burgenland wappen 82x100 header trans mit text

Urgeschichte

Die jungsteinzeitliche Besiedlung des Gebietes um Jennersdorf wird durch drei Steinäxte belegt. Die eine wurde im Ortsteil Rax, die andere im Grieselsteiner Wald gefunden. Aus der späteren Bronzezeit und der Eisenzeit gibt es bisher hingegen kaum Funde. Der merkenswerteste Fund aus der Römerzeit ist ein Grabstein, im Ortsteil Rax gefunden, der sich heute im Savaria - Museum in  Steinamanger befindet. Dieser Grabstein des Quartus ist reich verziert, im Sockelbild die römische Wölfin mit den Zwillingen. Die Namen sind eindeutig keltisch. Nördlich von Rax liegt eines der größten Hügelgräberfelder aus römischer Zeit, aus dem 1. und 2. Jh. n. Chr. Erste Grabungen fanden dort in der Zwischenkriegszeit statt, viele der Grabhügel fielen Raubgräbern zum Opfer. Im Dezember 1956 wurden erstmals vom Burgenländischen Landesmuseum systematisch gegraben und 8 Hügel geöffnet. Sie enthielten Brandschütungen, Keramikbruchstücke und noch ganz erhaltene Gefäße. Die Gräber machen einen ärmlichen Eindruck. 1977 wurde das Gräberfeld neu vermessen. 72 Grabhügel konnten erfasst werden.

Um den Steinberg bei Grieselstein ranken sich Sagen von einem "versunkenen Schloss". 1977 fand eine Begehung des Geländes statt. Dabei wurde festgestellt, dass ein größerer Teil des Hügels durch Steinbrucharbeiten abgegraben war. Vom ursprünglichen Gipfelplateau ist nur ein Teil erhalten. Das Kernwerk war von einem einfachen Wall - Graben - System umgeben. Die aufgesammelten Tonscherben verweisen in die späte Jungsteinzeit bzw. die frühe Bronzezeit und sind dem Typus Pölshals - Strappelkogel zuzuordnen (Verbreitungsgebiet in Westkärnten und in der Steiermark), Sie weisen Einflüsse der Mondseekultur, der Badener Kultur und der Vucedol - Laibacher Kultur auf. Die Befestigung stammt allerdings erst aus dem Hochmittelalter. Urkundliche Belege über eine "Burg" bei Grieselstein gibt es nicht.

Mittelalter

Jennersdorf gehörte vom Anfandg an zu den Stiftsgütern des Zisterzienserstiftes  St. Gotthard. In einer Abschrift einer Bulle des Papstes Urban III. aus dem Jahre 1187 scheint der Ort erstmals als Janafalu auf. In dieser Urkunde bestätigt der Papst die Zehentbefreiung des Klosters. Neben Jennersdorf werden noch folgende Besitzungen des Klosters genannt: St. Gotthard, die Grangien Mogersdorf, Weichselbaum und Potschendorf. Wahrscheinlich wurden die Grangien auf dem Gebiet bereits bestehender Dörfer errichtet. In einer Urkunde des Jahres 1208 wird eine Kirche des Hl. Wenzeslaus genannt, die vermutlich in Jennersdorf stand. Weitere mittelalterliche Bezeichnungen des Ortes sind Ganoufalua (1350), Janofalwa (1451), Gyanafalwa (1538) Janosfalva (1552). 1671 ist erstmals die deutsche Bezeichnung Jenerstorff belegt. Wie viele andere Ortsnamen der Umgebung ist er vermutlich slawischen Ursprungs oder aus dem Ungarischen abzuleiten (János = Johann, falva = Dorf)

Eine äußerst interessante Urkunde aus dem Jahre 1350 berichtet über einen schweren Konflikt mit der Grundherrschaft. In ihr werden die Einwohner der Dörfer der Abtei an der linken Raabseite als Diebe und Räuber bezeichnet. Sie hätten Verrat begangen, indem sie mit den Deutschen jenseits der Grenze zusammenarbeiteten. Sie weigerten sich, eine vom Abt auferlegte und vom König befohlene Steuer zu leisten.  Der Abt veranlasste daraufhin eine Strafexpedition des Güssinger Kastellans. In mehreren Orten wurden Frauen und Mädchen "grausam entblößt", das Vieh gestohlen, die Häuser angezündet und Menschen umgebracht. Die Dörfer beschwerten sich und es kam zu einer Untersuchung durch den königlichen Landrichter. Die vorgeladenen Zeugen erschienen jedoch nicht. So wurden sie der Rebellion für schuldig erklärt und zum Tode verurteilt. Für zukünftige Zuwanderer in die Stiftsherrschaft wurde verfügt, dass sie treu dienen sollten. Über die Bedeutung dieser Urkunde, über die Rechtsstellung der Betroffenen, aber auch über die ethnische Zugehörigkeit wurde schon viel diskutiert. Die Bewohner von Mogersdorf und Grieselstein werden als deutsche  "Hospites" bezeichnet. Die Zeugen für Jennersdorf tragen durch wegs ungarische Namen. Eine Interpretation vermutet daher, dass sie die Nachkommen ungarischer Grenzwächter waren und sich dem Versuch des Abtes, sie zu Untertanen zu machen, widersetzten. Harald Prickler vertrat die Meinung, dass die Bevölkerung der Dörfer schon zum Großteil aus deutschen Hospites bestand, die ja ebenfalls Vorrechte hatten und sich deshalb der Steuerforderung des Abtes widersetzten. Die deutsche Besiedlung des Gebietes wird durch mehrere Urkunden belegt. In der Urkunde wird "Cristayn", also Grieselstein genannt, mit einem Ortsrichter namens Friedrich und zwei Hospites. Der Ortsname ist wahrscheinlich von "grisel" = grau abzuleiten. Der Ort wurde vermutlich von deutschen Siedlern erst nach der Schenkung an St. Gotthard gegründet. Der Ortsteil Henndorf wird erst 1451 als Erchenye genannt, vom slawischen "Recina" (Flußdorf).  Der deutsche Ortsname ist vermutlich vom Personennamen Henno abzuleiten. Der Ort lag vermutlich am Rittscheinbach und wurde von dort in weniger durch  Überschwemmungen gefährdetes Gebiet verlegt. Rax scheint erst 1546 auf und ist wahrscheinlich auf das ungarische Rákos (Krebs) zurückzuführen.

