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Die Erhebung einer Siedlung in den Rang einer Stadt brachte für die freien Bewohner beträchtliche Vorteile: Verleihung des Bürgerrechtes, Zoll- und Steuerbegünstigungen, die Einberufung von Stadtbewohnern in Legionen und nicht in Hilfstruppen (Auxiliartruppen) und die Zuteilung von großen landwirtschaftlichen Grundstücken außerhalb der Stadt für die Eliten der Stadtbewohner.

An der Spitze der städtischen Gesellschaft stand der aus 100 Mitgliedern bestehende Stadtrat Vermögen und Vertrauenswürdigkeit waren die Voraussetzungen für dir Wahl in den Stadtrat. Ratsmitglieder (Dekurionen) wurden auf Lebenszeit gewählt. Verstorbene oder weggezogene Ratsbürger ersetzte man alle fünf Jahre. An die Spitze des Rates wurden jedes Jahr aus den Mitgliedern meist zwei Vorsteher (Bürgermeister) gewählt In Carnuntum bildeten vier Männer die Spitze der Stadtverwaltung. Diese leiteten die Ratssitzungen, übten die Rechtsprechung aus, kontrollierten die Finanzen und steuerlichen Abgaben der Bürger. Den Ädilen oblag die Polizeiaufsicht, die Marktaufsicht und die Lebensmittelkontrolle sowie die Überwachung der Getreidezufuhr. Dazu kam noch die Verwaltung der öffentlichen Bauten, der Straßen und die Veranstaltung öffentlicher Spiele. Zu den hohen Stadtbeamten gehörten auch die mit der Rechnungskontrolle beauftragten Quästoren. Der Stadtrat und die einzelnen Ausschüsse tagten im Stadtsaal, in der Curia. Die Bürgermeister versuchten durch populäre Maßnahmen wie Errichtung prunkvoller öffentlicher Gebäude, durch die Veranstaltung der Gladiatorenkämpfe und durch die Verteilung von Badekarten sowie von Geldgeschenken, ihre Wiederwahl zu erreichen.

Das größte Ansehen in der städtischen Bevölkerung genossen die Gutsbesitzer. Es waren anfangs Angehörige der frei geborenen örtlichen Aristokratie und derjenigen Veteranen, die als Abfindung Grund und Boden bekommen hatten. Später waren es Kaufleute, Unternehmer und Staatsbeamte, die mit ihrem Geld Großgrundbesitz in der Umgebung der Stadt erwarben. An zweiter Stelle in der Rangordnung der städtischen Gesellschaft stand der Verein der Augustalen (=Priester des Kaiserkults) und der severi (freigelassene Sklaven). Freigelassene erwirtschafteten sich oft ein großes Vermögen. Da das städtische Gemeinwesen das Geld der Freigelassenen auf jede Weise nutzen wollte, wurden diese in die Körperschaft der Augustalen gewählt Freigelassene durften aufgrund ihrer Abstammung nicht in den Stadtrat gewählt werden. Allerdings konnte der Sohn eines reichen Freigelassenen, wenn er sein Geld auch zum Wohle einer Stadt verwendete, in den Stadtrat gewählt werden.

Die dritte Schicht in der Rangstufung der Einwohner bildeten Handwerker und Gewerbetreibende. Sie waren in Vereinen, in den so genannten Collegien organisiert. Diese wählten sich aus der Mitte der angesehenen Ratsherren einen Patron, der durch seine politischen Beziehungen das Ansehen der Vereinsleitung erhöhte. Die Kollegien waren gleichzeitig auch Bestattungsvereine, die für die Kosten des Begräbnisses, des Totenmahls und des Grabdenkmals aufkamen.

An unterster Stufe des städtischen Gesellschaftsaufbaues standen die Besitzlosen, die Stadtbewohner ohne Bürgerrecht und zu aller letzt die Sklaven. Die meisten Sklaven arbeiteten nicht in der Landwirtschaft, sondern in den Städten. In der Kaiserzeit brachte Sklavenarbeit immer weniger ein. Es wurde daher üblich, dass reiche Bürger und auch Soldaten Sklaven kauften, sie bald befreiten, um dann von deren Arbeitsverdienst einen gewissen Prozentsatz lebenslang zu kassieren. Die Sklaven waren zwar rechtlos, manchen aber wurde menschliche Beachtung entgegengebracht. Besonders den Ärzten, die meist aus dem griechischen Osten stammten. Auch die Ärmsten der Stadtbewohner waren in Bestattungsvereinen organisiert, wählten sich aus der Schicht der Reichen und Vornehmen Bürger einen Patron, der bei den Behörden ihre Anliegen vertrat.

