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Ortsnamenformen

  • 1270, 1287  Villa Kuesd
  • 1303  Küesd
  • 1325,1346  Villa Kwesd
  • 1390  Mylykdorf
  • 1427  Millichdorff
  • 1434  Kwesd alio nomine Mylihdorff
  • 1440  Milichdarff
  • 1457  Mylekdorf, Milchdorf
  • 1471, 1506  Milchdorf
  • 1524  Milchdorff
  • 1713  Millendorf
  • 1773  Szároszvam - Müllendorf
  • 1808: Mühlendorf
Offizieller ungarischer Ortsname: Szárazvám

Nach Steinhauser ist der Ortsname vom "mülipo" (Milchbach) - etwas milchiges Wasser des Baches - abzuleiten. Magyarisch Kuesd: Steiniger Boden; Szárazvám: Trockene Zollstelle, Wegmaut.

Urgeschichte und Römerzeit

Am Rande des Kalksteinbruches wurden 1893 von Lajos Bella Tonscherben und Feuersteinsplitter einer jungsteinzeitlichen Siedlung gefunden. Die Funde sind verschollen. Aus der Zeit der Badener Kultur wurde eine große Zahl von Gefäßen und Scherben und dazu 1935 in der Nähe der Kirche eine Siedlungsgrube gefunden. Weitere Funde stammen aus der Bronzezeit und frühen Eisenzeit.

Überaus reiches Fundmaterial liegt aus der Römerzeit vor. Müllendorf liegt zum Großteil über einer römerzeitlichen Siedlung. Dies ist schon lange bekannt. Schon 1930 vermutete A. Barb eine dorfartige Siedlung. Immer wieder wurden bemerkenswerte Funde gemacht, etwa die Reste zweier Töpferofen, Architekturfragmente mit Inschriften, etwa auf einem sechseitigen Altar aus weißem Sandstein, dem Juppiter Dolichenus gewidmet, Reste eines Merkur-Altars usw. 1879/80 wurden beim Bau der Raaberbahn der römerzeitliche Friedhof angeschnitten, Grabsteine mit bildlichen Darstellungen und Inschriften, die zum Teil auf keltische Bevölkerungselemente hinweisen, gefunden. Beim Bau der Kreidefabrik 1998 wurden ebenfalls zahlreiche Gräber gefunden. 1904/05 ließ Sandor Wolf auf der Hutweide Grabungen durchführen, die 11 Sarkophage und 25 Brandgräber mit reichen Beigaben aufdeckten. 1910 wurden die Grabungen fortgesetzt, ebenso 1933/34. Unter den zahlreichen Gräbern hatten einige eindeutig germanischen Charakter. Seither wurden immer wieder weitere Gräber gefunden, etwa 1953 beim Bau der Wasserleitung.

Die römische Siedlung im Bereich des Dorfes südlich der Kirche wurde mit mehreren Gebäuderesten erschlossen, ausgestattet mit Heiz- und Kanalisationsanlagen. 1951 wurde eine römische Quellenfassung freigelegt.

Neuerlich erregten die römerzeitlichen Funde in Müllendorf große Aufmerksamkeit, als 2019 während einer Notgrabung auf dem Gelände eines abgerissenen Hauses fünf römische Streifenhäuser, eine römische Straße und eine Wasserleitung freigelegt wurden. 2020 wurde schließlich eine römische Therme freigelegt, im Zentrum des Vicus. Man spricht von einer römischen "Kleinstadt". Georadarmessungen zeigten, das fast der gesamte Ortskern von Müllendorf auf der römerzeitlichen Siedlung angelegt ist. Die Grabungen ergaben auch eine Fülle von sehr bemerkenswerten Einzelfunden - Gefäße, Münzen, Metallgegenstände, u.a. ein riesiger Reifen, der zu einem Fass gehört haben könnte. 120 Münzen, die sich über einen Zeitraum von 300 Jahren erstrecken, Keramikstücke, die unter anderem aus Gallien kommen, und ein Medaillon des Kaisers Septimus Severus, geprägt vor 1.800 Jahren in Ephesos, sind wichtige Funde. Die Grabungen werden bis 2022 fortgesetzt.

