Auch nach dem Anschluss des Burgenlandes an Österreich blieb die Frage der kirchlichen Zugehörigkeit zunächst ungelöst, da das Gebiet zunächst weiterhin den beiden Bischöfen von Raab und Steinamanger unterstellt blieb. Daraus ergaben sich viele Probleme, zumal die ungarnfreundliche Einstellung vieler Priester weiterhin bestand. Auch Rom war nicht bereit, die Angelegenheit im Sinne der katholischen Kirche Österreichs zu regeln. Erst 1922 wurde das Burgenland auch kirchlich von Ungarn getrennt. Es wurde die Apostolische Administration eingerichtet.
Von den 157 Pfarren auf burgenländischem Gebiet gehörten 99 zur Diözese Raab und 58 zur Diözese SteiamangerDie Diözese Raab verlor mit dem Burgenland 40 % ihrr Pfarren und 38 % ihrer Gläubigen.
Die Apostolische Administratur
Schon am 8. Oktober 1919 richtete die österreichische Regierung ein Schreiben an den Heiligen Stuhl, in dem sie um die Entsendung einer apostolischen Delegation nach Ödenburg, das damals ja noch als Hauptstadt des Burgenlandes gesehen wurde, bat. Rittsteuer vermutet, dass der damalige Unterstaatssekretär für die Kultusabteilung, Wilhelm Miklas, der spätere Bundespräsident, entscheidenden Anteil hatte. Aber auch die Verwaltungsstelle für den Anschluss Deutsch Westungarns hatte in ihrer Sitzung am 4. September 1919 entsprechende Vorschläge ausgearbeitet. Begründet wurde die Bitte damit, dass angesichts der starken Position des protestantischen und jüdischen Bevölkerungsanteiles eine für die katholische Kirche möglichst günstige Regelung der religiösen Fragen notwendig wäre. Vor allem die Situation in Ödenburg wäre "gefährlich", da dort nur zwei Drittel der Bevölkerung katholisch seien, auf 21 446 Katholiken würden 9 592 Protestanten und 2440 Juden kommen. Die Protestanten hätten in diesem geistigen Mittelpunkt einen Bischof, ein Lyceum, eine evangelische theologische Fakultät sowie eine eigene Lehrerbildungsanstalt. Die Protestanten könnten so das kulturelle Leben der Stadt und damit des ganzen Landes sehr stark beeinflussen. Aber auch die magyarisch - nationale Einstellung des katholischen Klerus wurde angesprochen. Die Geistlichen wären fast ohne Ausnahme entweder "wirkliche Ungarn" oder im national - ungarischen Geist erzogen und daher ungarisch gesinnt. So sei es erklärlich, dass nicht nur im öffentlichen Leben, bei Gericht und in den verschiedenen Ämtern kein deutsches Wort gebraucht werden dürfe, sondern auch in den katholischen Schulen und in der Kirche das Magyarentum erhalten bleibe. (zitiert nach Rittsteuer, Kirche im Grenzraum). Daraus könnten sich für die Kirche des Burgenlandes in Zukunft manche Schwierigkeiten ergeben. Ein apostolischer Legat müsste daher ein Priester aus Österreich sein. Letztlich müsste aber eine vollständige Loslösung von den Diözesen Raab und Steinamanger stattfinden. Diese sehr aufschlussreiche Note wurde allerdings nie nach Rom abgeschickt. Am 10. Dezember wurde ein entsprechendes Schriftstück an den Apostolischen Nuntius in Wien gerichtet, mit ähnlichem Inhalt. In Rom gab es zunächst kein Entgegenkommen. Man wollte die politische Entwicklung abwarten. Auch der Christlichsoziale Gregor Meidlinger, der sich persönlich an Kardinal Piffl und an den päpstlichen Nuntius wandte, wurde abgewiesen. Die beiden betroffenen Bischöfe, Anton Fetser von Raab und besonders Johann Graf Mikes von Steinamanger wehrten sich mit aller Kraft gegen die Abtretungen. Sie nahmen die Friedensverträge einfach nicht zur Kenntnis. Mikes wirkte auch auf politischer Ebene gegen den Anschluss. Er setzte sogar für das Lajta - Banat der Freischärler einen Generalvikar, den Dechant von St. Michael, Franz Thomas, ein.