Bildung und Freizeitvergnügen

Die aus den verschiedenen Regionen des römischen Weltreiches kommenden Bevölkerungsgruppen sprachen ihre Muttersprache, daneben auch ein Vukgärlatein. Die Amtssprache war Latein. Bei Verständigungsschwierigkeiten halfen Dolmetscher aus. In jeder Stadt existierte eine Grundschule, in der lesen, schreiben und rechnen gelehrt wurde. Kinder der Oberschichten lehrte man auch Grammatik (Unterstufe) und Rhetorik (Oberstufe) in den Schulen der Provinzhauptstädte. Die führenden Schichten der Kleinstädte schickten daher ihre Kinder zur Weiterbildung in die Provinzhauptstädte. Es gab auch Jugendvereine, die für die militärische Vorbildung der städtischen Jugend zuständig waren. Zur Allgemeinbildung gehörte die Kenntnis der Werke der Dichter aus der Zeit des Kaisers Augustus. Als klassische Werke, aus denen jedes Schulkind zitieren konnte, galten die Äneis und die Odyssee. Bücher griechischer Philosophen wurden abgeschrieben und den Gelehrten in den pannonischen Städten zugänglich gemacht.

Was das Freizeitvergnügen betrifft, so erfreuten sich neben Thea-, tervorstellungen und Besuchen öffentlicher Bäder besonders die Amphitheaterspiele größter Beliebtheit. Im 4. Jahrhundert nahm die Zahl der kostspieligen und blutigen Spiele im Amphitheater ab. In einigen Städten Pannoniens, so in Savaria, gab es statt dessen mehr Theatervorstellungen. Im städtischen Festkalender waren der 3.Jänner und der lAugust wichtige Fixpunkte. An diesen Tagen wurden die Kaiserfeste abgehalten. Die Städte organisierten unter der Überwachung der Stadtvorsteher diese Prunkfeste. Neben den üblichen Gottesdiensten und Zeremonien gab es eine spektakuläre Prozession. Der Stadtrat verteilte Wein, Honigku^ chen und Kleingeld unter die schaulustigen Menschenmassen. In Bekanntenkreisen machte man sich kleine Geschenke. In späterer Zeit, als die Zeremonien zu Ehren fremder Götter bereichert wurden, verwandelten sich die würdevollen und ernsten Prozessionen in fröhliche Umzüge.

Amphitheater und Spiele

In jeder größeren Stadt Pannoniens wurde im 2.Jahrhundert ein Amphitheater errichtet; zunächst mit Holzkonstruktionen, später aus Stein. Daneben entstanden Gladiatorenkasernen, in denen strengste Disziplin herrschte. Für die Organisation der Spiele selbst waren zwei Vorsteher der Stadt verantwortlich, für die reibungslose Durchführung ein Regisseur, der "magister ludorum". Gladiatoren und Wagenlenker waren Idole für viele Stadtbewohner. Die ganz großen Stars aber kämpften und verdienten ihr Geld in Rom. Eine Inschrift aus Carnuntum berichtet von Scorpianus, einem Rennfahrer aus Afrika, der in Rom 700 Siege errang.! Mit seinem Geld ließ er sich eine Luxusvilla in einem Vorort von Karthago bauen. Aber dieser Superstar war sicherlich nie in Pannonien zu bestaunen. Gladiatoren kämpften mit Netz, Schwert, Hakenspieß oder Lanze gegen wilde Tiere oder mit kurzem Schwert gegeneinander. Ring- und Faustkämpfer duellierten sich in einer eigens für diese Veranstaltungen gebauten Halle, in der Palästra. Die Hände der Faustkämpfer waren mit Lederriemen umwickelt, aus denen Eisennägel herausragten.

 

 

 

 

 

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