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Urgeschichte und Römerzeit

Auf dem Gemeindegebiet von Ritzing gab es bisher nur wenige Funde aus der Urgeschichte und der Römerzeit. Das Gebiet um Riting weist aber zahlreiche Funde auf, so etwa die jungsteinzeitliche Siedlung in Neckenmarkt. In Ritzing wurden in den 1920er Jahren Tonscherben und römerzeitliche Mauerziegel gefunden, etwa eine Tonplatte mit einer Zierschnecke, und bei Grabungsarbeiten in der Horitschoner Straße eine römische Gürtelschnalle.

Ortsname und erste urkundliche Erwähnung

Der Ort wird 1349 als Ryczyngh erstmals urkundlich erwähnt. Der Ortsname ist vom althochdeutschen Personennamen Ritzo abzuleiten. Auf eine weit frühere Gründung des Ortes, zu Anfang des 12. Jahrhunderts, weisen Reste eines romanischen Quadermauerwerkes in der Kirche hin. Von der Dorfanlage her ist Ritzing ein Angerdorf, so wie auch viele Nachbargemeinden. Die Ortsbewohner wurden vermutlich von der alten Marienpfarre Unterfrauenhaid betreut. Wann Ritzing eine selbständige Pfarre wurde ist nicht bekannt.

Herrschaftsgeschichte im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

Ritzing gehörte zur Herrschaft Landsee. Die Burg Landsee wurde wahrscheinlich von den mächtigen Grafen von Pitten als Grenzfestung gegen die Ungarn gebaut. Die Herren von Landsee waren Ministeriale der Pittener Grafen und gehörten wahrscheilich einer Nebenlinie der Stubenberger an. Nicht geklärt ist, wann die Herrschaft in ungarischen Besitz überging. Der erste ungarische Besitzer war Nikolaus, ein Sohn des Borz. 1222 wird ein Posa als sein Nachfolger genannt. 1263 ging die Burg an Lorenz aus dem Geschlecht Aba. Seine Nachkommen, die Herrn von Athinay, besaßen die Burg und Herrschaft über 100 Jahre. 1425 gingen Burg und Herrschaft an Palatin Nikolaus von Gara über. Später fielen sie an die Mattersdorf - Forchtensteiner, die sie 1445 zusammen mit Kobersdorf und Forchtenstein an Herzog Albrecht von Österreich verpfändeten. Die Garai versuchten vergeblich, die Burg zurückzugewinnen. Albrechts Bruder Friedrich III. verpfändete die Herrschaft an die Grafenegger und die Weispriach. 1506 ist Ulrich, der Sohn Siegmunds von Weispriach, Pfandherr von Landsee. Nach dem Tode Ulrichs von Weispriach 1508 war die Burg und die Herrschaft Schauplatz der berühmten Landseer Fehde, die von 1508 bis 1524 andauerte und das ganze Gebiet schwer in Mitleidenschaft zog. König Wladislaw II. von Ungarn wollte Landsee wie ein heimgefallenes Lehen einziehen. Gertrud aber, die Witwe Ulrichs von Weispriach, war keineswegs bereit, die Burg abzutreten. Erst unter König Ferdinand I. wurde die Fehde 1524  beendet, indem die Weispriach erneut mit Landsee belehnt wurden. Schließlich kaufte Erasmus Teuffl um 29.450 ungarische Gulden die ganze Herrschaft Landsee. Sein weiteres Schicksal war dramatisch. Er geriet 1552 in türkische Gefangenschaft, aus der er nicht mehr zurückkehrte. Der Legende nach wurde er in einen Sack eingenäht und im Bosporus ertränkt. Seine Brüder Georg, Christoph und Andreas Teuffl verkauften 1553 Landsee um 47.600 rheinische Gulden an den Erzbischof von Gran, Nikolaus Olah, und dessen Neffen Thomas Olah von Szászváros sowie Nikolaus Császár und Georg Bona, Söhne seiner Schwester Ursula.

Nach dem Tod des Erzbischofs im Jahre 1564 gehörte Landsee Nikolaus Olah - Czászár, dem Sohn seiner Schwester Ursula. Dessen Sohn Christoph verstarb früh, Erbin war seine Tochter Ursula. Sie heiratete 1591 Franz Dersffy von Szerdahely. Franz Dersffy und Ursula Olah - Czászár hatten nur eine Tochter, Ursula. Diese heiratete in erster Ehe Franz Mágócsy und nach dessen Tod im Jahre 1612 den Burghauptmann von Landsee, Nikolaus Esterhazy. Damit kam die Herrschaft - seit Beginn des 17. Jahrhunderts Landsee - Lackenbach - in den Besitz jener Familie, die sie bis zur Abschaffung der Grundherrschaft behalten sollte.