Herrschaftsgeschichte

Der Niedergang der Abtei St. Gotthard begann mit dem Jahre 1391, als Kaiser Sigismund sie der Schutzherrschaft der Söhne des Palatins Nikolaus Széchy unterstellte. Papst Bonifaz IX, gab 1401 seine Zustimmung. Die Széchy waren auf die reichen Einkünfte der Abtei aus. Sie maßten sich die Ernennung des Abtes an und plünderten die Stiftsherrschaft aus. Viele Mönche flohen aus dem Stift. In der Abtei, die weiter verpfändet wurde, blieben nur 4 bis 8 Mönche. Nach der Schlacht von Mohacs verließen auch sie St. Gotthard. 1527 musste der letzte männliche Széchy die Herrschaft an Kaiser Ferdinand übergeben. Die Herrschaft Neuhaus blieb aber im Besitz der Margaretha, Schwester Széchys. Als sich diese mit dem kaiserlichen Feldhauptmann Niklas von Salm vermählte bekam sie auch die Herrschaft St. Gotthard übertragen. Um 1550 starb Graf Salm, Margaretha Széchy - Salm vermählte sich erneut. Der Kaiser machte die Verleihung der Herrschaft rückgängig, verlieh die Abtei dem Zisterzienser Johann Betha und forderte die Zisterzienser des Stiftes Rein auf, ungarischsprachige Mönche nach St. Gotthard zu entsenden. Margaretha Széchy - Salm aber ließ nach dem Tod Bethas die Abtei besetzen und den neu gewählten  Abt mit seinen Mönchen vertreiben. Sie ließ das Kloster festungsartig ausbauen. Um 1564 wurde Margaretha erneut Witwe. Zusammen mit ihrer Halbschwester Elisabeth Thurzo gewährte sie Kaiser Maximilian II. ein Darlehen von 20 000 Gulden und sicherte sich dadurch den Besitz der Herrschaft St. Gotthard. Bis 1675 blieb die Herrschaft so im Besitz der Familie Széchy - Salm - de Arcos. Margarethas Tochter Magdalene heiratete den böhmischen Hochadeligen Ladislaus Popel von Lobkovitz. Nach Margarethas Tod fiel die Herrschaft zu einem Viertel an Magdalene, zu einem Viertel an deren Halbschwester Juliana, verheiratete Gräfin von Ortenburg, und zur Hälfte an Ladislaus Popel von Lobkovitz, der nach Julianas Tod auch deren Viertel bekam. Die Erbtochter der Popel, Eva, heiratete Franz Batthyány. Damit fielen die Herrschaften Neuhaus und St. Gotthard an die Batthyány.

Sowohl Magdalene wie auch ihre Tochter Eva waren begeisterte Anhänger Luthers. Sie setzten evangelische Pfarrer ein. 1599 etwa wird ein evangelischer Prediger in Jennersdorf genannt. Da Eva 1630 dem Übertritt ihres Sohnes Adam Batthyány zum Katholizismus nicht folgte, durften die Orte in ihrem Herrschaftsbereich bis 1640 evangelisch bleiben. Es ist möglich, dass die Jennersdorfer Kirche 1578 als evangelisches Gotteshaus gebaut wurde. Anlässlich der Visitation von 1697 schrieb Stefan Kazó, dass die Jennersdorfer Kirche von "alten Katholiken" erbaut wurde. Wahrscheinlich war Jennersdorf schon vor der Reformationszeit eine katholische Pfarre. 1697 waren jedenfalls alle Orte der Herrschaft St. Gotthard wieder katholisch. 1674 war die Herrschaft wieder in geistlicher Hand, so dass die Gegenreformation konsequent durchgeführt werden konnte. J. K. Homma meint, dass die katholische Pfarre 1664 errichtet wurde.

Frühe Neuzeit

Mit Hilfe der Dica - Konskriptionen (staatl. Steuern) und Urbarien kann man die Entwicklung Jennersdorfs und der Ortsteile verfolgen. 1538 wurden 6 1/2 Porten, 3 liberi (Befreite) und 9 Pauperes (Arme, die keine Steuer zahlten) gezählt, 1553 waren es 14 Porten, 3 Söllner und 3 verödete Höfe, 1567 12 Porten, 6 Söllner, 5 Pauperes und 4 verödete Hofstätten. Im Batthyány - Urbar von 1570 wurden eine ganze Ansässigkeit, 5 Dreiviertel-, 21 halbe und 3 Viertelansässigkeiten sowie 7 Söllner angeführt. Daneben gab es wohl auch einige Befreite und Inwohner. 1598 gab es laut Dica - Verzeichnis 7 Porten, 6 Libertini, 5 Söllner, 5 öde Höf3e und 4 Pauperes. 2 Höfe waren abgebrannt. Der größte Ort unter den heutigen Ortsteilen war Rax mit 9 Porten, Grieselstein hatte 6 und Henndorf nur eine Porte. In Rax lagen 6, in Grieselstein 5 und in Henndorf 3 Höfe öde. Besonders schwere Verwüstungen erlebte auch die Herrschaft St. Gotthard im Bocskay - Aufstand. Der kaiserliche Kommandant des befestigten St. Gotthard, Freiherr von Teuffenbach, ergriff mit seiner Truppe die Flucht. Vor seinem Abzug ließ er das Kloster in Brand stecken und sprengen. Auch die große Klosterkirche fiel dieser Zerstörung zum Opfer. Die Zahl der bewirtschateten Höfe sank stark ab. 1609 etwa war in Jennersdorf nur eine halbe Porte besteuert, Grieselstein und Rax scheinen als völlig abgebrannt auf.

