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Am unteren Ortsende von Agendorf, kurz nach dem Bahnübergang, steht das  Denkmal für Lasló Baracsi.  Das Denkmal wurde erst 1928 errichtet und wird bis heute für patriotische Kundgebungen genützt. Tatsächlich ist es aber äußerst umstritten. Es hat keinerlei Bezug zum 8. September 1921.

Am  28. August 1921, kurz nach dem Einmarsch der österreichischen Gendarmerie,  trafen  ungarische Aufständische in Ödenburg ein,  Leute des Ivan Héjjas, die gegen die Österreicher vorrückten. Der Angriff auf Agendorf, etwa 30 Personen, stand unter der Leitung des später berüchtigten Mihaly Francia - Kiss. Es waren junge "freiwillige aus Kecskemet, die einen sehr schlechten Ruf als Räuber und Plünderer hatten. Die Truppe blieb am Eisenbahnviadukt stehen und schickte sechs Mann aus, um die Lage in Agendorf zu erkunden. Mátyas Zubornyák Kecskeméti führte die Gruppe. Sie trafen auf zwei Agendorfer, denen sie die Fahrräder abnahmen. Am Ortsende sahen sie einen Gendarmen auf der Straße, auf den sie feuerten. Die Gendarmerie schoss zurück. Plötzlich fiel Baracsi, durch einen Kopfschuss getroffen, um und war sofort tot.  Der Schuss, der ihn getötet hatte, kam aus der Richtung der katholischen Schule. Und dort waren keine Österreicher. Sofort wurde der begründete   Verdacht geäußert, dass der Todesschuss von jemand anderem abgegeben wurde. Vermutlich war es einer der Freischärler, der seinen Kumpanen erschoss. Der Vorfall wurde nie geklärt, um Baracsi  wurde eine Heldenlegende  geschaffen. Er seiin "aufopferungsvoller Verteidigung des Vaterlandes den Heldentod gestorben. 1928 wurde in einer Feier unter Sufgebot aller patriotischen Symbolik,  in Anwesenheit von Gespan und Vizegespan, Bürgermeister Mihaly Thurner, der Freikorpsführer Gebhardt und Hejjas das Denkmal für Baracsi enthüllt. Die Rede im Namen der Agendorfer hielot Michael Kirchknopf - Agfalvi. Pfarrer Scholz und die meisten Dorfbewohner hielten sich zurück- Der pensionierte Husarengeneral Lukschander, der in der Nähe des Schauplatzes wohnte und den Vorfall beobachtet hatte, äußerste sich nur vorsichtig-zurückhaltend.

Baracsi gehörte zu jener Truppe, die man in den burgenländischen  Dörfern am meisten hasste, wegen ihrer Brutalität, wegen der Erpressungen, Geiselnahmen, Folterungen ... Sie nannten sich selbst „Rongyos - Gardá“, „Lumpen - Garde“, da viele Angehörige in Lumpen gekleidet, manche barfuss, waren. „Lumpen-Garde“ wurden sie auch von den Burgenländern genannt, aber nicht wegen ihrer Kleidung. Den schlechtesten Ruf hatten die Kecskeméter. Es waren mittellose, verarmte und brutalisierte, oft sehr junge und aggressive Burschen aus der Tiefebene, denen man nachsagte, dass es ihnen nicht im geringsten um Westungarn sondern nur ums Plündern ging. Ihre Anführer, Héjjas, Budaházy, der Franziskanerpater Bonis (Pater Erzengel) ... waren fanatische Nationalisten, sie hassten die Deutschen, die Juden, die Sozialisten. Sie folterten und nahmen sich einfach, was sie brauchen konnten. Andere Freischärler, wie etwa die Leute des früheren Ministerpräsidenten Friedrich, „Grünhütler“ genannt, verachteten die Héjjas - Truppe. Sie gingen etwa im Raume Eisenstadt - Rust bewaffnet gegen die Héjjas-Leute vor und beschützten gefangene Österreichische Gendarmen vor ihnen. Zu diesen Elementen, die mit einigem Recht von der burgenländischen Bevölkerung auch „Banditen“ genannt wurden, gehörte Baracsi“, der schließlich zum Helden des „Freiheitskampfes“ gemacht wurde.