Frühe Neuzeit

Unter Dersffy wurden auch in Ritzing evangelische Pfarrer eingesetzt. Johann Alger kam 1596 nach Ritzing, wo er von Joachim Styber, Prediger in Neckenmarkt, eingeführt wurde. Alger hatte 1596 das Bekenntnis zur Augsburger Konfession unterschrieben. anlässlich der kanonischen Visitation 1597 anerkannte er jedoch den Raaber Bischof für sein geistliches Oberhaupt. Er bekam von 36 Häusern - zehn waren öde - 26 Metzen Getreide, 13 Metzen Hafer und von 20 Hofstätten je 5 Groschen. Auch Jakpb Egerer war laut Steuerliste von 1595 evangelischer Prädikant in Ritzing. Alger war möglicherweise Hilfsgeistlicher. Egerer ear ein gebürtiger Zipser. In einem in lateinischer Sprache verfassten Bittgesuch ersuchte er Franz Dersffy um die Pfarre Ritzing. 1600 unterschrieb er das Konkordienbuch als "minister verbi Divini in ecclesia Riczingensi ..." Vor den Hayducken Bockais floh er nach Ödenburg, wo er zunächst in einem Privathaus predigte. 1606 wurde er zum ordentlichen Pfarrer an der St. Georgskirche gewählt. Dort wirkte er bis zu seinem Tod 1619.

Ursula Desffy trat nach ihrer Verheiratung zum katholischen Glauben über. Mit den Esterhazy war auch das Ende des Protestantismus in der gesamten Herrschaft besiegelt. Nikolaus Esterhazy nahm den evangelischen Pfarren Neckenmarkt, Markt St.Martin, Draßmarkt und anderen ihre Kirchen weg.l Die Jesuiten wurden mit der Rekatholisierung beauftragt. 1620 hielten sie in Lackenbach und 1624 in Neckenmarkt Volksmissionen ab. In der Visitation von 1647 wurden die Ritzinger bereits wieder als "Gute und fromme Katholiken" bezeichnet.

1597 gehörten laut Visitation zu den Pfarrpfründen ein Weingarten, zwei kleine Wiesen und ein Viertel-Lehenshaus mit drei Joch Grund. Der Kirchenbesitz bestand aus einem Viertellehenshaus mit einem Weingarten, Wiesen und Äckern. Die Kirche war in einem guten baulichen Zustand, der Pfarrhof war erst kürzlich teilweise neu gebaut worden.

Die "Walachen" von Ritzing

Die Pest von 1600 traf auch Ritzing schwer.Von den 38 Häusern verödeten 22. Im Jahre 1603 waren von 10 öden Bauernhäusern vier Häuser von "Walachy" bewohnt. Sie waren von Abgaben befreit, hatten aber im Auftrag der Herrschaft "Ordnungsdienst" und Kriegsdienst zu leisten. Vermutlich lebten auch die Ritzinger Walachen von der halbnomadischen Schaf- und Ziegenhaltung. In der übrigen Bevölkerung waren sie keineswegs beliebt. Der "Summary Außgab" der Grundherrschaft von 1631 bis 1632 ist zu entnehmen, dass sich 10 Ritzinger Walachen für 50 bzw. 25 Gulden zum Kriegsadienst verpflichteten. Im Jahre 1665 stellte Ritzing für den Dienst zu Pferde 9 Reiter mit 11 Pferden, weit mehr als die übrigen Orte. Die Rekrutierten hatten überwiegend kroatische, vereinzelt auch deutsche Familiennamen.