Ab 1641 kam es zu schweren Grenzstreitigkeiten zwischen Henndorf und Gillersdorf, das zur Herrschaft Riegersburg gehörte. Der damalige Besitzer der Herrschaft St. Gotthard, Ladislaus Csáky, Schwiegersohn der Eva Popel - Lobkowitz, schürte anscheinend den Streit. Es ging dabei um die Auen am Bach, die Schafweide und ein Söllnerhäusel direkt an der Grenze. 1649 griff Kaiser Ferdinand III. ein und ermahnte Graf Csáky, weil dessen Bauern die Grenzzäune durchbrochen und den Gillersdorfern ihr Vieh und ihren Besitz geraubt hatten. Die Henndorfer besetzten ein Stück Wald und Weide am Rittscheinbach. Erst 1654 kam es in diesem Streit, der auch ein Todesopfer gefordert hattem zu einem Ausgleich zwischen Csáky und der Gallerin auf der Riegersburg.

1674 wurde die Herrschaft St. Gotthard gegen die Zahlung von 24 000 Gulden an die Csáky ausgelöst und wieder geistlicher Besitz. 1697 fand die Visitation der Orte durch den Archidiakon Stefan Kazó von Eisenburg statt.  In der Pfarre lebten 1410 Menschen, alle katholisch.Pfarrer war Erasmus Leitgeb, Minorit aus Graz und vom Visitator hoch gelobt und in der Bevölkerung beliebt. Er war Moraltheologe und Physicus. Die Pfarre war mit Abgaben der Bevölkerung reich ausgestattet. Auch eine Schule wird erwähnt, sie hatte jedoch keine Schüler. Jennersdorf und Mogersdorf waren im gesamten heutigen Bezirk Jennersdorf die einzigen katholischen Gemeinden. Alle anderen waren ganz oder überwiegend evangelisch.

Kuruzzen

1704 zogen die Kuruzzen in St. Gotthard ein. Der Abt huldigte den Kuruzzen. Bald darauf erfolgte der erste Einfall in die Steiermark. Die Jennersdorfer galten als Anhänger der Kuruzzen. Im Sommer 1704 rückten kaiserliche Truppen in Ungarn ein und besetzten St. Gotthard. Ein Gegenangriff der Rebellen schlug sie bei Mogersdorf in die Flucht. Die Kuruzzen besetzten vorübergehend Schloss Hohenbrugg. Am 25. und 26. Juli erfolgte einer der schwersten Kuruzzeneinfälle in die Oststeiermark. Die deutschen Dörfer in Westungarn mussten die Kuruzzen versorgen, ihre Bewohner, etwa aus Deutsch Kaltenbrunn, Henndorf und Jennersdorf, vor allem aber aus Dobersdorf,  beteiligten sich zum Teil auch an den Raubzügen. Nach der Vertreibung der Kuruzzen unternahmen die steirischen Bauern Rachezüge. Deutsch Kaltenbrunn und Rudersdorf wurden ausgeraubt und niedergebrannt, die Henndorfer verloren ihr gesamtes Vieh. Besonders grausam gingen die Steirer gegen die Bewohner der Wart vor, die als üble Kuruzzen galten. Ein neuerlicher Vorstoß der Kuruzzen traf im August 1705 die Dörfer erneut schwer. Weitere Überfälle kamen bis in den Sommer 1709 vor. Kuruzzeneinfälle und eine Pestepidemie in den Jahren 1711 bis 1713 dezimierten die Bevölkerung erheblich, wie eine Visitation im Jahre 1713 zeigte. Pfarrer war in diesem Jahr Matthias Laffer, ein Steirer.

Die Entwicklung der Ortsteile Grieselstein, Henndorf und Rax

Urbare aus dem Jahre 1677 zeigen die Entwicklung der Ortsteile. Grieselstein hatte 54 Höfe, davon 14 halbe und 40 Viertelansässigkeiten. Die Herrschaft besaß im Ort einen großen Weingarten zu 100 Hauern. 1716 waren nur mehr 31 Höfe bewirtschaftet, 32 Höfe lagen öde. Es gab 10 behauste Söllner und 6 Hulden (Inwohner). 1729 und 1734 waren noch immer 30 1/2 Höfe öde. 1744 gab es 45 Bauern und schon 28 Söllner. In Henndorf gab es 1677 30 Höfe, 2 halbe, 16 Viertel- und 12 Achtelansässigkeiten sowie 16 Söllner. 1716 bestanden 36 Höfe, 10 Viertel-, 25 Achtelansässigkeiten 15 Söllner und 6 Hulden. Die Streitigkeiten mit den Gillersdorfern gingen weiter, trotz der Festlegung der Grenzen durch eine Kommission. 1723 wurde während eines Plünderungszuges ein Gillersdorfer erschossen. Die steirischen Stände verlegten Militär nach Gillersdorf. 1727 machten die Henndorfer einen Einfall. 1734 waren die Henndorfer total verarmt und nicht mehr in der Lage, Robot zu leisten. 1744 gab es in Henndorf 38 Bauern und 40 behauste Söllner, 1754 40 Bauernhöfe, größtenteils Achtelhäuser, und 40 Söllner. 1780 wurde das Grenzproblem vertraglich geregelt, Die Henndorfer erhielten die Hälfte der Gillersdorfer Weide. In Rax wurden  1677  54 Höfe  bewirtschaftet, 8 lagen öde. Es gab eine ganze, 3 Dreiviertel-, 21 halbe und 20 Viertelsessionen. 1713 waren 44 Höfe bewirtschaftet, 30 lagen öde. 24 öde Höfe wurden aufgeteilt, 6 blieben öde. 1720 lebten in Rax 33 Bauern und 4 behauste Söllner, 1744 43 Bauern und 9 Söllner, 1754 bestanden schon 61 Höfe, meist Viertelsessionen, und 32 Söllner, von denen aber nur 4 behaust waren. Kirchlich gehörte Rax zur neuen Pfarre Maria Bild, später wurde Rax - Dorf der Pfarre Jennersdorf angeschlossen, Rax - Bergen blieb bei Maria Bild.

