoria und anderen Orten siedelte er die kroatischen „Walachen“ (Vlahi) an, die zu kriegsdiensten verpflichtet waren, in Friedenszeiten aber auch eine Art grundherrschaftlicher Polizei bildeten. Für Rechnitz wichtig wurde Adam I. als Erbauer des neuen Schlosses an der Stelle der Stadtburg nach Plänen des kaiserlichen Hof- und Festungsbaumeisters Filiberto Lucchese ab 1634. In den Orten Hodis, Schachendorf und Poschendorf wurden Kastelle, Granarien und Meierhöfe errichtet. Ab 1654 begann der Patronatsherr mit der Errichtung einer neuen Pfarrkirche in Rechnitz. Die alte Kirche war 1532 zerstört worden.
Seine Blütezeit erlebte Rechnitz als Herrschaftssitz in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Adam Batthyany ließ an Stelle des Kastells das neue riesige Schloss mit über 200 Zimmern errichten. Der barocke Schlossbau war eine trapezförmige Anlage mit Arkadenhof, zwei hervortretenden Eckpavillons und einem in der Mitte der Vorderfront stehenden Torturm. Im rückwärtigen Trakt befand sich die Kapelle. Mehrere Baumeister waren am Riesenbau beteiligt: Carlo della Torre, Jacopo della Strada, Philiperto Lucchese und Johann Schreiner. Dieses barocke Stadtschloss wurde im Zweiten Weltkrieg in Brand geschossen und abgetragen. Erhalten ist nur mehr ein Teil der Basteimauer.
Erben Adams I. waren zu gleichen Teilen seine Söhne Christoph II. und Paul I. Sie teilten die Herrschaft. Christoph II. wurde der Begründer der später fürstlichen Linie mit Sitzen in Rechnitz und Körmend, Paul I. wurde der Begründer der gräflichen Linie mit Sitzen in Bernstein und Pinkafeld. Burg Güssing blieb ungeteilt.Christoph II. war Kammerherr und Geheimer Rat, General in Ungarn diesseits der Donau und Obergespan von Eisenburg. Sein Nachfolger war Adam II., Judex Curiae, Banus von Kroatien, Dalmatien und Slawonien und Obergespan von Eisenburg. Er war an der Eroberung von Gran, Belagerung von Ofen und an der Einnahme von Kanizsa beteiligt
Das Residenzschloss in Rechnitz erlebte seine Hochblüte unter Adam II. Batthyany. Im Schloss wurden auch die Truppen für den Türkenkrieg ausgebildet. Besonders unter Christoph Batthyany war das Schloss auch kultureller Mittelpunkt, mit Theater- und Musikaufführungen. Auch in Körmend ließ er ein Theater einrichten. 1679 wurde der Bau der Pfarrkirche vollendet.
Besonders bedeutend war die Zeit, in der die kunstsinnige Eleonore Batthyany – Strattmann in Rechnitz residierte. Adam II. war mit der Gräfin Strattmann, der Tochter des Hofknzlers Theodor Strattmann, verheiratet Sie residierte zum Teil in Wien, zum Teil in Rechnitz. Prinz Eugen besuchte sie mehrmals in Rechnitz. Anders als gelegentlich behauptet dürfte er aber keinen Einfluss auf die bauliche Ausgestaltung genommen haben. Nach dem Tod Adams II. leitete die Gräfin die Verwaltung der Güter für ihre Söhne Ludwig Ernst und Carl Joseph.
In den Kuruzzenkriegen war das Schloss ab 1704 von den Aufständischen besetzt. 1708 lag der Kuruzzenoberst Georg Kisfaludy mit einer ganzen Division im Rechnitzer Schloss in Garnison. Seit Adam II, lag ständig Militär im Schloss, meist Dragoner und Kürassiere.
Eleonores Sohn Ludwig Ernst war ungarischer Hofkanzler in Wien, Judex Curiae, ab 1751 Palatin. Er errichtete für die Batthyany-Güter ein Majorat. Carl Joseph war General im Krieg gegen die Türken und Feldmarschall. 1719 war er er Mitglied der kaiserlichen Gesandtschaft in Konstantinopel. 1748 wurde er Erzieher des Thronfolgers, des späteren Kaisers Josef II.. Unter diesem war er Oberhofmeister, Staats- und Konferenzminister. Von Kaiser Franz Stefan, dem Gemahl Maria Theresias, wurde er 1764 in den Reichsfürstenstand erhoben. Sein Erbe und sein Titel gingen an den ältesten Sohn seines Bruders Ludwig Ernst, an Adam III., über. Grundherr von Rechnitz wurde Joseph, der zweite Sohn von Ludwig Ernst. Dieser wurde 1751 zum Priester geweiht. 1759 wurde er Bischof von Siebenbürgen, 1760 Erzbischof von Colocsa, 1776 Fürstprimas von Ungarn und Erzbischof von Gran, 1778 Kardinal. Auch dieser Grundherr von Rechnitz war eine bedeutende Persönlichkeit. 1782 vermittelte er beim Besuch Papst Pius VI. in Wien. 1790 krönte er Leopold II. zum König von Ungarn.Er war ein eifriger Bauherr, ließ den Palast in Preßburg bauen und trug zum Bau des Domes und des Bischofspalastes in Steinamanger bei. Während der Sommermonate hielt er sich oft in Rechnitz auf. Nachfolger in Rechnitz wurde sein Bruder Theodor, verheiratet mit Philippine Esterhazy. Er zeichnete sich durch technische Erfindungen aus. In Lichtenwörth bei Wr. Neustadt betrieb er die Nadelburg, eine große Eisenwarenmanufaktur. 1813 ging Rechnitz an seinen Sohn Franz und 1828 an dessen Sohn Gustav Theodor Anton. Gustav von Batthyany – Strattmann lebte fast ausschließlich in England.
Rechnitz war nicht nur die volkreichste Gemeinde, sie hatte auch große wirtschaftliche Bedeutung Der Markt war Zunftstätte zahlreicher Handwerker. Die Handwerke wurden meist zusammen mit einer kleinen Landwirtschaft, vor allem aber mit dem Weinbau, betrieben. Die herrschaftliche Eigenwirtschaft war bedeutend. Davon zeugt bis heute das riesige Granarium. Eine Besonderheit in Rechnitz waren die im 18. Und 19. Jahrhundert angesiedelten etwa 12 „Waldbauern“, Einzelgehöfte auf Rodungsflächen, die angelegt wurden, um die Herrschaft und die Kohlenmeiler mit Holz zu versorgen.
In der Landwirtschaft herrschte der Klein- und Kleinstbesitz vor. Der Viehbestand war bescheiden. 1780 wurden 419 Bauern, 200 Söllner und 12 „adelige“ Familien gezählt. Die Grundentlastung, die sich bis in die 1880er Jahre hinzog, betraf 203 Bauern, 183 behauste Söllner mit Urbarialrecht und 61 behauste Söllner ohne Urbarialrecht. 1900 gab es noch 251 selbständige Landwirte, von denen 154 unter 10 Joch besaßen, also Kleinstbetriebe waren. Die beiden Urbarialgemeinden konstituierten sich 1906. Die Deutschmarkter Urbarialgemeinde umfasste 446 ha Wald und 135 ha Weide, die Ungermarkter Urbarialgemeinde 311 ha Wald und 153 ha Weide. Die wirtschaftliche Situation der Kleinbauern besserte sich erst um die Jahrhundertwende, als man begann, den Markt in Steinamanger mit Obst und Gemüse zu beliefern. Die Rinderhaltung erfuhr nach dem Beispiel des Gutsbesitzers Szaibely einen Aufschwung, in Ungarmarkt bestand ein bedeutender Viehmarkt. Arbeitsmöglichkeiten gab es für die unterbäuerlichen Schichten und die Kleinstbauern auf den herrschaftlichen Besitzungen. Um 1910 wurden aber auf den Meierhöfen etwa 300 – 350 Gutsarbeiter, meist ungarische Familien, angesiedelt.
Im 19. Jahrhundert fiel die wirtschaftliche Bedeutung des Marktes in der Herrschaft zurück. Schuld daran war vor allem die ungünstige Verkehrslage. Der Eisenbahnbau begünstigte Pinkafeld und Steinamanger. Der Verfall der Herrschaft begann nach 1848. Das Schloss wurde als Kaserne nicht mehr gebraucht. Gustav Batthyany schenkte 1838 die riesige Schlossbibliothek (30 000 Bände) der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Als Residenz wurde Rechnitz von Körmend abgelöst. Die Reste der Bergburg, die zum Versteck für Diebsgesindel geworden war, mussten auf Befehl des Komitats abgetragen werden.
Die „Bauernbefreiung“, also die Aufhebung der Grundherrschaft, wurde in Rechnitz begeistert gefeiert, ein Freiheitsdenkmal errichtet. Im Juli 1848 musste Rechnitz 75 „Freiwillige“ für den ungarischen Unabhängigkeitskampf stellen. Im Oktober 1848 waren im Schloss 450 Kroaten inhaftiert. Im Kampf gegen die aufständischen Ungarn forderte eine Rekrutierungskommission 68 Mann, Marktrichter Harrer konnte aber nur 43 aufbringen. Nach der Niederlage der Aufständischen wurde das Freiheitsdenkmal entfernt.
Da die Untertanenleistungen in der Form der Robot wegfielen wurden die Güter und das riesige Schloss zur Belastung. Gustav Batthyany verkaufte Schloss und Gutshof.
