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1848 umfasste das fürstliche Majorat 364 000 ha an Grundbesitz. In den Jahren 1865 bis 1972 musste der Fideikommiss saniert werden: Dabei wurden 10 Güter mit 154 000 ha verkauft. Der verbleibende Besitz von etwa 232 000 ha blieb bis zum Ende des Ersten Weltkrieges unverändert.

Schon im 19. Jahrhundert mussten viele Besitzungen in Pachtwirtschaften umgewandelt werden. Es entstanden 25 Hauptpachtungen. Davon lagen 9 auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes.

1920 starb der Majoratsherr Nikolaus IV. Esterhazy. Sein 19-jähriger Sohn Paul V. Esterhazy ( 1901 – 1989) übernahm ohne größere Vorbereitung die Verantwortung. Er hatte an der Budapester Universität die Rechte studiert. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden in Ungarn weitere Flächen abgetreten. Es blieben aber noch immer 187 000 ha, davon 127 000 ha in Ungarn und 60 000 ha auf österreichischem Gebiet.

Ein Modernisierungsprozess hatte schon unter Nikolaus IV. begonnen und wurde unter Paul Esterhazy fortgesetzt. So wurden etwa 1923 die Waldbahnen in den Forstverwaltungen Dörfl und Lockenhaus gebaut, insgesamt 32 km. Im Schlossgarten in Eisenstadt wurde eine Handelsgärtnerei gegründet. Noch 1921 wurden neue landwirtschaftliche Maschinen angeschafft und hochwertiges Zuchtvieh eingestellt. In Ungarn entstanden Verarbeitungsbetriebe.

1938, nach dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich, mussten die Esterhazy ihre bisherige, für Ungarn und Österreich gemeinsame Domänenverwaltung in Ödenburg auflösen und mit 1. Mai 1939 in Eisenstadt eine eigene Güterdirektion einrichten. Die innere Verwaltungssprache wurde von Ungarisch auf Deutsch umgestellt, die Domäne als kriegswirtschaftlich wichtiger Betrieb eingestuft.

Nach dem Krieg beschlagnahmte die sowjetische Besatzungsmacht die Esterhazygüter in Österreich. Vom 1. Juli 1946 bis 12. August 1955 blieben sie unter Verwaltung der USIA. Diese verpachtete die Ackerflächen. In den Wäldern betrieb die USIA vielfach Raubbau.

In Ungarn wurden die Esterhazy-Güter enteignet. Dr. Paul Esterhazy wurde 1949 in einem Schauprozess zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Oktober 1956 gelang ihm die Flucht aus Ungarn. Er reiste in die Schweiz weiter. Von Zürich aus lenkte er in der Folgezeit die Verwaltung der Domäne im Burgenland. In Zürich fanden dreimal jährlich Ratssitzungen des „Gremiums“ statt. Dieses bestand aus dem Forstdirektor, dem Wirtschaftsrat, dem Oberrentmeister (Buchhaltung, Finanzen), dem Leiter der betriebseigenen Rechtsabteilung sowie einem externen betrauten Rechtsanwalt. Vereinzelt unternahmen Paul Esterhazy und seine Frau Melinda auch Inspektionsreisen. Diese hörten jedoch Ende der 1960er Jahre nach Konflikten mit dem Land auf.

Nach der Rückgabe der österreichischen Besitzungen mussten die schweren Schäden, die während der Besatzungszeit entstanden waren, bewältigt werden. Das Sägewerk Lockenhaus musste 1957 stillgelegt werden, das veraltete Sägewerk in Lackenbach wurde modernisiert und ausgebaut. Die Forstwege wurden ausgebaut, insgesamt 570 km Forstwege angelegt. Bis 1993 entstand ein Wegenetz von 960 km Länge. Die Forstarbeit wurde durch Motorsägen und Traktoreinsatz wesentlich leichter. 1955 wurde die Gutsverwaltung am „Seehof“ in Donnerskirchen wieder übernommen, mit einer Nutzfläche von 340 ha. Ein Teil des Landes war an Bauern verpachtet. Am Seehof wurden Getreide, Raps und Zuckerrüben angebaut, ein moderner Maschinenpark angeschafft, der Personalstand stark reduziert. Mit Ende der 1960er Jahre wurden jährlich rund 100 Mastrinder eingestellt sowie eine Schweinemast aufgebaut. Die Viehhaltung wurde aber bald wieder aufgegeben. 1958 wurde die „Rohrverwaltung“ gegründet und nahm die das Rohrwerk im Seehof in Betrieb, nachdem die Anteile am Schilfgürtel wieder in Esterhazy-Besitz gelangt waren. Der Schilfschnitt erfolgte im Winter mit Maschinen, im Herbst und Frühling von Zillen aus. Bis zu 400 Erntehelfer waren im Einsatz. Das Schilf wurde im Rohrwerk Esterpan verarbeitet (Bauplatten, Dämmmaterialien, Schilfdächer). 1975 wurde der unwirtschaftliche Betrieb eingestellt.