Auch nach dem endgültigen Anschluss des Burgenlandes an Österreich war Bischof Mikes nicht bereit, diese Tatsache zu akzeptieren. Selbst auf burgenländischem Gebiet hielt er noch proungarische Reden und verfasste entsprechende Hirtenbriefe. Um den Gebrauch der deutschen Sprache zu umgehen ordnete er an, Eingaben sollten nur in lateinischer Sprache erfolgen, ebenso die Eintragungen in die Matriken. Die Kirchenrechnungen mussten in ungarischer Sprache und in ungarischer Währung vorgelegt werden. Das Amtsblatt der Diözese erschien weiterhin ausschließlich in ungarischer Sprache. Fetser war weniger aktiv, versuchte aber ebenfalls, den nördlichen Teil des Landes bei seiner Diözese zu halten. Sein Klerus forderte unter Führung des Propstpfarrers von Eisenstadt, Michael Nagy, in Rom einen Generalvikar für die burgenländischen Gebiete. So wollte man das Gebiet der Diözese Raab erhalten.
Die offizielle Errichtung der Apostolischen Administratur erfolgte durch Anweisung des Papstes an den Wiener Nuntius erst am 18. Mai 1922. Der Kardinal von Wien, Dr. Friedrich Piffl, wurde erster Administrator "des Gebietes von Westungarn, das gewöhnlich Burgenland genannt wird". Mikes erklärte, dass er sich "gekränkt" fühle, sich aber unterwerfe, da es sich nur um einen vorübergehenden Zustand handeln könne und in kürzester Zeit "der zerrissene Mantel des Hl. Martinus" (Bistumspatron) wieder zusammengefügt werde. Von Kardinal Piffl verlangte er Mitsprache bei der Ernennung des Provikars. Das sicherte Piffl auch zu, ernannte dann aber den Wiener Domherrn Dr. Franz Hlawati zum Provikar. Im ausgehenden Jahr 1922 bereisten Piffl und Hlawati das Burgenland und konnten auch im Klerus einige Sympathien gewinnen, da man durchaus Verständnis für den promagyarischen Klerus zeigte. Rechtlich unterstand das Burgenland aber auch weiterhin den Diözesen Raab und Steinamanger.
Aufbauarbeit
In den 1920er Jahren hatte die katholische Kirche des Burgenlandes zunächst organisatorische Aufbauarbeit zu leisten. Es herrschte Priestermangel, zumal Bischof Mikes noch vor dem Anschluss viele junge Priester aus den burgenländischen Gemeinden abgezogen hatte. Einige Priester wurden entlassen und gingen nach Ungarn - Felix Kapovitz aus Deutsch Jahrndorf (später Administrator von Wolfs), Eduard Küllös und Josef Seszták, andere strebten von sich aus die Versetzung nach Ungarn an. Auch die ungünstige finanzielle Lage der Pfarrer trug zu dieser Entwicklung bei. Erst 1924 wurde die Gehaltsfrage geregelt. Junge Burgenländer wurden im Knabenseminar in Hollabrunn aufgenommen, sodaß 1937 bis 1939 zahlreiche Priester aus dem Burgenland geweiht werden konnten.
In organisatorischer Hinsicht mussten Veränderungen in der Dekanatseinteilung vorgenommen werden, weil ja die Dekanatssitze Ödenburg, Ungarisch Altenburg und Prostrum bei Ungarn blieben. Vorübergehend gab es ein Dekanat Kittsee. Aus Prostrum wurde das Dekanat Pinkafeld, an die Stelle von Markt St. Martin trat Steinberg und statt Mogersdorf wurde Jennersdorf Dekanatssitz.
Eine nicht unwichtige Angelegenheit war die Wahl eines neuen Landespatrons, da der Tag des Hl. Stefan gerne für magyarisch - nationalistische Kundgebungen genützt wurde. Mit Dekret vom 10. Dezember 1924 wurde der Hl. Martin neuer Landespatron.
Seit 1932 arbeiteten der Apostolische Administrator Erzbischof Kardinal Innitzer, sein Provikar Josef Köller und Kanzleidirektor Johannaes Kodatsch auf die Verselbständigung des Burgenlandes als eine kirchliche Einheit hin. Geplant war zunächst eine "Prälatura nullius", was eine Abtrennung von den ungarischen Diözesen bedeutet hätte, Köller velrlegte den Sitz der Kanzlei der Apostolischen Administratur 1934 nach Eisenstadt.