Entwicklung von Jennersdorf

Jennersdorf wurde im Urbar von 1677 nicht erfasst. Das Dorf zahlte eine jährliche Pauschale von 1000 Gulden für alle Abgaben und Roboten. Erst 1716 wurde ein Urbar angelegt. Es gab 82 Bauernhöfe, davon 29 Viertel- und 53 Achtelbauern sowie 11 Söllner. Von der Pauschalzahlung wurde in diesem Jahr und auch noch später ein Drittel nachgelassen. Im Ort bestand ein königliches Dreißigstamt. Es gab zwei Schulmeister, die ein Viertel- und ein Achtelhaus bewirtschafteten. 1721 wurden 85 Bauern, 10 Söllner mit und 10 Söllner ohne Haus gezählt. Es gab auch einige befreite Häuser und Kleinadelige. 1728  gab es 62 Lehensbauern und 34 Söllner. Neben den Hofgründen wurden auch Rodungsgründe bewirtschaftet. Es gab 204 Hauer Weingärten. Bergrecht wurde dafür nicht bezahlt. 24 behauste Söllner betrieben ein Handwerk und bewrtschafteten zusammen 56 Hauer Weingärten. Der Jennersdorfer Wein wird in den Urbaren als mittelmäßig oder schlecht qualifiziert. Die Bauern hatten über das ganze Jahr das Ausschankrecht. Knapp bemessen waren Wiesen, Weiden und Waldnutzungsrechte. Heu und Holz mussten von auswärts zugekauft werden.

Im Verlauf des 18. Jahrhunderts stieg die Bevölkerungszahl, die Höfe wurden immer kleiner. 1732 gab es 84 Lehensbauern, 9 Söllner mit und 10 ohne Haus, 1750 schon 100 Höfe, zumeist Achtelsessionen, 1767, im maria - theresianischen Urbar, wurden 113 Lehensbauern und 77 Söllner mit und 10 ohne Haus vermerkt. Der Ort hatte häufig unter Überschwemmungen zu leiden. Der Weinbau wurde trotz der geringen Vermarktungsmöglichkeiten stark ausgeweitet. Die Weingartenfläche war weit größer als die angegebenen 347 Hauer, sie betrug mindestens 700 Hauer.

1734 kam das Kloster St. Gotthard  gegen Zahlung von 100 000 Gulden wieder in den Besitz der Zisterzienser von Heiligenkreuz. Ein neues Klostergebäude und eine Stiftskirche im prächtigen barocken Stil wurden gebaut. Auch die Pfarre Jennersdorf wurde bis 1780 von den Patres betreut. Unter dem St. Gottharder Prior Wenzeslaus begann 1780 der Bau der heutigen Pfarrkirche. Sie wurde 1800 fertig gestellt. 1757 war das Schulhaus verfallen.  Neben der Kirche wurde nun ein solides Schulhaus mit einer Lehrerwohnung errichtet. 1808 hatte das Dorf 1346 Einwohner. Als Pfarrer wirkten Johann Unger (1786 - 1828), Georg Schmidt (1828 - 1869), ein gebürtiger Jennersdorfer, ab 1856 auch Dechant und Schulinspektor des Kreises St. Gotthard und Titularabt. Es folgten Franz Perger (1869 - 1891), ab 1873 Dechant, und Anton Gáspari (1891 - 1920) aus Rechnitz. Er war ein entschiedener Gegner des Anschlusses an Österreich und ging nach Ungarn.

Eine schwere Belastung für die Gemeinde war immer wieder die Einquartierung von Soldaten in einer "Kaserne" (wahrscheinlich der frühere Gutshof), aber auch bei den Bauern. Über den Guts- bzw. Meierhof gibt es keine Nachrichten. Unbekannt ist auch, wann diese "Kaserne" aufgelassen wurde. In den 1860er bis 1870er Jahren wurde ein neues Meierhofgebäude vom Stift St. Gotthard, das 1877 von Heiligenkreuz getrennt wurde, errichtet. Es bestand  bis nach dem 2. Weltkrieg (heute Bauhof und Gebäude des Roten Kreuzes). Nach dem Anschluss an Österreich wurde der Besitz des Stiftes in den burgenländischen Dörfern an die jeweiligen Pfarren  abgetreten.