1871 wurde die Herrschaft an Julius Szajbeli verkauft. Dieser machte aus seinem Besitz ein Mustergut. Er pflügte mit Dampfpflügen und auch zum Dreschen wurde eine Dampfmaschine eingesetzt. Für die Schaf- und Rinderweide ließ er ein großes Waldstück roden. In der neu errichteten Ilka – Ouszta wurde die Meierei und Wohnungen für Hirten und Förster untergebracht. Neu gebaut wurde ein Jägerhaus, der Kreuzstadel für die Schafe und der „Schweizer“ – Meierhof. Die Rinderhaltung wurde mit ertragreicheren Rassen und modernen Methoden betrieben und ein großer Rinderstall gebaut. Im Hofgarten ließ Szaibely ein prächtiges Mausoleum für seine Familie errichten. Es wurde – ebenso wie das Schloss – 1945 zerstört.
1883 bekam Graf Erdödy die Konzession zu den Vorarbeiten einer von Steinamanger über Rechnitz, Großpetersdorf und Oberwart nach Pinkafeld führenden Bahn. Aus diesem Projekt wurde jedoch nichts. Am Zustandekommen der neuen Strecke war dann Julius Szaibely maßgebend beteiligt. Eine Aktiengesellschaft wurde gegründet, an der auch Rechnitz ein Aktienpaket erwarb. 1887 war Baubeginn und 1888 konnte die Strecke eröffnet werden. Der Bahnhof von Rechnitz lag aber weit außerhalb des Ortes. Pläne, ihn mit dem Ortszentrum etwa durch eine elektrische Bahn zu verbinden, scheiterten. Trotzdem war der Bahnanschluss auch für Rechnitz von einiger Bedeutung. Sowohl der Güterverkehr wie der Personenverkehr nahmen zu. 1932 wurde zwischen Österreich und Ungarn ein Vertrag abgeschlossen, der die Betriebsführung auf dieser Strecke den Österreichischen Bundesbahnen übertrug. 1934/35 wurde ein neuer Bahnhof gebaut. Ab 1925 verkehrten täglich Züge nach Oberwart, Steinamanger und Wien. 1945/46 wurden die Gleise auf ungarischer Seite abgetragen. Die Bedeutung der Bahn sank mit dem Ausbau der Straßen. 1984 wurde die Bahnlinie eingestellt. Versuche, sie zu reaktivieren, waren vergeblich. Die Strecke wurde von Franz Schuch aus Großpetersdorf gekauft, die im Sommer Nostalgiefahrten durchführte. Schließlich wurde die Strecken vom Land Burgenland gekauft, mit der Absicht, einen Radweg zu errichten. Der Radweg wurde 2022 eröffnet.
1907 wurde auf dem Areal des Meierhofes von Baron Thyssen ein kleines Elektrizitätswerk zur Versorgung des Schlosses errichtet. 1927 begann die Gemeinde Rechnitz mit dem Bau eines Elektrizitätswerkes, das mit Kohle betrieben wurde. Es gab nur wenige Privatanschlüsse. Das änderte sich erst mit der Übernahme durch die Oststeirisch-Burgenländische Wasserkraftwerke AG (Ostburg) . 1925 wurde die Elektrizitätsversorgung durch die STEWEAG und ab 1959 von der BEWAG übernommen. 1971/72 begann die Verkabelung der Freilandleitungen.
Szaibely verkaufte 1906 die Güter in Rechnitz und Schachendorf an den Industriellen Baron Dr. Heinrich Thiessen – Bornemissza um 2 600 000 Kronen. Thyssen war mit Baronin Margit Bornemisza verheiratet. Der Industrielle, dessen Familie zeitweise in Rechnitz wohnte, legte im Schloss eine Galerie, an – eine der größten Privatsammlungen der Zeit. Die Sammlung war später in der Neuen Piakothek in München ausgestellt. 1907 wurde die Meierei umgebaut und ein Elektrizitätswerk installiert. Thyssens Tochter Margit heiratete 1933 den Grafen Ivan Batthyany. 1938 erhielt das Ehepaar Gut und Schloss Rechnitz als Geschenk. 1945 flüchtete die Familie vor den Russen in die Schweiz.
1945 brannte während der heftigen Kämpfe um Rechnitz das Schloss komplett ab, die Reste wie der Torturm wurden abgetragen. Den Meierhof kaufte 1962 Adalbert Oswald, das Ackerland wurde gegen Wald der Urbarialgemeinde eingetauscht. Auch der zweite Meierhof wurde 1965 verkauft, der Grund aufparzelliert. Das Granarium kaufte Karl Simon. Heute besitzt die Familie des Christoph Batthyany noch etwa 1000 ha Wald mit Gebäuden der Forstverwaltung und einem Jagdhaus.
Zeitgeschichte
Die Bevölkerungsentwicklung der einst großen und reichen Marktgemeinde Rechnitz begann schon im 19. Jahrhundert zu stagnieren. 1697 hatte der Markt 2239 Einwohner, davon 1577 Deutsche und 662 Kroaten, 1713 war die Mehrheit der christlichen Bevölkerung mit 1040 Einwohnern noch evangelisch, 820 Personen waren katholisch und 400 Juden. 1787 bestand der Ort aus vier Teilen, den Deischmarkt, den Ungermarkt, den Tabor und eine Söllnersiedlung „Setzer“ auf dem heutigen Point. Der Ort hatte 3832 Einwohner. 1804 waren es 3794 und 1830 4023 Einwohner. 1850 lebten in 769 Häusern 4382 Menschen, davon 3312 Deutsche, 75 Magyaren und 11 Kroaten. Die konfessionellen Verhältnisse hatten sich stark verändert. Auf 2264 Katholiken kamen nur 1134 Evangelische. Und 868 Juden. 1900 war die Bevölkerungszahl auf 4049 Einwohner gesunken, davon 2694 Katholiken und 1044 Evangelische, aber nur mehr 311 Juden. Der Bevölkerungsrückgang scheint also auf die beginnende Abwanderung der Juden zurückzuführen zu sein. Um die Jahrhundertwende wanderten viele jüdische Kaufleute ab. Ihre „Gewölbe“ am Hauptplatz wurden von christlichen Kaufleuten und Handwerkern übernommen.
1869 wurde das Gemeindehaus neu gebaut, 1898 der Rat-Saal im Gemeindehaus neu eingewölbt und einer Gewerbeschule übergeben. 1898 wurde ganz im Sinne des nunmehr auflebenden und geförderten magyarischen Nationalismus die 1848 abgerissene Freiheitssäule neu aufgestellt. 1913 wurde von der Gemeinde der große Aussichtsturm auf dem Geschriebenstein errichtet.
Auch im Falle von Rechnitz versuchten die Großgrundbesitzer vergeblich, den Ort und Schachendorf und Schandorf bei Ungarn zu halten. In der Rätezeit erlebte der Ort turbulente Tage. Das Schloss wurde geplündert. Die Ungermarkter Bauern schlossen sich aber einem Aufstand gegen die Räteregierung an. Der Aufstand wurde von Tibor Szamuely blutig niedergeschlagen, zahlreiche Bewohner wurden nach Steinamanger verschleppt und eingekerkert. Der Richter Josef Varga und Eugen Bogdany konnten fliehen. Oberstuhlrichter Andor Horvazh wurde zu 15, der Schuster Alois Mikikits zu 10 Jahren Kerker verurteilt. Der Gemeinde wurde eine hohe Strafe von 8 Millionen Gulden in „Blauem Geld“ auferlegt, an Stelle dieses Betrages aber 97 Rinder konfisziert. Die Gemeinde musste später Entschädigung zahlen. Intellektueller Anführer der Rechnitzer „Roten“ war der Sozialdemokrat und Arzt Dr. Alfred Eisenstädter, Präses des Proletarierdirektoriums der Schuster Josef Tellian. Nach dem Sturz der Räteregierung wurden Eisenstädter und fünf seiner Genossen nach Steinamanger gebracht, wo sie ein Jahr in Untersuchungshaft verbrachten. Tellian kam mit fünf Wochen Untersuchungshaft davon.
Der frühere Marktrichter Josef Varga wurde wieder eingesetzt. Diesem gelang es, 17 Waggons Weizen und Mais für die Versorgung des Marktes zu kaufen. Im Kampf um Deutschwestungarn war Rechnitz ein Zentrum für die ungarischen Freischärler. Sie zogen am 27. Oktober 1921 ab. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit wurde eine Bürgerwehr unter dem Kommando von Eugen Bogdany, Josef Klein und dem Marktrichter aufgestellt. Am 28. November rückten die Österreicher mit 12 Offizieren und 438 Mann Gendarmerie, Staatspolizei und Zollwache ein. Am 17. Dezember wurde die letzte Repräsentantensitzung einberufen. Der Marktrichter Varga wurde als angeblich nicht ganz zuverlässig abgesetzt und durch das Militärkommando ein neuer Vorstand ernannt, mit Johann Rauherz als Bürgermeister. 1922 besuchten Bundespräsident Michael Hainisch und Staatskanzler Renner die Gemeinde Rechnitz.
Die Bevölkerungszahl der nunmehr durch die neue Staatsgrenze nach Osten abgeschlossenen Marktes betrug 1923 3772, davon 2714 Katholiken, 875 Evangelische und 176 Juden. 3662 Personen gaben deutsch als Muttersprache an, 33 Krotisch und nur mehr 74 Ungarisch. In der Gemeinderatswahl von 1923 erhielten die Sozialdemokraten 10 Mandate. Die Christlichsozialen 8, nach einer Neuwahl die Sozialeemokraten 9, die Christlichsozialem 8, die Landbündler 2 und eine Bürgerpartei 1 Mandate. Bürgermeister wurde Johann Rauherz.1927 bekamen die Sozialdemokraten 8, die Christlichsozialen 9 und der Landbund 2 Mandate. 1928 wurde Josef Seltsam Bürgermeister. 1928, zur Zeit der höchsten Arbeitslosigkeit, wurde mit dem Bau der Höhenstraße über den Geschriebenstein begonnen und der Freiwillige Arbeitsdienst eingesetzt.
