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Urgeschichte und Römerzeit

In den späten 80er Jahren hat der Hobbyarchäologe Polatschek auch in Walbersdorf - zwischen Bahn und Klettenbach - Feuersteingeräte, einen Schuhleistenkeil und Tonscherben gefunden. In der Hallstatt- und La Tene- Zeit haben wir bereits eine Siedlungsdichte, die sich von der heutigen kaum unterscheidet. Mit den großen Höhenburgen von Ödenburg (drei Anlagen) und der dazugehörenden großen Keltensiedlung, mit Eisenstadt und Purbach-Burgstall bzw. Donnerskirchen haben wir entsprechende Herrschaftszentren. In römischer Zeit ändert sich das kaum. Wesentlich dichter bewaldet waren hingegen noch die Randzonen, also der Hügelstreifen von Sauerbrunn über Wiesen, Forchtenstein bis Sieggraben - auch wenn vereinzelt Funde gemacht wurden. Die Lössböden des Walkatales waren entsprechend attraktiver. In Walbersdorf - an der gleichen Stelle wie die jungsteinzeitl. Funde - fand man zahlreiche eisenzeitliche Scherben und Eisenschlackenstücke.

Für die Geschichte der Römerzeit ist Walbersdorf besonders wichtig. Hier gab es eine Veteranensiedlung, die zumindest aus zwei bedeutenden Familien bestand. Angelegt wurde sie wahrscheinlich schon in der Zeit des Tiberius, also bald nach der Eroberung Pannoniens. 1900 wurden im Bereich des Betonwerkes, damals Ziegelei Hartig und Rothermann, drei Grabsteine gefunden, zwei davon in hervorragender Qualität, aus Südtiroler Marmor, einer aus Sandstein. Später, 1905, wurde erneut ein Grabstein gefunden, der aus Karstmarmor besteht und der offenbar von einem italienischen Steinmetz bearbeitet wurde. Alle diese Grabsteine kann man in Ödenburg, im Lapidarium des Fabriziushauses, bewundern. Die Grabsteine gestatten einen tiefen Einblick in die Biografien, Herkunft, Verwandtschaftsverhältnisse.

Der eine Grabstein ist der des Petronius Rufus und seiner Gemahlin, der Freigelassenen Julia. Dann der Grabstein des Gaius Petronius aus Mopistea in Kilikien, der nach 26 Dienstjahren aus der Reiterschwadron Gemelliana verabschiedet wurde. Der dritte Grabstein, 1905 gefunden ist der des Tiberius Julius Rufus, ebenfalls ein altgedienter Reitersoldat aus der ala Scubulorum, die ursprünglich aus Spanien kam, daher auch die relativ vielen Personennamen spanischen Ursprungs. Auf dem 4., weniger aufwendigen Grabstein wird etwa eine Sklavin Hispana erwähnt und eine Freigelassene Daeipora, der man neuerdings wieder eine jüdische Herkunft (Deborah) zuschreibt.

Eine Verdichtung römischer Funde, vor allem Tonscherben, kann man im Bereich des Friedhofes, auf den Tagwerkäckern, beobachten. Dort lag vermutlich der römische Gutsshof.

Auch nach dem Abzug der Römer - das heißt im wesentlichen der führenden Schicht - bleiben die Bauern. Wir wissen heute, dass selbst die Städte weiterhin florieren, das Ödenburg im 5. Jahrhundert sogar einen beträchtlichen Aufschwung erlebt. Es ist eine Mischbevölkerung aus Kelten, Romanen, Germanen - die ja schon seit Jahrhunderten auch diesseits des Limes angesiedelt wurden - die unter hunnischer und langobardischer Herrschaft weiterbesteht. Vor allem im Umkreis von Ödenburg dürften sich bedeutende Gruppen von Restbevölkerung gehalten haben.

Völkerwanderung und Frühmittelalter

Wir wissen auch, dass der Abzug der langobardischen Führungsschicht nach Italien daran ebenfalls wenig änderte. Friedhöfe zeigen, dass auch Langobarden blieben. Die neuen Herren waren die Awaren. Auch sie haben - zumindest in der späteren Zeit, als sich ihr Siedlungsgebiet weiter nach Westen verschob, die guten Böden des Wulkabeckens bewirtschaftet. In Zillingdorf wurden ein großer Awarenfriedhof und die dazugehörende Siedlung ausgegraben. gehört. Auch in Mattersburg und Sigleß wurden Gräber awarischer Sippen aus der Völkerwanderungszeit in jüngster Zeit ausgegraben, mit deutlichen Hinweisen auch auf die Anwesenheit bairisch-fränkischer Einflüsse. Im riesigen Awarenreich konnten - wie sich immer deutlicher zeigt, romanische Gruppen und Germanen weiterhin leben, etwa große Gepidendörfer in Ungarn. Dazu kam die Ansiedlung von Slawen, die, wie es scheint, rodend auch in die randlichen Wälder vordrangen. In Loipersbach etwa gibt es deutliche Spuren in den Flurnamen, die auf die Ansiedlung einer slawischen Sippe von Rodungsbauern hinweisen. In den Awarenkriegen Karls des Großen wurde die awarische Macht ausgeschaltet und der ganze riesige Raum bis zum Plattensee und der ungarischen Donau Bayern und damit dem Frankenreich eingegliedert, verwaltungsmäßig und kirchlich organisiert und zum Teil auch kolonisiert. Im 9. Jahrhundert spielte dieses Ostland eine politisch immer wichtigere Rolle.

Aus dem Jahre 808 stammt die älteste Urkunde des Burgenlandes, in der das Gebiet um Mattersburg erwähnt wird. In der Urkunde vom 14.September 808 (nicht im Original erhalten, Abschrift des 9. Jh im Kodex Sancti Emmerami, Hauptstaatsarchiv München) heißt es, daß die Geschwister Wirut, Gisilmar und Wentilmar dem Kloster St.Emmeram in Regensburg zu ihrem und ihres Vaters Elis Seelenheil ihren Besitz im Ort Wolfsbach bis zur Wiesach, von da bis zum Winterbach und zu zwei Grabhügeln und dann bis zu den "oben genannten" - in der Abschrift aber nicht erwähnten - Awarenorten schenkten.(Commarcham nostram in loco, qui dictur Eoluespah, usque ad Uuisaha, inde usque ad Uuintarpah et inde tendens usque ad duos tumulos et usque ad supradicta loca Auarorum". Die hier erwähnten Orte wurden von verschiedenen Forschern in Oberösterreich, in Niederösterreich, am glaubwürdigsten aber im Raume Mattersburg lokalisiert. Die burgenländische Version setzt Wolfsbach mit einem Ort an der Wulka gleich. Der Flußname kann aus dem slawischen "Vlkawa",was ebenfalls 'Wolfsbach' bedeutet, abgeleitet werden. Die Schenkung von 808 umfasste also mit Aicherheit auch das Gebiet von Walbersdorf. Die sichere Zuordnung der genannten Lokalitäten, vor allem der "Wiesach", ist inzwischen geklärt (vgl.dazu den Artikel "Die Geschwister von Mattersburg") 

Eine weitere, mit dieser Urkunde im Zusammenhang stehende und überaus interessante Frage ist: Wer waren Wirut, Giselmar und Wentilmar , die ersten urkundlich erwähnten "Burgenländer" ? Welchem Volk gehörten sie an? Wirut ist - ebenso wie der Name ihres Vaters - nichtgermanisch, Giselmar und Wentilmar sind germanische Namen. Auch Gereloh, ihr Diener, den sie benfalls an die Regensburger Kirche geben. Waren sie Bayern, die schon 808, wenige Jahre nach der Eroberung, über so großen Besitz verfügten? Oder waren sie, ebenso wie der geheimnisvolle Guntio, dessen Kastell schon im Awarenkrieg erwähnt wird, Angehörige einer alteingesessenen Adelssippe germanischer Herkunft, die sich auch unter awarischer Herkunft halten konnte? Oder hat sich hier eine ortsansässige Familie in ihrer Namensgebung den jeweiligen Herrn angepaßt? Diese Frage ist nicht endgültig zu beantworten.

Es gibt auch andere Hinweise auf kaolingische Siedlung im Wulkabecken, in unmittelbarer Nähe zu Walbersdorf. In der um 872 im Salzburger Auftrag verfassten Conversio Bagoariorum et Carantanorum wird ein Kirchort Ztradach erwähnt und selbst noch 1014 tauscht Bischof Megingaud von Eichstätt das Jagdgebiet von Stederach "vocata prope Ungariam" von Bischof Gerhard von Regensburg gegen die Stadt Nördlingen ein. Ztradach ist ohne Zweifel Stöttera. Odinburch wird ebenfalls in einer Urkunde erwähnt und mit dem Cundpaldkelch haben wir auch einen bedeutenden archäologischen Fund, der die Siedlung und Missionierung bezeugt (im Stadtmuseum in Ödenburg).

Eine große Chance, mehr über Walbersdorf in karolingischer Zeit zu erfahren, ist 1901 leider vergeben worden. Man hat in diesem Jahr nämlich im Bereich des Prostschen Ziegelwerkes 17 Gräber gefunden, die genau aus dieser Zeit stammten, also aus dem 9. oder 10. Jahrhundert. Ludwig Bella, der berühmte Ödenburger Gelehrte, berichtet kurz darüber. Er sprich auch von Funden, von Gefäßen und vielfarbigen Glasperlen. Das ist aber schon alles, was wir darüber wissen. Die heutige Archäologie könnte wesentlich mehr herausholen.

Mit dem Auftauchen der Magyaren und der schweren Niederlage des bayerisch-fränkischen Heerbannes bei Preßburg im Jahre 907 endete diese hundertjährige Epoche bairisch - fränkischer Besiedlung unserer Geschichte, die Enns wurde wieder Grenze.

Mittelalter

Die erste Erwähnung Walbersdorfs erfolgt in der Urkunde von 1202. Die Urkunde  ist mit einer Goldbulle gesiegelt und wird in Budapest aufbewahrt. Mit dieser Urkunde belehnt der ungarische König Emmerich seinen Gefolgsmann Bendikt, den Wojwoden von Siebenbürgen, mit dem Dorf Willa Martini (villam quondam que Willa Martini dicitur). BUB I, S 38, Nr. 68. In dieser Urkunde wird auch gesagt, dass diese Besitzung sein Vater, König Bela IV. (1173 - 1196) vom Kapitel von Ofen gekauft hat. (...quam pater noster gloriosus rex Bela ab ecclesia Budensi quondam precio compararerat ...). Mattersburg war also zuvor im Kirchenbesitz.

Die Begrenzung der Schenkung wird folgendermaßen umschrieben: Der Ort grenzt östlich an Wolbrun, dann an Mouhruc. Von hier aus laufen seine Grenzen in Richtung Österreich bis zu einem Ort, der Farkosfertes (Wolfssumpf) genannt wird, von da nach Sumpotock Feu (zur Quelle des Sommerbaches) bis zur österreichischen Grenze. Auf der anderen Seite grenzt an das Dorf Mortun die Ortschaft Kethuch. Hierauf verläuft die Grenze nach Zolounta (Szalonta, auf Sigleßer Hotter) Pigym und führt von da zum vorher erwähnten Wolbrun.

Hier haben wir also die erste urkundliche Erwähnung von Walbersdorf und es stellt sich natürlich die Frage, woher kommt der Ortsname und wie ist er zu deuten. Wie meistens bei solchen Fragen ist die Antwort umstritten. Eines kann man freilich mit Sicherheit ausschließen, mit einem Wal, auch nicht mit dem in Walbersdorf gefundenen, hat es nichts zu tun. Wolbrun oder Walbrun ist ein in Süd- und Mitteldeutschland gar nicht so seltener Personenname. Die alten Germanen haben sich ja recht protzige Namen gegeben (bis diese dann in späterer Zeit in christlicher Demut von Heiligen und Märtyrern entlehnt wurden). In "Wal" steckt der Kriegsheld (Walter, Waldemar, Walstatt, Walhalla ...), in Brun oder Bruno hell, glänzend. Viele Orte in Ostösterreich sind nach Personen benannt (Gumpoldskirchen, Guntramsdorf, Katzelsdorf), in unserer Gegend etwa Loipersbach, Agendorf, Schattendorf (Scato), Kobersdorf, Gerersdorf, Frankenau usw. Mattersburg und Marz hingegen tragen den Namen des Kirchenpatrons (Martin, Mauritius).

Walbersdorf ist also das Dorf des Walbrun. Der Name Wolbrun taucht übrigends auch bei der Kleinadelsfamilie der Schattendorfer auf -. ein Indiz dafür, dass es hier eine Verwandtschaft gab. Wie diese genau aussah, wissen wir aber leider nicht.