Die staatliche Konskription von 1828 zählte 170 Häuser mit 95 Lehensbauern, 75 Söllnern und 8 Inwohnern. 1750 waren es noch 100 Häuser, also ein beachtlicher Anstieg. Die Rodungen im Hügelland gingen weiter und es wurden viele Weingärten angelegt. Noch gab es sehr wenige Handwerker, nur 5 Handwerksmeister ohne Gesellen wurden gezählt (2 Schmiede und je ein Schuster, Schneider und Lederer) sowie ein Tabakhändler. Die Landwirtschaften, von denen noch immer die überwiegende Zahl der Menschen leben musste, waren sehr klein. Die Söllner lebten hauptsächlich von ihren Weingärten.Die Bauern hatten nur wenig Zugvieh, meist nur ein Pferd, nur wenige Kühe. Die Söllner hatten in der Regel keine Haustiere. 1838 brannte das neue Wirtschaftsgebäude des Pfarrhofes ab, 1840 wurde ein neuer Pfarrhof errichtet. Die Grundablöse konnte die Situation nicht wesentlich verbessern. 1850 wurde die Hutweide aufgeteilt und in Ackerland umgewandelt, 1860 die Kommassierung durchgeführt. Die Abgaben an Pfarrer und Lehrer wurden erst 1918 in Geldzahlungen umgewandelt.

Die Bevölkerung wuchs in der zweiten Jahrhunderthälfte beträchtlich. 1787 - 1279 Einwohner, 1804: 1388, 1819: 1369, 1830: 1447, 1923: 1916 und 1971: 2213 Einwohner. Im 19. Jahrhundert wurden zahlreiche Pflegekinder aufgenommen, hauptsächlich "Findelkinder" aus Wien.  Von den finanziellen Zuwendungen für die Pflegekinder lebten manchmal ganze Familien. Viele von ihnen starben schon im Kleinkindalter. Im Jahre 1892 waren  von den 218 Verstorbenen 71 Pflegekinder. Die Kindersterblichkeit war überaus hoch. Von den205 Verstorbenen des Jahres 1891 waren 151 Kleinkinder. Überproportional hoch war die Sterblichkeit unter den vielen unehelichen Kindern.

1804 wurden 94 Bauern und 255 Söllner gezählt. Da die Reblaus ab 1890 einen Großteil der Weingärten vernichtete war der Ort hoffnungslos überbevölkert. An die Stelle der Weingärten traten Obstkulturen, hauptsächlich Äpfel. Aus den Söllner- und den Weingartenhäusern entstanden Streusiedlungen im Laritzgraben, in Bacheln und in Jennersdorf - Bergen.

Um zu überleben blieben nur noch die Wanderarbeit oder die Auswanderung. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Zahl der Handwerker stark zu. Die Zahl der Schneider stieg auf 10. Zwischen 1820 und 1860 wurden je vier Schuster und Schmiede, 3 Weber, 1-2 Fassbinder, Hafner, Schlosser, Sattler, Drechsler usw. gezählt. Es gab 4 Kaufleute und Händler. In den Matriken werden auch immer wieder Wundärzte erwähnt. 1874 gibt es einen ersten Beleg für einen Doktor der Medizin, 1909 wird erstmals ein Apotheker genannt. Seit 1860 gab es anscheinend dauernd ansässige Zigeuner, vor allem in Rax. Als ihr Wohnort wird in den Matriken "im Wald" angegeben. Gegen Jahrhundertende verzeichnen die Matriken bereits mehrere Bahnangestellte. Es gab schon mehr Kaufleute und Händler und zahlreiche Gastwirte. Das Gewerbe wurde immer differenzierter, manche Handwerkszweige waren offenbar stark überbesetzt. Die überwiegende Zahl der Jennersdorfer war aber noch immer in der Landwirtschaft tätig. Der Schmuggel spielte schon in ungarischer Zeit eine wichtige Rolle, obwohl 1898 ein Finanzwachposten eingerichtet und 1911 wesentlich verstärkt wurde. Aus Österreich wurden etwa Bier, Zucker und Spiritus geschmuggelt. Der Handel mit Vieh, Wein und Obst lag in den Händen der Kaufleute Josef Brückler, Karl Lex und Johann Forjan. 1880 wurde von Siegmund Weber ein Großhandelsbetrieb gegründet, der weite Teile Westungarns mit Eisenwaren, Haus- und Küchengeräten versorgte. Das Großhandelshaus Josef Brückler wurde 1892 gegründet und erlebte nach dem Zweiten Weltkrieg einen beachtlichen Aufschwung. Als Mitglied der A&O - Handelskette versorgte Brückler weite Teile des Südburgenlandes.

Jennersdorfer waren vielfach trotz des langen Anmarschweges in den Industriebetrieben von St. Gotthard beschäftigt (Sensen-, Tabak-, Seiden- und Uhrenfabrik). Die Uhrenfabrik errichtete in Jennersdorf ein Zweigwerk, das schon 1910 wieder aufgelassen wurde.

1860 wurde eine Ziegelei gegründet (Thomas - Schwarzer Ziegelei). Beschäftigt waren italienische Arbeiter aus Friaul. Dieser Ziegelofen wurde 1970 geschlossen. Es gab noch eine zweite Ziegelei, die vom Großkaufmann Siegmund Weber gegründet wurde. Sie wurde 1974 eingestellt. In Henndorf begann man um 1885 mit der Förderung von Braunkohle. 15 bis 20 Personen waren beschäftigt. Die Kohle wurde mit einer Feldbahn abtransportiert. Wegen wualitativer Mängel und zu geringer Fördermenge wurde der Betrieb während des Ersten Weltkrieges eingestellt. In der josefinischen Landesaufnahme wird ein Komitats- und Pandurenhaus erwähnt. 1856 wurde es als Kaserne verwendet. Zuvor war das Gebäude wahrscheinlich im Besitz der Herrschaft. Ein Gutshof ist aber in den Quellen nicht belegt. 1878 wurde das Objekt von Alexander Stadler gekauft, der eine Gerberei einrichtete. Bis 1920 bestand dieser Betrieb. 1920 gründete Rudolf Schmidt die "Schmidt Lederfabrik AG". In der Weltwirtschaftskrise wurde dieser Betrieb eingestellt. 1932 wurde das Objekt von Josef Brückler ersteigert. Nach Kriegsende wurden in dem Gebäude die Nationalsozialisten des Bezirkes inhaftiert. Ab 1947 beherbergte es die russische Kommandantur. 1960 konnte ein Teil des Gebäudes renoviert werden, von 1968 bis 1975 war es Ausweichquartier für Sonderschule und Volksschulklassen, dann wurde das Gebäude abgerissen.