Eine der österreichischen Gendarmeriekolonnen war am 28. August 1921 bis nach Agendorf vor den Toren Ödenburgs vorgerückt. Am 8. September 1921 fand dort jenes Gefecht statt, das man etwas übertrieben die "Schlacht von Agendorf" nannte.

Über eine Stunde dauerte das Gefecht im und um das Dorf. Auf ungarischer Seite machte man daraus eine Heldengeschichte. Das Gefecht endete mit einem Toten auf Seiten der österreichischen Gendarmerie und drei Toten auf der Seite der Freischärler. Beide Seiten hatten zahlreiche Verwundete zu beklagen. Die Gewehr- und Maschinengewehrsalven ließen die Ziegel von den Dächern fliegen, die Häuser hatten zahlreiche Einschusslöcher, Bäume und Sträucher waren zerfetzt. Besonders das Dach der evangelischen Kirche wurde stark beschädigt. Es lag direkt in der Schusslinie des Maschinengewehres, das die Freischärler auf dem Hausberg aufgestellt hatten.

Dem Gefecht waren Tage voller Anspannung voraus gegangen. Man wusste in Agendorf längst, dass sich die Freischärler sammelten und sorgfältig vorbereiteten. Man wusste auch, mit wem man es zu tun hatte. Es waren nicht mehr die disziplinlosen Scharen des Héjjas aus der Tiefebene, die „Lumpengarde“, die mehr aufs Plündern denn auf einen „Freiheitskampf“ aus waren. Mit ihnen hatte man schon am 28. August Bekanntschaft gemacht. Inzwischen hatten sich im Raum Ödenburg in internen Auseinandersetzungen die Legitimisten oder Karlisten, also die Anhänger König Karls und der Habsburgermonarchie, durchgesetzt. Und diese genossen größeres Ansehen. Es waren Gruppen, die zum Großteil aus Offizieren des Weltkrieges, aus Studenten, etwa der aus Schemnitz nach Ödenburg verlegten Bergbauakademie, aus Flüchtlingen aus Siebenbürgen und Bosnien und aus Eisenbahnern aus Steinamanger bestanden. Ihre Anführer waren als tapfere Soldaten bekannt: Hauptmann Viktor Madersbach, ein Großgrundbesitzer aus Siebenbürgen, der nach der Besetzung seiner Heimat durch die Rumänen geflohen war, Hauptman Gebhardt, der aus Walbersdorf stammte, und Oberleutnant Elemér Székely an der Spitze der Hochschüler. Die Freischärler waren nicht nur hervorragend ausgerüstet, sie waren auch mit den lokalen Gegebenheiten bestens vertraut. Dafür sorgte auch der Ödenburger Missuray-Krug , der Karten besorgte und neuere Wege einzeichnete. Er war es auch, der uns den besten und spannenden Bericht über das Geschehen hinterließ, auch wenn dieser Bericht natürlich sehr einseitig ist. Tage vor Beginn des Angriffes erkundeten sie sorgfältig die Anmarschwege. In der Nacht vom 27. zum 28. August begann der Aufmarsch in kleinen Gruppen durch den Wald von Brennberg und den Agendorfer Wald. Überraschend stieß man dabei auf die Brennberger Kumpel, die gerade von ihrer Nachtschicht nach Agendorf nach Hause gingen. Sie wurden unter Bewachung zurück gehalten. Der Angriff begann um etwa drei Uhr und erfolgte von drei Seiten: entlang des Weges von Brennberg, der Brennberger Kohlebahn, über Klosterberg und Hausberg und vom unteren Ende des Ortes her. Die genaue Zahl der Freischärler ist nicht bekannt. Österreichische Zeitungen sprachen von 2000 Mann. Das ist sicher stark übertrieben, vermutlich waren es nicht mehr als 300 bis 400 Mann. Ihnen standen etwa 400 österreichische Gendarmen gegenüber, die seit dem 28. August in Agendorf stationiert waren.