Über die Herkunft der Vlahi ("Walachen") gibt es verschiedene Theorien. Heute ist die Forschung übereinstimmend der Ansicht, dass die Vlahi keine ethnische Sondergruppe darstellen. Sie waren Kroaten und wurden etwa gleichzeitig mit den übrigen Kroaten angesiedelt. Sie sind als Lebensformgruppe kroatischer Herkunft zu sehen. Sie waren überwiegend Hirten, deren Heimat Neweklowski in der Nähe von Kostajnica sucht. Vlahi-Dörfer sind Spitzzicken, Allersdorf, Allersgraben, Mönchmeierhof, Rauhriegel, Rumpersdorf, Podler, Weiden bei Rechnitz, Oberpodgoria (Podgoria) , Unterpodgoria (Geigermeierhof), Parapatitschberg und Althodis. Früher gehörten auch die aufgelassene Siedlung Stefanshof und das eingedeutschte Altschlaining dazu. Eine kleine Gruppe von Walachen gab es auch in Ritzing. Die Walachen waren Wanderhirten, die die Wälder des Günser Gebirges mit ihren Schafen und Ziegen durchzogen. Die Walachen genossen eine Sonderstellung. "Walachische Freiheiten" wurden erstmals 1541 durch Dorothea von Puchheim verbrieft, dann 1549 durch Peter Erdödy und auch von den Batthyany. Die persönliche Freiheit wird in diesen Privilegien betont. Die Walachen wurden von den Grundherrn zu polizeilichen und militärischen Diensten herangezogen, etwa um die Abgaben von den Bauern einzutreiben. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts wurden auch die Walachen verstärkt in die Grundherrschaften einbezogen.

1640 gab es in Ritzing 84 Häuser und 438 Einwohner, 1675 wurden 103 Häuser und 538 Einwohner gezählt. Der Ort wuchs also rasch und war nach Neckenmarkt und Draßmarkt die drittgrößte Gemeinde der Herrschaft. 1663 wurde Ritzing von der Mutterpfarre Unterfrauenhaid getrennt und eine eigene Pfarre, , mit Lackenbach als Filiale. In der Visitation von 1663 wird von einer schönen, dem Hl. Jacobus d. Älteren geweihten Kirche berichtet. Im Friedhof werden eine Kapelle und ein Karner erwähnt. Die Kirche war 1663 bereits mit einer Wehrmauer versehen. Der schöne Pfarrhof hatte einige Zimmer, Küche und Viehställe. 1674 fand erneut eine Visitation statt. Die Kirche war mit Schindeln gedeckt und hatte drei große Glocken. Der Pfarrer Laurenz Stipsich beschwerte sich, dass die Bewohner ihm nicht bei der Bearbeitung der Pfarrgründe halfen. Erster Pfarrer war Gregor Topolicz, ein Kroate, der aber auch Deutsch und Ungarisch sprach, gefolgt von Laurenz Stipsich, ebenfalls ein Kroate, aus Draßburg. Schulmeister war ein Michael Sellmeister, ein Deutscher aus Graz. 1697 wurde Stephan Angelius (Engelitsch), wieder ein Kroate, Pfarrer. Im Türkenjahr 1683 wurde die Kirche vermutlich schwer zerstört. Im 17. und 18. Jahrhundert erhielt die Kirche zahlreiche Stiftungen von Bauern und von Kleinadeligen, die im Dorf einen Freihof hatten. Einer von ihnen war Johann Tarnocy. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verfügte die Kirche über ein Stiftungskapital von 2472 Gulden und 14 Joch Stiftungsgründe. Die Friedhofskapelle wurde im 19. Jahrhundert abgebrochen, 1832 ein neuer Friedhof angelegt, 1924 der heutige Friedhof eingeweiht.

Lackenbach war Filiale. Der Ritzinger Pfarrer hielt dort jeden 3. Sonntag Gottesdienst und zwar, da es keine Kirche gab, in der Esterhazy-Schlosskapelle. An den übrigen Sonntagen mussten die Lackenbacher nach Ritzing gehen.

Zeitgeschichte

Die kleinen bäuerlichen Betriebe konnten die Bevölkerung nur unzureichend mit Einkommen versorgen. Sie dienten hauptsächlich der Selbstversorgung. Der früher nicht unbedeutende Weinbau fiel der Reblauskrise zum Opfer. Die wenigen Überschüsse und die Milch wurden auf den Ödenburger Markt gebracht. Nach der Gründung der Horitschoner Molkerei wurde die Milch dorthin geliefert. Ein Zusatzeinkommen brachte die Fuhrwerkstätigkeit, etwa mit Holz oder Kalk aus dem Ritzinger Kalkofen nach Ödenburg. Die Grundentlastung verbesserte die Situation kaum. Die Urbarialgemeinde erhielt einen Waldanteil von 158 ha. Nach dem 1. Weltkrieg wurde Tabak angebaut und eine große Trockenhalle errichtet. Der Esterhazysche Meierhof im Dorf wurde zunächst von einer Pachtgenossenschaft übernommen, dann wurden die Grundstücke an die Bauern verkauft. 1970 erfolgte eine Grundzusamenlegung, die die kleinteilige Besitzstruktur etwas verbesserte. Die meisten Landwirtschaftsbetriebe aber mussten aufgegeben werden bzw. im Nebenerwerb geführt werden. Einkommensmöglichkeiten bot auch die Esterhazysche Fortsverwaltung. Das Ritzinger Revier (1650 ha mit jährlichen Schlägerungen von etwa 5000 fm Nutzholz und 2000 fm Brennholz) gehört zur Forstverwaltung Lackenbach.

