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Die Kampfhandlungen 1945 hinterließen auch im Burgenland schwere Schäden.1200 Wohnungen waren total zerstört, über 4000 teilweise und weitere 5000 waren beschädigt. Zahlreiche Betriebe, Brücken und Straßen waren zerstört. Die sowjetische Besatzungsmacht schädigte die Wirtschaft erheblich. Die Russen betrieben in den Wäldern Raubbau, Rohstoffe, Maschinen und Fahrzeuge wurden beschlagnahmt. Vi8ele Betriebe wurden von den Sowjets als deutsches Eigentum beansprucht, z.B. die Siegendorfer Zuckerfabrik, die Spiritusfabrik Rauchwart, die Ziegelwerke Pinkafeld und viele andere. 43 000 ha (10,8 % der Gesamtfläche und 15 % der land- und forstwirtschaftlich genutzten Fläche) standen unter der Kontrolle der Besatzungsmacht. Der Bevölkerungsverlust durch den Krieg war mit -7,8 % enorm und betrug von 1951 bis 1962 erneut -1,9 %. Die hohe Geburtenrate wurde durch die Abwanderung von nahezu 24 000 Personen in einen Gesamtverlust verkehrt.

Die Rationierung von Lebensmitteln und Konsumgütern blieb bis 1952/53 bestehen. Es fehlte an Rohstoffen, Maschinen, Treibstoffen und Saatgut, an Personenautos, Lastkraftwagen und Autobussen. Die Agrarquote lag 1951 noch bei 63,8 %, doppelt so hoch wie in Gesamtösterreich (32,6 %). Die Landwirtschaft musste wieder auf ein sehr rückständiges Niveau zurückkehren. Pferde- und Kuhgespanne waren noch immer üblich, Traktoren gab es kaum. 1945 gab es nur 25 Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitern und insgesamt mit 4 454 Beschäftigten. Bis 1949 stieg die Zahl der Betriebe auf bescheidene 44 Betriebe, 1951 wurden 6 833 Beschäftigte gezählt. 1956 war die Zahl der Industriebeschäftigten wieder auf 4 921 Personen gesunken. Die Braunkohleförderung erreichte 1947 mit 51 288 t einen Tiefststand, stieg aber bis 1949 wieder auf 157 404 t. Das Gewerbe konnte sich trotz des Materialmangels auf Grund des Nachholbedarfs etwas besser erholen. 1949 wurden 5 751 Gewerbetreibende gezählt - 862 Schuhmacher, 636 Kleidermacher, 589 Schmiede, 206 Wagner, 104 Fassbinder und 79 Sattler. Noch beschieden waren die Zahlen an Installateuren (11), Elektriker (51) und KFZ-Mechaniker (59). Das Baugewerbe hatte mit 550 Betrieben und etwa 3000 Beschäftigten noch Hochkonjunktur.  Schon Ende der 1950er Jahre begann der Niedergang des traditionellen Gewerbes und seine Verdängung durch die industrielle Massenproduktion. Auch der Fremdenverkehr erlitt starke Einbußen. 1956 gab es im gesamten Land nur 1900 Fremdenbetten (1936/37 waren es noch 7 839). Bis 1965 stieg ihre Zahl aber wieder auf 10 000.

Das Pendlerwesen hatte wieder zugenommen. 1961 fand eine statistische Sondererhebung statt. 37 222 burgenländische Pendler, darunter 7 340 Frauen, wurden gezählt.