Die Österreicher leisteten, nachdem sie die Freischärler entdeckt hatten, harten Widerstand. Von mehreren Seiten unter Beschuss genommen, zogen sie sich zunächst in Richtung evangelischer Schule zurück und fanden schließlich hinter dem Damm der Eisenbahn Richtung Mattersburg - Wr. Neustadt Deckung, ebenso hinter dem Eisenbahnzug, der dort stand. Das Maschinengewehrfeuer vom Hausberg machte ihnen schwer zu schaffen. Als dann auch noch die Nachricht eintraf, dass das Ostenburg - Detachement im Anmarsch war, begann die Gendarmerie den Rückzug. Ein Teil der Truppe bestieg den Zug, ein anderer zog sich langsam, unter weiteren Kämpfen, zum Loipersbacher Bahnhof, zurück. Eine Flucht, Hals über Kopf, panikartig, wie es Missuray - Krug in seiner Schilderung des Gefechtes darstellte, war es jedenfalls keineswegs. In Mattersburg weigerte sich dann der Großteil der Gendarmen, erneut gegen die Freischärler anzutreten. Sie begründeten ihre Meuterei damit, dass sie ja Beamte wären, für den Gefechtsdienst weder ausgebildet noch vorgesehen. Mit Mühe gelang es den Vorgesetzten, aus Freiwilligen eine Rückzugssicherung aufzubauen, um die Verwaltungseinrichtungen aus Mattersburg wieder nach Wien zurück zu bringen. Etwas später übersiedelten diese dann nach Wr. Neustadt. Am 10. September wurde das Burgenland komplett geräumt, alle Gendarmerieposten über Leitha und Lafnitz zurück gezogen.

Am Tag nach dem Gefecht jubelte die ungarische Presse. Selbst der relativ vorsichtige und zumeist gut informierte Pester Lloyd schrieb: „Bei Agfalva, zwischen Lépesfalva und Rohrbach, hat die aufständische Bevölkerung die österreichische Gendarmerie angegriffen und die aus etwa 500 Köpfen bestehende Truppe in die Flucht geschlagen. Bei dem Zusammenstoß blieben zwei österreichische Tote auf dem Schauplatz. Mehrere Gefallene führten sie mit sich...“ 
Für die Anschlussfreunde war dieser Rückzug eine Katastrophe. Tausende ergriffen die Flucht, sie wussten, was ihnen von Seiten der Freischärler blühte. Auch aus Agendorf flohen jene Personen, die sich besonders für Österreich exponiert hatten. In Brennberg, wo die zwanzig österreichischen Gendarmen keine Chance gegen die Übermacht der Freischärler hatten, floh ein Teil der proösterreichischen Bergleute mit der Gendarmerie. Die ungarische Seite stellte das so dar, als wären nur „Kommunisten“ in kleiner Zahl abgezogen. Die ungarische Propaganda meinte, die Ostenburg- Truppen wären nur heran gerückt, um die Ruhe wieder herzustellen. Sie hätten über 100 „Insurgenten“ fest genommen ...
 Anders als im Bereich der Freischärlerkorps I bis IV, im mittleren und südlichen Burgenland und im Neusiedler Raum, wo der berüchtigte Iván Héjjas kommandierte, gab es im Bereich Mattersburg und Eisenstadt relativ wenig Übergriffe auf die Bevölkerung. In Agendorf etwa wollten die Bosniaken unter den Freischärlern nach gewonnener „Schlacht“ mit dem Plündern beginnen. Maderspach, der wohl wusste, dass es darauf ankam, die Menschen für die eigene Sache zu gewinnen, der aber auch damit rechnen musste, dass die kurz danach eintreffenden Ostenburg - Gendarmen derartige Aktionen nicht dulden würden, löste das Problem auf seine Weise: Er gab einem der Bosnier einfach eine kräftige „Ohrfeige“ ...


