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Um 1900 war die Reblauskrise weitgehend überwunden. Die befallenen Weingärten wurden gerodet und mit reblausresistenten Reben aus Amerikaa neu bepflanzt. Eine Folge der Reblauskrise war, dass nun die sandigen Böden östlich des Neusiedler Sees großflächig bepflanzt wurden. Für die stark betroffene Region westlich des Sees war es ein Glück, dass der im Wahlbezirk Eisenstadt gewählte Abgeordnete Ferenc von Bolgár Staatssekretär im Budapester Landwirtschaftsministerium wurde und die teure Umstellung durch Subventionen förderte.Es konnten Kreuzungen entwickelt werden indem man einheimische Sorten auf reblausimmune Unterlagsreben aufpfropfte. Dafür wurden Rebschulen aufgebaut. Entscheidend war, dass es Franz KOber, der seit 1895 auf den Gütern des Weingroßhändlers Wolf tätig war, 1910 gelang, eine Hybridrebe zu züchten, die gegen die Reblaus immun war.Besonders wichtig waren die Züchtungen des Weinbauexperten Paul Vetter, der an einer in Gols errichteten Rebanlage wirkte.

Während des Ersten Weltkrieges stockte der Wiederaufbau. Es fehlte an Spritzmitteln wie Schwefelsulfat und Kupfervitreol, vor allem aber an Arbeitskräften. Schon 1916 traten wieder große Schäden, verursacht durch Peronospora, auf. Den zunehmenden Alkoholismus versuchte die Regierung durch starke Anhebung der Steuern zu bekämpfen.- Gegen Kriegsende betrug die Steuerbelastung 41 %. Ein Schwarzmarkt bildete sich. Ein absoluter Tiefpunkt war mi9t dem Alkoholverbot durch die Räteregierung erreicht. Proteste der Ödenburger Weinbauern wurden von den "Roten Garden" blutig niedergeschlagen. Auch nach dem Sturz der Räte wurde der Weinhandel mit Österreich stark behindert. Der Schmuggel hingegen blühte. Viele Weingärten wurden aufgelassen und auf Obstbau umgestellt.

Nach dem Anschluss an Österreich wurden die Rekultivierungsmaßnahmen wieder aufgenommen. Schnittweingärten wurden angelegt, Rebschulen und Vortriebshäuser eingerichtet. Die Sortenwahl verschopb sich stark. Manche Sorten wie Furmint verschwanden ganz, Welschriesling und Grüner Veltliner, auf den kalkhältigen Böden am Südhang des Leithagebirges der Neuburger, waren auf dem Vormarsch.. Die Rotweine gewannen zunehmend an Bedeutung -  Blauer Portugieser, Blauer Burgunder, vor allem aber Blaufränkisch - auch in Gebieten, in denen früher die Weißweine dominiert hatten. Innerhalb von zwei Jahren wurden 50 Ortsweinbau vereine gegründet, die 1923 im "Landesverband der Weinbautreibenden des Burgenlandes" zusammengeschlossen wurden. In vielen Gemeinden wurden die Weingärten erneuert. Aber schon Mitte der 1920er Jahre gab es eine Überproduktion an "Tischweinen" und einen Verfall der Weinpreise. 1929 wurde durch ein Weingesetz die Produktion von Weinen aus Direktträgern und Hybriden eingeschränkt. Das war ein großes Problem für viele Weinbauern, die noch im "gemischten Satz" produzierten, Theoretisch stand nunmehr nach dem Wegfall der weiten Weinbaugebiete der Monarchie ein großer Markt auch für Qualitätsweine offen. Dieser Chance stand jedoch die Kleinstrukturiertheit und das Fehlen großer Weinhandelsfirmen, die in Ödenburg, Güns und Steinamanger ihren Sitz hatten,  entgegen. Es gab also ein Vermarktungsproblem. Neue Vermarktungsstrukturen mussten erst geschaffen werden. Trotzdem wurden bei internationalen Messen erste sensationelle Erfolge erzielt.