Der Helenenschacht blieb zunächst noch unter ungarischer Hoheit. Am 8.März 1923 wurde der Helenenschacht definitiv an Österreich übergeben. 1921 wurde in Ritzing eine Finanzwachabteilung errichtet, 1938 bis 1941 wurden die Zollhäuser gebaut. Nach dem Krieg gab es am Helenenschacht einen Grenzübergang für die Bergleute, die in Ritzing wohnten und in Brennberg arbeiteten. 1952 wurde dieser Übergang geschlossen. In der Zollwachabteilung Ritzing taten 7 bis 14 Personen Dienst. 1995 wurde die Zollwachabteilung aufgelassen.1997 eine motoriesierte Überwachungsgruppe installiert. Ein Gendarmerieposten in Ritzing wurde 1927 aufgelassen und nach Großwarasdorf verlegt. 1934 bis 1938 bestand ein Gendarmerieposten am Helenenschacht, der 1946 wieder eingerichtet wurde,, zunächst in einem Haus an der Staatsgrenze, später im Dorf. 1993 wurde der Gendarmerieposten aufgelassen.

Während der Freischärlerzeit wurde der Ritzinger Bürgermeister Michael Draskovich mit dem Tode bedroht, da er der Ablieferung von Rindern, Schweinen und Geflügel nicht nachkommen wollte. Die ersten Jahre bei Österreich waren für die Ritzunger eine wirtschaftlich gute Zeit. Sie hatten auf den Wiener Baustellen gute Verdienstmöglichkeiten. Die Ritzinger Maurer und Zimmerer waren Wochenpendler, die vom Bahnhof in Agendorf aus nach Wien fuhren. Nach Agendorf gingen sie zu Fuß. In Wien waren die Ritzinger gut organisiert. 1909 gründete der Ritzunger Rudolf Hutter einen Gesangsverein. In den 1920er Jahren entstanden die Arbeiterwohnhäuser in der Unteren und Oberen Berggasse.

1920 hatte der Ort 1879 Einwohner. In der Zeit der Weltwirtschaftskrise sank die Einwohnerzahl auf 1730 und betrug 1963 nur mehr 1130 Personen. Dafür war der Niedergang des Bergbaues verantwortlich. In der Weltwirtschaftskrise waren viele Maurer arbeitslos und zum Teil "ausgesteuert". Im Steinbruch konnten einige beschäftigt werden, ebenso beim Straßenbau in Horitschon und Lackenbach. Junge Ritzinger gingen zur Arbeit nach Deutschland und kamen als begeisterte Nationalsozialisten zurück. Erst mit dem Anschluss an Deutschland endete die Arbeitslosigkeit.

Das Kohlebergwerk Brennberg - Helenenschacht

1752 wurde erstmals Kohle südöstlich von Ödenburg gefunden, 1753 im Tagebau abgebaut. 1754 wurde der erste Schacht, der Paulus-Schacht, angelegt. 1765 folgte die Franz Grube auf 120 m Tiefe, dann der Theresienstollen. In den folgenden Jahrzehnten entstanden viele neue Schächte, 1892 wurde der Helenenschacht bis auf 380 m Tiefe abgeschlagen, zwei Jahre später ausgeweitet und ausgemauert. Um die Schachtanlage entstanden Arbeiterhäuser. Die Stadt Ödenburg verpachtete die Schürfrechte an private Pächter. Der Großteil der Schächte lag auf ungarischer Seite. Der Abtransport der Kohle erfolgte durch eine eigens angelegte Bahn zum Bahnhof Agendorf.