Die geflohenen Anschlussfreunde forderten von den Österreichern Waffen, um ihre Heimat zu befreien. Sie wollten also den ungarischen Banden mit den gleichen Methoden antworten. Die Waffen wurden ihnen verweigert. Viele waren maßlos enttäuscht und auch unter den Agendorfern verbreitete sich der Eindruck, dass die Österreicher nicht sehr an ihrem Schicksal interessiert waren.

 Wie war die Einstellung der Agendorfer zu den Kämpfenden? Sie hatte sich im Verlauf der Jahre seit Kriegsende im Wechselbad der Ereignisse immer wieder geändert. Die deutsche Autonomiebewegung fand noch einhellig begeisterte Zustimmung, die Ausrufung der deutschwestungarischen Autonomie in Mattersburg, der deutsche Volkstag im Ödenburger Komitatshaus ... Mit der Idee einer weitgehenden deutschen Autonomie konnten sich noch alle anfreunden, auch die stark ungarnfreundliche Gruppe um Pfarrer Edmund Scholtz. Den Absichtserklärungen und Versprechungen folgten keine Taten. Geza Szombor versagte, erwies sich als unfähig, die geplanten Wahlen zu organisieren und ließ sich immer wieder von den Behörden einschüchtern. Und diese waren, mit Bürgermeister Thurner an der Spitze, nicht bereit, auch nur einen Millimeter nachzugeben. Wer gegenüber den Behörden sein Recht auf Gebrauch der deutschen Sprache geltend machte, wurde mit Hohn, Spott und nicht selten auch mit massiven Drohungen abgefertigt.


Der tiefste Riss aber entstand mit der Räteregierung. Sie nahm die deutsche kulturelle Autonomie ernst, diskreditierte sie aber in kürzester Zeit durch viele unsinnige Maßnahmen Sandor Kelners und durch die brutale Gewalt der „Leninbuben“. Laufend wurden von den Bauern Abgaben erpresst und mit dem „weißen Geld“ (einseitig bedruckte Scheine) bezahlt, das man nur gezwungenermaßen annahm. Dazu kamen die „Prozesse“ vor den „Volksgerichten“, die Erschießungen, unter anderem auch von zwei Agendorfer Eisenbahner, Vater und Sohn, denen man „Sabotage“ vorwarf. Die einheimischen Sozialdemokraten, deren Partei ja mit den Kommunisten Bela Kuns in der Regierung war, hatten bald genug von der Räteregierung. Wir haben zwar keine schriftlichen Nachrichten aus Agendorf, aber die Stimmung, die herrschte, dürfte recht gut vom mutigen sozialdemokratischen Abgeordneten Hans Suchard aus Mattersburg zum Ausdruck gebracht worden sein, der in einer Rede im Parlament das Auftreten der mit zahlreichen Ringen geschmückten, gut gekleideten „Kommissaren“, sehr oft Juden, schilderte. Die Räteregierung hatte ja bekanntlich auch eine starke Welle des Antisemitismus zur Folge.