Nicht geklärt ist die von einigen Forschern erhobene Vermutung, dass es sich um die im Itinerarium Antoninus erwähnte Siedlung Mutinum handeln könnte, da die römischen Entfernungsangaben unklar sind.

Mittelalter

Im Jahre 1270 ist Müllendorf (Kuesd) im Besitz des Nikolaus, Sohn des Arnold aus dem Geschlecht der Buzas - Hahot. Da sich dieser an einem Aufstand gegen König Stephan V. beteiligt hatte wurden ihm alle seine Besitzungen, u.a. das Castrum Purbach und Müllendorf entzogen. Die Besitzungen erhielt der Banus Ponyeh. Nach dem Tod Stephans V. erhielt Arnold jedoch seine Besitzungen zurück. Arnold, Sohn des Arnold, verkaufte 1287 seinen Besitz Kuesd den Grafen Simon und Michael von Mattersdorf um 30 Mark Silber. Diese tauschten 1303 Müllendorf mit dem Palatin Johann gegen beide Baran (Groß- und Kleinwarasdorf) und Hochstraß ein, unter Wahrung des Rücktauschrechtes. 1320 schenkte Könog Karl Robert den Söhnen des Michael und Simon von Mattersdorf die Einkünfte der Maut in Müllendorf, die zuvor vom Burggrafen von Ödenburg im Namen des Königs eingehoben wurde. 1323 wurde diese Schenkung bestätigt. 1325 vermachte Paul von Mattersdorf, einer der beiden Söhne des Simon, seine Besitzanteile in den Dörfern Sigleß, Pöttsching, Eggendorf, Stöttera und Müllendorf seiner Braut Els, Tochter des Grafen Albert von Pottendorf, nach "österreichischem Brauch" als Morgengabe. Auch sein Bruder Lorenz folgte diesem Beispiel und übertrug seiner Braut Margarethe, der Tochter des Wlweng Hosundarfary (Wulfing von Haschendorf) seine Anteile an den gleichen Dörfern als Morgengabe (dotalicio, Theutonica lingua morgungoob). Der Graf von Haschendorf war einst im Dienst des Königs Karl Robert gestanden. Nach dem Tod des Lorenz von Mattersdorf teilten 1346 dessen Bruder Paul mit seinem Sohn Nikolaus und Nikolaus, Sohn des Nikolaus, die Güter, darunter auch Müllendorf und die Wegmaut. Nikolaus vermachte 1355 seinen Besitzanteil an Dorf und Maut seiner Gemahlin Anna, Tochter des Magisters Peter von St.Georgen-Bösing als Morgengabe. Nikolaus, der Sohn des Lorenz von Mattersdorf, hat anscheinend später die Maut allein besessen, da diese mit Besitzungen in Breitenbrunn und Wulkaprodersdorf dem Theumel, Sohn des Peter von St. Georgen-Bösing, und den beiden Juden Afferl und Smarelh aus Ödenburg verkauft werden sollte. Gegen den Verkauf protestierten die Hornsteiner und machten ihr Vorkaufsrecht als Nachbarn geltend. Nikolaus verpfändete hierauf andere Güter, um der Geldnot der Mattersdorfer, deren Niedergang bereits begonnen hatte, zu entkommen. Um diese Verpfändung wurde prozessiert. Eine Lösung wurde dahingehend gefunden, dass 1381 Graf Nikolaus und sein Sohn Paul von Forchtenstein dem Magister Nikolaus von Hornstein (Kanizsai) gegen ein Darlehen von 1400 Pfund Wiener Denare ihre Besitzungen in Wulkaprodersdorf und ihre Anteile an der Müllendorfer Maut sowie eine Kurie in Müllendorf überließen. Mit diesem Geld konnten die Forchtensteiner an die beiden Juden Smerl von Ödenburg und Afferl in Wr. Neustadt die verpfändeten Güter einlösen. Die verpfändeten Güter sollten von den Hornsteinern bei Bezahlung des Darlehens zurückgegeben werden. 1453 bestätigte König Sigismund die Forchtensteiner in ihren Besitzungen, darunter auch die in Myhlihdorff. Bald danach war Müllendorf aber wieder in den Händen der Kanizsai von Hornstein, da diese ihre Besitzungen in Rawo, Leithaprodersdorf, Wimpassing, Hornstein, Steinbrunn und Milchdorf an Georg von Pottendorf in Ebenfurth um 400 Goldgulden verpfändeten. 1434 wird ein Aserlin von Müllendorf, 1436 ein Georg Paior erwähnt, ebenso ein Niklas Ayndleffer, Geistlicher in Müllendorf.