Politische Gegensätze
Belastet wurde das Verhältnis zu vielen Gläubigen durch das vehemente Eintreten vieler Priester für die Christlichsoziale Partei, deren Führungspersönlichkeiten von Geistlichen gestellt wurde: Michael Gangl, Johann Thullner, J. Sabel, G. Engelitsch u.a.Vor allem Gangl zog im Hintergrund lange Zeit die Fäden. In vielen Gemeinden versuchten die Pfarrer mit allen Mitteln das Aufkommen der "gottlosen" Sozialdemokraten zu verhindern. Auch das Verhältnis zum Landbund, der stark in den evangelischen Gemeinden vertreten war und der für die Abschaffung der konfessionellen Schulen eintrat, war gespannt. Lediglich ein Pfarrer, Josef Bauer in Ritzing, wagte es, sich zum Landbund zu bekennen. Einer politischen Karriere dieses beliebten Pfarrers legte die Kirche Hürden in den Weg. Erst am 15. Dezember 1933 beschloss die Bischofskonferenz, dass alle Priester ihre politischen Funktionen zurückzulegen hatten, nicht zuletzt wegen zahlreicher Austritte aus der Kirche. Heftige Auseinandersetzungen gab es um die konfessionellen Schulen, gegen die Landbund, Großdeutsche und Sozialdemokraten Sturm liefen. 1923 schuf die Kirche einen Diözesanschulrat, dem fünf geistliche und vier weltliche Mitglieder angehörten. Die Pfarrer mussten ab 1. Jänner 1923 die Schulleitungen abgeben, es wurden nun Direktoren gewählt. Die Schulstühle hatten aber nach wie vor großen Einfluss und standen vielfach unter Dominanz der Ortspfarrer. In manchen Gemeinden wurden die katholischen Schulen in Gemeindeschulen umgewandelt, gegen den heftigen Widerstand der Kirche. Der Verwaltungsgerichtshof erklärte diese Umwandlungen schließlich für ungültig.
Katholische Organisationen
Bald entstanden katholische Organisationen, etwa Burschen- und Mädchenvereine, in großer Zahl. 1922 wurde ein Gauverband des Reichsbundes der katholisch - deutschen Jugend Österreichs mit dem Sitz in Mattersburg gegründet. Zu Pfingsten 1932 fand der Bundestag des Reichsbundes in Eisenstadt statt. Die Fahnenweihen wurden Demonstrationen des neuen katholischen Selbstbewusstseins, häufig auch politische Kundgebungen und damit zu Provokationen für die politischen Gegner der Christlichsozialen. Es entstanden Marianische Mädchenkongregationen der "Töchter des göttlichen Erlösers", katholische Gesellenvereine in Eisenstadt und Pinkafeld, Laienspiel - Theatergruppen und vieles mehr. Selbstbewusstsein wurde auf den Katholikentagen demonstriert, etwa im März 1922 in Ödenburg mit 8 000 Teilnehmern. Vorsitzender war der junge Paul Esterházy. Wie das Christliche Ödenburger Tagblatt berichtete, kam es dabei zu ungarnfreundlichen Kundgebungen. Im Mai 1923 fand ein großer Katholikentag in Mattersburg mit 10 000 Teilnehmern statt.
1932 starb Kardinal Piff. Apostolischer Administrator wurde Erzbischof Kamprath, der Hlawati weiterhin mit seiner Funktion betraute. Mit der Ernennung des neuen Erzbischofs von Wien, Dr. Theodor Innitzer, wurde auch ein neuer Provikar bestimmt. Hlavati bat um seine Entlassung. Der Nachfolger wurde der Dechantpfarrer von Kleinfrauenhaid. Dr. Josef Köller, ein gebürtiger Zemendorfer, der dann im Ständestaat besonders hervortrat. Er wurde als Vertreter der katholischen Kirche in den Bundeskulturrat berufen. 1934 wurde die Administratur von Wien nach Eisenstadt verlegt, das katholische Lehrerseminar gegründet. Die Zöglinge des Knabenseminars von Hollabrunn kamen nach Eisenstadt. Das von Innitzer gegründete Martinswerk sollte die Bildungseinrichtungen unterstützen.
1932 wurde in Eisenstadt ein katholisches Lehrerseminar unter Leitung der Marienbrüder errichtet. Zwei Jahre später wurde es in ein neues Haus in Mattersburg verlegt.