Als die „weißen“, gegenrevolutionären Truppen unter Oberst Lehár dem Spuk ein Ende machten war die Erleichterung nicht nur bei den Bauern groß. Fatal an der Rätezeit war, dass damit nun gegen das „rote“ Österreich recht erfolgreich Propaganda betrieben wurde, nicht ganz zu unrecht, denn das Kun - Regime wurde ja tatsächlich von Österreich her massiv unterstützt. Auch in Agendorf wurde die Angst vor den roten „Mordbrennern“ und „Enteignern“, denen nichts heilig sei, kräftig geschürt, nicht zuletzt vom christlichsozialen Abgeordneten Edmund Scholtz. Die großen Erwartungen, die man Lehár entgegenbrachte, da er als tapferer Regimentskommandant aus dem Weltkrieg in der Bevölkerung sehr populär war, wurde bald enttäuscht. Es gelang ihm nicht, die fanatischen weißen „Offizierskommandos“ im Zaum zu halten, die nun ohne Federlesens brutale Selbstjustiz übten. Wer von den Anhängern der „Räte“ erwischt wurde, wurde aufgeknüpft oder „auf der Flucht“ erschossen. Paul von Pronay, dem späteren Freischärlerführer im Burgenland, wurden hunderte Morde nachgewiesen. Er berichtete in seinen Tagebuchaufzeichnungen auch offen über viele Übergriffe, insbesondere über Gewalttaten gegen Juden. Angeklagt wurde er aber deshalb nie. Was in Agendorf und in vielen Dörfern große Beunruhigung auslöste war die Tatsache, dass die „Weißen“ nicht nur gegen die „Roten“, sondern gleich auch in einem Aufwaschen gegen die Anschlussfreunde vorgingen. Wieder mussten besonders exponierte Personen, hauptsächlich Sozialdemokraten, fliehen. Der Einmarsch der österreichischen Gendarmerie in Agendorf wurde zunächst mit vorsichtiger Zurückhaltung beobachtet. Die ungarische Propaganda, die die bewaffnete Macht der Österreicher, das Heer und die Polizei, stets als kommunistisch infiltriert und undiszipliniert schilderte, scheint nicht gewirkt zu haben. Auch das immer wieder angekündigte „Gesindel“, das in Begleitung der Österreicher über die reichen westungarischen Dörfer herfallen würde, blieb aus. Die Gendarmen verhielten sich äußerst korrekt, ihr Misstrauen gegenüber der Bevölkerung schwand bald. Die zumeist jungen Gendarmen wurden nicht gefürchtet, sie wurden eher bedauert. Denn schon bald war klar, dass sie keine Chance hatten.

Die erfahrenen Weltkriegsteilnehmer unter den Agendorfern sahen sofort, wo das Problem lag. Sie erkannten die schlechte Ausbildung der Gendarmen für die ihnen zugeteilte Aufgabe und sie sahen die schweren Fehler, die ihre Offiziere anscheinend machten. Noch während der Erzählungen in den späten 1960er Jahren schüttelten die Augenzeugen den Kopf über die ihrer Meinung nach leichtsinnigen Maßnahmen der Österreicher. Und sie fragten immer wieder, ob es in Österreich nicht genug - inzwischen ja weitgehend abgerüstete und arbeitslose - Weltkriegsoffiziere gegeben hätte. Wir wissen ja heute, dass es auch in Österreich den Versuch gab, irreguläre Truppen zu mobilisieren, dass dieser aber vom sozialdemokratischen Staatssekretär Julius Deutsch abgewürgt wurde, aus Misstrauen gegenüber den Offizieren. Schwerster Fehler war wohl - und das erkannten die Agendorfer sofort - den Hausberg mit seiner das ganze Dorf beherrschenden Position unbesetzt zu lassen. Ebenso schwerwiegend war das Fehlen vorgeschobener Posten im Agendorfer Wald und an der Straße und an der Bahn nach Brennberg. Auch auf die Mithilfe der Bevölkerung, die von vielen Agendorfern wohl geleistet worden wäre, wurde verzichtet. Und so kam es, wie es kommen musste: das Gefecht von Agendorf endete mit einer Niederlage. Und wieder mussten Agendorfer, etwa der damalige Kleinrichter, vor der Rache der Sieger fliehen.