1869 wurde die Konzession für die Eisenbahnlinie Raab - Graz  durch das Raabtal  an die Aktiengesellschaft "Ungarische Westbahn" vergeben. 1870 war der Großteil der Strecke Raab - Steinamanger fertig gestellt.1872 fand die Eröffnung der Linie Steinamanger - Jennersdorf - Landesgrenze statt. Der Bau des steirischen Abschnittes verzögerte sich und konnte erst 1873 in Betrieb genommen werden. Der Bahnanschluss war für Jennersdorf und die gesamte Region von großer Bedeutung. 1889 ging die Ungarische Westbahn in Staatsbesitz über. Eine geplante Linie von Jennersdorf nach Muraßombat (Murska Sobota)  wurde nicht verwirklicht.

Der Eisenbahnbau Steinamanger - Graz in den Jahren 1870 bis 1872 verschaffte zusätzliches Einkommen beim Bahnbau und durch Fuhrwerksdienste oder durch Vermietung von Quartieren. Durch den Bahnbau wurde der Verkauf der landwirtschaftlichen Produkte einfacher. Mit Bahnpersonal und Gendarmerieposten kamen nunmehr fremde "Beamte" ins Dorf. 1872 wurden ein neues Postamt, 1898 ein Telegrafenamt und 1899 eine Telefonstation errichtet. Die Bediensteten waren überwiegend Magyaren, die eher wenig Kontakt zur Dorfbevölkerung hatten. Sie drängten auch in Jennersdorf zu den damals üblichen Magyarisierungsmaßnahmen, etwa zum Ungarischunterricht in der "Kinderbewahranstalt" (Kindergarten) und in der Volksschule.

Schulen und Kultur

1899 wurde die dreiklassige  katholische Volksschule in eine Staatsschule umgewandelt. 1900 erhielt der damalige Lehrer Franz Dervarics 300 Kronen Belohnung für die Leistungen der Schule im ungarischen Sprachunterricht. 1910/11 wurde ein neues Schulgebäude in Betrieb genommen, im Obergeschoss waren Wohnungen für die Lehrer untergebracht. 1945 wurde die Schule schwer beschädigt. Vorübergehend musste, da das 1966 errichtete Realgymnasium immer mehr Raum benötigte, die Volksschule in das Fabriksgebäude ausweichen. Erst nach der Fertigstellung der neuen Hauptschule konnte die Volksschule  1976/76 das alte Hauptschulgebäude beziehen. Die Staatsvolksschule Henndorf wurde 1885 errichtet, 1886 das neue Schulgebäude bezogen, Die Volksschule Grieselstein wurde 1877 als Gemeindeschule eingerichtet. Zunächst wurde in Privathäusern unterrichtet. 1897 stand ein Schulgebäude zur Verfügung Die Schule wurde in eine Staatsvolksschule umgewandelt. Das Gebäude wurde im 2. Weltkrieg stark beschädigt, dann der Unterricht durch Einquartierung von Russen beeinträchtigt. 1947 war für drei Klassen nur ein Lehrer beschäftigt. Die Kinder aus Rax besuchten bis 1899 die Volksschule in Jennersdorf. 1900 wurde auch dort eine Staatsvolksschule mit neuem Schulgebäude eingerichtet. Während des Ersten Weltkrieges wurde der Unterricht eingestellt. 1966 wurde die Schule aufgelöst, trotz wieder ansteigender Schülerzahl. Die Volksschule in Rax - Bergen war eine katholische Schule und wurde von den Kindern aus Maria Bild, Rax Bergen, Krobotek, Henndorf, Mogersdorf Bergen, Weichselbaum. Wallendorf und Rosendorf besucht. 1913 wurde ein Schulgebäude fertig gestellt. 1970 wurde diese Schule aufgelöst.

1934 wurde in Jennersdorf die römisch - katholische Hauptschule gegründet. 1937/38 besuchten schon 11ß Schüler die vier Klassen. 1938 wurde auch die Hauütschule in eine öffentliche Schule umgewandelt. 1943 wurde ein neues Schulgebäude in Betrieb genommen. Die Schule hatte 229 Schüler.  1975/76 wurden dort in sechs ersten Klassen 200 Schüler unterrichtet. Die Gesamtschülerzahl betrug 544. Diese Schule war für die gesamte Region äußerst wichtig. 1963 wurde mit einem Zubau begonnen, ein Turnsaal errichtet. Die Raumnot konnte trotzdem nicht behoben werden. 1972 wurde dann mit dem Bau der neuen Hauptschule begonnen, die baulich und personell eng mit dem Bundesaufbaugymnasium verbunden wurde. 1974/75 begann der Unterricht in einer Handelsschule des Bundes zunächst in einem Privathaus, im folgenden Jahr in der alten Volksschule. 1976 übersiedelte auch die Handelsschule in den Schulneubau. Auch in diesem Fall bestand eine enge Verbindung zum Aufbaugymnasium.

1964 wurde die Errichtung eines Bundesaufbaugymnasiums in Jennersdorf beantragt, 1966/67 die Schule eröffnet. Sie war zunächst eine Expositur des BRG Oberschützen und litt unter Raummangel. Die Lehrer kamen aus sehr unterschiedlichen Stammschulen. 1968 wurde Prof. Friedrich Karl mit der Leitung beauftragt. 1970 wurde der Neubau beschlossen, in enger Verbindung mit der Hauptschule, aus der ja die Schüler des Oberstufengymnasiums kamen. 1976/77 konnte der Neubau bezogen werden. Die Schule konnte sich seither sehr erfolgreich entwickeln.