Schon 1927 wurde eine Ortsgruppe der NSDAP gegründet, mit 32 Mitgliedern. Ortsgruppenleiter war der Buchhändler Karl Lehner. 1931 hatte der frühere christlichsoziale Vizebürgermeister Franz Takler die Leitung. Im Juli 1931 nahmen bereits etwa 500 Personen an einer NS-Veranstaltung teil. In der Gemeinderatswahl von 1931 bekamen die Christlichsozialen 7, die Sozialdemokraten 6 Mandate. Bürgermeister blieb Seltsam, Vizebürgermeister wurde der Landtagsabgeordnete Alois Striny von den Sozialdemokraten.
Ab 1930 bestand eine Schutzbundtruppe der Sozialdemokraten, ab 1929 eine Heimwehrformation. Landesführer der Heimwehr war vn 1927 bis 1930 der Rechnitzer Abgeordnete zum Nationalrat Franz Binder. Binder war Polizeibeamter. Er gehörte 1921 und 1922 der Verwaltungsstelle für das Burgenland an. 1921 bis 1934 gehörte er der Landesleitung der Christlichsozialen Partei an. 1922 – 1930 und 193 – 1934 war er Landtagsabgeordneter und 1922 – 1930 und 1931 – 1934 Abgeordneter zum Nationalrat.
In der Zeit des „Ständestaates“ wurden die sozialdemokratischen Organisationen verboten, Die illegalen Nationalsozialisten verstärkten ihre Aktivitäten. Nach dem Anschluss an Deutschland, der nahezu einstimmig begrüßt wurde (acht ungültige Stimmen) wurde der Tierarzt Dr. Max Gortan Bürgermeister. An der Siegesfeier der Nationalsozialisten nahmen 3000 Personen teil.
Unter den Gegnern der Nationalsozialisten war Stefan Ostovich, Erzdechant von Rechnitz. Er wurde nach Sauerbrunn versetzt. Verhaftet wurde der Landwirt Michael Untenecker, der 1941 in Dachau starb. Zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt wurden Wilhelm Gregorich, der spätere Hauptschuldirektor. Und Josef Hotwagner, Oberlehrer und Schulleiter, wegen Vorbereitung zum Hochverrat. Hotwagner starb 1945 im Krankenhaus in Straubing. Der Rauchfangkehrer Emerich Kis wurde 1941 von der Gestapo verhaftet, 1942 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und in Wien hingerichtet. Auch Dechant Porits geriet in Konflikt mit der Partei und erhielt 1943 ein Seelsorge- und Ortsverbot. Auch der evangelische Pfarrer Tepperberg hatte einige Probleme mit Parteiorganen.
Im Herbst 1944 begann der Bau des „Südostwalls“, bei dem neben Zwangsarbeitern und Hitlerjugend aus der Steiermark auch Ortsansässige eingesetzt wurden. Untergebracht waren sie im Schloss, im Kloster, in den Schulen und in der Synagoge. Noch zu Ostern 1945, kurz vor dem Einmarsch der Russen, wurden im Bereich des Kreuzstadels jüdische Zwangsarbeiter in größerer Zahl erschossen. Ein Massengrab wurde in jüngster Zeit mehrmals vergeblich gesucht. 1995 wurde beim Kreuzstadel ein Gedenkstein enthüllt.
Am 28. März warf ein russisches Flugzeug Bomben auf Rechnitz ab. Der Rechnitzer Aurelius Maninger und ungarische Flüchtlinge wurden dabei getötet. Beim Herannahen der Front flüchtete ein Teil der Bevölkerung nach Westen, ein anderer Teil in die Wälder. Am Gründonnerstag 1945 begann der Angriff auf Rechnitz, am Karfreitag der Gegenangriff der SS-Division Viking, bestehend aus Deutschen, Holländern, Belgiern und Ungarn. Die Russen wurden in einem blutigen Nahkampf aus dem Ort geworfen, das Schloss wurde in Brand geschossen. Vier Zivilisten wurden erschossen, am Karfreitag wurden weitere sieben Personen getötet, darunter vier Frauen. Der russische Gegenangriff begann am Ostersonntag. Es folgten tagelange Straßenkämpfe mit hohen Verlusten auf beiden Seiten. Zahlreiche Häuser brannten ab. Nach Schätzungen fielen etwa 100 russische Soldaten und 300 deutsche Soldaten und Volkssturmmänner. Nach der Besetzung und bis in den April 1945 wurden weitere 13 Personen erschossen. Die Häuser und besonders die Weinvorräte wurden geplündert, es kam zu zahlreichen Übergriffen auf Frauen und Mädchen. Auf Anordnung der sowjetischen Kommandantur mussten ganze Ortsteile geräumt werden. Bis zu 3000 Russen waren im Ort stationiert. Rechnitz hatte 177 gefallene oder vermisste Soldaten zu beklagen. Die Russen setzten Stefan Schwarz und später Herrn Bogdany als Bürgermeister ein. Ab 8. September 1945 war Emmerich Cserer Bürgermeister, Alois Hofer Vizebürgermeister. Eine Gemeindepolizei wurde aufgestellt. Die ehemaligen Nationalsozialisten wurden registriert, zum Teil enteignet und zu Sühneleistungen herangezogen.
In der ersten Nationalratswahl vom 25. November 1945 erhielt die SPÖ 1038, die ÖVP 587 und die KPÖ 77 Stimmen. Am 31. August 1946 wurde Alois Hofer Bürgermeister, Josef König Vizebürgermeister. Hofer war auch Abgeordneter zum Burgenländischen Landtag. Das Schloss war eine Ruine, Der Grund wurde aufparzelliert, nur den Schlosspark konnte die Gemeinde 1948 ankaufen. Von 1949 bis 1951 wurde die neue Hauptschule gebaut. Einen wichtigen wirtschaftlichen Impuls brachte die Errichtung der Lungenheilstätte am Hirschenstein mit 165 Patientenplätzen. Sie wurde 1955 fertig gestellt.
In der Gemeinderatswahl von 1950 erhielt die SPÖ 13, die ÖVP 6 Mandate. Der VdU erhielt 87 Stimmen. Hofer blieb Bürgermeister. 1954 und 1958 änderte sich nur wenig. Die SPÖ erhielt jeweils 12, die ÖVP 7 Mandate. 1953 kaufte die Gemeinde die ehemalige Synagoge und die Judenschule. Herrengasse und Katharinengasse wurden saniert, das Rathaus renoviert, ein neuer Sportplatz und ein Turnsaal gebaut. Ab 1954 begann der Bau der Wasserleitung, ein Hochbehälter wurde gebaut. Später wurden weitere Hochbehälter errichtet. 1956 waren bereits 86 Häuser an die Wasserleitung angeschlossen. Am 23. November 1956 kam es zu einem schweren Grenzzwischenfall. In Verfolgung von ungarischen Flüchtlingen drangen sowjetische Soldaten auf österreichisches Gebiet vor. Einer wurde angeschossen und starb. 1960 begann der Asbestabbau, 1961 wurde die Errichtung des Stausees beschlossen. 1962 erhielten die SPÖ 10, die ÖVP 7 und die SPÖ 2 Mandate. Neuer Bürgermeister wurde Josef Szerencsi. 1967 bekam die SPÖ 12, die ÖVP 7 Mandate. 1969 begann die Gemeinde mit dem Bau der Kanalisation, 1970 mit dem Bau der neuen Hauptschule.
Im Gemeinderat änderte sich nur wenig: 1972 stand es 10 : 7: 2, 1977 15 : 6 : 2 (GDR), 1982 14 : 9, 1987 10: 7 : 2. Ab 1971 bestand der Gemeindeverband mit Markt Neuhodis. Bürgermeister war ab 1973 Alois Gossi, der auch Landtagsabgeordneter war. 1975 wurden die neue Hauptschule und ein Altenwohnheim eingeweiht. 1979 wurde am Gemeindehaus ine Gedenktafel für den Dichter Franz Faludi von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften und der Burgenländischen Landesregierung angebracht. Er lebte ab 1773 in Rechnitz. 1980 begann der Bau der Kläranlage, die 1983 in Betrieb genommen wurde. 1981 trat Rechnitz dem Müllverband bei. 1989 trat Gossi als Bürgermeister zurück, sein Nachfolger wurde Josef Saly. 1988 wurde die Bahnlinie Rechnitz Oberwart eingestellt, 1989 wurde im Gemeindehaus das Csismenmachermuseum (Stiefelmachermuseum) eröffnet. 1990 wurde Saly nach einem Misstrauensantrag abgewählt, Heribert Oswald von der ÖVP wurde Bürgermeister. 1991 wurde der Grenzübergng nach Bösing (Boszok) eröffnet. Die Gemeinderatswahl von 1992 brachte der SPÖ 12, der ÖVP 9 und der FPÖ 2 Mandate. Saly wurde wieder Bürgermeister, Oswald Vizebürgermeister. Nach Problemen mit der Wasserversorgung fand 1994 eine Volksabstimmung statt. Rechnitz trat dem Wasserleitungsverband bei. 1994 wurde in der Reichermühle eine Vinothek eingerichtet, der Gemeindeverband mit Neuhodis wurde aufgelöst. 1996 wurde der grenzüberschreitende Naturpark Geschriebenstein eröffnet, 1997 der Hauptplatz neu gestaltet. Nach der Gemeinderatswahl von 1997 stand es 10 : 7 : 2, Saly blieb Bürgermeister. 2000 wurde das sanierte Gemeindehaus eröffnet.