Frühe Neuzeit

1560 wurde ein Hotterstreit zwischen Müllendorf und Steinbrunn beendet, als Grenzpunkt wurde "das Galgengericht" erwähnt. Müllendorf wurde wieder Bestandteil der Grafschaft Forchtenstein und gelangte mit dieser unter österreichische Herrschaft. Im Urbar von 1569 wird der "Marckht Millichdorf gen Vorchtenstain gehörig" genannt. Es gab 4 ganze, 21 halbe, 11 Viertellehen und 9 Hofstätten. Die Lehen waren mit 23 Joch Acker und 7 Tagwerk Wiesen pro Halblehen relativ groß. Sieben Schurholden gehörten zum Herrn von Khuenberg, 3 Holden waren dem Herrn von Rappach untertan. Die Robot betrug 12 Tage, 33 Eimer Bannwein mussten ausgeschenkt werden. Die Maut gehörte zur Hälfte der Grafschaft Forchtenstein, zur Hälfte dem Herrn von Rappach. Christoph von Rappach war der Nachfolger Jakobs von der Dürr, Besitzer des Edelhofes "Petlau" in Sigleß.Bis 1589 änderte sich wenig, die Zahl der Viertellehner nahm zu. Eine Besonderheit war die "Khürschnergrueb", in der Steine gebrochen und zu Kürschnermehl vermahlen wurden. Der Gemeindesteinbruch war 1589 an zwei Steinmetzen verpachtet.

Nach der Neuorganisation der Esterhazyherrschaften wurde Müllendorf der Herrschaft und dem Landgericht Eisenstadt zugeteilt.

1675 gab es im Markt drei ganze Lehen (ohne den Pfarrhof), 21 halbe und 38 Viertellehen, 31 Kleinhäusler, sieben alte Kleinhäusler, den Pfarrhof, ein Schulhaus, einen Pfarrkeller, ein Gemeindehaus und eine Gemeindefleischbank.

Der Weinbau spielte eine wichtige Rolle. So wie in anderen Gemeinden der Region hatten auch in Müllendorf Auswärtige große Weingartenbesitzungen. 1754 hatten die Wr. Neustädter 220 Pfund Weingärten, dazu kamen Besitzungen Ebenfurths, Pottendorfs, Weigelsdorfs, Landeggs und Ebreichsdorfs u. a. Vom Weingartenbestand von 228 Viertel besaßen die Müllendorfer 169 Viertel. Vor allem nach der Reblauskrise gab es Probleme mit der Umstellung auf amerikanische Unterlagsreben, da diese für die kalkreichen Böden nicht taugten. 1934 war die Rebfläche aber wieder auf 79 ha gestiegen. Von den 219 Weingartenbesitzern hatten die meisten Betriebe, 163, unter 0,5 ha. Nur 6 Betriebe hatten 1-3 ha. Der Weinbau diente also in erster Linie der Eigenversorgung. Seither gelang es aber, den Weinbau zu modernisieren, auf Qualitätsweine umzusteigen. Die überlebenden Betriebe konnten ihre Rebfläche erheblich vergrößern.

Auf Grund seiner Lage an einer wichtigen Durchzugsstraße litt Müllendorf immer wieder schwer an den kriegerischen Ereignissen der Zeit, an den Türkenzügen von 1529, 1532 und 1683, im Bocskaiaufstand 1605 und im Bethlenkrieg 1619/20. Während der Kuruzzeneinfälle und der Truppendurchmärsche bis in die Franzosenzeit 1809 kam es immer wieder zu Requirierungen und Einquartierungen. Naxh einer mündlichen Überlieferung hätten 1532 nur sieben Personen überlebt. Neue Ansiedler aus Bayern und auch kroatische Einsiedler kamen ins Dorf. Nach dem Urbar von 1580 lebten 45 Untertanen im Dorf, davon acht Kroaten, ein Krainer, ein Pole, sowie 7 Kürnberger Holden, davon drei Kroaten, und drei Rappachholden. 1589 waren von 53 Forchtensteiner Untertanen 10 Kroaten und ein Pole, von 6 Vogtholden drei Kroaten. 1715 werden alle 80 Lehensfamilien als Deutsche bezeichnet, 1720 von den 80 Familien zwei als Kroaten.