Kurz nach dem Abzug der österreichischen Gendarmen marschierte das Ostenburg - Detachment in Agendorf ein, mit klingendem Spiel, die Kavallerie voran. Die Agendorfer begrüßten die Ostenburg - Truppe, da sie das Ende der Kämpfe und der Unsicherheit brachte. Wer war dieser Julius Morawek, Edler von Ostenburg, und wer waren seine Leute? Ostenburg war hoch dekorierter Offizier der k.u.k. Armee. Nach dem Zusammenbruch diente er zunächst in der Roten Armee der Räteregierung, im Sommer 1919 schloss er sich den „Weißen“ an, mit einer Truppe, die er aus Freiwilligen des Infanterieregimentes 69 gebildet hatte. Nach der Unterzeichnung des Vertrages von Trianon musste Ungarn sein Militär aus dem Burgenland abziehen. Eine Ausnahme bildete die Ostenburg Truppe, die man zu einer Reservegendarmerietruppe umetikettierte. Mit Zustimmung der interalliierten Generalkommission sollte sie Ordnungsaufgaben im Raum Ödenburg wahrnehmen.

So wie Lehár und viele andere Militärs aus Westungarn gehörte Ostenburg zu den „Karlisten“, also zu den Anhängern König Karls, dessen Rückkehr auf den ungarischen Thron man anstrebte. Zu den „Karlisten“ gehörten aber auch viele hohe Beamte wie etwa Graf Sigray, Politiker wie etwa Albin Lingauer, dessen Zeitungen die öffentliche Meinung im Komitat Eisenburg prägten, aber auch hohe Geistliche wie der Bischof von Steinamanger, Graf Mikes. Lehár war bereits am ersten Restaurationsversuch Karls maßgebend beteilgt und fiel deshalb bei Horthy in Ungnade. Die Gegner dieser monarchistischen Kreise mit Zentrum in Westungarn waren die „Freien Königswähler“, die keinen Habsburger auf Ungarns Thron sehen wollten. Die Regierung Bethlen und der „Reichsverweser“ Horthy, der nicht bereit war, seine Macht abzugeben, versuchten, die Karlisten zu entmachten. Als man entdeckte, dass auch Ostenburg diesen Kreisen angehörte, sollte sein Detachment aufgelöst werden. Das hatte den zweiten, überstürzten Restaurationsversuch König (Kaiser) Karls in Ungarn zur Folge. Karl und Zita landeten am 21. Oktober 1921, mit einem kleinen Flugzeug aus der Schweiz kommend in der Nähe von Ödenburg. Beim Marsch auf Budapest bildete das Ostenburg - Detachment den Kern der karlistischen Truppen. An der Stadtgrenze von Budapest wurden sie von Horthy - treuen Truppen besiegt und gefangen genommen. Ostenburg und seine Leute wurden aber bald darauf, kurz vor der Ödenburger Abstimmung, stillschweigend freigelassen. Ostenburg endete als Weinhändler in Budapest.


Die ungarischen Monarchisten spielten zwar in der Folgezeit in der Öffentlichkeit keine wesentliche Rolle. Es gab sie aber nach wie vor und zusammen mit nationalistischen und revisionistischen Kreisen waren sie in verschiedenen „patriotischen“ Vereinigungen, zum Teil als Geheimbünde organisiert, weiterhin tätig. Auch Pläne, den „Befreiungskampf“ in Westungarn - Burgenland wieder auf zu nehmen, wurden weiterhin geschmiedet. Es standen ja auch noch bis 1922/23 - meist als Landarbeiter getarnte - Freischärler entlang der Grenze bereit, etwa in der Ortschaft Osl oder im esterházischen Meierhof Mexiko-Puszta unmittelbar an der Grenze. In Österreich sammelten sich die Monarchisten ebenfalls in Vereinen und Verbänden, unter anderem im „Frontkämpferverband“. Diese Kreise hatten gute Kontakte zu den Habsburg treuen Ungarn. Als Ausgangsgebiet für einen weiteren Restaurationsversuch galt weiterhin der burgenländisch - westungarische Raum, besonders das Gebiet um Ödenburg. Das war auch der Grund, warum der Frontkämpferverband so großen Wert auf Ortsgruppen im Mattersburger Bezirk und entlang der Bahn nach Ödenburg. etwa in Schattendorf, Loipersbach, Deutschkreutz legte.

Verkürzt aus: www.oedenburgerland.de; dort finden Sie auch eine Ortsgeschichte von Agendorf

 

 

 

 

 




 

 
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