Wer war Wolbrun ? Auch das kann man auf Grund der Quellen leider nicht eruieren. Wir können nur vermuten, dass er - wie so viele Anherren von Adelsgeschlechtern in Ungarn - im Verlauf des 12. oder vielleicht schon des 11. Jahrhunderts in ungarische Dienste trat und mit dem Ort belehnt wurde. Dass er die Siedlung erst gründete, ist unwahrscheinlich, Aber er wird wohl das Dorf neu organisiert haben, neu angelegt haben - ganz im Sinne der hochmittelalterlichen Ostkolonisation, regelmäßig, mit Dreifelderwirtschaft. Und er wird wohl dafür gesorgt haben, dass neue Bewohner sich des fruchtbaren Bodens annahmen. Er könnte also durchaus die Neukolonisation geleitet haben. Der Name Wolbrun wie auch der seiner Nachfolger - soweit wir sie kennen - Ulrich und Berthold (in der Urkunde heißt er Bartholomäus) sprechen für eine westliche, deutsche Herkunft, obwohl in dieser Beziehung die Namen auch nicht immer verlässlich sind.

Die Walbersdorfer waren also eines der vielen hochmittelalterlichen deutschen Kleinadelsgeschlechter in Westungarn. Die Nachbarn waren zum Teil ebenfalls deutscher, zum Teil wahrscheinlich petschenegischer Herkunft wie die Osl mit ihren vielen Seitenzweigen. Die Mattersdorfer hingegen waren bekanntlich spanisch - aragonesischer Herkunft.

907, nach hundert Jahren, geht dieses Gebiet wieder verloren. Die Magyaren kommen und bestimmen das weitere Schicksal. Die alten Vorstellungen, dass diese alles sengend und brennend verwüstet hätten, ist längst über Bord. Dagegen spricht ihre geringe Zahl, maximal 200.000, wahrscheinlich nur etwa 40.000 Menschen. Sie besiedelten und beherrschten nur Innerungarn. In den Randgebieten, dem "gyepü", siedelten sie nur Grenzwächter an. Eine solche Grenzwächtersiedlung der von ihnen unterworfenen Petschenegen lag in Pöttsching. Schon 955, nach ihrer schweren Niederlage auf dem Lechfeld, begann die Seßhaftwerdung und die Christianisierung der Magyaren.König Stefan der Heilige beruft Mönche und Adelige, setzt sich mit Hilfe der Ritter aus dem Westen gegen die magyarisch-heidnische Opposition durch

Noch im gleichen Jahr 1202 erklärte der ungarische König - auf Bitten Benedikts - Mattersburg und Bajot zum Witwengut von Benedikts Frau Thota (BUB I, S.39, n.69). - mit allen Abgaben (Rauch-oder Herdgeld, Grundsteuer/pondera und Bergrecht/chybriones), die bisher vom königlichen Hof eingehoben wurden. Thota war eine überaus interessante Frau. Sie galt in ihrer Zeit als eine der schönsten Frauen der Welt. Sie war, wie ihre Herrin, die Königin Konstanze, aragonesischer Herkunft und war mit dieser als Hofdame nach Ungarn gekommen. Der Name Thota spricht für westgotische Familientradition, allerdings waren die westgotischen Familien zu dieser Zeit längst romanisiert. In Ungarn wurde sie mit dem erwähnten Bendikt, Sohn des Konrad, vermählt. Sie muss auch politisch sehr geschickt gewesen sein, denn unter König Andreas II. (1205 - 1235) fiel ihr Mann in Ungnade und verlor seine Besitzungen. Thota aber behielt Mattersburg und bekam auch noch die Besitzungen ihres Mannes. Auch Konstanze war zu dieser Zeit längst nicht mehr in Ungarn, nach Emmerichs Tod war sie nach Österreich geflohen und dann in ihre Heimat zurückgekehrt. Später wurde sie mit Kaiser Friedrich II. vermählt. Thota dürfte noch vor 1230 kinderlos gestorben sein.

1230 kam Mattersburg an den Grafen Simon, an Thotas Bruder. Ein weiterer Bruder, Bertrand, folgte wahrscheinlich später nach, er war erheblich jünger. Diese beiden Brüder sind die Ahnherrren der Grafen von Mattersdorf - Forchtenstein. Ihr Wappen, der Adler - letzten Endes der westgotische Adler - ist in unserem Landeswappen erhalten. Ursprünglich war er allerdings schwarz. Über die aragonesischen Geschwister wissen wir relativ viel - dank Simon de Keza, der in seiner ungarischen Chronik über die Ankunft der fremden Adelsgeschlechter im Königreich Ungarn berichtet. Er lebt und schreibt allerdings etwa 100 Jahre, also drei Generationen später, und nicht alles mag ganz zuverlässig sein. Simon de Keza berichtet, dass die Geschwister einem vornehmen Geschlecht entstammten und ihr Adlerwappen dafür bekamen, weil sie die Scharen des Sultans von Tunis zurückschlugen und die Inseln Mallorca und Menorca zurückeroberten. Zeitlich kann das zwar nicht ganz stimmen, aber es ist eine schöne Legende. Später gerieten sie angeblich mit einem mächtigen Grafen in Konflikt und mussten - obwohl sie im Recht waren - ihre Heimat verlassen. Ein Konflikt und Schwierigkeiten in Aragon könnten durchaus eine Rolle gespielt haben. Entscheidender war aber wohl etwas anderes - wie bei vielen Adeligen damals, die in den Osten gingen: die gewaltigen Aufstiegschancen, die dort winkten. Die ungarischen Könige warben damals ja schon lange, seit König Stephan dem Heiligen, um Zuwanderer aus dem Westen, um kriegsgeübte Leute. So ist ja wohl auch Wolbrun nach Ungarn gekommen. Nicht zuletzt brauchte man sie, um die ungarischen Grenzen gegen Westen, gegen die Baiern, zu verteidigen. So gefährlich kann die Situation zuhause nicht gewesen sein, denn der erheblich jüngere Bruder Bertrand kam wesentlich später, nachdem Tota und Simon bereits den Boden bereitet und Karriere gemacht hatten. Simon bekam zunächst einen Besitz in unmittelbarer Nähe des Gutes seiner Schwester, die Ortschaft Röjtökör (Ruhtukuri) zu erblichem Besitz (1223, BUB I. S91, n. 127). Diese Ortschaft war zuvor von Grenzwächtern, wahrscheinlich Petschenegen, bewohnt. Sie lag auf dem Gebiet des heutigen Neudörfl, des heutigen Sauerbrunn, ein Teil des Pöttschinger Hotters und auch ein Teil von Wiesen bis zum Edlesbach und zum Zillingdorfer Wald gehörte dazu. Dieses Gebiet wurde um 1300 noch als Wart bezeichnet, ein deutlicher Hinweis auf die Grenzwächterfunktion. Interessant ist auch die Grenzbeschreibung dieser Schenkung. Es werden dabei die Orte Beseneu (Pöttsching), Mortun, die beiden Eggendorf und die Siedlung Hof (Telek, Theluk) genannt, letzteres wahrscheinlich ein Gutshof auf heute Siglesser Hotter, sowie das Prädium, also der Gutshof, des Gunther. Auch ein Földvár, eine Erdburg, wird erwähnt (angeblich in einem Wald neben dem Ackerweg Wart noch erkennbar).

Es ist also eindeutig, dass Simon hier die für die ungarische Grenzverteidigung heikelste Stelle zugeteilt bekam. Zugleich bildete sein Besitz eine Art Schutzstreifen für den Besitz seiner Schwester. Es zeigt sich hier deutlich die Auflösung des alten Grenzwächtersystems. Da sich die Aragonesen bewährten, sah der König offenbar keinen Grund, nach Thotas Tod die Schenkung von 1202 wieder an die Krone zu ziehen. Er belehnte Simon auch mit der Mattersburger Schenkung.

Ganz ohne Probleme ging diese Übertragung freilich nicht ab. Es gab einen Einspruch der Söhne eines gewissen Ayan, Andreas und Lamperth, und deren Neffen Gunther. Sie machten geltend, dass sie die Vorbesitzer gewesen wären. Das königliche Gericht entschied zugunsten Simons, da man angeblich entdeckte, dass diese Familie zur Zeit König Emmerichs in ihrer Treue zum Königshaus wankend geworden waren. Was da genau vorgefallen war, wissen wir leider nicht, auch nicht ob es vor der Belehnung Benedikts oder vor der Übertragung des Besitzes an Thota war.

Andere Besitzungen erwarben die Brüder bald zusätzlich, etwa 1232 Pöttsching, das zuvor im Besitz eines jüdischen Kammergrafen war. Die Auflösung des alten Grenzwächtersystems kann man besonders schön am Beispiel von Putym - Sigleß sehen. Es wurden 6 Hufen Land an Bertram gegeben, wahrscheinlich von Grenzwächtern, die im Mongolensturm gefallen waren. Bald darauf verkauften auch die übrigen Grenzwächter mit Erlaubnis des Königs an den Mattersburger (Empse, Albertus, Lampretus, Stephanus, Eglud, Jona, Cosmas, Petrus, Thomas, Jacobus, Joan). Bei diesen Adeligen an der Grenze - später auch bei den Mattersdorf- Forchtensteinern - gab es natürlich gute Beziehungen auch über die Leithagrenze hinweg, es gab Heirats- und Verwandtschaftsbeziehungen. Der Anschluss an die Österreicher war also immer im Bereich der Möglichkeit. Vielleicht war die fremde, nichtdeutsche Herkunft der Aragonesen zunächst ein Hauptgrund für die Belehnung mit dieser sensiblen Zone. Bald aber hatten diese ebenfalls enge Beziehungen. Schon Michael in der zweiten Generation war mit einer Österreicherin verheiratet. Um 1230 war die Grenze zwischen Österreich und Ungarn jedenfalls alles andere als friedlich. 1233, 1234 und 1235 gab es schwere Konflikte. In Österreich war damals Friedrich II. der Streitbare Herzog - und der wich ja keiner Rauferei aus. Es dürfte auch einige ungarische Herrn gegeben haben, die sich offenbar mit ihm verbündeten. Diesen unruhigen Jahren verdanken wir übrigens den Silbermünzenfund von Zemendorf (1933, Silbermünzen in einem Henkelkrug). Aber diese Konflikte waren harmlos im Vergleich zu dem, was 1241 auf unser Gebiet zukam: Der Mongolen- oder Tatarensturm. Nach der Niederlage der Ungarn bei Mohi floh König Bela IV. nach Westen und stimmte in seiner Not der Abtretung der drei wetungarischen Komitate an die Österreicher zu. Die versprochene Hilfe blieb freilich aus. Friedrich II. weigerte sich, nach dem Abzug der Tataren die Gebiete zurückzugeben. Das kostete ihm 1246 in der Schlacht an der Letha das Leben. Mit ihm starben die Babenberger aus. Bela IV. konnte die Gebiete zurückerobern, aber Friede kehrte noch lange nicht ein,. denn nun ging es um den Besitz der Babenbergerländer, bei deren Aufteilung ja auch die Ungarn kräftig mitmischten. Die Tatarenzüge waren für weite Teile Ungarns verheerend. Aber die großen Städte wie Ödenburg und Wr. Neustadt - das im August 1242 belagert wurde - konnten sich halten- ein wichtiger Punkt. denn die Konsequenz war, dass man in Zukunft Steinbauten errichten müsse. Auch in unserem Gebiet dürften damals die ersten massiveren Wohntürme aus Stein entstanden sein. 

Die Mattersdorfer hatten sich bei der Verteidigung von Gran verdient gemacht. Außerdem hatten sie mehrere Gesandtschaftsreisen durchgeführt. Sie bekamen dafür erneut Besitzungen, etwa 10 Hufen in Schattendorf (aus dem Besitz der Komitatsburg von Wieselburg), vier Hufen in Szalounta, die erwähnten 6 Hufen in Sigleß aus dem Besitz der Komitatsburg Ödenburg. Bertrand aber geriet in österr. Gefangenschaft, aus der er durch ein hohes Lösegeld befreit wurde. Um 1243 dürfte Simon gestorben sein. Nachfolger waren seine Söhne Simon II. und Michael, die dann den Aufbau der Herrschaft vollendeten. Um die Mattersdorfer sammelten sich die Kleinadeligen der ganzen Umgebung, unter ihnen wahrscheinlich auch die Walbersdorfer, die Schattendorfer usw. Man kann hier deutlich Abhängigkeiten erkennen.

Die Jahre von 1246 bis 1260 tobten heftige Grenzfehden zwischen Ungarn und Ottokar von Böhmen.-es ging um das Babenbergererbe. In all diesen Kämpfen waren die Mattersburger und die ihnen verbundenen Kleinadeligen offenbar Verbündete der Güssinger. Das wurde ihnen schließlich zum Verhängnis. Iwein von Güssing ging dazu über, eine Territorialmacht aufzubauen. Einfälle der Güssinger in Österreich und in die Steiermark hatten den großangelegten Feldzug Herzog Albrechts von Österreich zur Folge, die "Güssinger Fehde" Mit modernsten Belagerungsmaschinen wurde die Burg von Mattersburg 11 Tage lang belagert. Iwein konnte seinen Verbündeten keine Hilfe leisten, Mattersburg musste übergeben werden. Die Österreicher zerstören auch die Burgen in der Umgebung . Perlups Burg in Rohrbach, Krensdorf, Baumgarten, Wulkaprodersdorf, St. Margarethen und eben auch Walbersdorf - Walbramsdorf. Es gab also in Walbersdorf also eine Burg, die man sich freilich nicht so wie die späteren großen Burgen des Spätmittelalers vorstellen darf. Es war wohl nur ein "festes Haus", ein Steingebäude mit einem Wehrturm, vielleicht mit einem Wall-Grabensystem befestigt. Im 1291 geschlossenen Frieden von Hainburg legten Österreich und Ungarn die völlige Zerstörung der Burgen des aufsässigen Grenzadels fest. Die Mattersdorfer mussten ihre Burg niederlegen. Die Güssinger freilich konnten sich herauswinden, sie schlossen sich bald den italien. Anjous an, die dann nach dem Tod von Andreas III., des letzten Arpaden, neue Könige wurden.