In der jüngsten Gemeindepolitik baute die SPÖ ihren Vorsprung nahezu kontinuierlich aus: 1997 und 2002 10 Mandate, 2007 14, 2012 15, 2017 14 und 2022 16 Mandate. Die ÖVP verlor an Bedeutung, von 9 Mansaten 2007 auf 5 im Jahre 2022. Die FPÖ erreichte 1997 5,2017 3 und 2022 2 Mandate. Von 2007 bis 2016 war Engelbert Kenyeri Bürgermeister, ab 2017 Martin Kramelhofer. In der Direktwahl von 2017 setzte er sich mit 59,87 % der Stimmen durch. 2022 wurde er mit 66,56 % bestätigt.
Die Bevölkerungsentwicklung zeigt seit 1910 mit 4137 Einwohnern eine stetigen Rückgang auf 2937 im Jahre 2021.
Wirtschaft
Die wirtschaftliche Entwicklung zeigt ein differenziertes Bild. In der Nachkriegszeit erlebte die Landwirtschaft so wie im übrigen Burgenland einen tiefgreifenden Strukturwandel. Die Weiden wurden umgebrochen, Grenzertragsböden aufgeforstet, die Agrarlandschaft durch die Kommassierung 1997 stark umgestaltet. Die noch in der unmittelbaren Nachkriegszeit dominierenden Klein- und Kleinstbetriebe liefen aus. Um 1970 gab es bereits zahlreiche Mittelbetriebe in der Größe von 20 bis 50 ha, oft schon als reine Ackerbaubetriebe. Der Anbau von Körnermais nahm zu, auf Kosten des Viehfutters und der Hackfrüchte. Der Gutsbetrieb wurde auf reine Forstwirtschaft umgestellt. In Ungermarkt wurde ein Teil des Waldes gegen Ackerflächen eingetauscht. Die Zahl der Rinderhalter nahm ab, die verbleibenden Betriebe vergrößerten ihren Viehbestand. Die Zahl der Vollerwerbsbetriebe ist auf etwa 20 gesunken. Von ihnen bettreiben etwa zehn Viehzucht. Die meisten der Klein- und Mittelbetriebe gaben auf und verpachteten ihre Grundstücke an die wenigen Vollerwerbsbetriebe, die heute im Durchschnitt 100 – 150 ha bearbeiten.
Eine höchst wechselvolle Geschichte erlebte der Rechnitzer Weinbau. Seine Anfänge reichen bis in vorrömische Zeit zurück, wie etwa der Fund eines keltischen Rebmessers belegt. Im Hochmittelalter war Rechnitz ein bedeutender Weinbauort. Nach H. Prickler bestand eine Weingartenfläche von 400 ha. Urkundlich nachweisbar ist er etwa im Teilungsvertrag von 1374, mit 12 Eimer Wein als „Bergrecht“. 1451, im „mitterndorfer Urbar“ werden 20 Eimer Bergrecht erwähnt.1532 hatte auch die Grundherrschaft einen großen Weingarten mit 60 Tagwerken. Um 1600 war Rechnitz mit etwa 1000 Joch eine der größten Weinbaugemeinden Westungarns. Es gab auch viele auswärtige Weingartenbesitzer, Adelige und Städte wie etwa Thalberg, Güns, Bernstein, Jormannsdorf und Tatzmannsdorf. Noch im 18. Jahrhundert hatte nahezu jeder Haushalt Weingartenbesitz. 1744 gab es im Ort 5159 Hauer Weingärten (etwa 358 ha). Neben den Bauern hatten auch die Söllner, die Handwerker vor allem in Deutschmarkt auch Weingärten. Die kombinierte Wirtschafts- und Lebensform ermöglichte trotz der hohem Belastung durch Abgaben und Robot einen relativen Wohlstand. Die Blütezeit des Weinbaues ging mit der Reblauskrise zu Ende. 1895 gab es nur mehr 69 ha Weingärten. Nach dem ersten Weltkrieg begann die Umstellung auf neue Anlagen, nunmehr mit überwiegend Weißweinsorten, hauptsächlich Welschriesling. Ein Weinbauverein wurde gegründet. Die Ernte war aber etwa 1926 mit 254 hl noch immer recht bescheiden. Trotzdem wurden neue Weinkeller errichtet. In der nachkriegszeit stagnierte die Entwicklung zunächst. Mit der Gründung einer Winzergenossenschaft, die sich aber bald wieder auflöste, erfolgte ein kleiner Aufschwung. 1972 wurde der Weinbauverein neu gegründet und es begann eine bemerkenswerte Entwicklung zum Qualitätsweinbau. 1977 konnten bereits zahlreihe Medaillen gewonnen werden. In den 1970er Jahren hatte die Weingartenfläche wieder 100 ha erreicht. Neue Keller und Buschenschänken wurden gebaut. Bis zur Jahrtausendwende ging die Weingartenfläche auf etwa 60 ha zurück, die Zahl der Weinbau-Betriebe ging von 488 im Jahre 1947 auf 269 im Jahre 1998 zurück. Noch immer sind es großteils Nebenerwerbsbetriebe. 1994 wurde im Gebäude der ehemaligen Reichermühle eine Ortsvinothek eingerichtet. Der Naturparkverein legte einen Weinlehrpfad an.
In Rechnitz gab es schon seit dem Mittelalter viele, meist kleine Mühlen. 1450/51 wird erstmals eine Mühle in Deutschmarkt erwähnt. Im Mitterndorfer Urbar werden in Deutschmarkt drei Mühlen genannt. Die älteste Mühle in Ungermarkt war die Schlossmühle in unmittelbarer Nähe zur Stadtburg der Jaker. Im 19. Und 20. Jahrhundert gab es die Simon-Mühle, die Fleck – Mühle und die Hauser – Mühle, die ab 1993 restauriert wurde. Auch die frühere Reichermühle wurde von der Gemeinde restauriert. Zu den ältesten Mühlen gehören auch die Stettner-Batok – Mühle (Prager Mühle) in Ungermarkt, die Reiter – Mühle und die Verderics - Mühle. Sie waren alle dem katholischen Pfarrer zinspflichtig. Die Winkler – Mühle war ursprünglich ebenfalls im Eigentum der Pfarre und wurde vorübergehend Herrschaftsmühle.
Äußerst bemerkenswert ist die Rolle, die der Markt Rechnitz als Zentrum des Handwerks in der Herrschaft spielte. Insgesamt gab es 21 Zünfte mit 204 Meistern. Dazu kamen 204 „Außenmeistern“ , also Angehörigen der Rechnitzer Zünfte, die nicht im Markt wohnten. Die älteste bekannte Zunft ist die der Müller. Ihre Statuten wurden 1652 von Adam I. Batthyany bestätigt. 1660/61 wurde die Zunft der Csismenmacher vom Grundherrn genehmigt., 1663 folgte die Zunft der Wagner, 1665 die der Riemer, Schlosser und Sattler, 1667 die der Schneider. 1730 gab es 14 Marktschneider. 1668 wurde die Zunft der Hufschmiede gegründet. 1668 zählte die Schusterzunft schon 26 Meister. Die 1667 gegründete Knopfmacherzunft hatte 1677 9 Meister. 1681 entstand die Tischlerzunft und 1687 die Binderzunft, eine der grö0ten Zünfte in Rechnitz. 1709 folgten die Fleischhacker, 1722 die Drechsler. 1741 wurde den Tuchmachern die Genehmigung zur Bildung einer Zunft erteilt. Die Weber zählten schon im 17. Jahrhundert 46 Meister. Weitere Zünfte waren die der Bäcker, Gerber, Hutmacher. Neben den zünftisch organsierten Handwerkern gab es einen Chirurgen, einen Apotheker und zwei Uhrmacher. Einer davon war Hofuhrmacher.
1857 gab es in Rechnitz 261 Gewerbetreibende mit 160 Beschäftigten und 132 Kaufleute mit 14 Beschäftigten. 1869 wurden 216 Gewerbetreibende mit 407 Beschäftigten und 38 Handelsunternehmen mit 100 Beschäftigten gezählt. Die Zahlen sind wegen unterschiedlicher Zählmethoden nicht unmittelbar vergleichbar, zeigen aber doch den starken Rückgang von Handelsbetrieben wegen der starken Abwanderung der Juden. Im Gewerbe fallen vor allem die Csismenmacher auf: 1909 gab es 47 und 1923 noch immer 41 Betriebe. Sie belieferten weite Gebiete Westungarns mit ihren Stiefeln. Für die Bedeutung von Rechnitz als regionaler Markt spricht auch, dass es um 1870 schon zahlreiche Gasthäuser, ja sogar Kaffeehäuser gab.
Um 1840 gab es eine Brauerei, 1852 eine Branntweinerzeugung (Brennerei), die etwa 6000 – 7000 l Branntwein erzeugte. Die Brüder Rechnitzer betrieben eine Branntwein- und Likörgroßhandelsfirma. Der größte Industriebetrieb in Rechnitz war die 1873 gegründete Einbrennsuppenfabrik. Gründerin der Fabrik war Fánny Bogdány. Sie erzeugte Kümmel-, Erbsen-, Fisolen-, Grieß- und Reissuppenkonserven, hauptsächlich für das Militär, aber auch für Wohltätigkeitsvereine, Fabriken und Konsumgenossenschaften. Die Tagesproduktion lag bei 80 000 Portionen. Der Absatz wuchs rasch. 1894/95 wurde die Fabrik umgebaut und modernisiert, eine Dampfmaschine trieb die Maschinen. Die Produkton stieg auf 300 000 Suppenkonserven. Drei Männer, zehn Frauen und vier Kinder waren beschäftigt. 1907 wurde die Produktion auf Kaffee, Ersatzkaffee und Gemüsekonserven ausgeweitet. 1912/13 wurde die Fabrik erneut stark vergrößert, elektrischer Strom in einer eigenen Anlage erzeugt. Ein Maximum erreichte die Produktion während des Ersten Weltkrieges, als täglich 4600 1-Kilodosen Konserven erzeugt wurden.