Die Weltwirtschaftskrise unterbrach den Aufstieg des burgenländischen Weinbaues. Der Weinkonsum ging stark zurück, die Weinhändler drückten die Preise. Andererseits reaktivierten viele Arbeitslose ihre kleinen Weingärten. Insgesamt stieg die Rebfläche von 2392 ha im Jahre 1912 auf 8853 ha im Jahre 1936. Vor allem im Bezirk Neusiedl war die Ausweitung beachtlich. Die Weinpreise aber halbierten sich bis 1935 und fielen weiter. Die große Verschuldungswelle erfasste auch die Weinbauern. 1936 wurde die Neuanlage von Weingärten verboten.

Nach dem Anschluss an Deutschland änderte sich die Situation rasch. Noch im März und April 1938 kaufte das Deutsche Reich große Mengen an Wein. Die Preise stiegen, die Handelspreise für Dünge- und Spritzmittel sanken. Weingärten wurden "arisiert", jüdische Weinhändler mussten ihre Betriebe einstellen. Umschuldungsaktionen sollten die verschuldeten Betriebe vor der Zwangsversteiegerung bewahren.Die Schaffung von "Erbhöfen" war kaum möglich, da die meisten Weinbaubetriebe die Mindestgröße von 7,5 ha nicht erreichten. Auch das Teilungsverbot unter den ERben schreckte viele ab. Bald stiegen die Lohnkosten für Saisonarbeiter, die kaum mehr verfügbar waren. Im Verlauf des Krieges wurde die bäuerliche Eigenständigkeit immer mehr eingeschränkt, die Produktion kontrolliert. Auch im Weinbau gab es Ablieferungskontingente. Ab 1940 fiel die Produktion stark, es fehlte an Arbeitskräften. Bei Kriegsende lag der Weinbau in Gefolge der Kriegsschäden, der Zerstörungen und Plünderungen durch die Besatzungsmacht, total darnieder.

Neben der überragenden Bedeutung des Weinbaues spielte der Obst- und Gemüseanbau für die Versorgung der Industriestädte und besonders Wiens eine wichtige Rolle. Steinobst, besonders Kirschen und Marillen, kamen aus dem Nordburgenland, Ananaserdbeeren schon in der Zwischenkriegszeit hauptsächlich aus Wiesen. Im Bezirk Mattersburg erstreckte sich die Erdbeerkulturen bereits auf etwa 1000 Katastraljoch.

Die Obstbaumzählung von 1936 ergab einen Gesamtbestand von 3 207 640 Obstbäumen. 995 116 Apfelbäume standen vor allem im Südburgenland, Birnen kamen hauptsächlich aus den Bezirken Oberwart, Oberpullendorf und Mattersburg, von 362 021 Bäumen. Zwetschken, 952 379 Bäume, überwogen in Oberpullendorf, Oberwart und Güssing. Kirschen- und Weichselbäume wurden 428 493, Marillenbäume 110 298 und Pfirsichbäume 194.412 Bäume gezählt. Der Nussbaumbestand betrug 117.498. Edelkastaanien kamen aus dem Mattersburger Bezirk, aus dem Raum Klostermarienberg und Rechnitz. Vor allem nach dem Anschluss an Österreich wurde der Obstbau stark gefördert.

Der Frühgemüseanbau spielte ebenfalls schon in der Zwischenkriegszeit vor allem für die Versorgung Wiens eine wichtige Rolle. Aus der Neusiedler See- Region kamen Kopfsalat, Tomaten, Zwiebel, Majoran.

Die Weinbauflächen stiegen in den Jahren von 1932 bis 1936 stark an, im Neusiedler und Eisenstädter Bezirk um je 1000 ha.

 

 

 

 

Grafik / Karte

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Sonderkulturen in der Zwischenkriegszeit.

 

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 Literatur:

Schlag, Gerald: Weinbau und Weinwirtschaft. In: Burgenland schreibt Geschichte 1821 bis 2021. WAB 169. Eisenstadt 2021

 

 

 

 

 

 
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