Das kulturelle Leben in Jennersdorf war schon in der Zwischenkriegszeit sehr rege. Dafür sorgten der nach dem Weltkrieg gegründete Theaterverein, der 1927 gegründete Orchesterverein. Der Männergesangsverein bestand schon 1898. 1921 wurde der Verein neu gegründet und nach dem 2. Weltkrieg in einen gemischten Chor umgewandelt.

Anschlusszeit

Im Anschlussgeschehen warb vor allem Karl Wollinger unermüdlich für Österreich. In Jennersdorf war Josef Maurer, der spätere Bürgermeister, sein wichtigster Gesinnungsfreund. Auch Minister Jakob Bleyer, der für einen Verbleib bei Ungarn bei vermehrter Autonomie der Ungarndeutschen eintrat, hielt sich mehrmals in Jennersdorf auf. Nach Kriegsende wurde in Jennersdorf eine Bürgerwehr gebildet, vor allem wegen der Raubzüge, die vom nunmehr südslawischen Gebiet aus unternommen wurden. Die Bürgerwehr stand unter dem Kommando des ehemaligen Rittmeisters Anton Omischl und war gut bewaffnet. Sie schützte vor allem die Mühlen an der Raab.

Die Räteregierung fand in Jennersdorf naturgemäß wenig Anklang. Die Bürgerwehr wurde in "Rote Garde" umbenannt. Ein Kommissar aus St. Gotthard  hielt Reden. Im fünfköpfigen  "Direktorium" waren aber weder Kommunisten noch Sozialisten vertreten. Die Absperrung der grenze durch die Rätediktatur ließ den Schmuggel gewaltig anschwellen, Jennersdorf wurde ein Hauptumschlagplatz für Schmuggelwaren. Bewaffnete Zwischenfälle mit der Grenzwache blieben nicht aus.

Die Rätediktatur stärkte die proösterreichische Stimmung, die in Jennersdorf schon lange - vorbereitet durch das Wirken Wollingers und Maurers - dominierte. Das Auftreten der Freischärler trug ebenfalls dazu bei. Die Anhänger der Anschlussbewegung mussten in die Steiermark fliehen. Von dort aus organisierten sie den Widerstand. So wurde etwa das Bahnwärterhaus im Laritzgraben, das von den Magyaren besetzt war, gesprengt. Es gab dabei einige Tote. Der Mühlenbesitzer Klement, der die österreichische Gendarmerie freundlich begrüßt hatte, sollte von den Freischärlern gehenkt werden. Er konnte von den Jennersdorfern aber "freigekauft" werden. Josef Maurer wurde von den Freischärlern eingekerkert. Die Freischärler drangen auch auf steirisches Gebiet vor, etwa durch einen Überfall auf Hohenbrugg, wo es zu einem kurzen Gefecht mit österreichischem Militär kam. Die in Jennersdorf stationierte alliierte Militärkommission konnte die Freischärler nicht zügeln.

Bei Österreich

Jennersdorf wurde nach der Neuorganisation  der Verwaltungsgebiete Bezirksvorort. Die Einrichtung der Bezirkshauptmannschaft und des Bezirksgerichtes bereitete aber große Probleme, da es keine geeigneten Gebäude gab. Die Ämter waren zunächst in der ehemaligen ungarischen Gendarmeriekaserne untergebracht. Erst 1928 wurde der Neubau des Zentralamtsgebäudes fertig gestellt. Im neuen Amtsgebäude waren neben der Bezirkshauptmannschaft auch das Bezirksgericht, das Steueramt, die Gendarmerie, das Eichamt und die Post untergebracht. Es fehlte aber auch an geeignetem Personal. Die Bezirkshauptleute waren überwiegend Nichtburgenländer, sie wechselten häufig. 1938 wurde der Bezirk Jennersdorf aufgelöst. Der Großteil der Orte kam zum Bezirk Feldbach, der Rest zu Fürstenfeld. Ab August 1945 war für die drei südlichen Bezirke zunächst Dr. Josef Guggenbichler, der spätere Präsident des Verwaltungsgerichtshofes, zuständig. Die neue Bezirksverwaltung konnte nicht im schwer beschädigten Amtsgebäude untergebracht werden. Erst im Frühjahr 1946 wurde das Gebäude notdürftig saniert. Bezirkshauptleute nach dem Krieg waren Dr. Geza Reverencic und DDr. Rudolf Grohotolsky, ab 1961 Dr. Anton Stifter.

1922 wurde der elektrische Strom eingeleitet. 1926 erhielt Jennersdorf das Marktrecht verliehen.

Die  wirtschaftliche Situation verschlechterte sich nach dem Anschluss an Österreich und blieb bis 1955 prekär. Die Auswanderung war hoch . 1922 bis 1938 wurden nur in Jennersdorf 38 Auswanderer gezählt, nach 1945 gab es 53 Auswanderer, davon 17 in die Schweiz und 13 nach Kanada. Das bescheidene Einkommen der Bauern kam meist aus dem Obstverkauf. 1931 wurde eine Obstverwertungsgenossenschaft gegründet.  Im Rahmen des Arbeitsbeschaffungsprogrammes von 1935 wurde der Lahngraben parallel zur Raab als Entwässerungs- und Entlastungskanal angelegt.