Weitere Produktionsstätten waren das Sägewerk Benedek und die Kalksteinbrüche. 1876 waren in fünf Steinbrüchen 20 Männer beschäftigt. Der Kalkstein wurde in drei, später zwei Brennöfen verarbeitet. Die Kalkerzeugung wurde erst 1950 endgültig eingestellt. In einer Ziegelei waren 1860 sechs Arbeiter beschäftigt, die 480 000 Mauer- und 240 000 Dachziegel erzeugten. Zwei kleine Gerbereien arbeiteten für den lokalen Bedarf und die Tuchmacherinnung betrieb zeitweise eine Tuchwalke.
Von größerer Bedeutung war das Asbestwerk. Um 1900 entdeckte der Rechnitzer Kaufmann Karl Marx im Nußgraben eine Asbestlagerstätte. Nach 1902 begann er mit dem Abbau. Das Handelsministerium in Budapest unterstützte den Betrieb mit einem Diesel- Rohölmotor, mit dem Preßlufthämmer und – bohrer betrieben werden konnten. Marx hatte nicht ausreichen Kapital und verkaufte so das Bergwerk an die Firma Bernfeld und Rosenberg in Wien, die 1917 mit dem Bau einer Fabrik begann. Damals waren schon 40 Arbeiter beschäftigt. Das Rohmaterial wurde vom Bruch auf Schienen mit von Pferden gezogenen Loren in die Fabrik gebracht.1923 wurde das Unternehmen eine Aktiengesellschdt mit dem Namen „Amiant AG für die Verwertung mineralischer Rohstoffe“. Der kurzfaserige Asbest fand in der Bau-, Farben-, Eisen-, Metall- und Gummiproduktion Verwendung. Er wurde zur Gänze ins Ausland, nach Deutschland oder Südafrika verkauft. Während der NS- Zeit wurde die Amiant in den Vedag-Konzern eingegliedert und nach dem Krieg von der Besatzungsmacht beschlagnahmt. Die USIA setzte das Werk, das 1945 völlig abbrannte aber nicht wieder in Betrieb. In den 1960er Jahren wurde für kurze Zeit wieder Asbest abgebaut.
In der Zwischenkriegszeit änderte sich im Bereich des Handwerkes zunächst nur wenig. Die neue Grenze machte sich freilich bemerkbar. Güns und Steinamanger verloren als Märkte an Bedeutung, der Schmuggel nahm zu. In Rechnitz siedelten sich neue Gewerbezweige an: ein Buchhändler und ein Buchbinder, ein Dentist, zwei Fotografen, mehrere Friseure, ein Glaser, ein Sodawassererzeuger. Es gab drei Großhandelshäuser: Weisz & Grünberger, Max Spiegel & Sohn, Ludwig Steiner, mehrere Textilkaufhäuser, Kurz- und Wirkwarenhandlungen, Schuhgeschäfte, eine Eisenwarenhandlung. Die meisten Geschäfte wurden von jüdischen Familien betrieben. Mehrere Gemischtwarenhandlungen waren zum Teil im christlichen, zum Teil in jüdischem Besitz. Von 1913 an (bis 1979) bestand auch ein Kino. Auch einige Taxi- und Transportunternehmen entstanden, Karl Simon baute seine Schlosserei zu einer ersten KFZ-Werkstätte aus. Drei Gasthäuser boten Fremdenzimmer an. 1927 wurde vom Verschönerungsverein ein Schwimmbad gebaut. Während des Krieges verfiel es und wurde erst in der Nachkriegszeit in Stand gesetzt und 1955 wieder in Betrieb genommen. Mit dem Bau des Badestausees wurde es aufgegeben. Der Stausee wurde 1961 beschlossen und ging 1964 in Betrieb. Nach seiner Moderniserung wurde der Stausee 1992 neu eröffnet.
Im Jahre 1938 hörten zahlreiche jüdische Geschäfte zu bestehen auf. Sie wurden geschlossen oder arisiert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erholte sich das Geschäftsleben im Markt nur langsam. Neue Gemischtwarenhandlungen entstanden, neue Gewerbezweige siedelten sich mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und der Änderung des Lebensstils an, etwa ein Elektroinstallationsbetrieb, ein Eisenwaren- und Baumaterialienhandel mit Betonwarenerzeugung und natürlich mehrere Betriebe rund ums Auto. Karl Simon baute das frühere herrschaftliche Granarium um mit Autohandel und Tankstelle. Die Ansiedlung von Industriebetrieben scheiterte vielfach. 1960 wurde im Gemeindesaal ein Zweigbetrieb der Fa Triumpf International Textil AG eingerichtet, zunächst mit 10 Näherinnen. 1961 wurden schon 50 Frauen beschäftigt. 1962 wurde eine Werksanlage gebaut für 1963 100 und 1969 200 Arbeiterinnen. Die Löhne für die meist ungelernten Frauen waren bescheiden. So wie in vielen anderen burgenlädischen Grenze wurde auch das Rechnitzer Triumpf – Werk 1994 eingestellt- 1961 baute Adalbert Oswald auf dem Gelände des ehemaligen Meierhofes eine Kleiderfabrik. Sie wurde 1964 eröffnet und schon 1979 wieder geschlossen.
Die meisten der Kleingewerbebetriebe schlossen mit der Generationenabfolge in den 1960er und 1970er Jahre. Nur mehr zwei Tischlereien und ein einziger Schuhmacher führten die Betriebe fort. Die Betriebe rund ums Auto hingegen nahmen zu. 1962 entstand auf dem früheren Amiant – Gelände eine neue KFZ-Werkstätte mit Autohandel. Die Gemischtwarenhandlungen wurden von den Selbstbedienungsläden der Handelsketten verdrängt. Billa, Zielpunkt und Nah & Frisch ließen sich in Rechnitz nieder.
1960 pachtete Karl Freingruber von den Batthyany den Steinbruch. Der Betrieb erlebte einen raschen Aufschwung, zusätzlich wurde eine auch international tätige Transportfirma aufgebaut. 1970 wurde das Entsorgerunternehmen Stipits gegründet,1987 ein Betriebsgebäude, später eine Sortier- und Containerhalle errichtet. Stipits ist heute ein Großbetrieb, der in allen Entsorgungsbereichen tätig ist. 1997 wurde im Gebäude des ehemaligen Triumphwerkes das private Baubiologisch – Ökologische Zentrum eröffnet, das Beratungs- und Planungsaufgaben übernimmt und Ausbildung und Schulung anbietet. Im Transportgewerbe wurde schon 1936 das Autobusunternehmen Ziegler und 1991 das Unternehmen Johann Gabriel Internationale Transporte gegründet.
Auch im Geld- Und Kreditwesen war man in Rechnitz schon frühzeitig aktiv. 1873 gründeten 35 Geschäftsleute die „Rechnitzer Sparkasse – Aktiengesellschaft“ , die bis 1965 ihren Sitz im Toner-Haus hatte. 1988 wurde auf Betreiben des Dechant Ignaz Nagy die „Rechnitzer Allgemeine Sparkassa und Aushilfsverein Aktiengesellschaft“ („Sechserlkassa“) gegründet, als Sparkassa der „kleinen Leute“. Von 1921 bis 1990 wurde daraus die „Rechnitzer Spar- und Kreditbank AG“. 1991 wurde diese mit der Pinkafelder Sparkasse fusioniert zur „Spar- und Kreditbank Pinkafeld – Rechnitz AG“, ab 1994 Girokredit, ab 1997 Erste Bank. 1923 wurde die Raiffeisenkasse gegründet. 1958 errichtete diese am Hauptplatz ein großes dreigeschossiges Geschäfts- und Wohnhaus, 1968 dann ein neues Gebäude. Zur Raiffeisenbank in Rechnitz gehören heute einige Geschäftsstellen in den Nachbargemeinden. 1999/2000 wurde die Raiffeisenbank großzügig umgebaut. 1960 eröffnete auch die Volksbank eine Filiale in Rechnitz.
Die christlichen Kirchen
Rechnitz gehörte vermutlich zur „Urpfarre“ St.Veit bei Güns. Die Pfarrrechte wurden wahrscheinlich ab 1274 auf Rechnitz – Deutschmarkt übertragen. Schon Heinrich III. von Güssing unterstützte ein „neues Ordenshaus“ in Rechnitz. Es wird 1309 erwähnt. 1428 gehörten zwei Mühlen in Deutschmarkt zum „St. Erasmus – Stift“. Es könnte dies eine Armenstiftung gewesen sein. Josef Rittsteuer nennt noch aus dem Mittelalter einige Studenten in Wien, die aus Rechnitz stammten. (1395, 1402 und 1431). Auch einige aus Rechnitz stammende Geistliche sind aus dieser Zeit bekannt.
1569 trat Balthsar III. zum Calvinismus über. Die katholische Pfarre hörte zu bestehen auf. Rechnitz war unter ihm und unter Franz II. ein Zentrum des Protestantismus. Zumindest die deutschen Bewohner des Marktes dürften evangelisch geworden sein. Gottesdienste fanden, da die Kirche 1532 von den Türken zerstört worden war, in der Schlosskapelle statt. Um 1550 setzte Franz II. die Schlosskapelle in Stand (Katharinen- Patrozinium).