Erfolgreicher war die Weinwirtschaft. In den 1960er Jahren wurde eine eigenständige Weingutverwaltung für die 43 ha Weingärten eingerichtet. Alle Weingärten wurden 1961 bis 1970 neu ausgesetzt (72 % Weißweine, 28 % Rotweine). Die Weinproduktion erfolgte bis nach der Jahrtausendwende in den Kellern des Eisenstädter Schlosses. In Wien wurde der Esterhazy-Keller im Palais Esterhazy beliefert. 1990 wurden Palais und Keller verkauft. Vom Glykol-Skandal und den folgenden Absatzproblemen war auch Esterhazy betroffen. 1987 bis 1989 wurden weitere Weingärten mit 15,67 ha gekauft, am Föllik, in St. Georgen, Rust und 1990 bis 1995 auch in St. Margarethen. In Trausdorf wurde ein neues Weingut gebaut. Auch Esterhazy setzte nunmehr vermehrt auf Qualität. Seit 2020 wird auf biologische Bewirtschaftung umgestellt. Die Weingartenfläche wurde bis 2019 auf 65 ha vergrößert, 1921 bewirtschaftete das Esterhazy-Weingut eine Fläche von 90 ha.

Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor wurden nach 1956 die Feriensiedlungen, etwa in Neufeld, Hornstein, Steinbrunn, Pöttsching und Trausdorf. Sie entstanden an den Seen, die sich in den stillgelegten Braunkohlebergwerken gebildet hatten, oder in Schottergruben (Neudörfl). In Trausdorf wurde Schüttmaterial für die A 4 ausgehoben. Auch am Neusiedler See wurden Parzellen verpachtet, etwa in der Ruster Bucht. Die Verpachtungen wurden zu einer wichtigen Einnahmequelle. 2020 betreute die Esterhazy-Immobilien elf Freizeitanlagen mit mehr als 5000 Mietern.

Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Schlösser Kobersdorf, Deutschkreutz, Unterrabnitz und die Burg Lockenhaus verkauft.Ab 1955 begannen mit der Kirche die Verhandlungen über die Ablöse der 78 Patronate an Kirchen und kirchlichen Einrichtungen. 1863 erfolget die Generalablöse von allen Patronatslasten und Verpflichtungen. Im Esterhazybesitz verblieben das Schloss in Eisenstadt mit dem Schlossgarten und dem Meierhof, die Burg Forchtenstein, das Schloss Lackenbach, die Ruine Landsee und das Jagdschloss am Föllik. Das Eisenstädter Schloss wurde 1945 der Landesregierung zur Verfügung gestellt. Um den Schlossgarten und dem Haydnsaal gab es wegen der Nutzungsrechte heftige Konflikte, vor allem nachdem ein Teil des Schlossparks abgesperrt wurde. Versuche, den Esterhazy-Besitz durch Gesetze einzuschränken, scheiterten aber („Burgenland-Bodengesetz“). 1969 wurde ein Teil des Schlosses in Eisenstadt auf 40 Jahre an das Land verpachtet, gegen den Widerstand Paul Esterhazys. Die Esterhazy – Besitzungen gewannen zunehmend an Bedeutung im Kulturleben und für den Fremdenverkehr, etwa durch die Grillparzer-Festspiele im Burggraben von Forchtenstein 1954 bis 1983.