 Walbersdorf wird also 1202 erstmals erwähnt. Wir wissen, dass ein Kleinadelsgeschlecht hier saß, das offenbar einen Wohnturm hatte und mit den Mattersdorfern eng vercunden war. 1232 taucht Walbersdorf endlich wieder in einer Quelle auf. Ein Graf Peter aus einer der vielen Osl-Sippen verkauft in diesem Jahr dem Ezzelin von Wr. Neustadt eine Liegenschaft in Alrams. Als Zeuge wird ein Ulricus de Walberensdorf genannt. Dies ist leider die einzige Urkunde, in der er erwähnt wird. Wir wissen nicht mehr, weder über seine Herkunft - etwa ob er von Walbrun abstammte - noch über seine Nachkommen. Jedenfalls gelingt es weder den Mattersdorfern noch den Osl, Walbersdorf in ihren Machtbereich einzubeziehen. 1289/90 wird dann die Burg von Walbersdorf im Verlauf der Güssinger Fehde zerstört.

Erst in den 1320er Jahren taucht dann Walbersdorf wieder in den Quellen auf. Aus 1321 ist uns ein Bartholomäus, miles de Balbran, bekannt (Hazi I/1, 34, n.76). Seine Tochter Elisabeth heiratet Philipp, den Sohn des Peter von Agendorf. Bartholomäus oder Berthold dürfte zu dieser Zeit bereits tot gewesen sein. Nur 6 Jahre später wird ein Perlup de Wlburan erwähnt (Sopronum oklt. I, 113, n.91) . Er hilft den Gathal bei der Rückgewinnung von Besitzungen, die ihnen von den Güssingern abgeknöpft worden waren. Ungefähr um diese Zeit, etwas früher, wird ein anderer Perlup erwähnt, Perlup von Rohrbach (1298 bis 1302), der mit einer Margarethe, Tochter Surs II. aus dem Geschlecht der Osl verheiratet war.

War Perlup von Walbersdorf der Nachkomme des Baerholomäus ? Eine Vermutung ist, dass in beiden Namen Berthold steckt: Perlup könnte schlicht und einfach der "Bertl" sein. Perlup von Rohrbach und Perlup von Walbersdorf waren ein und dieselbe Person. Wir wissen, dass zwischen Walbersdorf, Agendorf, Rohrbach und Loipersbach eine verwandtschaftliche Verbindung bestanden haben muss. Perlup von Rohrbach hat Besitzungen in Loipersbach, ebenso die Agendorfer, die Nachkommen des Philipp von Agendorf und der Elisabeth von Walbersdorf

1408 taucht eine adelige Familie auf, die sich Tannpeckh (Tompek) von Karlburg (Orosvar) nennt, die neben bedeutenden Besitzungen im Komitat Wieselburg auch Walbersdorf und Loipersbach besitzt. Wer waren diese Karlburger, von denen sich einer, nämlich Hans Tannpekhk von Karlburg, 1408 aus Walbersdorf meldet? In einem Brief an den Richter und Rat in Ödenburg ersuchte Johann Tanpeckh I die Stadt um Hilfe gegen seine Muhme, die Leopoltin, die ihm Geld schuldete (Hazi II, S.14.n.18). Die Vermutung liegt nahe, dass es die Nachkommen der Walbersdorfer waren. Demnach wären die Walberdorfer zu einem der bedeutendsten Geschlechter des westungarischen Raumes aufgestiegen (vgl. dazu Die Tompek - Karlburger) Johann II. ist uns ebenfalls aus mehreren Dokumenten bekannt. So betätigte er sich als Vermittler zwischen Ödenburg und dem "Lintzer", vermutlich Adam Lintzer, der damals die Burg Forchtenstein verwaltete und Vormund der unmündigen Forchtensteiner Nachkommenschaft war. Er beschwerte sich in Ödenburg, dass "dy Pawren von Agendorff Sand Michels dinst und czynns nicht haben wellen ausrichten meinen Richter zw Lepelsbach" (Hazi I/5, S.215 f.).

Perlups Enkel Johann und Georg "de Oroszvár" (von Karlburg) spielten als Günstlinge König Sigismunds eine wichtige Rolle. Georg wurde in der Schlacht von Nikopolis gegen die Türken 1396 von einem Pfeil getroffen, der sechs Jahre lang in seinem Kopf stecken blieb. Er bekam 1401 Burg und Herrschaft Schlaining. Neben der Herrschaft Karlburg hatten die Tompek Besitzungen in Gols, Walbersdorf, Loipersbach und Agendorf. Die Schlaininger Tompek verloren ihre Besitzungen unter Friedrich III. an Andreas Baumkircher.

Die Besitzungen im Norden fielen zunächst an Johann III, Neffe Johanns II. und Sohn von dessen Bruder Georg. Dies stieß auf Widerspruch von Magdalena, der Tochter Johanns II. bzw. ihres Gatten Amrosius Joláth de Jáar.   Über Johann Tompeks Tochter Magdalena fielen sie an die Joláth de Jaár, dann über deren Tochter Ursula an deren Gemahl Wolfgang Jósa de Vassan, der den Prozess erfolgreich erneuerte. Johann III. hatte anscheinend keine Nachkommen. Walberdorf befand sich im Besitz des Sohnes der Ursula und des Josa de Vassan, Stefanus Josa, der sich de Savol nannte. 1503 erfolgte die Besitzeinführung dieses Familienzweiges in Karlburg, Tadten, Loipersbach, Walbersdorf, Gols u.a. (hazi II/6, S.278)

Nur vereinzelt sind die Namen von Walbersdorfern aus dem Mittelalter erhalten. So werden etwa in einem Brief des Walbersdorfer Richters Niklas ein Czaphf Peter und ein Pekaman erwähnt. In diesem Brief werden Bürgermeister, Richter und Rat von Ödenburg gebeten, im Interesse einer Dorothea, Ehefrau Hansens des Dorners, einen Grundstückstausch in Rust zu verhindern. Dorner wollte mit einem anderen Bürger, dem Henslein Mager, tauschen. Der Weingarten aber gehörte zur Morgengabe Frau Dorotheas, die damit mit ihren Kindern das Verfügungsrecht hatte. Es ist anzunehmen, dass Frau Dorothea aus Walbersdorf stammte. In einem Weinausfuhrregister der Stadt Ödenburg wird ein anderer Walbersdorfer namens Pangracz Hammerstöchel erwähnt.

Wirtschaftlich war das ganze 13. Jahrhundert durch einen beachtlichen Aufschwung gekennzeichnet. Die Bevölkerung wuchs auch noch in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts stark. Die Höfe wurden geteilt. Das war vor allem im Gefolge des intensiven Weinbaues möglich. Die große Pestepidemie von 1348/49 wird sich auch in Walbersdorf ausgewirkt haben. In der Umgebung entstanden damals zahlreiche Wüstungen. Der Hauptgrund dafür dürfte allerdings nicht die Pest sondern die spätmittelalterliche Agrarkrise gewesen sein. Die Dörfer, die über einen bedeutenden Weinbau verfügten, lebten weiter und erlebten bald einen bedeutenden Aufschwung. Der Weinbau ermöglichte ein entsprechendes Geldeinkommen und die nahen Märkte, die beiden "Großstädte" der damaligen Zeit, Wr. Neustadt und Ödenburg, sorgten für einen entsprechenden Absatz der bäuerlichen Produkte. Wr. Neustädter Bürger legten einen Teil ihres Vermögens in Weingartenbesitz an, darunter vor allem im benachbarten Westungarn, unter anderem auch in Walbersdorf, wo der Besitzanteil der "Ausmärker" groß war. Die Türkenzüge von 1529 und 1532 hinterließen natürlich einige Lücken, die aber rasch wieder geschlossen werden konnten. So waren die materiellen Verhältnisse im 16. Jahrhundert, in der beginnenden Neuzeit,und dann in der zweiten Jahrhunderthälfte gut, auch die bäuerliche Bevölkerung war wohlhabend, selbstbewusst und verfügte bereits über eine elementare Bildung in den ersten Schulen - die besten Voraussetzungen auch für das Fußfassen des Protestantismus.

Frühe Neuzeit

Um 1500 waren also die Nachkommen der Tannbeck (Tompek) von Karlburg (Orosvar) Besitzer von Walbersdorf. Die Familie verzweigte sich und so bekam Walbersdorf immer mehr Grundherrn. In der Umgebung bildeten sich drei große Herrschaftskonplexe heraus, die Grafschaft Mattersdorf-Forchtenstein, die Herrschaft der Kanizsai, die die Osl-Besitzungen aufsaugten, und die Stadtherrschaft Ödenburg. Es gab zwar auch weiterhin Kleinherrschaften. Aber in keinem anderen Dorf waren sie so ausgeprägt wie in Walbersdorf. Interessant ist, wie sich die zahlreichen Kleinherrschaften wirtschaftlich auswirkten. Besitzunsicherheit und Prozesse waren für die Bewohner meist negativ, da die meisten Besitzer möglichst viel aus ihren Anteilen herausholen wollten. Andererseits waren die Besitzerfamilien oft weit weg. Das heißt, sie konnten ihre Bauern nicht allzu sehr durch Robot und Naturalabgaben belästigen. Sie mussten Geldabgaben akzeptieren, die für die Betroffenen zumeist ein Vorteil waren. Es sind uns zwar keine Abgabenlisten und Rechnungen der Karlburger-Nachfolger erhalten. Aber die Abgaben werden nicht höher gewesen sein als in der Herrschaft Forchtenstein und diese waren - gemessen am übrigen Ungarn - bescheiden.

In der Dica (steuer-) Konskription von 1549 werden Wolfang Josa und ein Caspar Body als Grundherrn genannt. Das Allodium, ein Herrenhof bestand bereits. In der Dica-Konskription von 1553 scheint Wolfgang Josa II. von Savoly als einer der Besitzer auf. 12 Porten sind sein Eigen. Als zweiter Besitzer tritt Georg Hathalmi von Dalka auf, dem 10 Porten, 3 Söllner und drei verödete Porten gehören (Conscriptio Dicalis Comitatus Soproniensis anno 1553, Staatsarchiv Budapest). Im Urbar von 1589 werden in Walbersdorf 26 Höfe und ein Edelhof der Frau Hathalmi von Dalka genannt, 1598 zahlten 21 Häuser Steuer. Die Dica - Konskription von 1600 nennt die Hathalmi als Besitzer von 15 bewohnten Häusern, drei lagen im Gefolge der Pest öde. 1648 werden in der Dica-Konskription werden neben den Esterhazy drei andere adelige Grundherrn angefürt, die 12 1/2 Porten besaßen 7 Häuser lagen öde. Es gab 3 Söllner. 1663 gab es 48 "kleine Häuser".

Im Urbar von 1589 der Grafschaft Forchtenstein werden unter den Orten, die zur Landgerichtsbarkeit gehörten, auch Walbersdorf und Loipersbach aufgezählt. Walbersdorf wird als Besitz der Frau Hathalmi von Dalka bezeichnet. Sie, die Gerichtsuntertanen, "leisten auch an Forchtenstein khain andere gehorsam alls das sy, weillen sy im lanndtgericht ligen, wan man ain mallefiz person hinricht, den den gerichtskhreuzer wue andere geben" (Landestopographie, Bezirk Mattersburg Bd.III/1, S.237)

Im 17. Jahrhundert kam es dann zu wesentlichen Veränderungen in den Besitzverhältnissen. Die Zahl der Besitzer aus der Nachkommenschaft der Kolos und der Hathalmi war inzwischen angewachsen. Beteiligt waren die Lengyel von Tóthy, die Pográqnyi von Nemeskürt, die Hathalmy von Dalka, die Balogh von Nebojsza und die Szobek von Kornicz (1633). 1633 wurde die Zahl der Besitzer noch durch eine weitere Teilung vermehrt.

Im September 1635 kam es zu einigen Schwierigkeiten, die für die weitere Entwicklung von Walbersdorf von sehr großer Bedeutung waren. Vier Sessionen waren vorübergehend verpfändet und bei ihrer Rücklösung kam es zu Streitigkeiten zwischen zwei Familienzweigen. Klägerin war Judith Rumy aus einem der Familienzweige und mit ihr ihr Gemahl Daniel Esterhazy von Galantha. Sie erhielten diesen Besitzanteil nach Erlegung der Rücklösesumme zugesprochen, Damit hatten die Esterhazy auch in Walbersdorf Fuß gefasst - ein verhängnisvolles Ereignis für Walbersdorf.