Zeitgeschichte

Im 1. Weltkrieg hatte das Dorf 51 Gefallene und 2 Vermisste, im Zweiten Weltkrieg 60 Gefallene und 13 Vermisste zu beklagen. Erster Bürgermeister nach dem Anschluss an Österreich, der in Müllendorf überwiegend begrüßt wurde, war Josef Pendl, gefolgt von Martin Ankerl (1920-1922) und Matthias Pendl 1922- 1929, Martin Harter 1929 bis 1931 und Josef Ackerl 1931 bis 1934. Im Gemeinderat hatten die Sozialdemokraten die Mehrheit. In der Zeit des Ständestaates wurde Ernst Ott zum Bürgermeister eingesetzt (1934 bis 1938). In der Zeit des Nationalsozialismus war Josef Mallich Bürgermeister (1938 bis 1945).

Am 1. April 1945 schlug eine russische Bombe vor dem Schulhaus ein. Während der Kampfhandlungen wurden 19 Häuser zerstört. Nach der Besetzung wurde fast der gesamte Viehbestand requiriert. Scharen von Zwangsarbeitern zogen durch das Dorf. Es kam zu zahlreichen Plünderungen und Vergewaltigungen. Die Russen setzten Matthias Pinter als Bürgermeister ein.

Nach dem Krieg wurden die zerstörten Häuser rasch wieder aufgebaut. Bald kamen neue Einfamilienhäuser hinzu. Schon 1947 bis 1952 konnte die Ortswasserleitung gebaut werden. 1950 bis 1954 wurden die Felder kommassiert und es setzte die Motorisierung der Landwirtschaft ein. Ab 1947 war Franz Tschögl Bürgermeister und blieb es bis 1963. Auch sein Nachfolger Josef Ringhofer (1963 bis 1964) wurde von der ÖVP gestellt. Mit Josef Harter stellte dann für lange Zeit, 1964 bis 1992, die SPÖ den Bürgermeister. 1997 hatte die ÖVP 8 Mandate, die SPÖ 7 und die FPÖ 1 Mandat im Gemeinderat. Ab 2002 überholte die SPÖ mit 10:9 Mandaten, 2007 mit 12:7 und 2012 mit 11:5 Mandaten die ÖVP. 2012 erlangte die Liste Lebenswertes Müllendorf 3 Mandate. Bürgermeister waren ab 1992 Alfred Schlögl von der ÖVP, ab 2007 Werner Huf von der SPÖ. 2017 wurde Huf mit 62,58 % der Stimmen bestätigt.

Unter Bürgermeister Tschögl war neben der Kommassierung die Gründung der Winzergenossenschaft von großer Bedeutung. Straßen und Wege wurden instand gesetzt und die Vorarbeiten für die Kanalisation geleistet. Unter Bürgermeister Harter wurde der Ausbau der Infrastruktur fortgesetzt, Straßen und Gehsteige ausgebaut, die Ortskanalisation in Etappen errichtet, Kindergarten und Leichenhalle gebaut, Sportplatz und Freizeitanlagen errichtet. 1981 wurden das Amtsgebäude und eine Mehrzweckhalle errichtet. Der Kirchenplatz wurde neu gestaltet und die Kirche renoviert. Noch unter Harter wurden eine neue Volksschule und ein Feuerwehrhaus geplant.

In früherer Zeit war der Müllendorfer Steinbruch von Bedeutung. Der harte Kalkstein wurde auch nach Wien geliefert, etwa für die Renovierung des Stephansdomes. Es wird vermutet, dass auch Steine aus der in den Urbaren erwähnten "Khuerschner Grueb" in Wien Verwendung fanden.