1948 wurde das Kohlenbergwerk Ritzing wieder eröffnet, in Anwesenheit des Landeshauptmannes Karall, Landeshauptmannstellvertreters Wessely und Landesrat Bauer. Die nach der Grenzsperre durch die Ungarn arbeitslos gewordenen Arbeiter konnten teilweise im Antonischacht beschäftigt werden. Betreiber des Bergwerkes war der Genossenschaftsverband der landwirtschaftlichen Genossenschaften. Probleme gab es durch den hohen Gebirgsdruck auf die Stollen und Wassereinbrüche. Es waren hohe Subventionen für den Betrieb erforderlich. 1957 musste das Bergwerk endgültig stillgelegt werden. Die Arbeiter wurden entlassen und damit begann deren Abwanderung und der Niedergang der Bergarbeitersiedlung Helenenschacht. 1986 wurde der Schacht mit Erde verfüllt und die Schachtkrone mit einer Betonplatte geschlossen. Der Förderturm wurde später in ein Wohnhaus umgebaut.

Eine bemerkenswerte Anlage war die Schule am Helenenschacht. Sie begann mit Unterricht im Freien, schon 1923 konnte ein Schulgebäude eingeweiht werden. Sie wurde unter engagierten Lehrern das gesellschaftliche und kulturelle Zentrum der Bergarbeitersiedlung. Erst nachdem immer mehr Familien abwanderten musste die Schule schließlich aufgelöst werden. Das Gebäude wurde 1978 an   eine Pfadfindergruppe vermietet, revitalisiert und 1997 komplett renoviert. Mit der Anlage des Stausees entstanden immer mehr Ferienhäuser. Die Siedlung wurde an Strom und Wasserleitung angeschlossen.

Politisch war Ritzing stark von der Sozialdemokratie geprägt. 1924 wurde der Arbeitersängerbund "Freundschaft", 1924 der Arbeitersängerbund "Glück auf" in Helenenschacht geründet. Es gab eine Ortsgruppe des Schutzbundes. 1934, in der Nacht vom 12. auf den 13. Februar wurden die Schutzbundführer Johann Dank und Franz Mihalkovits verhaftet und in Oberpullendorf interniert. Die sozialdemokratischen Organisationen wurden enteigtnet und verboten. Johann Bauer, der christlichsoziale Landesrat, wurde im April 1938 von SA-Leuten verhaftet, in Schutzhaft genommen und nach Dachau deportiert. Die Abstimmung am 10 April 1938 erbrachte in Ritzing 99,8 % - Ja Stimmen für den Anschluss an Deutschland.

Johann Bauer war einer der mächtigsten Politiker der Christlichsozialen und nach dem Krieg der ÖVP. Er stammte aus einer Kleinbauernfamilie, war Maurerlehrling und Landarbeiter in NÖ. 1910 übernahm er den Betrieb der Eltern in Ritzing. Er baute schon vor dem Krieg einen Konsumverein auf. Er schloss sich dem Landbund an und saß 1924 bis 1926 sogar in der Landesleitung. Er gründete in Ritzing 1922 eine der erstan Raiffeisenkassen, einen Obstbauverein usw. und war einer der Gründer des Verbandes der landwirtschaftlichen Genossenschaften. 1934 bis 1938 war er dessen Obmann. 1927 schloss er sich den Christlichsozialen an und machte rasch Karriere. Er war ab 1936 zweiter Präsident der Landwirtschaftskammer , Vizepräsident im ständischen Landtag und stellvertretender Landesführer der Vaterländischen Front. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor er alle seine Funktionen und lebte zurückgezogen in Ritzing. Nach dem Krieg begann erneut ein steiler Aufstieg. Ab 1945 war er Agrarreferent und dann bis 1956 Landesrat für Agrar- und Ernährungswesen, Präsident der Landwirtschaftskammer und bis 1954 Obmann des Landesverbandes der landwirtschaftlichen Genossenschaften. Nach innerparteilichen Machtkämpfen und schweren Vorwürfen wegen der Finanzen einiger Lagerhausgenossenschaften legte Bauer schließlich alle Ämter zurück.

Am Sendinger Graben standen einige Zigeunerhütten. Die Bewohner wurden Ende April 1938 abtransportiert, die Hütten niedergebrannt.