Die schwere Krise, die 1951/52 Österreich erfasste, wirkte sich im Burgenland weit länger, bis in die Jahre 1953/54, aus. Die Arbeitslosigkeit war sehr hoch, 1953 etwa waren 8 607 Burgenländer arbeitslos, mehr als damals in der gewerblichen Wirtschaft beschäftigt waren. 3 286 Maurer und 1 776 Bauhelfer waren als Stellensuchende vorgemerkt. Auch in den folgenden Jahren blieb das Burgenland im Schatten der einsetzenden Hochkonjunktur. Der Bruttoproduktionswert der gewerblichen Wirtschaft betrug 1953 im gesamtösterreichischen Durchschnitt schon 24.330 S pro Einwohner, im Burgenland aber lag er bei 7.030 S. Es wurde bald klar, dass das Problem des Burgenlandes nicht nur ein konjunkturelles, sondern ein strukturelles war: es gab einfach nicht genug Dauerarbeitsplätze. Alarmierend war, dass viele Jugendliche keinen Lehrplatz fanden. Zwar wurde schon 1952 eine "Enquete" veranstaltet, bei der die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Vorschläge für eine Lösung des Problems machte, diese Vorschläge aber zeigten schon damals die Hilflosigkeit derartiger Versuche: vorgeschlagen wurden die Errichtung einer Seedammstraße zischen Mörbisch und Illmitz, Nutzung des Schilfes, Abbau von Braunkohlelager, Ausbau der Stoober Töpferei... Ähnliche Vorschläge machte auch die Arbeiterkammer. An eine weitergehende Industrialisierung dachte man nicht oder wollte man nicht denken. Das ging zunächst noch über den Horizont der "mittelständischen" burgenländischen Wirtschaftstreibenden in den Kammern. An ein wirtschaftspolitisches Gesamtkonzept dachte noch niemand.

In der Industrie herrschte in den ersten Nachkriegsjahren eine Scheinblüte, die durch den kriegsbedingten Mangel hervorgerufen wurde. Auf sie folgte ein umso schwerer Rückschlag Anfang der 50er Jahre. Auch noch 1953/54 stagnierte die burgenländische Industrie, obwohl im übrigen Österreich der Aufschwung längst wieder eingesetzt hatte. Die Struktur der Industrie (hauptsächlich Textilindustrie), die Größe der Betriebe (Klein- bis Mittelbetriebe), die mangelhafte Kapitalausstattung, aber auch der geringe Ausbildungsgrad der Facharbeiter erwiesen sich schon damals als schwere Nachteile. Ab 1953 mussten die burgenländischen Textilbetriebe ihr Personal erheblich reduzieren, bis 1954 auf etwa die Hälfte. Allein die" Hanf-Jute" in Neufeld baute zwischen 1952 und 1954 mehr als 1000 Beschäftigte ab. 

Völlig am Boden lag nach dem Krieg und auch noch viele Jahre später der Fremdenverkehr. Die beiden Kurorte waren zerstört und in der Hand der Besatzungsmacht. Es gab kaum Hotels oder Beherbergungsbetriebe, bestenfalls einige Gasthöfe mit wenigen Fremdenzimmern. 1954 standen im ganzen Land erst etwa 1500 Betten in Beherbergungsbetrieben zur Verfügung ( 128 421 Übernachtungen, das waren etwa 40 % der Vorkriegsleistung; der Ausländeranteil betrug nur 6 %). Anfang der 50er Jahre zeichnete sich schon der neue Trend zum Camping ab, die ersten Campingplätze wurden eröffnet. Die ersten Bemühungen der Landesregierung zur Wiederbelebung des Fremdenverkehrs konzentrierten sich auf Bad Tatzmannsdorf. Es gelang, 4 Mill.S aus dem ERP-Fonds zu bekommen. Weitere Investitionen aus Landesmitteln in der Höhe von 16 Mill. folgten. 1953 wurde der Kurbetrieb mit 120 Betten im Kurhotel und 200 Privatbetten aufgenommen.

"Die Problematik der burgenländischen Wirtschaftsstruktur lag in den fünfziger Jahren weiterhin in der hohen Agrarquote (nach der Volkszählung des Jahres 1951 entfielen 63,1 % der berufstätigen Wohnbevölkerung auf die Land- und Forstwirtschaft), im geringen Entwicklungsstand der gewerblichen Wirtschaft und daraus resultierend in einer beträchtlichen Zahl von Wanderarbeitern (1957 stammten 40 % des Lohneinkommens oder 16 % des Volkseinkommens aus Wanderarbeit in anderen Bundesländern), starken saisonalen Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt, einer im Vergleich zu anderen Bundesländern überproportionalen Arbeitslosenrate und in der bescheidenen Finanzkraft des Landes und der Gemeinden".

 

 

 

 

 

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Quellen

  • Karl Bachinger, Geschichte der gewerblichen Wirtschaft des Burgenlandes, S.210
  • Tiefenbach, Josef: Wirtschaft und Gesellschaft im Burgenland 1938 - 1970. IN: Burgenland schreibt Geschichte 1921 bis 2021. WAB169, Eisenstadt 2021
 

 

 
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