Die Landwirtschaft ist stark in den Hintergrund getreten. 1951 gab es noch 185 Betriebe. 81 hatten allerdings unter 2 ha Eigengrund, 39 2 bis 5 ha, 28 5 bis 10 ha und 36 10 bis 20 ha. Die Entagrarisierung erfasste natürlich zunächst die vielen Kleinbetriebe, für die eine Mechanisierung bzw. Motorisierung nicht tragbar war. 1999 war die Zahl der Betriebe auf 55, 2010 auf nur mehr 23 gesunken. Davon sind nur mehr 8 Haupterwerbsbetriebe und 14 Nebenerwerbsbetriebe. Die durchschnittliche Größe der Haupterwerbsbetriebe ist auf 50 ha gestiegen. Besonders stark ging die Zahl der beschäftigten Familienangehörigen zurück, von 65 auf nur mehr 14.

In wirtschaftlicher Hinsicht spielten neben den Gewerbebetrieben einige Industriebetriebe eine wichtige Rolle, etwa die Kreide- und Bleistiftfabrik Hardtmuth (Koh- i- Noor, Sitzenmarke Mephisto"), die in der Nachkriegszeit bis zu 80 Beschäftigte, meist Frauen, hatte, heute aber nicht mehr besteht, die Chemische Farben- und Lackefabrik und die Mühlendorfer Kreidefabrik, im Besitz der Familie Hoffmann - Ostenhof. Der etwa 40 ha große Kreidesteinbruch ist seit 1904 im Besitz dieser Familie und hat etwa 20 Mitarbeiter. Die Produkte gehen zu 70 % in den Export. Heute stehen auf dem Gelände des Businessparks Müllendorf mit rund 35 ha zahlreiche Betriebe, Verteilerzentren etwa, denen die günstige Verkehrsanbindung, die Nähe zu den Ballungsräumen Wien, Preßburg und Budapest zu Gute kommt. Leitbetriebe sind Schlumberger, Libro, Pagro, vorübergehend Lidl, mehrere Firmen der Recyclingbranche usw. Die Abwanderung von Lidl an den Wiener Stadtrand ab 2021 ist ein schwerer Rückschlag, da damit etwa 200 Arbeitsplätze verloren gehen.

Bevölkerungsentwicklung und sozialökonomische Struktur

1785 hatte Müllendorf 789 Einwohner und nahm in der Folgezeit leicht zu: 1828: 855, 1843: 943, 1863: 938. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg die Bevölkerungszahl auf Grund des Geburtenüberschusses: 1880: 1107, 1900: 1090; 1920: 1051, 1934: 1104. Die Abwanderung ging in Richtung südliches Wiener Becken. Die Auswanderung spielte in Müllendorf nur eine geringe Rolle. Bauarbeiter waren in Wien und Niederösterreich beschäftigt, Wanderarbeiter gingen zur Zuckerrübenkampagne nach Bruck a.d.Leitha.

1946 hatte das Dorf 970 Einwohner, 1951: 1027, 1961: 1017. Ab den 1970er Jahren begann die Einwohnerzahl stark anzusteigen: 1971: 1072; 1991: 1224. 2001: 1229, 2011: 1329 und 2020: 1383. Müllendorf wurde zu einer Wohngemeinde Eisenstadts. Die Folge war und ist eine überaus rege Wohnbautätigkeit.

Die kroatische Minderheit verschwand vollständig. 1920 gaben noch 22 Einwohner Kroatisch als Muttersprache an. Die Einwohner sind seit der erfolgreichen Gegenreformation nahezu ausschließlich katholisch. 1900 lebten noch 13 Juden im Ort, die aber bald darauf abwanderten.

1900 war Müllendorf noch ein Bauerndorf - 281 Personen waren in der Landwirtschaft, 157 in Industrie und Gewerbe beschäftigt. Der Strukturwandel schritt schon in der Zwischenkriegszeit voran. 1934 waren mit Familienangehörigen 466 Personen der Landwirtschaft, 420 Industrie und Gewerbe und 75 Personen dem Handel und Verkehr zuzuzählen. Die Wanderarbeit fand mit dem Ausbau der Fabriken im Ort - Kreide- und Bleistiftfabrik, Kreidewerk - ein Ende.