Adam Batthyany, in Wien erzogen, trat am 15.Oktober 1629 zur katholischen Kirche über. Die Gegenreformation begann mit Jesuitenmissionen, die von Soldaten begleitet wurden. Sie sollten Druck ausüben und auch die Missionare vor Übergriffen schützen. Die Evangelischen verloren 1633 die Kirche und die Schule. Die Burgkapelle wurde nunmehr von den Katholiken benützt. Der Druck auf die Anhänger Luthers war aber – anders als in den Esterhazy-Herrschaften – nicht allzu groß, so dass diese in einigen Batthyany-Herrschaften wie in Schlaining, Bernstein, Rechnitz die Zeit der Gegenreformation überstehen konnten. Dementsprechend hoch ist auch heute noch der Anteil der Evangelischen in den Bezirken Oberwart und Jennersdorf. 1654 war ein Laurenz Jakobi katholischer Pfarrer. 1654 begann Adam Batthyany mit dem Bau der heutigen Pfarrkirche an der Stelle der alten Margarethen – Kirche. Sie wurde aber erst 1679 vollendet. Konsekriert wurde die Kirche zu Ehren der Heiligen Dreifaltigkeit erst im Jahre 1732 durch Kardinal Zinzendorff.
Um 1640 gab es in Rechnitz eine deutsche und eine kroatische Pfarre. Der Pfarrhof stand dem kroatischen Pfarrer zu. Die Rechnitzer und die Schachendorfer Kroaten bildeten den Kern der katholischen Gemeinde. Die Deutschen widersetzten sich noch längere Zeit der Rekatholisierung oder blieben überhaupt evangelisch. Bemerkenswert großzügig war die Versorgung des kroatischen Pfarrers. Er bewirtschaftete 12 Joch Acker und einen Weingarten zu 15 Hauern. Einen zweiten Weingarten hatte er der Herrschaft abgetreten und erhielt dafür täglich Brot und Wein. Vier Mühlen zinsten dem Pfarrer, sechs Untertanen mit einer Viertelsession stellten wöchentlich eine Arbeitskraft. Dazu kamen Getreideabgaben und die Stolagebühren. Die konfessionelle Zweiteilung nach sprachlicher Zugehörigkeit zeigte deutlich die Visitation von 1700: Von den 1577 Angehörigen der deutschen Pfarre waren 495 Katholiken und 1022 Evangelische, von den 662 Angehörigen der kroatischen Pfarre waren 629 Katholiken und nur 33 Evangelische. 1740 wurde die kroatische Pfarre aufgelöst. Der kroatische Pfarrer wurde als Kanonikus nach Raab berufen und die Stelle nicht wieder besetzt. In der Folgezeit gab es aber immer neben dem Pfarrer einen kroatischen Kaplan.1750 fand eine erste große Kirchenrenovierung statt. 1770 ließ der damalige Grundherr Joseph von Batthyany, Kardinalerzbischof von Gran und Primas von Ungarn, eine große Glocke gießen. 1697 war der kroatische Pfarrhof aus Stein gebaut mit zwei Gärten. 1757 gab es bereits zwei Pfarrhöfe, wobei der deutsche Pfarrhof vielleicht schon in evangelischer Zeit errichtet wurde. Der kroatische Pfarrhof war Anfang des 18. Jahrhunderts schon desolat und diente bis 1938 als Meierhof. 1740/1750 wurde der große deutsche Pfarrhof gebaut. Er wurde 1929 abgetragen und 1930 ein neuer Pfarrhof gebaut.
Ab 1850 wurde die Kirche umgebaut, 1904 erneut renoviert, 1929 neue Glocken angekauft. 1850 überwogen bereits eindeutig mit 2264 Einwohner die Katholiken gegen 1134 Evangelische und 868 Juden. Ab 1886 war Ignaz Nagy Pfarrer und Dechant. Er brachte 1887 die Schwestern von der Kongregation des göttlichen Erlösers nach Rechnitz. 1890 wurde mit dem Bau eines neuen Schulgebäudes begonnen, 1903/04 der Bau des Klosters. Unter Pfarrer Horvath (1924 – 1930) wurde 1929 mit dem Bau eines neuen Pfarrhofes begonnen, Pfarrer und Dechant Stefan Osztovics musste 1939 die Pfarre verlassen. Auch sein Nachfolger Stephan Porits war ein Gegner des Nationalsozialismus und musste aus Rechnitz weichen. 1945 kehrte er zurück. Während des Krieges wurde die Kirche beschädigt. 1960 fand eine große Außen- ab 1961 eine Innenrenovierung statt, 2000 wurden die Mauern trocken gelegt. Unter Pfarrer Andreas Wurzer wurde die Pfarre Markt Neuhodis mit betreut und in Althodis eine Kirche gebaut.1968 wurde das Bildungsheim fertig gestellt.
An katholischen Vereinigungen bestanden ab 1908 eine Marianische Congregation und ab 1929 eine katholische Burschenschaft, ein Gesellenverein und eine katholische Theatergruppe.
Für das gesellschaftliche Leben der Rechnitzer Katholiken war die Adam Hauser – Armenstiftung von großer Bedeutung. Der pensionierte K.K. Rittmeister Adam Hauser lebte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Rechnitz 1752 starb er dort. Er besaß im Ort ein Haus und eine Mühle. Er war Mitglied der „Bruderschaft von der Todesangst Christi“. In seinem Testament von 1747 vermachte er sein Haus – eine vier Achtel – Session, die Mühle und 6000 Gulden einer Stiftung für 12 Arme aus der Bruderschaft, später reduziert auf 5000 Gulden und 10 Arme. In der Pfarrkirche ließ er einen Altar errichten und baute eine kleine Kapelle mit Turm und Glocke, Aus einer Stiftung von 3000 Gulden bzw. deren Zinsen sollte ein Geistlicher leben. Die Stiftung bestand 30 Jahre lang. Unter Josef II. wurde die Bruderschaft aufgelöst, das Stiftungsvermögen ging auf die katholische Kirchengemeinde über. Das Stiftungshaus wurde zum „Armenhaus“, 1804 wurde die Stiftung als Zwangsanleihe eingezogen, die Kirchengemeinde mit einem Staatspapier entschädigt.Die Stiftung begann zu zerfallen. Erst 1865 kümmerte sich der damalige Pfarrer Jakob Dirnbeck wieder um die Stiftung und ließ sie der Aufsicht des Marktrichters übertragen. Die Renovierung des Stiftungshauses begann. Die Zustände im Armenhaus wurden aber immer unerträglicher. Erst 1887 gelang es, die Schwestern vom Göttlichen Erlöser in Ödenburg für die Verwaltung des Hauses zu gewinnen. Es kamen drei Schwestern, von denen eine das Armenhaus übernahm, die zweite an der Volksschule unterrichtete und die dritte eine zukünftige „Arbeitsschule“ leiten sollte. Eine neue Kapelle wurde gebaut und 1889 eine „Kinderbewahranstalt“ eingerichtet. Im Ersten Weltkrieg wurde das Stiftungskapital als Staatsanleihe eingezogen. 1935 wurden noch fünf Arme betreut. 1938 wurde die Stiftung aufgelöst. Auch der Kindergarten wurde geschlossen, die Räume für Schulzwecke genützt. 1945 wurden die baulichen Einrichtungen von der Besatzungsmacht beschlagnahmt. Im April 1946 übergaben die Russen das Kloster und den Kindergarten an die Schwestern, 1966 wurden Klassenräume für den Kindergarten umgebaut. 1966 wurde der Kindergarten von der Pfarrgemeinde übernommen. 1972 entschloss sich der Orden zum Bau eines Altenwohnheimes auf dem Areal der Hauser-Stiftung. Der Kindergarten übersiedelte bis 1980 in das Pfarrheim, ab 1978 bis 1980 wurde ein neuer Kindergarten an der Stelle der alten katholischen Knabenvolksschule gebaut. 1992 mussten die Schwestern ihre Arbeit im Kindergarten wegen Nachwuchsmangels aufgeben, weltliche Kindergärtnerinnen übernahmen den Pfarrkindergarten.
Eng mit der Hauser-Stiftung, dem Kindergarten, dem Armenhaus verknüpft war das Kloster der Schwestern vom Göttlichen Erlöser. Schon 1898 erwarb die Hauser- Stiftung ein an die Stiftung angrenzendes Eckhaus für den Orden.1904 begannen die Schwestern mit dem Neubau des Klosters. Es bestand bis 1938 und spielte eine wichtige Rolle im Schulwesen für Mädchen (siehe Schulen). Im Dezember 1938 mussten die letzten Schwestern das Kloster verlassen. Im Gebäude wurde die öffentliche Hauptschule untergebracht. Nach dem Krieg wurde das Gebäude von der Besatzungsmacht beschlagnahmt. Aber auch die Schwestern kamen zurück und wurden zunächst im Pfarrhof untergebracht. Im April 1946 wurde ein Teil des Klosters freigegeben und die Aufräumarbeiten konnten beginnen. Ein Internat wurde eingerichtet. Von 1947 bis 1962 fand in den Wintermonaten ein Haushaltskurs statt, ab 1956 als Landwirtschaftliche Fortbildungsschule. 1947 wurde die renovierte Kapelle geweiht. 1965 konnte der Verkauf des Hauses verhindert werden. 1972 wurde der Neubau des Altenwohnheimes bewilligt, 1975 als „Haus Elisabeth“ in Betrieb genommen- 1975 hatte es 28, 1978 schon 63 Bewohner. 1998 wurde das Haus von der Caritas übernommen. Das Haus der Hauserschen Armenstiftung wurde schon 1960 abgetragen
Die evangelische Pfarrgemeinde Rechnitz entstand mit dem Übertritt Balthasar III. im Jahre 1569. Schon in diesem Jahr vereinbarte Christoph Batthyany mit Andre Mügleder in Wien, dass dieser als Prediger auf die Batthyany-Güter kommen sollte 1573 bis 1585 war der aus Papa stammende Stefan Pathay Hofprediger Balthasar Batthyanys und Prädikant. 1612 und 1613 war er wieder in Rechnitz wurde er erster kalvinistischer Bischof des Distrikts jenseits der Donau. 1572 war ein Christoph Schrimpfius in Rechnitz als Prediger tätig. Sein Nachfolger war Georg Rheticus als „Minister ecclesiae Rechnitzensis“ bzw. „Diener im Wort des Herrn zu Rechnitz“ . Auch in Schachendorf gab es einen Pastor Nicolaus. Ungewiss ist, wie weit die Kroaten für den evangelischen Glauben gewonnen werden konnten. Es gab jedenfalls zwei, zeitweise sogar drei evangelische Pfarrer in Rechnitz. 1613/14 wirkte in Rechnitz der reformierte Dichter und Bibelübersetzer Albert Molnár de Szencs. Er beherrschte auch die deutsche Sprache. Von Marburg berief ihn Franz Batthyany nach Schlaining. 1613 ging er nach Rechnitz, wo er bis juli 1614 blieb. 1613 war Jakob Müllner deutscher Prediger, zusammen mit Stefan Macheropaerus, der kalvinistischer Prediger bei den Kroaten war. 1618 wirkte der aus Eberau stammende Johann Vinicza als kalvinistischer kroatischer Prediger. 1628 und 1629 war er Pfarrer von Schandorf. Ab 1618 war Wolfgang Lang als deutscher Prediger tätig. Er war eine äußerst bemerkenswerte Persönlichkeit. Er weigerte sich, vom lutherischen zum kalvinistischen Bekenntnis zu wechseln. 1628 ist der Kroate Matthias Suttak als Prädikant der Kroaten von Rechnitz und Umgebung belegt.