Im 2. Weltkrieg hatte der Ort 117 Tot oder Vermisste zu beklagen. Zu Ostern 1945, vor dem Einmarsch der Russen, hielten sich viele Flüchtlinge aus Ungarn in Ritzing auf. Nach Kriegsende wurde der Sozialist Josef Reiter als Bürgermeister eingesetzt. Die Vereine - der Sportverein, die Burschenschaft, der Arbeitersängerbund - wurden wieder gegründet. Als Bürgermeister folgten die Sozialdemokraten Lösch Michael, Schlögl Johann von 1950 bis 1960, Reitgruber Paul, Schmidt Rupert Wiedemann Adolf. Wieser Josef und Gmeiner Herbert.

Unter Bürgermeister Adolf Wiedemann, ab 1972, wurde das Gemeindeamt gebaut, Wasserleitungsbau und Kanalisation begonnen, Kindergarten und Aufbahrungshalle errichtet. Das größte Projekt war die Errichtung des Stausees und die Errichtung der Feriensiedlung am Helenenschacht.

Josef Wieser war besonders lang, von 1977 bis 1997, Bürgermeister. 1992, bei der ersten Direktwahl des Bürgermeisters, wurde er mit 95 % der Stimmen gewählt. Der gelernte Maurer wurde in den Landesdienst übernommen und war dann Straßenbaumeister. Für einige Monate war er auch Landtagsabgeordneter, von 1986 1993 Obmann des Abwasserverbandes Mittleres Burgenland. In seiner Zeit erfolgte die Kanalisation, der Ausbau der Straßen und die Talbachregulierung. Besonders wichtig, aber auch sehr kostenintensiv war der Aufbau der Infrastruktur für die Feriensiedlung am Helenenschacht. 1991 wurde das Feuerwehrhaus neu gebaut und eine neue Volksschule errichtet.

Ritzinger Herkunft war auch ein wichtiger ÖVP-Politiker in Niederösterreich. Ferdinand Reiter, 1926 geboren, war Lehrer und wurde nach dem Krieg nach Zistersdorf versetzt. 1960 wurde er dort zum Bürgermeister gewählt. Bis 1984 war er Landtagsabgeordneter. 1981 bis 1988 war er Landtagspräsident, 1971 bis 1987 Präsident des Gemeindebundes.

Ritzing hat ein reges Vereinsleben. Der Verschönerungsverein errichtete schon in den 1920er Jahren ein Schwimmbad, das damals das einzige Freibad im Bezirk war. Der Verschönerungsverein und dessen Theatergruppe tragen auch heute viel zur Verschönerung des Ortes bei.1997 wurde der Kulturverein "Tintenfassl" gegründet, mit dem Sitz in der alten Schule. Er veranstaltet zahlreiche Vorträge, Ausstellungen und Konzerte. Es gibt mehrere Sportvereine, die Fußballmannschaften, einen Tennisclub seit 1978 mit eigenem Clubhaus, seit 1981 eine Ortsgruppe der Naturfreunde. Besonders bemerkenswert ist für die Traditionspflege die seit 1864 bestehende Burschenschaft. Es gibt einen Jugendchor und einen Kirchenchor. Sehr wichtig für das Dorf ist die Feuerwehr. 1927 erhielt sie ein neues Gerätehaus.1981, anlässlich der 90- Jahrfeier, wurde sie mit einem Kleinlöschfahrzeug ausgerüstet. 1990wurde das neue Feuerwehrhaus gebaut und 1991 eingeweiht. 1997 bekam die Feuerwehr ein neues Tanklöschfahrzeug.

Es gibt im Ort nur wenige Betriebe. Die Raiffeisenkasse, heute Raiffeisenkasse Ritzing - Raiding, wurde schon 1922 gegründet und ist eine der ältesten des Landes. Es gibt die Bäckerei Maier, die Restaurants und Wirtshäuser Horvath, Weber Schunerits-Wessely und Friedl.

Ergebnisse der Gemeinderatswahlen seit 1997

Partei

2017[1]

2012[2]

2007[3]

2002[4]

1997[4]

Sti.

%

M.

Sti.

%

M.

Sti.

%

M.

Sti.

%

M.

Sti.

%

M.