Heute sind nur mehr 2,3 % der Bevölkerung der Landwirtschaft zuzuzählen, über 13 % dem produzierenden Gewerbe und der Industrie, 16 % dem Handel und 17 % der Öffentlichen Verwaltung. 8 % arbeiten im Gesundheits- und Sozialwesen. Der Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft ist also vollzogen. Von den 714 Erwerbstätigen waren im Jahre 2018 591 Auspendler (182 nach Eisenstadt, 168 nach Wien). Von den 521 Einpendlern kamen 160 aus Niederösterreich und 65 aus Wien.

Kirche und Schule

Müllendorf war schon im Mittelalter eine Pfarre. Die alte Kirche im gotischen Stil wurde 1904 abgetragen. Nach der Überlieferung soll die alte Kirche über einem heidnischen Tempel erbaut worden sein. Archäologisch wurde tatsächlich ein römisches Heiligtum in der Nähe der Kirche nachgewiesen. 1436 ist ein Geistlicher namens Niklas Ayndleffer bezeugt. Nach dem Urbar von 1569 hatte der Pfarrhof das Ausmaß eines ganzen Lehens. 1582 wurden die Pfarren im Bereich des Klosterrates neu besetzt. Dechant Würffl von Ödenburg schlug den Priester Matthäus Pfeiffer als Pfarrer für Müllendorf vor. Der evangelische Prediger sollte "zum fall sich ainicher alda aufhalten thät" sofort entfernt werden. Bei der Installierung Pfeiffers erklärten die Müllendorfer, sie würden ihm die Weinernte von fünf Weingärten und zusätzlich 20 Eimer geben, taten dies dann aber nicht. Pfeiffer beschwerte sich beim Klosterrat, dass ihm "fuer das gesicht geschossen wurde. Er hatte offenbar große Probleme im Dorf und verlangte, dass Richter, Geschworene und Hauptmann Kollonitsch, der Wohl auch in Müllendorf den Evangelischen Rückhalt bot, zur Verantwortung gezogen würden. Pfeiffer konnte sich nicht halten und verließ den Ort nach zwei Jahren. Sein Nachfolger Leonhard Springenfeld, zuvor Pfarrer in Wimpassing, berichtete 1590, dass er die Stolagebühren erhielt, gleich ob er z.B. einen Leichenzug begleitete oder nicht. Die Müllendorfer würden auch die Pfründenäcker besorgen. Aber schon 1592 war Müllendorf ohne Pfarrer.. 1595 trat Paul Sutor die Pfarrstelle an. Auf die Pfarre Rust hatte er zuvor verzichtet, da ihn die dortigen Evangelischen ablehnten. Die Visitation von 1597 berichtete, dass Sutor den Gottesdienst gewissenhaft verrichtete und 150 Kommunikanten hatte. Der Pfarrer besaß ein ganzes Lehenshaus mit 30 Joch Grund, den die Gemeinde zur Hälfte bebauen musste, fünf Weingärten und einen großen Wald. Der Pfarrer bekam den sechzehnten Teil des Frucht- und Weinzehents. Auch die Pfarrkirche, die Ägidiuszeche, war mit 6 Weingärten und die Frauenzeche ebenfalls mit 6 Weingärten gut ausgestattet. Die Frauenzeche ist mit einer Magdalenenkapelle, die 1647 gebaut oder renoviert wurde. Die Visitation von 1659 spricht von einer Kapelle "extra Ecclesiam S. Mariae Magdalenae dedicata". Sutor erhielt schließlich die Pfarre Großhöflein. Um die Pfarre Müllendorf bewarb sich Michael Schubert. Bei seiner Bewerbung stellte der Ödenburger Dekan fest, dass fast alle Bewohner Müllendorfs lutherisch oder flacianisch gesinnt seien. Schubert wurde als Provisor angestellt, 1603 wurde er installiert. Nach seinem Abgang übernahm wieder Sutor die Pfarre, die damit praktisch zur Filiale von Großhöflein wurde. Dabei blieb es auch unter Sutors Nachfolgern. Mit Kaspar