Es könnten sein, dass die kleinen Anteile an Walbersdorf trotz der wertvollen Weingärten immer unrentabler wurde. Die ständigen Prozesse zwischen den Familienzweigen kosteten viel Geld. So war anscheinend bei einigen Familienzweigen die Bereitschaft, zu verkaufen, schon gegeben.

Aus dem Jahre 1663 gibt es ein Zeugnis dafür, dass es für die Walbersdorfer nicht immer leicht war, mit ihren vielen Grundherrn zurecht zu kommen. Der Ödenburger Notar Stefan Vitnyedy schrieb an einen gewissen Rabby anlässlich der Musterung für den Türkenkrieg von 1664, "dass es den Walbersdorfern bei den vielen Grundherren ähnlich ergehe wie der Kinderbetterin bei vielen Hebammen. Sie haben von der Musterung erst im letzten Augenblick erfahren und sofort zwei Mann gestellt, damit man sie nicht für ungehorsam halte. Sie bitten, Rabby möge sie in Schutz nehmen. Die Grundherren, da sie in anderen Komitaten wohnen, werden ihre Reiter anderswo stellen. Rabby wird es einsehen müssen, dass man bei 48 kleinen Häusern mehr als 2 Mann nicht stellen könne." (Jandrisevits, Urkunden und Dokumente S.25 und 41).

Eine wertvolle Nachricht ist in dieser Quelle enthalten: Walbersdorf hatte 1663 48 Häuser. Im Urbar von 1589 waren erst 26 Häuser und ein Edelhof der Frau Hathalmi von Dalka erwähnt. Walbersdorf war also in der Zwischenzeit, in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, erheblich gewachsen. Vermutlich wurden zahlreiche neue Söllner- oder Kleinhäusel gestiftet. 1651/52 traten die beiden Faßbindermeister Carl Münch und Andre Lauseckh aus Walbersdorf in geschäftliche Verbindung mit der Herrschaften Hornstein und Seibersdorf, die sie mit Fässern belieferten.

Mit Nikolaus Esterhazy begann das Leben für die Walbersdorfer Kleinadeligen und auch für die Bewohner des Ortes schwieriger zu werden. Esterhazy war 1622 in den Besitz von Forchtenstein gelangt und hatte einige Zeit danach die "Inkorporation" der Herrschaften nach Ungarn betrieben. Mit unglaublicher Brutalität wurden alle Kleinadeligen im Bereich der Herrschaften, die nicht das Indigenat (ungarische "Staatsbürgerschaft") hatten, enteignet. Bei den ungarischen Kleinadeligen wie den Besitzern von Walbersdorf musste man vorsichtiger sein. Man war aber keineswegs gewillt, sie zu dulden. Die einzige Möglichkeit, die die Esterhazy hatten, das in mehrfacher Hinsicht störende und lästige Walbersdorf in den Besitz zu bekommen, war, es Stück für Stück zu kaufen.

Vielleicht war schon der Prozess, den Judith Rumy und Daniel Esterhazy anstrengten, der erste Schritt dazu. Famals gelangten die ersten vier Ansässigkeiten in den Besitz einer Seiteenlinie der Esterhazy.Daniels Sohn Michael Esterhazy setzte den nächsten Schritt. Er strengte einen Teilungsprozess an gegen die übrigen Mitbesitzer, mit denen er ja nur sehr weitschichtig verwandt war. Mit der Teilung wurde Walbersdorf noch unwirtschaftlicher. Paul Esterhazy wollte das Problem Walbersdorf anscheinend endgültig lösen. Er verfügte nicht nur über die nötige Brutalistät, sondern auch über die nötigen Geldmittel. 1654 griff er in Walbersdorf ein, also lange bevor er Besitzer des Dorfes war. Die ersten die dem Druck oder den finanziellen Verlockungen nachgaben, waren 1665 die Thury von Közep- Thur. Wolfgang Thury verpfändete seine von den Hathalmi stammende Portion auf 25 Jahre an Paul Esterhazy um den großen Betrag von 3000 Gulden. Ebenso wurde der Besitz seiner Schwester Katharina, der vorher schon an Michael Esterhazy verpfändet war, an Paul Esterhazy übergeben. 1675 gab auch Georg Thury, ein Bruder des vornhin erwähnten, seinen Besitz um 525 Gulden ab. Schon 1668 hatte auch Michael Esterhazy seinen Anteil um 5000 Gulden an Paul Esterhazy verkauft. Dieser besaß damit in den 1670er Jahren schon etwa die Hälfte des Dorfes. Im Urbar der Grafschaft Forchtenstein von 1675 werden in Walbersdorf aufgelistet: 22 Häuser, davon 3 Zweiviertel-, 2 Dreiachtel-, 4 Viertel und 2 Achtellehen sowie 11 Kleinhäusler, hiervon nur 3 alte, die Hälfte des Pfarrhauses, der Schule, des Gemeindehauses und des Halterhauses. Die Einwohner waren durchwegs Deutsche.

Nach Ernst hatte 1692 ein Freiherr von Fels von den Hathalmischen Erben Liegenschaften in Pfand, die 11 Untertanen, zwei Mühlen, die Hinerlische (?) und die Grueberische, einen 20 Pfund großen Weingarten, vier Teile Acker mit 1 3/4 Joch, einen Teil des Hofgartens, das Bergrecht mit 13 Eimer Wein und eine Fleischbank. Außerdem hatte er eine Portion mit 7 Untertanen, die den Bucsanyi von Bucsany gehörte. (Ernst, S.11 f.) Ein weiterer Besitzer in Walbersdorf war Johann II. Lengyel von Tothy. Auch er verpfändete seine Anteile um 2000 Gulden an Paul Esterhazy. Später ging das Pfandrecht auf seine Gattin, eine Nedeczky von Nedecse und andere Hathalmi - Verwandte über, die 1744/45 eine Teilung vornahmen. 1744 hatte die Stunde für den Rest von Walbersdorf, der noch nicht in Esterhazy-Besitz war, geschlagen. Die noch vorhandene Erbmasse der Kleinbesitzer wurde auf 5 Familien aufgeteilt, wovon wieder die Esterhazy profitierten, die den Lengyel-Besitz schon vorher durch Verpfändung erworben hatten. Dieser Besitzanteil wurde nun nicht mehr ausgelöst. Ein anderer Teil kam 1744 in den Besitz der Festetics. Sie tauschten noch im selben Jahr ihren ziemlich großen Anteil gegen esterhazysche Besitzanteile in Kesthely. 1744 waren die Esterhazy damit im Besitz von ganz Walbersdorf. Der Prozess der Aufsaugung hatte sich aber so lange hingezogen, dass nunmehr die massive Gegenreformation bereits abgeschlossen war und ein Teil der Walbersorfer Bevölkerung, zuvor von den Kleinadeligen geschützt, nunmehr evangelisch bleiben konnte.

Nur ein kleiner Restbestand der Kleinherrschaften blieb noch. Ein Besitzerzweig waren die Szobek, die zwei ganze Ansässigkeiten sowie 1/2 Session und 2 Inquilini hatten. Sie teilten 1670 und eine Linie verpfändete an Esterhazy auf 50 Jahre. Im 18. Jahrhundert eigneten sich die Esterhazy diesen Anteil an. Später musste er aber nach einem Prozess an den königlichen Rat Karl Nedeczky von Nedecse zurückgegeben werden. Dieser verkaufte seinen Besitz an Kark Jeserniczky. Diese Familie blieb bis zur Aufhebung der Grunduntertänigkeit 1848 im Besitz des Gutes. 1771 hatte Karl Jeserniczky große Unruhe hervorgerufen, weil er einen Schaflerhof für 200 Schafe anlegte, die auf Pöttelsdorfer und Mattersburger Hotter hinüberweideten. Außerdem hatte er zwei neue Söllnerhäuser und zwei Fischteiche errichtet.

Die ursprüngliche Dorfanlage mit 20 bis 24 Höfen entlang der Hauptstraße ist auch heute noch gut zu erkennen. Diese Zahl findet man mit geringfügigen Abweichungen in allen Konskriptionen bis ins 17. Jahrhundert. Der mehrfach belegte Herrschaftshof befand sich im Bereich der späteren Kirche ("Hofgarten"). Die 1553 genannten drei Söllnerhäuser lagen vermutlich in Richtung der Weingärten. 1553 waren von den 25 Porten nur drei verödet. 1589 gab es 26 Häuser, 1600 lagen trotz Pest nur 3 Höfe öde, 1648 hingegen zeigt die Dica-Konskription 7 öde Häuser auf. Um 1660 gab es neben den 20 Bauernfamilien 24 Kleinhäusler und die beiden Müllner (Gruber und Kroyer). Die erste große Ortserweiterung fand in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zwischen 1630 und 1650 statt. 1663 wird von 48 "kleinen Häusern" gesprochen. Es kamen etwa 20-24 Kleinhäusel hinzu. Das entspricht der Zahl der Häuser in der Feldgasse. Die weitere Entwicklung des Dorfes lässt sich an der Zahl der Höfe ablesen. 1717 gab es 44 Bauern und 11 Hofstättler bzw. Inwohner, 25 Häuser waren im Besitz der Esterhazy, 19 in dem der Festetics. Der Esterhazy-Anteil umfasste 352 Joch und 22 1/2 Tagwerk Wiesen, der der Festetics 175 3/4 Joch und 12 Tagwerk Wiesen. Die Bauern der Esterhazy hatten größeren Besitz an Feldern, die der Festetics etwas mehr Weingärten. 1752 gab es 27 Bauern und 47 Hofstättler, 1767 26 Bauern und 53 Hofstättler und 1802 27 Bauern aber nur mehr 14 Hofstättler. Die hohe Zahl an Hofstätten war eine Folge des intensiven Weinbaues. Die Weingärten der Auswärtigen boten Arbeits- und Einkunftsmöglichkeiten. Aber auch Handweker wurden ansässig wie etwa die beiden Fassbinder, die der Mattersdorfer Zunft angehörten. Mit dem Rückgang des Weinbaues nahm auch die Zahl der Kleinhäusler ab.

Der Weinbau war in Walbersdorf schon im Mittelalter wichtig. Im ausgehenden 16. Jahrhundert erlebte er eine neue Blütezeit. 1570 waren 45,06 ha, das waren 21,8 % der Nutzfläche Weingärten. Dieser Wert wurde nur von Marz und Forchtenau übertroffen.Etwa 50 % der Weingärten gehörten Auswärtigen. 1696 gehörten nur 100 Hauer (18,38 %) Einheimischen, 444 Hauer (81,62 %) aber Auswärtigen. 1716/17 war der Anteil der Ortsansässigen mit 42, 22 % schon wieder erheblich höher. Die Weingärten im Festetics- Teil gehörten 243 Hauer nur Walbersdorfern. Im Esterhazy-Teil hingegen nur 251 Hauer, 439 Hauer hingegen auswärtigen Inländern und 237 Hauer Österreichern. 1752-54 besaßen die Einheimischen 415 1/2 Hauer, die Auswärtigen 334 1/2 Hauer. Im 18. Jahrhundert erkebte der Weinbau einen erheblichen Rückschlag, die Erträge sanken und Missernten traten auf. Das wichtige Absatzgebiet Schlesien ging verloren und die Wr. Neustädter verloren dank günstigerer Investitionsmöglichkeiten das Interesse an den Weingärten im benachbarten Ungarn. 1847 waren 16,17 ha Weingärten (7,5 %), 1865 34,39 ha (15,59 %) Weingärten. Das war weit mehr als etwa in Pöttelsdorf. Nur Mattersburg war mit 13,33 % ähnlich hoch. Grund für den Wiederaufstieg im 19. Jahrhundert war die Einführung der neuen Sorte Blaufränkisch (damals "Blauer Burgunder" oder "Blauer Frankentaler" genannt. Dann kam etwa ab 1890 die Reblauskrise und die Weinbaufläche sank auf 3 %. Die neue Veredlungsart fand in Walbersdorf nur langsam Eingang. Erst in der Nachkriegszeit konnte die Krise endgültig überwunden werden. 1969 waren wieder 12 % der Fläche Weingärten.

Kirchliche Entwicklung

Die alte Kirche von Walbersdorf und Pöttelsdorf stand zwischen den beiden Dörfern, im heutigen Friedhof. Unklar ist, ob Walbersdorf schon im Mittelalter eine selbständige Pfarre war. Nach Rittsteuer löste sich Pöttelsdorf schon früh von der Urkirche Kleinfrauenhaid. Von einem Pöttelsdorfer Pfarrer ist im Jahre 1493 die Rede, anlässlich des Brandes des Paulinerklosters von Baumgarten. Er konnte damals mit einigen Bauern seine Pfarrkirche,die ebenfalls vom Brand bedroht war, vor der Vernichtung retten, Eine mittelalterliche Pfarre muss auch deshalb angenommen werden, weil die Herrn von Pöttelsdorf im 14. Jahrhundert zu den bedeutendsten Adelsgeschlechtern im Wulkabecken gehörten.