Ein großes Problem sowohl für die Verwaltungsfunktion wie auch die wirtschaftliche Entwicklung war der miserable Zustand der Straßen. Vor allem die fehlende Verbindung vom Raabtal in das Lafnitztal machte sich negativ bemerkbar. 1933 erhielten  die Straße nach St. Martin und Neumarkt, 1936 bis 1943 die Straßen nach Grieselstein und Henndorf einen festen Untergrund. Erst in den 1950er Jahren erhielten diese Straßen und die Verbindung nach Mogersdorf eine Schwarzdecke. Die Verbindung in das Lafnitztal wurde erst mit dem Bau der burgenländischen Nord-Süd - Verbindung zwischen Jennersdorf und Königsdorf hergestellt. 1963 bis 1967 wurde die Ortsdurchfahrt von Jennersdorf ausgebaut.

In politischer Hinsicht war Jennersdorf - so wie die meisten Gemeinden des Bezirkes - vom Landbund und den Großdeutschen dominiert. 1931 etwa bekamen die Christlichsozialen nur 2 Mandate, der Landbund 5 und die Nationale Wirtschaftspartei (Großdeutsche) 4 Mandate. Führende Lanbündler waren der Landtagsabgeordnete Georg Fiedler und Bürgermeister Josef Hirtenfelder, in der Nationalen Wirtschaftspartei Josef Maurer und Dipl. Ing. Gallbrunner die maßgebenden Persönlichkeiten. Bürgermeister waren 1923 bis 1931 Josef Hirtenfelder und 1932 bis 1937 Georg Fiedler, in nationalsozialistischer Zeit Josef Maurer. Die Sozialdemokraten bekamen nur ein Mandat. Die Vaterländische Front fand kaum Resonanz. Schon früh gab es starke Sympathien für den Nationalsozialismus. Während des Juliputsches von 1934 wurden Bezirkshauptmannschaft und Gendarmerieposten vorübergehend von illegaler SA besetzt. Viele am Putsch beteiligte Personen wurden zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Am 27. Feber 1938 fand eine große Kundgebung der Nationalsozialisten mit 3000 Teilnehmern statt - weit mehr als bei einem Besuch des Bundeskanzlers Schuschnigg kurz zuvor.

2. Weltkrieg und Besatzungszeit

Im 2. Weltkrieg waren 326 Gefallene zu beklagen, 121 in Jennersdorf, 64 in Rax, 94 in Henndorf und 47 in Grieselstein. Durch das Kampgeschehen bei Kriegsende wurden viele Gebäude beschädigt, etwa ein Drittel der Häuser brannte ab.  Die Besetzung durch die Russen  war mit den üblichen Grausamkeiten verbunden. 1945 starben 21 Menschen eines gewaltsamen Todes.

Die ersten Wahlen nach dem Krieg 1950 brachten der ÖVP 13, der SPÖ 2 Gemeinderatssitze. Bürgermeister wurde wieder Georg Fiedler. 1954 ging die Wahl 11 : 4 aus, Bürgermeister wurde Dr. Alois Thomas und blieb es bis 1967. Die weiteren Wahlergebnisse ÖVP  SPÖ : FPÖ: 1958 11 : 2 : 2; 1962: 10 : 3 : 2; 1967: 9 : 5 : 1 - Bürgermeister Anton Brückler; 1971: 15 : 7 : 1

Neuer Aufschwung

Die lange Zeit der Stagnation konnte in den 1960er und 1970er Jahren endlich überwunden werden. Er zewigte sich vor allem im Wohnungsbau. Etwa 350 neue Häuser wurden gebaut. 1958 - 1960 wurde ein neues Rathaus und Rüsthaus der Feuerwehr errichtet., 1959/60 die Ortswasserleitung, gespeist aus Brunnen in Grieselstein und Hart, ausgebaut,  1965 - 1968 ein Freibad errichtet.

1977 wurde Jennersdorf zur Stadt erhoben.

Die wirtschaftliche Entwicklung war vor allem durch die massive Abwendung von der Landwirtschaft gekennzeichnet. Es entstanden neue Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe, Bankenfilialen und Einkaufszentren. 1961 siedelte sich schließlich mit der Firma Vossen Frottier auch ein großer Industriebetrieb an, der zeitweise über 700 Beschäftigte hatte. Vossen war zunächst in der Reverencsics - Mühle untergebracht, baute aber rasch neue Fabriksanlagen auf. 1963 wurde eine erste neue Halle in Betrieb genommen, für Weberei und Färberei, 1964 die Konfektionshalle. Entscheidend für den westfälischen Industriellen Burghardt Vossen war das große Angebot an Arbeitskräften. 1971 wurde eine damals sehr moderne Spinnerei in Betrieb genommen. Hergestellt wurden vor allem Handtücher und Bademäntel, die zu einem beträchtlichen Teil in den Export, etwa nach Skandinavien, gingen. Für Jennersdorf war die "Vossen" von größter Bedeutung, nicht nur wegen der Arbeitsplätze. Die Steuereinnahmen ermöglichten viele neue kommunale Aufbauarbeiten.  Mitte der 1960er Jahre entwickelte sich aus einem kleinen Elektroinstallationsunternehmen die Firma Mayerhuber - Textil Ges. m. b. H. mit Werken in Jennersdorf, Bonisdorf und Kukmirn. Im Baugewerbe hatten die Firmen Lang und Maier zahlreiche Beschäftigte. Die Holzwerke Jennersdorf betrieben ein Sägewerk. In Gastronomie und Beherbergung ragten vor allem das Hotel Raffel und der Burgenlandhof heraus.

wappen dummy
ortslage

 

Quellen

  • Jennersdorf - Porträt einer Grenzstadt. Graz 1977

  • Kamelter Josef, Jennersdorf. Österreichisches Städtebuch. Die Städte des Burgenlandes. 2. Aufl. Wien 1996