1989 starb Dr.Paul Esterhazy in Zürich. Seine Witwe Melinda Esterhazy erbte den Besitz. Das Verhältnis zum Land besserte sich , etwa als man für die Gründung des Nationalparks Neusiedler See – Seewinkel 1993 etwa 6000 ha Wiesen und Wasserflächen und große Teile des Schilfgürtels zur Vefügung stellte bzw. verpachtete. Ab 1991 wurde die Domäne neu organisiert. An ihrer Spitze standen nun ein Generaldirektor und ein Direktionsrat. Die Forste wurden in vier Forstverwaltungen unterteilt ( Eisenstadt, Sauerbrunn, später Lackenbach, Kobersdorf, später ebenfalls Lackenbach und Dörfl). Im Bereich Landwirtschaft bestanden der Seehof, die Weinwirtschaft, die Pachtabteilung und das Winer Palais. Daneben gab es eine Rechts- und Personalabteilung. 2001 wurden unter Dr. Stefan Ottrubay, dem Neffen Melinda Esterhazys, die Stiftungen neu geordnet.

Mit den beiden Landesausstellungen „Bollwerk Forchtenstein“ 1993 und „Die Fürsten Esterhazy. Magnaten, Diplomaten und Mäzene“ 1995 wurden die großen Kunstsammlungenzugänglich gemacht. Die Zusammenarbeit zwischen dem Land und der Domäne verbesserte sich zunehmend. Weitere Ausstellungen folgten, ab 2006 mehrere permanente Ausstellungen. 2010 endete die Verpachtung des Schlosses in Eisenstadt. Neue Ausstellungsräume wurden adaptiert, u.a. für die Ausstellung „Melinda Esterhazy“ 2016. Melinda Esterhazy verstarb 2014. Viele Exponate der Esterhazy-Sammlungen wurden inzwischen bei vielen Ausstellungen weltweit gezeigt. Seit 2014 veranstaltet Esterhazy die Opernfestspiele im Steinbruch von St. Margarethen und zahlreiche Konzerte im Eisenstädter Schloss, etwa im Rahmen der Internationalen Haydn-Tage. 2019 besuchten über eine halbe Million Gäste die Esterhazy – Sehenswürdigkeiten und Veranstaltungen: 225 000 das Schloss in Eisenstadt, 110 000 Forchtenstein und 91 000 die Oper im Steinbruch).

Die Verwaltung des Esterhazy-Besitzes erfolgt heute über drei Stiftungen. Seit 2001 besteht die „Esterhazy Betriebe GmbH als Gesellschaft für die F.E. Familien – Privatstiftung Eisenstadt und die Domäne Privatstiftung. Die gemeinnützige Esterhazy Privatstiftung operiert über die „Burg Forchtenstein Management GmbH. 2007 wurde 2007 wurde für die Stiftungsgruppe ein Direktionsrat eingerichtet sowie ein Wirtschafts- und ein Kulturbeirat. Das Unternehmen umfasst vier Geschäftsfelder: den Bereich Pannatura (Forst-und Landwirtschaft, Naturschutz), den Bereich Immobilien, den Bereich Tourismus, Kultur und Veranstaltungen und das Weingut.

Seit 2016 wurden große Waldflächen außer Nutzung gestellt. Der Tiergarten Schützen a. Geb. ist ein umfriedetes Jagdrevier. Seit 2020 gibt es für das erlegte Wild im Seehof einen Zerlegungsbetrieb für die Weiterverarbeitung des Wildbrets. Der Seehof wurde zum Bio – Landgut Esterhazy mit 5600 ha ökologisch bewirtschafteter Fläche. Zu den Wirtschaftsunternehmen der Esterhazy gehört auch der Basaltbruch am Pauliberg. Das Weingut produziert 300 000 Flaschen Wein in Eigenproduktion und 700 000 Flaschen aus Zukäufen.

 

 

 

 

Grafik / Karte

 

 

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Quellen

  • Bayer, Florian T.: Esterhazy – vom Adelshaus zum modernen Wirtschafts- und Kulturbetrieb 1920 – 2020. In: Burgenland schreibt Geschichte 1921 bis 2021. WAB 169. Eisenstadt 2021
 
 
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