Am Ende des 16. Jahrhunderts, 1596, wird Walbersdorf als Filiale von Mattersburg erwähnt. Zu dieser Zeit hatte Mattersburg nach einer langen evangelischen Periode - 1570 wird Philipp Pirichfelder als einziger namentlich bekannter evangelischer Pfarrer genannt - wieder mit Sebastian Lichtenberger wieder einen katholischen Pfarrer. Wiesen und Walbersdorf waren katholische Filialen. Die 52 Joch Äcker des Pfarrers wurden von der Gemeinde angebaut, geerntet und eingeführt. Von den fünf Weingärten hatten je einen die Mattersdorfer, die Wiesener und die Walbersdorfer zu bearbeiten. Die Filiale Walbersdorf hatte zwei Weingärten bei St. Leonhard. Ferner hatte die Pfarre 5 Tagwerk Wiesen. Insgesamt wurden 800 Kommunikanten gezählt.

1610 heißt es in den Klosterratsakten: "Vor nicht allzu langer Zeit wurde dem Priester Martin Witmann die Pfarre Mattersburg zusammen mit Forchtenau anvertraut.Nun aber ist seit einiger Zeit nempe a tempore rebellionis in hodiernam usque diem, diese Pfarre ohne Priester. Damit aber nicht haereticus quidem, uti nuperrime apud S. Leonardum factum, sich der Gemeinde bemächtigt, möchte er bitten, ihm diese Pfarre zu verleihen. 1610 gab es also in der Walbersdorfer S.Leonhard - Kirche einen evangelischen Pfarrer. Er wurde vermutlich von den Grundherrn des Dorfes eingesetzt. Im Dezember 1610 schrieb der Klosterrat an den Erzherzog, dass Witmann, Pfarrer in Mattersdorf und Forchtenau auch um die Verleihung der Pfarre Marz angesucht hatte, "welche nun etliche Jahr seid der rebellion biß auff dato vaciert und zu befürchten, das nicht etwa daselbst wie neulich bei S.Leonhardt geschehen, ein sectischer predicant eintringen möchte". Archidakon und Erzbischof hatten nichts dagegen, obwohl es nach dem jura canonica verboten war, mehrere Pfarren in einer Hand zu vereinigen. Aber unter den jetzigen Verhältnissen "auß Mangel der priester und daß die pfarrhöf in der rebellion an vilen ortten also devastirt und verwüstet worden, daß sy nicht zu bewohnen seindt" wurde es erlaubt, 1611 erhielt Witmann auch die Pfarre Marz.

1614 wehrten sich die Besitzer von Walbersdorf gegen Eingriffe der Forchtensteiner. Benedikt Pograny schrieb an den Kaiser, er habe von den Verwaltern von Forchtenstein ein Schreiben bekommen, in dem sich diese über die Inbesitznahme der "capelle" in Walbersdorf beklagten. Er beruft sich auf den Besitz in "Bolbersdorff", der der Familie Hathalmi gehört unnd nicht Forchtensein unterstehe. Auch früher schon haben sich die Verwalter von Forchtenstein gegen die Familie beschwert, indem sie sogar schwer bewaffnet scharenweise gegen Walbersdorf gezogen sind. Der Verlauf der Ereignisse scheint also folgender gewesen zu sein: Der Wiener Friede von 1606 sicherte auch dem Adel die Religionsfreiheit zu. Völlig zu Recht haben also die Hathalmi einen evangelischen Prediger in Walbersdorf eingesetzt, der von den Verwaltern in Forchtenstein mit Gewalt vertrieben wurde. Gegen einen neu eingesetzten Prediger beschwerten sich die Forchtensteiner, wobei sie vermutlich zwei Argumente vorbrechten: Walbersdorf gehörte zum Landgericht und es war Filiale von Mattersdorf. Beide Argumente waren nicht berechtigt, denn das Patronatsrecht über Walbersdorf hatten die Hathalmi.

Über die weitere Entwicklung geben die Visitationen einigen Aufschluss. 1641 wird die Leonhardkirche nicht visitiert. Sie war zu dieser Zeit evangelisch. In der Pfarre Mattersburg aber wird ein Weingarten erwähnt, den früher die Walbersdorfer zu bearbeiten pflegten, aber nachdem diese durch die Prädikenten verdorben und missgeleitet worden waren (corrupti et perversi fuerunt) haben sie auch die Kultur verkommen lassen...Besonders interessant ist aber die Visitation von Marz. Die Schule dort ist verfallen, die Gemeinde verspricht, sie zu restaurieren. Die Marzer sagten aus, dass sie ihre Söhne auf die Schule der Häretiker nach Walbersdorf schickten. Hier begegnet uns zum ersten Mal jene Walbersdorfer Schule, die anscheinend für ein größeres Gebiet von Bedeutung war. Auch 1651 scheint Walbersdorf im Visitationsprotokoll nicht auf. In Marz ist ein Vitus Schmerpoch Schulmeister, ein Baier, der nicht Latein kann. Er hat nur 26 Schüler. Die Evangelischen des Ortes schicken ihre Söhne weiterhin auf die benachbarten Schulen der Evangelischen. Über die Marzer Bevölkerung heißt es, dass die Mehrheit evangelisch ist, ebenso die Mehrheit der Deutschen in Rohrbach. In Mattersburg gibt es laut Visitationsbericht nur mehr wenige Evangelische. Auch 1659 wird Walbersdorf nicht visitiert. In Mattersburg gibt es noch immer 24 evangelische Häuser, die ihre Söhne nach Walbersdorf schicken, obwohl nach Meinung der Visitatoren der Mattersburger Lehrer besser ist. In Marz gibt es zwar einen Lehrer, aber es sind nur 16 Ansässigkeiten (also vermutlich die esterhazyschen) katholisch, alle übrigen aber ganz schlimme Häretiker. Sieggraben ist überwiegend evangelisch, Schattendorf mit Ausnahme von vier Häusern und einigen Inwohnern ebenfalls zur Gänze evangelisch. In Forchtenau gibt es einige evangelische Familien, Wiesen ist schon wieder gut katholisch. Evangelisch und in der Visitation nicht erfasst sind natürlich die Ödenburger Stadtdörfer, darunter Loipersbach- Agendorf.

1654 kam es zum spektakulären Überfall Paul I. Esterhazy auf die evangelische Kirche in Walbersdorf, wobei er mit großer Brutalität vorging. Stephan Lengyel berichtet am 18. Mai 1654 der Congregation des Komitates, dass Paul Esterhazy in Begleitung seiner Bediensteten zur Kirche ritt, die Tore der Kirche aus den Angeln hob, in die Mitte der Kirche legte und schließlich die Taue der Glocken durchschnitt. (Györ-Sopronm. 2. sz. lt.; sopron Komitatsprotokole Bd.2, S. 458). Die Auseinandersetzung strebte also ihrem Höhepunkt zu. Esterhazy hatte vermutlich in den Jahren zuvor seine Untertanen in Walbersdorf "rekatholisiert". Er wird dabei vermutlich anfangs nicht viel mehr Erfolg gehabt haben als in Marz oder Mattersburg. Die Zerstörung der Kirchentüren und der Glockenstränge war vermutlich eine symbolträchtige Handlung und eine Machtdemonstration. Es scheint, dass die evangelische Schule in Walbersdorf für Paul Esterhazy ein besonderes Ärgernis war .Sie wird vermutlich zunächst nicht viel bewirkt haben, wie energische Gegenwehr der übrigen Grundherrn beweist. Paul Esterhazy hatte nur eine Möglichkeit, mit dem Katzernest Walbersdorf aufzuräumen, und diesen Weg ging er in den folgenden Jahren. Er kaufte das Dorf Stück für Stück.

Aus Walbersdorf sind uns folgende evangelische Pfarrer bekannt: 1637 ist ein Johann Kern nachgewiesen. Er war eventuell verwandt mit dem Flacianer Michael Kern, der die Flacianerschriften von 1580 und 1581 als "Marchersdorfer Pfarrer" (Mariasdorf?) unterschrieb. 1645 war Gottfried Uebermann Pfarrer in Walberdorf. Seine Witwe heiratete 1652 Johann Scheffler, Pfarrer in Harkau. 1649 schließlich ist Johann Schnellerus, richtiger wohl Schulerus als Pfarrer erwähnt. Er war wohl die bedeutendste Persönlichkeit unter den Walberdorfer Pfarrern. Er war gebürtiger Ödenburger und 1639 bis 1649 Konrektor des Ödenburger Gymnasiums bevor er zum Pfarrer von Walbersdorf ordiniert wurde. Die Blüte der Walbersdorfer Schule ist vielleicht im Zusammenhang mit seinem Wirken zu sehen. Seine Einsetzung könnte eine Maßnahme gegen das gezielte Vorgehen Paul Esterhazys gegen die Walbersdorfer Schule sein. Eugen Gura berichtet in seiner Kirchengeschichte von Pöttelsdorf - Walbersdorf, dass 1658 Michael Schwendenwein und Thomas Zorren ins "Reich" geschickt wurden, um Geldbeträge für ein Schulhaus und einen Gottesacker zu sammeln, womit 1662 das Schulhaus mit Gemeindekeller und ein Gottesacker errichtet wurden. In der Aufzeichnung soll es geheißen haben: "Kein einziger katholischer Mitnachbar war damals hier".

Michael Marquart war der letzte unter den bekannten evangelischen Pfarrern von Walbersdorf. Zu seiner Zeit wurde 1660 in der "posessio Walberdorff" eine evangelische Synode abgehalten. Auf dieser Synode wurde er ordiniert durch Bischof Gregor Musay. In dem ein Jahr später erschienen Gedenkbuch zu Ehren des Ödenburger Schuldirektord Christian Seelmann unterschrieb er als Pfarrer von Walbersdorf. 1662 wurde er aus Walbersdorf vertrieben. Nach Fiedler (Pfarrer, Lehrer und Förderer, S.89) wurde er von der Stadt als Pfarrer in Loipersbach eingesetzt. Zwar stimmt es, dass damals die Stadt als Grundherr Loipersbach von Agendorf als eigenständige Muttergemeinde erhob, um von dort aus auch Walberdorf/Pöttelsdorf zu betreuen. Auch frühere Walbersdorfer Lehrer sind in Loipersbach nachweisbar, nicht aber Michael Marquart. Mit Ende 1662 ist die evangelische Kirchengemeinde Walbersdorf zu Ende, die Kirche wird von den Katholiken in Besitz genommen. Das evangelische Kirchengut wurde zunächst in eine Mühle gebracht, 1663 aber von esterhazyschen Soldaten beschlagnahmt und die evangelischen Einwohner vier Tage lang geplündert und drangsaliert.

Im Visitationsprotokoll von 1663 spiegelt sich der Triumph der katholischen Seite. Walbersdorf ist nunmehr eine Filiale von Marz. Die Leonhardkirche wird genau beschrieben und es wird ausdrücklich erwähnt, dass sie früher von den häretischen Grundherrn in Besitz genommen worden war. Es wird erwähnt, dass die Evangelischen von weither dort zusammenzukommen pflegten. . Nun aber, heißt es, wird die Messe in größter Demut gefeiert und nun kommen die Katholiken dort zusammen, wo eins ein Treffpunkt der Häretiker war. Ein Blick auf die Nachbargemeinden zeigt, dass auch dort die Gegenreformation Fortschritte machte. Die Marzer, Mattersburger und Suieggrabener werden als Neokatholiken bezeichnet. Von Schattendorf heißt es: "Incolae loci huius omnes catholici frigidi noviter conversi", sie sind also Katholiken, aber noch sehr "frostig".

Die evangelische Schule in Walbersdorf

Aus den Visitationsprotokollen geht eindeutig hervor, dass die Walbersdorfer Schule über längere Zeit eine bedeutende Rolle spielte. Es könnte sein, dass diese Schule ganz bewusst als überlokales protestantisches Zentrum geplant war und gefördert wurde. Die Berufung Schnellers, des Corektors der berühmten Ödenburger Lateinschule, als Pfarrer nach Walbersdorf spricht für diese Theorie. Nachweisbar ist ihre weite Ausstrahlung hinein in die esterhazysche Herrschaft, in Dörfer, die zu dieser Zeit bereits unter dem starken Druck der Rekatholisierung standen. Nachweisbar ist der gute Ruf und das hohe Niveau dieser Schule. Dafürspricht etwa das erhalten gebliebene "Raitt-Buch" (Rechenbuch) des Johann Sinabel, heute in Privatbesitz in Loipersbach. Es kam vermutlich aus der Steiermark, vielleicht aus Bruck a.d.Mur. Das legen einige der Rechenbeispiele nahe. Wie Sinabel aber vermerkt, wurde es für den Unterricht in Walbersdorf verwendet: "bey den Schuel Kindern zu Walberstarff etlich Jahr fleißig danach Raitt und viele fäller und Mängel verbessert". Folgende Kapitel sind enthalten: Addiern, Subtrachiern, Mulitpliciern oder Mehrn, Dividiern oder thailn, Maße und Gewichte, Bruchrechnungen, Beispielsammlung, Tüech-Handel, Gold und Silber Rechnung, Gewinn und Verlüst, Gesellschaften usw.