SPÖ

341

42,00

6

320

38,60

6

222

31,90

5

449

71,38

12

337

58,51

8

ÖVP

267

32,88

5

305

36,79

5

451

64,80

10

147

23,37

3

185

32,12

4

LFRA1

204

25,12

4

204

24,61

4

nicht kandidiert

nicht kandidiert

nicht kandidiert

Grüne

nicht kandidiert

nicht kandidiert

23

3,30

0

nicht kandidiert

nicht kandidiert

FPÖ

nicht kandidiert

nicht kandidiert

nicht kandidiert

33

5,25

0

54

9,38

1

Wahlberechtigte

983

982

821

754

737

Wahlbeteiligung

91,66 %

91,55 %

90,38 %

90,19 %

90,91 %

A1 Liste für Ritzing

Gemeindevorstand

Neben Bürgermeister Ernst Horvath (ÖVP) und Vizebürgermeister Robert Trimmel (SPÖ) wurden die geschäftsführenden Gemeinderäte Andreas Guzmits (LFR), Johann Reißner (SPÖ) und Franz Sonnleithner (ÖVP) in den Gemeindevorstand gewählt. Zum Kassier wurde Anton Hofer (ÖVP) und zum Umweltgemeinderat wurde Franz Sonnleithner (ÖVP) gewählt.

Kirche und Schule

Die Pfarrgemeinde wurde lange Zeit, bis 1998, von Pfarrer Josef Schuh, einem gebürtigen Neckenmarkter, geleitet. Die Sakristei wurde gebaut, die Kirche generalsaniert und nach dem Bau des neuen Pfarrhofes der alte Pfarrhof in ein Pfarrheim umgestaltet. Das kulturelle Leben wurde von Franz Bauer, 1938 für kurze Zeit, ab 1947 wieder Lehrer und Kantor in Ritzing, geprägt. Er leitete den Kirchenmädchenchor und war auch Chorleiter des Gesangvereines Liederkranz. 1967 ging er nach Podersdorf. 1960 wurde der Pfarrhof neu gebaut und 1961 unter Pfarrer Mathias Sattler eingeweiht. Der alte Pfarrhof wurde instand gesetzt und in ein Jugendheim umgewandelt.

Die Schule am Helenenschacht war um 1892 in einer Baracke untergebracht. Sie wurde 1902 aufgelöst und die Volksschulke bis 1921 nach Brennberg verlegt. Nach dem Anschluss an Österreich gab es zwei Jahre lang keinen Unterricht, da der Weg nach Ritzing für die Kinder zu weit war.1923 begann dann der Unterricht in Helenenschacht, zunächst im Freien - 63 Kinder wurden von Lehrer Karl Schuster unterrichtet. Noch 1923 konnte dann die von der Burgenländischen Landesregierung errichtete Staatsvolkschule mit den Ziegeln des Ziegelofens gebaut und bezogen werden. Die Schule war ein wichtiges soziales Projekt, Landeshauptmannstellvertreter Leser und Landesrat Hoffenreich waren bei der Eröffnung anwesend. Um die zum Teil unterernährten und verwahrlosten Schüler kümmerte sich aufopfernd Lehrer Schuster. Er legte auch einen Schulgarten an, errichtete eine Bienenhütte und gründete einen Gesangverein. Während des Krieges wurde die Schule stark vernachlässigt, der Neubeginn war mühsam. Dann begann die Schülerzahl wegen der Abwanderung stark abzusinken. 1958 waren es nur mehr 8, dann 4 Kinder.1959 musste die Schule aufgelassen werden. Das Schulgebäude aber blieb erhalten.

Die Volksschule in Ritzing entstand vermutlich schon Ende des 17. Jahrhunderts. 1708 wird ein Lehrer im Taufbuch erwähnt.1858 bestand eine Pfarrschule mit eigenem Schulhaus. 98 Kinder besuchten diese Schule. In der Visitation von 1873 wird das Schulhaus erwähnt. Lehrer und Kantor war Georg Bock. 1894/95 wurde eine Schule mit Lehrerwohnung gebaut. Die Schule erwies sich bald als zu klein.Ab 1908 wurde die Schule dreiklassig geführt. In den 1920er Jahren wurde eine moderne 5 -klassige Schule geplant, der Plan wurde aber nicht verwirklicht. Als Notlösung wurde die Kantorwohnung in zwei Klassenzimmer umgebaut.1938 wurde auch in Ritzing die konfessionelle Schule in eine Staatsvolksschule umgewandelt.. 1983 wurde das Schulgebäude restauriert, 1990/91 begann die Gemeinde mit dem Bau einer neuen modernen Volksschule.

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Quellen

  • Rittsteuer Josef: Kirchengeschichte von Ritzing. Eisenstadt 1992, Kirchengeschichte von Lackenbach. Bgld. Heimatblätter 3/1992.

  • Festschrift 650 Jahre Ritzing. Ritzing 1999