Paulovitz, einem um 1604 in Wr.Neustadt geborenen Kroaten, hatte Müllendorf von 1629 bis 1656 wieder einen eigenen Pfarrer. Er legte ein Pfarrbuch an. Die Kirche war laut Visitation sehr gut ausgestattet, sie besaß 400 Gulden, 12 Weingärten im Ausmaß von 170 Pfund. Zur Pfarrpfründe gehörten sechs Weingärten und 47 Joch Grund, deren Bearbeitung die Einwohner jedoch verweigerten. Die beiden Zechmeister Jakob Klas und Georg Fäber, die die Ägidius- und die Frauenzeche verwalteten, ließen 1642/43 die Kirche renovieren. 1644 bauten sie an den Pfarrhof einen neuen Trakt. 1656 wurde Matthias Stipschitz, aus einer kroatischen Gemeinde in Niederösterreich stammend, Pfarrer. In seiner Zeit gab es in Müllendorf keine Evangelischen mehr. 1651 wurden zwei "Relapsi" (Rückfällige) erwähnt, 1659 ein "haereticus". Gregor Ivanchich war ab 1683 auch Dechant. 1683 setzten die Türken die Kirche in Brand. Es folgten der Augustiner - Eremit Claudius Quenin (1689 - 1704) und der gebürtige Wulkaprodersdorfer Johann Dragschitz (1704 - 1719) als Pfarrer. 1713 war der Turm noch stark beschädigt. Die Pfarre zählte 800 Seelen. Die Ägidius-Zeche besaß noch immer 10 Weingärten mit 116 Pfund, die Pfarrgründe sechs Weingärten mit zusammen 71 Pfund, 47 Joch Acker, zwei Wiesen und ein Wald. Die Kirchenweingärten brachten hohe Erträge, 1729 etwa 194 Eimer.1719 wurde Andreas Hain, Kaplan von Eisenstadt - Oberberg, präsentiert. Er ließ die Magdalenenkapelle renovieren und erweitern und stiftete eine Johanneskapelle. 1737 bis 1772 war der gebürtige Müllendorfer Weintegl Pfarrer. Er ließ die Kirche mit Schindeln eindecken und mit Steinplatten auslegen. Johann Haretter (1784 - 1789) ließ den Pfarrhof reparieren. Es folgten Josef Fux, Michael Weghofer, Franz Balogh und Ludwig Taschner als Pfarrer. Von besonderer Bedeutung war Dr. Ernst Kutrovatz (1872 - 1894). Er war gebürtiger Sigleßer, Kaplan in Oberberg- Eisenstadt. Unter ihm wurde der Pfarrhof vergrößert und die Schule neu gebaut. Die Kirche sollte nach den Plänen des Ödenburger Baumeisters Ferdinand Schiller neu errichtet werden. Kutrovatz wurde Dechant, Domherr in Raab und 1897 zum Bischof geweiht. Er starb 1913 in Raab und wurde in der Müllendorfer Kirche begraben. Die neue Kirche wurde 1904/5 im neogotischen Stil aufgebaut, die alte Kirche wurde abgerissen.

Die Schule wurde erstmals im Urbar von 1589 erwähnt. 1641 war ein Simon Tulja Schulmeister. 1651 ist die Schule ein Steinbau, "vor kurzem" neu errichtet. der Schulmeister Georg Rodeboldt aus Judenburg unterrichtet 60 Schüler. 1685 hat der Schulmeister Johann Traxel kein Wohnhaus. 1696 wohnt der Lehrer im Schulhaus. 1713 hat der Schulmeister Adam Rottenstein aus Böhmen im Winter 50 Schüler, im Sommer weniger. Die Lehrer im 19. Jahrhundert waren gleichzeitig Notare, etwa Vater und Sohn Kienberger. 1875 wurde das neue Schulgebäude errichtet, die Schule wurde zweiklassig. Der Patronatsinhaber Esterhazy machte eine Schulstiftung von 5 Joch. 1932 wurde das Gebäude umgebaut, modernisiert und neu gedeckt. Eine dritte Klasse wurde in der früheren Lehrerwohnung eingerichtet. 1997 wurde ein Schulneubau beschlossen und dieser 1998/99 bezogen. Seit dem Schuljahr 2016/17 ist die Schule zweiklassig, mit 38 Schülern im Schuljahr 2018/19.