Die Schule scheint groß gewesen zu sein. Sicher nachgewiesen werden können gleichzeitig drei Lehrer: Schneller selbst, Sinabel und Gotthold Wagner. Er wurde 1666 an der evangelischen Schule in Rust aufgenommen. Sinabel wirkte später - ebenfalls zusammen mit anderen Lehrern - in Loipersbach. In den Jahren nach der Vertreibung tauchen in Loipersbach noch weitere Lehrer auf, so ein Jacob Roth und ein Leigeb. Auch ein Pöttelsdorfer Schulmeister wird erwähnt.

Gegenreformation

Nach der Vertreibung der evangelischen Pfarrer und Lehrer aus Walbersdorf übernahm anscheinend das Stadtdorf Loipersbach die Betreuung der Evangelischen. In Loipersbach wurde 1661 ein "Tauff - Buch" angelegt. In den folgenden 12 Jahren wirkten in Loipersbach bedeutende Pfarrer wie Mathias Rosner und Hieronymus Chr. Foman. Aus dem Tauff - Buch kann man zahlreiche Rückschlüsse auf die Entwicklung in Walbersdorf und Pöttelsdorf ziehen. Bis Ende Feber 1662 kommen nur Täuflinge und Paten aus Loipersbach, Schattendorf und Marz vor. Ab 24. Feber 1662 kommen dann die Pöttelsdorfer und Walbersdorfer. Man findet beinahe alle alteingesessenen Familiennamen. Einige Beispiele: Maister Hans Gruber, Müllner, Anna Hännlerin, Fröhlich, Pauschenwein, Klötner, Aminger, Schändl, Schön, Neuberger, Adam Felßinger, ein Schuhmacher zu Walbersdorf, Tobias Jacob, Mert Pedtschacher, Matthias Wolffpeiß, Schneider, Krierer, Müllner Kroyer aus Zemendorf, Berner, Bernhardt Faber, Erhardt Pruckner Müller aus Walbersdorf, kroier und Sauerzapf aus Walbersdorf,Andre Schiller, Lederer, Schwendenwein, Pernhart, Spanrafft, Schneider, Schöberl, Prüner, Graf, Tschach, Egerlander, Berthold, Cath, Hoffmann, Scholl, Jänisch, Strodl, Püringer, Berger, Eigg, Neuberger, Kurz, Lägler, Kiß (Schuhmacher aus Walbersdorf), Härnwolff, Tschurl, Predl, Frankh, Offner, Failler, Paur, Reisner, Schwendtenwein, Freiberger, Schwäbl, Prinner, Fleck, Ringauf, Huber, Unger.

Bis September 1663 scheint eine große Zahl von Täuflingen aus diesen Gemeinden auf. Im März 1666 tauchen dann wieder Walberdorfer und Pöttelsdorfer auf, z.B. Mannsberger, Kuntner, Schöbl, Aintzengruber. 1667 und 1668 findet man keine Walberdorfer und Pöttelsdorfer. Erst im September 1670 steigt ihre Zahl wieder rasch an und ist bis 1673 groß.

Von 1663 bis März - April 1666 könnte es also einen Pfarrer in Pöttelsdorf- Walbersdorf gegeben haben. Ob dies Johann Gebhardt war kann aus den Quellen nicht belegt werden, auch nicht, ob er mit Gewalt vertrieben oder gar getötet wurde. Was das Büchl des Christian Pauschenwein betrifft, in dem berichtet wird, dass 1684 ein evangelischer Prediger erschossen worden sein soll, steht quellenmäßig ebenfalls auf schwachen Füßen. Ein Mord hätte wahrscheinlich größeren Widerhall gefunden. Es muss jedoch einen Vorfall gegeben haben, aus dem sich die bekannte Legende entwickelte. Dazu Eugen Gura: Im Pöttelsorfer evangelischen Gemeindearchiv befindet sich ein Andachts- und Gebetbuch, in dem auf der ersten Seite geschrieben steht:" Dieses Büchel gehert dem Christian Pauschenwein zu, es ist Eigentlich das Büchl alwo in den 1684-er Jahr Ein Evangelischer Geistlicher gelesen hat und wie nun ein Tiranischer Fürst die (Gegen) Reformation anstellte. so schikten Von der Frauheit die katholischen Geistlichen einen Husaren nach Walberdorf der Ruft den Evangelischen Geistlichen Herauß und gab im aus falschen Gewissen einen Brif in der Hand und er nahm den Brif und wollte ihm blesen, in dem nahm der Husar die Bistollen Herauß und schuß im dodt, und ein gewisser Melchart der war damals Todten gräber, der hebte das Buch auf, und man Findet noch heutigen Tages die unschuldigen Bluts Tropfen des Armen Seelsorgers in diesem Buch". Die tatsächlichen Ereignisse dürften folgende gewesen sein: Nach Preßburger handschriftlichen Aufzeichnungen wurde auch nach der Vertreibung des Pfarrers im Herrenhaus gepredigt und 1966 ein namentlich nicht genannter Pfarrer von Esterhazy-Husaren erschossen. Nach den Aufzeichnungen Sinabels wurde der Pfarrer Johann Gebhardt erschossen. Die Eintragung durch Christian Pauschenwein war wahrscheinlich eine spätere Aufzeichnung dieses Vorfalls.

Über die Entwicklung der katholischen Kirche geben wieder die Visitationsprotokolle Auskunft. 1674 ist Walberdorf eine katholische Pfarre. Der Pfarrer heißt Pater Patricius Saibicz, 31 Jahre alt und aus Österreich stammend. Gegen ihn haben die Gläubigen nichts, zumal er ja erst kurze Zeit im Ort ist. Im Winter tauft er im Dorf, weil der Weg zur Kirche zu weit ist. Es besteht auch eine katholische Schule, der Lehrer heißt Johann Fitter, er ist Deutscher und 26 Jahre alt. Pötteldorf gehört als Filiale zu Walberdorf. Auch die Pöttelsdorfer Kinder gehen in Walbersdorf zur Schule. Es wird aber festgehalten, dass in Pöttelsdorf alle - mit Ausnahme von 4 bis 5 Häusern - evangelisch sind. Der Vorgang der Rekatholisierung der Esterhazyuntertanen kann ganz gut nachgezeichnet werden. 1670 bat Paul Esterhazy die Ödenburger Jesuiten um einen Missionar. Er wurde in Walbersdorf von der Herrschaft feierlich eingeführt und beschlagnahmte die Kirche. Er musste aber militärische Hilfe in Anspruch nehmen. Auch die Glocke am Schulhaus durfte nunmehr nur zum katholischen Gottesdienst geläutet werden. Im Friedhof verhinderte der Jesuit jedes feierliche Begräbnis eines Evangelischen. 10 Familien - ausschließlich Esterhazy-Untertanen- wurden wieder in die katholische Kirche aufgenommen.

Aus dem Jahre 1680 liegt die letzte Beschreibung der alten Kirche vor dem Türkenzug drei Jahre später vor, in dem diese Kirche endgültig zerstört wurde. Die Kirche hatte einen hölzernen Turm mit zwei Glocken, zwei Altäre, von denen der Hauptaltar dem Hl. Leonhard, der Nebenaltar dem Hl. Antonius von Padua geweiht sind. Der Friedhof ist von einer Steinmauer umgeben. Die Schule liegt im Ort und hat ebenfalls ein Türmchen mit einer Glocke. Die Glocken sind noch nicht geweiht. Sie haben weder eine Monstranz noch ein Ciborium, weil unter ihnen noch immer viele überaus hartnäckige Ketzer sind, besonders jene, die den übrigen Adeligen unterstehen, außer die Untertanen des Grafen Paul Esterhazy, die alle Katholiken sind. Der Pfarrer heißt Georg Stefanicz, ein Kroate aus Hornstein und 39 Jahre alt. Eine andere Hand hat hinzugefügt, dass die Bauern mit ihm nicht zufrieden waren. Der Lehrer heißt Mathias Ferstner, ein deutscher Katholik aus Oggau, 23 Jahre alt. Pöttelsdorf ist auch weiterhin Filiale. Es wird ausdrücklich gesagt, dass es dort keine Kirche gibt.

1685, nach dem Türkenzug, ist die Kirche totel verwüstet, ohne Altäre und Glocken, die Messe wird in den Häusern der Bewohner gefeiert.Der Pfarrer ist noch immer Georg Stephanicz. Das Pfarrhaus ist zerstört und die Einwohner wollen es nicht wieder aufbauen, denn sie sind überwiegend Häretiker, und zwar unverschämte und ungehorsame Häretiker. Einen katholischen Lehrer haben sie nicht und wollen sie auch nicht haben, da bisher der Pfarrer dieses Amt versah. Zu Pöttelsdorf wird eine besondere Sache vermerkt. Einn junges Paar aus Pöttelsdorf hat sich in Ödenburg von Pfarrer Sobitsch trauen lassen. Das Mächen aber war katholisch und ist nach der "heilsamen Trennung" von der lutherischen Lehre" verstorben. Es gab einen riesigen Skandal. Der Visitator fordert, dass Sobitsch vor den Hl. Stuhl zitiert werden sollte.

1696 fand wieder eine Visitation statt. Die Kirche ist noch immer total verwüstet. Sie hat keinen Turm, eine geweihte Glocke bedindet sich im Dorf, also vermutlich im Schulhaus. Der Friedhof ist rundherum offen. Reuige Seelen gibt es etwa 150, die übrigen Pfarrkinder sind alle Häretiker. Lehrer ist Michael Vasonicz aus Rohrbach, 22 Jahre alt.

Fürst Paul I. Esterhazy war offenbar an einer Erneuerung des katholischen Lebens in Walberdorf sehr interessiert. 1707 bat ihn Paul II. Festetics, einer der Grundherrn, einen geeigneten Platz zur Errichtung einer Pfarrkirche zur Verfügung zu stellen. Schon wenige Tage nach dieser Eingabe testierte er drei Teile seines Gartens für die Realisierung dieses Vorhabens. Pfarrer war zu dieser Zeit Stefan Horvath, der auch Pöttelsdorf mit versah. Nach der Visitation von 1713 wurde die Kirche kurz zuvor restauriert. Pfarrer Andreas Pleyer (1710-1729) taufte im Pfarrhof. Es gab in der gesamten Pfarre 200 Katholiken. Von den 35 Kindern in der gemeinsamen Schule waren nur 6 katholisch. Unter Pfarrer Johann Jankovich (1758 - 1774) wurde 1766 wurde mit dem Bau einer Kapelle in Walbersdorf begonnen. Auch in der katholischen Filiale Pöttelsdorf entstand 1769 eine kleine Kapelle. Die nächsten Pfarrer waren der Kaplan des Ödenburger Domlapitels Georg Bukovits und Leopold Schuster (1868-1899), Wendelin Kurcsy (1900-1912) und Josef Weber (1920-1938), der 1945 in Nickelsdorf erschossen wurde. 1938 übernahm P.Leopold Proharska neben Aufgaben in der Apostolischen Administration die kleine Pfarre, 1941-46 P.Ludwig Gurtner, 1959 - 1963 P.Mathias Schaller, ein in Walbersdorf geborener Benediktiner. Ab 1979 wurde Walbersdorf von Marz aus mit versehen. 1901 konnte auch die katholische Pfarre mit finanzieller Hilfe des Ziegelfabrikanten Johann Prost ein neues Schulhaus bauen.

1788 war der Raaber Bischof Fengler zur Visitation in Walbersdorf. Er vereinbarte mit dem fürstlichen Verwalter Eötvös den Bau einer Kirche in Walbersdorf. Die alte Kirche war schon sehr baufällig und drohte einzustürzen. Die Pöttelsdorfer Katholiken wollten sich mit dem neuen Standort zunächst nicht abfinden. 1794 wurde dann der Grundstein für die neue Kirche gelegt Die heutige katholische Kirche wurde 1796 gebaut, 1797 fertig gestellt. Die Evangelischen errichteten ihren Glockenturm im Jahre 1800. Von 1799 bis 1831 wirkte Georg Kietaibl, ein Bruder des Botanikers, als Pfarrer in Walbersdorf. Ein Problem war immer wieder die Richterwahl. 1779 erlaubte Nikolaus Esterhazy in Walbersdorf und Pöttelsdorf alle zwei Jahre alternierend einen katholischen und einen evangelischen Richter. Aber schon 1781 befahl er, in Walbersdorf nur kazholische Richter zu wählen. Ab 1783 wechselten dann die Richter regelmäßig, ein Kompromiss, der bis 1848 strikt eingehalten wurde. Unter Pfarrer Horvath 1704 - 1710 kam es im Zuge des Kuruzzenaufstandes zu einem Zwischenfall. Ein Graf Festetics, Anführer und Fahnenträger einer Kuruzzenschar, wurde in Mattersdorf von einem Tischlergesellen erschossen. Seine Mutter kam aus Ödenburg, ließ ihn exhumieren und in der Familiengruft in Walbersdorf bestatten.