1629 wurde Adam Batthyany katholisch, reformierte und lutherische Pfarrer mussten die Batthyany-Herrschaften verlassen. Die Evangelischen von Rechnitz fanden zunächst Zuflucht in Poschendorf, wo sie 1646 für Pfarrer und Lehrer ein Haus kauften. Der dortige Grundherr Sákány de Akohaza gewährte ihnen gegen Geldzahlungen Schutz. In Poschendorf predigte bis 1648 Emmerich Godi, von 1648 bis 1652 Peter Schwarz aus Hermannstadt. Johann Josef Danielis, Magister aus Schemnitz, wurde 1655 für die „communitatis Rechnitz“ zum „evangelicus Minister“ ordiniert, später war er deutscher Pfarrer in Güns. Bis 1661 wirkte Anton Laymar.
Auf dem Ödenburger Landtag von 1681 wurde den Protestanten die Gottesdienste an den „Artikularrorten“ zugestanden. Die Rechnitzer Evangelischen konnten nun an den Gottesdiensten in Tschobing (Nemescsó) teilnehmen. Dort wurde auch in deutscher Sprache gepredigt.
Nach dem Toleranzedikt Josefs II. entstand auch in Rechnitz eine evangelische Gemeinde. Bethaus und Schule entstanden in kürzester Zeit und schon am 19. September 1783 konnte Pfarrer Franz Karl Wohlmut, der aus Ödenburg stammte, den ersten evangelischen Gottesdienst feiern. 1853 wurde der neugotische Turm an das Bethaus angebaut. 1935/36 wurde neben der Kirche ein Gemeindehaus errichtet. 1971/72 wurde die Kirche renoviert, 1996 der Kirchturm saniert. Die evangelischen Pfarrer waren Michael Schwarz (1793-1819), Wohlmut Leopold (1819 – 1862) Senior des Obereisenburger Deniorats, Gustav Unger (1862 – 1898), Ziermann Ludwig (1898-1907) Paul Sergely, Ludwig Baliko, Adolf Pummer (1911-1928) Kurt Tepperberg (1933-1957), Gustav Weichselberger, Ulrich Haas und Sieglinde Pfänder ab 1998.
Schon unter Pfarrer Ziermann bestand ein evangelischer Kindergarten, dann wieder 1933-1938. 1947 wurde der Kindergarten wieder eröffnet und im Gemeindehaus untergebracht. Die frühere evangelische Schule wurde nach 1950 für Unterrichtszwecke nicht mehr gebraucht. Sie wurde in ein Jugend- und Freizeitheim umgestaltet, getragen von einem „Verein Haus der evangelischen Jugend im Burgenland“, 1964 wurde das Haus eröffnet, 1998 wurde die Generalsanierung beschlossen.
Judengemeinde
Die bedeutendste und größte der südburgenländische Judengemeinden war Rechnitz, die erstmals 1676 mit 37 Familien genannt wird. Es wird angenommen, dass es eine Tochtergründung der Gemeinde von Nagykanisza war. Die ersten Juden sind in Deutschmarkt im Jahre 1532 in einem Urbar nachgewiesen (Graner, Grünwald, Lazarus und Spiegel).1662 werden vier Juden als Hofbesitzer ausgewiesen. Während der großen Judenausweisung aus Österreich und Wien 1670 fanden offenbar auch viele Juden in den Batthyany-Herrschaften Zuflucht. Als Tochtergemeinde von Rechnitz entstand im Jahre 1728 in Güssing eine jüdische Gemeinde,die 1750 bereits 16 Familien umfasste.
Ein abgegrenztes Ghetto gab es in Rechnitz nie. In der Judengasse lebten auch Christen und Juden besaßen Geschäfte im Bereich der Herrengasse und des Hauptplatzes. 1676 zahlten die Juden halbjährlich 3 Gulden Schutzgeld, dazu kamen Zahlungen für die Fleischbank und für den Weinausschank. Sie belieferten die Herrschaft mit Tuchen und Kleinwaren. Auch mit Luxusgütern handelten sie. 1667 etwa wird berichtet, dass sich in der Herrschaft Rechnitz welsche Juden aufhalten, die sich als Christen verkleiden und vom Grafen Christoph Pässe erhalten. Sie reisen mehrmals im Jahr nach Venedig, von wo sie Juwelen im Wert von mehreren tausend Talern nach Innerösterreich einführen, ohne Maut und Dreißigstzoll zu zahlen. Der Graf kassierte von jedem der 10 – 12 Reisenden je 6 Reichstaler.
Die Judengemeinde hatte eigene Gemeindevorstände und Geschworene. Im Schutzbrief Adams II. von 1687 werden 36 Judenfamilien aufgezählt. Im Schutzbrief wird ihnen das Recht auf eine Synagoge und Schule und einen Friedhof garantiert.
Harte Zeiten brachen für die Judengemeinde zur Zeit der Kuruzzenkriege an. Sie mussten den Aufständischen sehr hohe Schutzgelder zahlen. Die Pestepidemie von 1710 forderte zudem zahlreiche Opfer. Die Gemeinde war durch die staatliche Toleransteuer von 100 Gulden pro Jahr schwer belastet. 1722 etwa betrug der Zahlungsrückstand 300 Gulden, die Exekution wurde angedroht.
Die Rechnitzer Juden wren in Handel und Gewerbe tätig. Es gab Fleischer, Schneider, Kürschner die für den Bedarf der Gemeinde arbeiteten. Den Zünften konnten die jüdischen Handwerker nicht beitreten. 1744 wohnten in Rechnitz 158 Familien mosaischen Bekenntnisses, davon 32 in Sessionshäusern und 126 als Söllner. In ihren „Gewölben“ verkauften sie Salz, Öl, Heringe, Tabak und Seife. Dafür mussten der Herrschaft jährlich 340 Gulden entrichtet werden. 1757 wird erstmals auch ein jüdischer Arzt erwähnt. 1767 finden sich unter den insgesamt 436 Bauern auch 47 Juden. 1779/80 lebten in Rechnitz 498 Juden. Mit dem Judenpatent Josefs II. von 1783 eröffneten sich neue Möglichkeiten. Die Juden wurden in allen Berufen zugelassen und konnten nunmehr auch landwirtschaftliche Flächen pachten.1791 fand in Rechnitz eine Versammlung aller ungarischen Rabbiner statt. Sie lehnten eine Erteilung der Bürgerrechte ab, da damit auch der Militärdienst verbunden war. 1840 wurden die Erwerbs- und Aufenthaltsbeschränkungen aufgehoben. Damit begann die große Abwanderung in die Städte.
Im Streit um die religiöse Ausrichtung verließ die Rechnitzer Judengemeinde den Verband der orthodoxen Gemeinden Westungarns und schloss sich dem Reformjudentum an.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Zahl der Rechnitzer Juden rasch an: 1830 789 Personen, 1841 schon 916 – damals 21 % der Gesamtbevölkerung des Ortes. Zunächst war die wirtschaftliche Situation noch erträglich. Die Sitution wurde durch die im Schloss untergebrachte Garnison begünstigt. Auch Gasthäuser befanden sich in jüdischem Besitz. In der 1873 gegründeten Rechnitzer Sparkasse saßen Juden auch im Vorstand. Mit dem Abzug des Militärs und der Ausweitung der bürgerlichen Rechte begann die Abwanderung der Juden in die Großstädte, nach Wien und Budapest, aber auch die Auswanderung nach Übersee. 1880 wurden 479 Personen gezählt, 1900 311 Personen, die aber noch immer 89 Handelsbetriebe besaßen. Die neue Grenze schränkte die wirtschaftlichen Möglichkeiten weiter ein. Die Abwanderung nach Wien nahm zu.1921 lebten 145 Juden in Rechnitz. Von Rechnitz aus wurden die Juden in Markt Neuhodis, Weiden, Pilgerdorf, Bernstein und Lockenhaus betreut.