Im Ständestaat
Der Wiener Katholikentag von 1933 markierte auch im Burgenland die Hinwendung zum politischen Katholizismus und zur Ständestaatsidee. Am 1. Mai 1934 trat die neue Verfassung in Kraft, gleichzeitig wurde das schon im Juni 1933 abgeschlossene Konkordat mit dem Hl. Stuhl publiziert. Dadurch kam es zu schwerwiegenden Veränderungen zugunsten der katholischen Kirche. Die verpflichtende Zivilehe, eine der großen liberalen Errungenschaften im alten Ungarn, wurde wieder abgeschafft, die katholischen Schulen zu öffentlichen Schulen erklärt und massiv gefördert. Die Erhebung der Administratur zur Prelatura Nullius und damit die Lösung von Raab und Steinamanger war ebenfalls im Konkaordat veorgesehen, wurde dann aber nicht verwirklicht. Insgesamt wurde die systemtragende katholische Kirche vom autoritären Ständestaat natürlich besonders gefördert, währen die Rechte der Protestanten eingeschränkt und sie mit großem Misstrauen bedacht wurden.
Neue Kirchen entstanden in Wallern (1932), St. Michael (1933) und St. Andrä (1937). In Oberpullendorf richteten die Redemptoristen 1935 ein Missionszentrum ein. Die Serviten kehrten nach Loretto zurück, Servitinnen wirkten in Stotzing und in Wimpassing ließen sich die Kamillianer nieder. Besonders stark expandierten die Töchter des göttlichen Erlösers, die sich vom Ödenburger Mutterhaus lsöten und 1924 eine eigene österreichische Provinz errichteten. Zu den schon früher bestehenden Häusern in Neusiedl, Eisenstadt Oberberg, Steinberg, Rechnitz, Halbturn, Eisenstadt - Stadt, Deutschkreutz, Frauenkirchen und Lockenhaus kamen neue Niederlassungen in Oberpullendorf (1929), Neudörfl (1930), Mattersburg (1933), Sauerbrunn (1933) und Andau (1935). Ihre Hauptaufgabe war die Mädchenerziehung.
Nationalsozialismus und Krieg
1938 wurden von Landeshauptmann Portschy alle katholischen Vereine und konfessionellen Schulen aufgelöst, darunter auch die Lehrerbildungsanstalt. 1962 wurde dann die Kirche dafür entschädigt und konnte mit dem Geld das katholische Privatschulwesen ausbauen. Eine neue Lehrerakademie wurde in Eisenstadt errichtet. Die Apostolische Administratur amtierte 1938/38 im katholischen Lehrerseminar in Mattersburg und nach dessen Auflösung in der Hartig-Villa in Sauerbrunn. 1952 wurde sie nach der Fertigstellung des "Bischofshofes" in Eisenstadt untergebracht.
Insgesamt sieben katholische Priester fielen dem Krieg zum Opfer: Dagobert Wolferseder, rin Güssinger Franziskaner, fiel im Krieg, Alois Dolezal aus Mariasdorf kam bei einem Bombenangriff in Graz ums Leben, Robert Drach (Wolfau) starb an einer Granatsplitterverletzung. DDDr. Josef Capistran Pieler, ein Minorit, wurde vom nationalsozialistischen Regime zum Tode verurteilt und im Zuchthaus Stein im April 1945 erschossen. .Aus dem Burgenland waren 20 Priester im Gefängnis, drei Priester im KZ. 23 Priester wurden zu Freiheitsstrafen verurteilt. 88 Priester erhielten Schul- und Predigtverbot.
Während der Besetzung durch die Rote Armee suchten Alte, Frauen und Kinder vielfach auch in den Pfarrhöfen Schutz. Pfarrer Josef Bauer aus Horitshon wurde, als er versuchte, Frauen und Mädchen vor der Vergewaltugung zu bewahren, erschossen und Pfarrer Josef Weber aus Nickelsdorf wurde während der Besetzung durch die Sowjetarmee ermordet, Pfarrer Rupert Sauerzapf (Kleinfrauenhaid) erst im Oktober 1945 von russischen Soldaten erschossen, weil er sich weigerte, ihnen Wein zu geben. Völlig zerstört waren die Kirchen von Kittsee, Horitschon und Königsdorf, viele andere waren schwer beschädigt (80 Kirchen und Kapellen, 29 kirchliche Gebäude). 49 Kirchen und 75 andere kirchliche Gebäude wurden geplündert.