Die Toleranzgemeinde

Nach Erlassung des Toleranzpatentes bildeten die Evangelischen von Walberdorf (70 Familien) und Pöttelsdorf (101 Familien) eine eigene Gemeinde. Das Komitat nahm mehrere Untersuchungen vor. Nach den üblichen Verzögerungen durch das Komitat und Bittgesuchen in Wien musste schließlich am 26. Juni 1783 die Genehmigung erteilt werden, zunächst unter der Bedingung, dass man dem katholischen Pfarrer und den Lehrer weiterhin Stola und Lohn bezahlte. Als erster Pfarrer wurde aus Ödenburg Samuel Semmelweiß berufen, der noch 1783 sein Amt antrat. Als Lehrer wurde Ferdinand Atzendorfer ebenfalls aus Ödenburg berufen. Gottesdienste wurden zunächst im Haus des Johann Handler gehalten. 1785 wurde die Kirche in Pöttelsdorf fertiggestellt und Ende Mai 1786 eingeweiht. 1785 wurde auch das Pfarrhaus errichtet. Die Kosten von über 644 Gulden trugen ausschließlich die 44 Familien aus Walbersdorf und die 95 Familien aus Pöttelsdorf. Atzendorfer durfte zunächst nicht unterrichten. Semmelweiß wurde 1787 nach Leiden berufen. Sein Nachfolger wurde Johann Leopold Wohlmuth. Unter ihm wurde 1787 die evangelische Schule, zunächst in einem Privathaus, eingerichtet. 1798 wurde das Schulhaus gebaut, das Lehrerwohnzimmer erst 1807 dazu gebaut. Das alte Schulhaus ging an die katholische Kirche über. 1802 starb Wohlmuth, 1807 Atzendorfer. Wohlmuths Nachfolger wurde nach zwei Jahren nach Preßburg berufen. Es folgte 1804 Josef Kalchbrenner, der 1810 nach Agendorf berufen wurde. Sein Nachfolger war Samuel Neudherr, Ödenburger und Professor am dortigen Lyceum. Kirche und Pfarrhaus wurden ausgestaltet, wofür die Gemeinde von Friedrich Wilhelm Treutner, Zuckerfabriksinhaber aus Wr. Neustadt, ein Legat erhielt. Andere großzügige Spenden folgten, selbst Fürst Esterhazy stellte für einige Jahre Brennholz zur Verfügung. 1819 wurde Neudherr nach Stoob versetzt, es folgte Leopold Wilhelm Artner, der bis 1837 Pfarrer war. In seiner Zeit kamen viele Evangelische aus dem südlichen Niederösterreich zu den Gottesdiensten nach Pöttelsdorf-Walbersdorf bzw. wurden diese bis 1860, bis zur Gründung der evangelischen Pfarre in Wr. Neustadt, betreut. 1838 war Gottlieb Krauß Pfarrer. Er blieb nur zwei Jahre. Als Pfarrer von Harkau wurde er später Senior. Auf Ferdinand Atzendorfer folgten Mathias Hauer und ab 1839 Karl Kondor als Lehrer. 1840 wurde Johann Atzendorfer, der Sohn des Lehrers, Pfarrer. Er hatte zuvor in Attersee und Ramsau gewirkt. 1853 erlitt er einen Schlaganfall und musste von einem Kaplan unterstützt werden. Ab 1856 wurde ein Administrator eingesetzt. Der Pfarrer war ans Krankenbett gefesselt und lebte noch bis 1867. Sein beträchtliches Vermögen vermachte er kirchlichen Einrichtungen. 1856 wurde Johann Georg Ratz aus Oberschützen Administrator.. 1857 betrieb er die Gründung einer Localsparcassa. Die Kirche erhielt eine Orgel und ein neues Altarbild. 1862 stifteten Rudolf und Wilhelm Rothermann einen Taufstein. Ein Turmbau- und ein Kirchenbaufonds wurden gegründet. 1900 und 1901 wurde dann die neue, prächtige neugotische Kirche um 115 475 Kronen gebaut. 1863 gründete Ratz einen Männerchor. 1866 wurde Daniel Rothermann zum Localinspektor gewählt. 1867 wurde der neue evangelische Friedhof mit der Friedhofsmauer errichtet. 1867 kam es zu einem Konflikt in der Gemeinde. Eine Gruppe, die sich schon 1864 im Zuge der Urbarialregulierung gebildet hatte, forderte eine freie Pfarrerwahl. Aber die Gemeinde hatte sich schon 1858 vertraglich zur Nachfolge des Administrators verpflichtet. So wurde Ratz als Pfarrer installiert. 1867 wurde in Walbersdorf eine eigene evangelische Schule eingerichtet und ein Schulhaus gebaut. Erster Lehrer war Samuel Schneider aus Ödenburg. 1878 wurde auch das Pöttelsdorfer Schulhaus neu gebaut, 1874 eine neue Glocke angeschafft. 1877 war die alte Kirche so baufällig, dass sie gestützt werden musste. In den letzten Jahren des Pfarrers Ratz kam es zu Konflikten. Der Pfarrer war gichtkrank, eigenwillig und aufbrausend. 1884 legte er sein Amt nieder und zog nach Rust, dem Heimatort seiner Frau. 184 wurde der Hilfslehrer von Agendorf, Friedrich Kappel, nach Pöttelsdorf berufen. Neuer Pfarrer wurde der bischöfliche Kaplan Johann Horvath, 1893 Karl Frank. Zunächst dachte man an eine Renovierung der alten Kirche. Die erwies sich jedoch als zu kostspielig. 1894 wurde daher im Convent der Bau einer neuen Kirche beschlossen und von Frank eifrig betrieben. Frank starb aber schon nach wenigen Jahren an Lungenschwindsucht. Eugen Gura wurde sein Nachfolger. 1892 wurden Turm- und Kirchenbaufolds zusammengeführt, 1894 der Bauplatz festgelegt. Die neue Kirche wurde von Architekt Schöne aus Wien geplant, die Bauarbeiten dann 1900 vom Ödenburger Baumeister Johann Scharmar ausgeführt. 1900 wurde der evangelische Männergesangverein Liedertafel gegründet. Chormeister waren die Lehrer - Julius Ulreich, Michael Kindler, Robert Polster, August Kleinrath und Richard Posch. 1977 wurde das ehemalige Schulgebäude zu einem Gemeinderaum und Gottesdienstsaal umgebaut.

18. und 19. Jahrhundert

Nach der Konskription von 1715 wies Walbersdorf 20 Bauern und 17 Kleinhäusler mit 152 Joch Acker, 19 Mahd Wiesen und 726 Hauer Weingärten auf. Es gab drei Mühlen. 34 Familien waren Deutsche, 3 Ungarn. 1745 gab es im Esterhazy-Teil 12 Dreiachtel-, 7 Viertel, 6 Hofstätten 18 kleine oder Söllnerhäuser. Die drei Mühlen gehörten zum Esterhazy-Teil. Die Festetics hatten 20 Achtelansässigkeiten, 1 Hofstätte und 8 Kleinhäusler.

Das Maria Theresianische Urbar von 1767 verzeichnete für Esterhazy insgesamt 22 ganze Lehen, davon 4 ganze, 16 Halbe und 6 Viertellehen. Insgesamt 26 Bauernansässigkeiten, 34 Hofstättler, 19 Söllnerhäuser, zusammen 79 Familien. Karl Jesernitzky gehörten zwei ganze Lehen, aufgeteilt auf 1 ganzes und 3 halbe Lehen, 8 Hofstättler mit Haus und 4 Söllner bzw. Inwohner ohne Haus.

Das 18. Jahrhundert war auch in Walbersdorf eine Zeit der Verarmung. Der Niedergang des Weinbaues und die ständig steigenden Lasten, vor allem auch die Robotleistungen, trugen dazu bei. Die Verschuldung nahm zu. 1751 schuldeten die Walbersdorfer Untertanen der Esterhazy 7904 Gulden, die Gemeinde weitere 450 Gulden. Besonders betroffen waren die Söllner und Kleinhäusler. 1724 gab es im Esterhazy-Teil 9 Kleinhäusler ohne Grund, 1754 19 Söllnerfamilien ohne Haus. In Walbersdorf gab es wegen der Nähe von Matersdorf immer nur wenige Handwerksbetriebe. neben Fassbinder und Schuster vor allem die Müllner. Sie gehörten den Mattersdorfer Zünften an. In Walbersdorf betrieben die Eltern des berühmten Botanikers Paul Kitaibel vor dessen Geburt ein kleines Gasthaus. 1828 wurden neben den drei Mühlen zwei Weber, ein Schmied und ein Weinausschenker erwähnt.

Zu den schweren Zerstörungen im Türkenjahr 1683 hatte Walbersdorf immer wieder auch an Bränden und Überschwemmungen zu leiden. 1774 und 1840 gab es größere Brände,1775, 1782, 1785/86, 1813 und 1831 Überschwemmungen. Zu leiden hatte das Dorf durch die Einquartierung von ungarischen Insurgenten und 1800 und 1809 durch die Einquartierung von Franzosen. Das Dorf musste immer wieder Lebensmittel und Futter abliefern. 1848/49 wurden österreichische Truppen einquartiert, Fuhr- und Vorspanndienste mussten geleistet werden. 1850 etwa waren zwei Offiziere und 50 Mann mit 62 Pferden im Dorf, ebenso noch 1851 und 1852 bis 1854.

Vor dem Maria-Theresianischen Urbar von 1767 gaben die Essterhazy-Untertanen an, keinen Kontrakt mit der Herrschaft zu haben. Die Dienstleistungen wurden "nach Gebrauch" erfüllt. Die Robot musste auf den benachbarten Meierhöfen verrichtet werden. Die wenigen Untertanen der Jesernitzky hingegen hatten einen Kontrakt mit ihrer Herrschaft. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts scheint es starke soziale Spannungen gegeben zu haben. Die Streitigkeiten entzündeten sich an der Waldnutzung, an der Robot und an den Militäreinquartierungen, 1766 kam es zwischen den beiden Herrschaften und den Bauern und Söllnern zu einem Vertrag, der die Lastenaufteilung regeln sollte. Als 1767 die Einquartierungslasten erheblich erhöht wurden kam es zu Protesten der Bauern. Es kam auch immer wieder zu Zusammenstößen mit dem Militär. So wird berichtet, dass nicht einmal Wöchnerinnen ihre Stube belassen wurde, dass die Walbersdorfer ihr Vieh im Freien unterbringen mussten, um den Stall für die Soldatenpferde zur Verfügung zu stellen. Ein Walbersdorfer Richter geriet in eine schwere Auseinandersetzung mit dem Kommandeur der Kürassiere, blieb aber im Recht. Walbersdorf hatte mit dem Einquartierungsproblem bis in das 19. Jahrhundert zu kämpfen. Noch 1854 warf man dem Walbersdorfer Richter in dieser Frage Halsstarrigkeit vor. Die Walbersdorfer wurden verpflichtet, eine Reitschule für das Militär einzurichten.

Über lange Zeit gab es in Walbersdorf drei Mühlen, eine an der Wulka, eine am Marzerbach und eine am Mattersburger Bach. Die Mühle an der Wulka kaufte 1670 der Edle Tobias Schaaff v. Habelsee, kaiserlicher Diener und Rittmeister. 1692 überließ sein Sohn den Betrieb dem Edlen Ferdinand Himer, kaiserlicher Rentmeister in Wr. Neustadt. 1767 gehörte die Mühle Josef Roidl. 1816 wurde sie renoviert. Sie blieb im Besitz der Familie Roidl, bis ihr Besitzer nach dem Zweiten Weltkrieg nach Amerika auswanderte. Sie wurde an Josef Fichtinger verkauft. Die Mühle am Mattersburger Bach gehörte 1767 Andreas Wograndl, Angehöriger einer weitverzweigten Müllnerfamilie 1860 kam sie durch Einheirat an die Roidl. Die dritte Mühle war 1767 im Besitz des Michael Feldkirchner.

Schon im 18. Jahrhundert kam es zu heftigen sozialen Spannungen zwischen den Bauern und den Kleinhäuslern - kein Wunder angesichts der Krise des Weinbaues und der viel zu kleinen Ackernahrung. Die Kleinhäusler hatten ebenfalls die Gemeindelasten zu tragen aber eingeschränkte Nutzungsrechte auf die Weide und den Wald. Vor allem der Waldanteil Walbersdorf war zu klein und reichte kaum für die Brennholzversorgung der Bauern.1781 brachten die Kleinhäusler eine Beschwerde ein, 1824 beschwerten sie sich erneut beim Herrenstuhl. 1826 ging das Verfahren an das Komitatsgericht, das einen Lokalaugenschein vornahm und entschied, dass die Söllner zur Wald- und Weidenutzung berechtigt seien. 1827 wurde der Gerichtsbeschluss aufgehoben und die Streitigkeiten gingen weiter.

1856 fand die erste Katastervermessung und die Grundbuchanlegung statt. 1855 wurde ein Bezirksnotariat Walbersdorf eingerichtet, zu dem auch Pöttelsdorf, Marz und Rohrbach gehörten. Es wurde 1860 wieder aufgelöst. 1871 entstand das Kreisnotariat Pöttelsdorf mit Walbersdorf und Zemendorf. 1850 hatte das Dorf 89 Häuser mit 113 Wohnparteien. Neben den 458 Deutschen lebten auch 5 Juden im Dorf. 272 Einwohner waren Katholiken, 186 Evangelische. 1853 ließen sich der Schuhmacher Josef Lindlbauer und der Tischler Karl Schniedl im Dorf nieder.