Schon 1649 hatten die Rechnitzer Juden einen Tempel. 1707 wurde die von den Batthyany erbaute Synagoge erworben. Sie hatte Platz für 500 Personen.1718 wurde ein barocker Neubau mit 400 Sitzplätzen errichtet, gefördert vom Landesrabbiner Samson Wertheimer. Der Bau wurde gegen den Einspruch der katholischen Geistlichkeit wegen seiner Nähe zur katholischen Kirche vom Grundherrn gestattet. 1834 wurde eine neue, größere Synagoge errichtet. Sie hatte auf drei Seiten einen hölzernen Frauenchor und eine prächtige Innenausstattung. 1864 wurde diese Synagoge renoviert. Noch vor dem Novemberpogrom von 1938, bei welchem die Einrichtung zerstört wurde, konnten die wertvollen Kultgegenstände in das Landesmuseum gebracht werden. Heute sind sie im jüdischen Museum. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde aus der Synagoge eine Jugendherberge. Nach dem Krieg diente sie als Feuerwehrdepot und für Privatwohnungen. 1682 wurde der jüdische Friedhof angelegt und bis 1827 ständig erweitert.
Der erste bekannte Rabbiner war Jehuda Löb, der von 1690 bis 1717 in Rechnitz war, gefolgt von Isak Prostitz und Abraham ha Levi Epstein, dann von Löb Strassow. Er wurde verdächtigt, ein Anhänger Sabbatei Chevis zu sein. Ein bedeutender Rabbiner war Eleasar Kalir, einer der wichtigsten Theologen seiner Zeit.1778 wurde er nach Kolin berufen. Auch sein Nachfolger Isk Holitscher war ein bedeutender Prediger und war auch literarisch tätig. Unter Aron Schabbatei wurde das große Lehrhaus errichtet. Von 1804 bis 1819 wirkte der Talmudgelehrte Alexander Meisels in Rechnitz. Seine Nachfolger waren Gabriel Engelsmann und von 1858 bis 1869 Meier Zipser, einer der führenden Vertreter des Reformjudentums. Letzte Rabbi war Mor Ehrlich. Ab 1925 wurde kein Rabbiner mehr eingestellt.
Nach dem Anschluss an das Dritte Reich wurden die Rechnitzer Juden listenmäßig erfasst. Bis Mai 1938 mussten 45 Personen den Ort verlassen. Jene, die nicht rechtzeitig nach Wien oder zu Verwandten nach Ungarn gehen konnten, wurden am 27. und 28. April 1938 mit Autobussen in Richtung jugoslawischer Grenze transportiert. Dort wurde ihnen die Einreise verweigert und sie mussten sich einige Zeit im Niemandsland aufhalten. Erst im Juni 1938 gelang es internationalen und amerikanischen jüdischen Organisationen für sie Quartiere in Kroatien zu organisieren. Der zurückgelassene Besitz wurde verkauft, das jüdische Gemeindevermögen von der Gemeinde Rechnitz übernommen. Nur Dr. Hugo Graner, einer der beiden jüdischen Gemeindeärzte, durfte noch bis Sommer 1938 bleiben. Nach dem Krieg kehrten nur wenige Juden nach Rechnitz zurück, etwa die Familie Blau. Seit 1984 gibt es in Rechnitz keinen Einwohner mosaischen Glaubens.
Schulen
Erster bekannter Lehrer war 1655 Josef Danielis. 1697 gab es einen kroatischen Lehrer und auch die deutsche Pfarre hatte ein Schulgebäude. 1728 wird ein J. Beer als Schulmeister erwähnt, kroatischer Schulmeister war Janos Magyari. 1747 war Ignaz Hagen deutscher Schulmeister. 1767 bestanden noch immer beide Schulen, obwohl die kroatische ?Pfarre bereits aufgelöst war. Das deutsche Schulhaus war gemauert und in gutem Zustand. 1820 wurde eine katholische Schule gebaut, 1830 aufgestockt und mit einem Ziegeldach versehen. Die stark steigende Schülerzahl machte 1874 eine Restaurierung und einen Zubau erforderlich. 1890 wurde auf dem Areal der Hauser-Stiftung von der Pfarre ein Schulhaus (Klosterschule) errichtet. Ab 1891 wurden die katholischen Mädchen in der Klostervolksschule unterrichtet. 1905 wurde dort zusätzlich zur Volksschule die erste Bürgerschule für Mädchen eingerichtet. 1907/8 wurde die Mädchenbürgershule von der Gemeinde der Schwesternkongregation übergeben. Unterrichtssprache war bis 1908 Deutsch, dann durfte Deutsch nur mehr als „Fremdsprache“ unterrichtet werden. 1908 wurde eine „Zweijährige Höhere Volksschule“ . Sie besuchten 1909/10 bereits 66 Mädchen, darunter 20 Kandidatinnen für eine Lehrerinnenausbildung. Nach dem Anschluss an Österreich wurde diese Einrichtung 1922 aufgelöst. Die röm.-katholische Mädchenvolksschule und die röm.-kath. Mädchenbürgerschule bestanden weiter. Letztere wurde 1927 in „Hauptschule“ umbenannt. In die Hauptschule wurden nunmehr auch Knaben aufgenommen und evangelische und jüdische Kinder. 1938 wurden die katholischen Schulen in Staatsschulen umgewandelt. 1938 wurde Oberlehrer Karl Klein als Schulleiter abgesetzt. Das beschlagnahmte Schulhaus wurde 1945 der katholischen Pfarre zurück gegeben und der Gemeinde zur Unterbringung der Hauptschule überlassen.
1923/24 wurde eine Öffentliche Bürgerschule für Knaben errichtet. Sie wurde 1927 aufgelöst und zur Hauptschule umgewandelt. Ab 1893 bestand eine Gewerbeschule mit zwei Klassen und 67 Schülern. Ab 1924 wurde sie zur Gewerblichen Fortbildungsschule, in der Lehrlinge einmal pro Woche unterrichtet wurden. Ab 1938 war sie eine „Allgemeine Berufsschule mit Turnusunterricht“, 1941/42 wurde sie aufgelöst. Ab 1946 bestand kurzfristig bis 1949, wieder eine gewerbliche Berufsschule, die im Gebäude der ehemaligen evangelischen Schule untergebracht war. Danach wurden die Berufsschulen in Oberwart und Pinkafeld besucht.
1625 war ein Veit Hackenberger von Eva Batthyany als Schulmeister und Marktschreiber nach Rechnitz berufen worden. 1655 war Josef Danielis evangelischer Lehrer. Die Evangelischen begannen schon 1783 mit dem Bau eines Schulhauses. 1873/75 wurde das alte evangelische Schulhaus durch einen Neubau ersetzt, mit Pfarrerwohnung, Pfarrkanzlei, mit zwei Klassen und zwei Lehrerwohnungen. 1866 – 1868 war Friedrich Blickle Lehrer, 1877 bis 1897 Karl Schönhofer. Er war auch Kantor und Organist und erster Chorleiter der MGV Hilaria. 1938 wurde uach die evangelische Schule für die Öffentliche Schule beschlagnahmt. 1946 bis 1949 wurden die Räumlichkeiten für die Berufsschule verwendet.
Eine jüdischer Schulmeister ist schon 1683 mit dem Judenrichter Salomon Wolf belegt. Daneben gab es noch zwei weitere Schulmeister. 1687 wurde der jüdischen Gemeinde erlaubt, eine eigene Schule zu führen. 1727 wurde auf dem Grundstück um den Tempel ein Gebäude für Schule und Rabbiner gebaut. 1847 wurde die jüdische Volksschule eingerichtet. Eine Mädchenschule wurde schon 1858 wieder aufgelöst.1900 konnte mit staatlicher Unterstützung ein neues Schulgebäude mit zwei Klassenzimmern errichtet werden. Der letzte jüdische Lehrer wanderte nach dem Anschluss nach Ungarn ab. 1923 wurde die Schule geschlossen. Im Gebäude erteilte der jüdische Kantor Religionsunterricht. 1923 wurden im Gebäude auch zwei Klassen der Öffentlichen Bürgerschule untergebracht, 1938 bis 1945 wurde es für einen Kindergarten verwendet.
Nach 1945 bestanden die Öffentliche Volksschule für Knaben und Mädchen und die Öffentliche Hauptschule, ab 1947 auch wieder die katholische Mädchenvolksschule im Kloster, für 80 katholische Mädchen. Ab 51/52 wurde sie zur Allgemeinen Volksschule für Mädchen und 1966/67 sogar vierklassig geführt. Die Zahl der Internatszöglinge ging stark zurück. Die Öffentliche Volksschule war ab September 1945 in den Räumen der ehemaligen katholischen Volksschule untergebracht. Sie hatte 8 Klassen und 8 Lehrkräfte, aber nur vier Unterrichtsräume. 1946 wurden vier Klasen in der ehemaligen katholischen Mädchenvolksschule untergebracht. Direktoren waren Karl Klein, ab 1956 Robert Kirnbauer, ab 1963 Adolf Oswald, ab 1980 Andreas Berdenich. Ab Herbst 1970 begann der Bau der neuen Zentralschule.
Die Hauptschule begann den Unterricht im September 1945 in der ehemaligen Judenschule, ab 1946/47 in der ehemaligen katholischen Volksschule. 1951 wurde ein Hauptschulgebäude im ehemaligen Hofgarten gebaut, 1966 ein Polytechnischer Lehrgang begonnen. Auch diese Schule erwies sich bald als zu klein. In der neuen, 1975 eingeweihten Zentralschule erhielt die Hauptschule einen Trakt. Ende der 1980er Jahre ging die Schülerzahl dramatisch zurück. Es konnten nur mehr zwei Klassen pro Jahrgang geführt werden. 1995/95 wurde der Schwerpunkt EDV eingeführt. Direktoren der Hauptschule waren Wilhelm Gregorich, Gabriel Engelbert, Stefan Marlovits und Franz Varga.
Die Musikschule nahm 1962 im Gebäude des Gendarmeriepostens den Betrieb auf, Später übersiedelte sie ebenfalls in das Zentralschulgebäude. Direktor war ab 1973/74 Eudolf Wendl.