1873 wurden in einem Vergleich die restlichen Feudalleistungen abgelöst, vor allem die Remanentialgründe, die für den Esterhazy-Teil1665 Gulden 70 Kreuzer, für Jesernitzky nur 28 Gulden 79 Kreuzer betrugen. Rodungsgründe gab es nur ganz wenige. Von der Hutweide gingen 69,51 Joch an die Gemeinde, 28,34 Joch an die Esterhazy, die jedoch 12 Joch verschenkten, an den katholischen und evangelischen Pfarrer und die beiden Lehrer, für eine Baumschule und die Erweiterung des Friedhofes. Insgesamt erhielten die Esterhazy 1100 Gulden, Jesernitzky 300 Gulden. Auch die Waldanteile wurden übergeben, die Holznutzungsrechte in Geld abgelöst. Von den 174,5 joch Wald fielen 105 Joch an die Bauern. Die den Grundherrn verbliebenen Gründe wurden kommassiert, die 32,8 Joch der Esterhazy an der Grenze zu Mattersdorf. Jesernitzky behielt 7,78 Joch. Weide und Wald blieben im Gemeinschaftseigentum, die Urbarialgemeinde wurde 1879 gegründet. 1889 wurde der Esterhazybesitz an die Hirmer Zuckerfabrik verpachtet.

Eine Folge der Weinbaukrise war auch das Ausweichen auf Ersatzkulturen, auf den Obstbau und vor allem auf die Weichselkulturen. Mit der Reblauskrise nahm die Verschuldung wieder zu, Gelöst wurden die sozialen Spannungen erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts mit der Möglichkeit, auf nichtlandwirtschaftliche Arbeiten ausweichen zu können. Dafür entscheidend war der Anschluss an die Eisenbahn, mit dem nahen Bahnhof in Mattersdorf. Damit stand der Arbeitsmarkt in Wien und im südlichen Wr. Becken offen. Aber auchn das Aufblühen der Ziegelindustrie in Walbersdorf, die einige hundert Arbeitsplätze bot, trug entscheidend dazu bei. Dass die Situation um die Jahrhundertwende nicht mehr so schlecht war zeigen die hohen Leistungen, die für den Bau der neuen Kirche aufgebracht wurden.

Zeitgeschichte

Bevölkerungsentwicklung

1802 hatte Walbersdorf 532 Einwohner, 245 Katholiken und 187 Evangelische. Der Esterhazy-Anteil umfasste 22 Bauern und 33 Inwohner, der Jesernicky - Anteil 5 Bauern und 10 Inwohner. 1900 hatte Walbersdorf 766 Einwohner. 406 (53%) lebten noch von der Landwirtschaft, 281 (36,7 %) von Industrie und Gewerbe, 10 vom Handel, 17 vom öpffentlichen Dienst und Freie Berufe und 19 vom Taglohn. 1910 war die Einwohnerzahl auf 820 gestiegen, die Zahl der von der Landwirtschaft lebenden war auf 282 (35,4 %)gesunken, 456 Personen (55,6 %) lebten von Industrie und Gewerbe. Es gab nur mehr zwei Taglöhner. Die beiden Ziegelöfen wirkten sich offenbar stark auf die Beschäfttigtenstruktur aus.

Die beiden Ziegeleien entstanden um 1870, wurden zunächst aber eher auf dem Niveau von kleinen Gewerbebetrieben geführt. 1876 wurde die Ziegelei des Johann Prost mit 6 Hilfskräften geführt. Esterhazy verkaufte den Betrieb schon 1874 an die Rübenzuckerfabrikanten Hartig und Rothermann. Diese erbauten einen großen Ringofen und waren damit in der Lage, jährlich 3 Millionen Ziegel zu produzieren. Eine Arbeiterrevolte wurde 1894 von der Gendarmerie niedergeschlagen. 1912 wurde das Werk weiter ausgebaut. 1924 kam es erneut zu einem Streik. Auch die Prostsche Ziegelei wurde gegen das Jahrhundertende modernisiert. 1924 waren bei Hartig und Rothermann 130 Arbeiter beschäftigt, in der Prostschen Ziegelei etwa 100 Personen. Diese war schon im Besitz des Schwiegersohnes Johann Schreiner. Die Rothermannsche Ziegelei wurde von den Erben 1969 stillgelegt, das Gelände von der Stadtgemeinde Mattersburg gekauft und zum Teil an das Betonwerk Koch weiter verkauft. Die Prostsche Ziegelei gelangte durch Erbschaft in den Besitz von Dr. Karall, dem späteren Landeshauptmann.

Schon 1919 wurde das elektrische Licht eingeleitet, der Strom kam vom Kraftwerk des Müllers Peter Roidl.

1923 hatte das Dorf 814 Einwohner, unter ihnen 2 Magyaren und 12 Zigeuner. 458 waren katholisch, 356 evangelisch. Bis 1930 stieg die Einwohnerzahl auf 849. Die Zahl der Zigeuner hatte auf 38 zugenommen, die der Zigeunerhütten von vier auf neun. 484 waren katholisch, 360 evangelisch.

Politische Entwicklung

In der Frage des Anschlusses an Österreich war die Stimmung gespalten. Die christlich - sozialen katholischen Kreise waren ungarnfreundlich, wurden allerdings durch die Ereignisse der Räterepublik vielfach vor den Kopf gestoßen. In der Arbeiterschaft war man eher proösterreichisch. Nach dem Anschluss an Österreich wurde eine Gemeindeverwaltungskommission eingesetzt, mit Johann Schuber an der Spitze und Johann Kurz, Johann Schandl, Josef Fischer und Ernst Steiger als Mitglieder. Nach der Landtagswahl, in der die Sozialdemokraten die Mehrheit ehielten, wurde Andreas Schandl berufen. Die Gemeinderatswahl von 1923 brachte eine deutliche Mehrheit der Christlichsozialen mit 220 Stimmen (6 Mandate) gegen 157 Stimmen der Sozialdemokraten (4 Mandate). Bürgermeister wurde Josef Schaller, Vizebürgermeister Johann Kurz (beide CS).

1924 wurde ein Obstbauverein gegründet. Im März 1924 wurden ein Berliner Kinderzug mit rund 100 erholungsbedürftigen Kindern auf drei Monate in Walbersdorf, Pöttelsdorf und Loipersbach untergebracht. Ein Pionier des Weichselanbaues war der Ziegeleibesitzer Johann Prost. Die Weichselkulturen erlebten 1880 bis 1890 einen Höhepunkt. 1929 lieferte Walbersdorf fast die Hälfte der Gesamternte an Weichselrohr des Landes.

In der Gemeinderatswahl von 1927 erhielt die CSP 234. die SP 156 Stimmen. Trotz der angespannten Situation in den Gemeindefinanzen wurde das Gemeindegasthaus umgebaut, dafür auch der in Walbersdorf hohe Fürsorgefonds verwendet. 1931 kam es zu gravierenden Veränderungen in der Gemeindepolitik. Vor allem die evangelischen Bauern wandten sich von den Christlichsozialen ab. Der Landbund erhielt 151 Stimmen und 4 Mandate, gefolgt von den Sozialdemokraten mit 150 Stimmen und ebenfalls 4 Mandaten. Die Christlichsozialen erhielten trotz der prominenten Rolle, die der Walbersdorfer Schreiner in der Landespolitik spielte - er war zwei Mal Landeshauptmann - nur mehr 118 Stimmen und 3 Mandate. Bürgermeister wurde Matthias Feiler vom Landbund, Vizebürgermeister Johann Lehner von der SP. Spannungen gab es, da die sozialdemokratisch organisierten Kleinbauern die Abschaffung der Gemeinderobot bzw. deren Staffelung nach Besitz forderten. Die Armenwohnungen wurden renoviert und 1931 die Errichtung einer Gemeindekanzlei beschlossen. Am 23. Mai 1932 wurde der Ziegeleibesitzer und frühere Landeshauptmann Anton Schreiner von einem Arbeiter seines Betriebes, den er entlassen hatte, erschossen. Ende 1933 wurde Feiler nach einem Misstrauensantrag der SPÖ-Fraktion abgelöst. Der frühere Bürgermeister Schaller (CS) zum Gemeindeverwalter bestellt, ab September 1934 folgte der Amtmann Friedrich Kappel. 1935 wurde von der Vaterländischen Front ein neuer Gemeindetag bestellt. Bürgermeister wurde Anton Schreiner, Vizebürgermeister Johann Lang.

Die Entagrarisierung schritt in der Zwischenkriegszeit und vor allem nach 1945 rasch voran. 1951 waren 176, 1961 109 und 1871 nur mehr 61 Personen der Landwirtschaft zuzurechnen. Viele Walbersdorfer wurden in Gewerbe und Industrie, im Bauwesen und in jüngster Zeit vor allem im Dienstleistungsbereich berufstätig.

Die Nationalsozialisten fanden in Walbersdorf und Pöttelsdorf unter den früheren Landbündlern schon früh Anhänger. Die Abstimmung vom 10. April 1938 brachte eine 100%-ige Zustimmung zum Anschluss an Deutschland. Portschy bestellte Feiler zum Gemeindeverwalter. Die beiden konfessionellen Schulen wurden aufgelassen.

Die Besetzung durch die Rote Armee erfolgte ohne Kampfhandlungen. Es folgten Brandstiftung, Plünderungen und Übergriffe. Am 1. April wurden ein Ortsbewohner, am 5 April vier weitere Ortsbewohner von den Russen erschossen. Die Russen setzten Josef Lechner als Bürgermeister ein. Wegen der vielen Einbrüche musste eine Ortspolizei aufgestellt werden. Dem provisorischen Gemeindeausschuss 1945 gehörten neben Lechner (ÖVP) als Bürgermeister auch Josef Manhardt (ÖVP) , Dr. Lorenz Karall (ÖVP) Johann Kurz, Johann Giefing (ÖVP) und Leopold Steiner (SPÖ) an. 1946 wurde Stefan Dorfmeister von der KPÖ Bürgermeister.

Ein großes Problem der ersten Nachkriegsjahre war die Wohnungsnot. 46 Familien wollten Häuser bauen. So wurden Grundstücke beschlagnahmt und aufparzelliert. Die Brücken wurden instand gesetzt und eine Straße zur Ziegelei Matisz gebaut.

In der Gemeinderatswahl von 1950 erlangte die SPÖ mit 286 Stimmen und 8 Mandaten die Mehrheit. Die ÖVP erhielt 191 Stimmen und 5 Mandate. Bürgermeister wurde Andreas Tschürtz (SPÖ) Vizebürgermeister Johann Schwentenwein (ÖVP). Mit Pöttelsdorf und Zemendorf wurde eine Verwaltungsgemeinschaft gebildet. 1952 wurde das römisch-katholische Schulgebäude auf 99 Jahre gemietet. 1954 wechselten erneut die Mehrheiten. Die ÖVP gewann ganz knapp die Wahl mit 245 Stimmen (7 Mandate) gegen die SPÖ mit 240 Stimmen (6 Mandaate) Bürgermeister wurde Johann Giefing, Vizebürgermeister Tschürtz. 1957 wurden die ersten Infrastrukturprojekte in Angriff genommen, 1958 siedelte sich die Firma Zelfix an. 1958 brachte die Gemeinderatswahl erneut einen Umschwung: die SPÖ bekam 283 Stimmen und 8 Mandate, die ÖVP 197 Stimmen und 5 Mandate. Daran änderte sich auch 1962 und 1967 nichts. Bürgermeister wurde Viktor Schiebendrein, der es bis zum Ende der Selbständigkeit blieb. Für den Kindergarten wurde ein Haus umgebaut, ab 1961 mit Kanalisation (Beitritt zum Abwasserverband Wulkatal) und Wasserleitungsbau begonnen. Das Gemeindegasthaus wurde verkauft und ein Amtsgebäude, zusammen mit Milchenossenschaft und Raiffeisenkasse 1962 beschlossen. Weitere Straßenzüge (Loeonhardäcker, Gartenäcker) wurden für die Verbauung freigegeben, Straßen und Gehsteige ausgebaut. 1969 entschied der Gemeinderat für den Neubau einer Schule in Walbersdorf. Mit 1. Jänner 1971 erfolgte der Anschluss an Mattersburg. Die Volksschule in Walbersdorf wurde 1972 aufgelassen.

 
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Walbersdorf 1856

Quellen

  • Gura, Eugen, Die Geschichte der evang. luth. Gemeinde Pöttelsdorf - Walbersdorf. 1903

  • Ernst, August: Die Grundbesitzer von Walbersdorf und Loipersbach. Burgenländische Heimatblätter 37, 1975

  • Floiger; Michael: Umb Verfolgung willen allhir. Die Gegenreformation am Beispiel von Walbersdorf und Loipersbach. Volk und Heimat 3/1987, 4/1987, 1/1988

  • Paul, Hans: 50 Jahre Stadtgemeinde Mattersburg. 1976