Die SPÖ hatte zahlreiche interne Probleme. Auch die ÖVP blieb von schweren inneren Auseinandersetzungen nicht verschont. Die Kritik am Landesparteiobmann Grohotolsky schwelte jahrelang, die jüngeren Parteifunktionäre waren unzufrieden, da die ÖVP unbeweglich schien und die schwere Krise des politischen Gegners nicht nützen konnte. Nach einem Jahr zum Teil recht heftiger Auseinandersetzungen um die Nachfolge Grohotolskys entschied der ÖVP-Landesparteitag schließlich für Franz Sauerzopf. Am 27.Jänner 1986 wurde Sauerzopf auch Landeshauptmann - Stellvertreter. Zu einer Regierungsumbildung kam es aber zunächst nicht. Dr. Widder schied als zweiter Landtagspräsident aus, er wurde Direktor der Hypo-Bank. Sein Nachfolger wurde der Neusiedler Mandatar Halbritter; ÖVP-Klubobmann wurde der Südburgenländer Dr. Dax.
Die Zusammenarbeit mit der SPÖ wurde aber keineswegs aufgekündigt, ja sie wurde unter Sauerzopf noch intensiviert. Das ging so weit, dass man sich zur wechselseitigen Vorinformation und zur gemeinsamen Information der Öffentlichkeit verpflichtete. Erstmals wurde - der immer heftiger werdenden Kritik der Öffentlichkeit und der Opposition Rechnung tragend - vereinbart, Objektivierungsrichtlinien für die Personaleinstellung im Verwaltungs- und Schulbereich auszuarbeiten. Bald zeigte sich aber, dass die Großparteien unter Objektivierung recht verschiedenes verstanden. Die SPÖ beschloss ein Objektivierungsgesetz, die ÖVP initiierte dagegen eine Volksabstimmung.
Ende März 1987, nach einigen Spekulationen um die Vorverlegung der Wahl, legte Kery die Ziele für seine Partei fest: Eindeutige Mehrheit von über 50 % und von 19 Mandaten. "Wir haben die Glaubwürdigkeit, die Leistungen und den Willen zur Verantwortung auf unserer Seite." Kery legte also die Latte hoch, obwohl er wusste und zugab, dass der "Trend" gegen die führende Partei ging. Im Juni 1987 übernahm der erweiterte Landesparteivorstand dieses Ziel. Es war aber auch in weiten Parteikreisen durchaus klar, dass das Ergebnis diesmal nicht so eindeutig für die SPÖ ausfallen würde.
Das Ergebnis der Nationalratswahl ließ kein gutes Ergebnis für die burgenländischen Großparteien erwarten. Die SPÖ war unter die 50 % - Grenze gefallen - eine Folge der schweren inneren Auseinandersetzungen. Die Frage war, wie die kleinen Parteien - FPÖ, Grün - Alternative und die Liste Matysek - abschneiden würden.
Die Freiheitlichen hatten bei der Nationalratswahl mit nahezu 10 000 Stimmen im Burgenland hervorragend abgeschnitten, im Lande aber hatten sie mit schweren Organisationsdefiziten zu kämpfen. FPÖ-Spitzenkanditat wurde nunmehr der Eisenstädter Richter Dr. Wolfgang Rauter. Der Spitzenkandidat der Grün-Alternativen war der ehemalige Sozialist Pius Strobl.
Zwar wollten sie alle das Ende der" Ära Kery", über die Situation nach der Wahl gab es aber nur Spekulationen, unter anderem über ein Zusammengehen von ÖVP und FPÖ, was von Sauerzopf und Rauter gelegentlich erwogen, dann aber wieder verworfen wurde.
In der ÖVP-Wahlwerbung spielte die "rote Parteibuchwirtschaft" eine wichtige Rolle - worauf die SPÖ mit dem Aufzeigen von ÖVP- "Interventionen" und mit dem Hinweis auf das "schwarze" Niederösterreich antwortete.
Als Beispiel für die ohnedies geringe Einflussnahme der SPÖ wurde angeführt, dass etwa im Bezirk Güssing von 27 Volksschuldirektoren nur 5 ein "rotes" Parteibuch hätten... Diese ganze Diskussion schadete - wie sich nach der Wahl herausstellte, beiden Großparteien enorm, denn dadurch wurde immer mehr Menschen bewusst, wie sehr die Postenvergaben nach dem "Proporz" erfolgten.
Eine weitere wichtige Rolle im Wahlkampf spielte neben den vielen Skandalen der "Wirtschaftskrieg" (Kronenzeitung). Sauerzopf wurde von der SPÖ vorgeworfen, einen Vertrauensbruch durch Weitergabe eines geheimen Vertrages begangen zu haben. LH Kery brachte außerdem - ohne den Gewerbereferenten Sauerzopf zu informieren - einen Antrag auf eine Kreditaktion für Nahversorger und Kleingewerbetreibende ein. Die ÖVP fühlte sich übergangen. Dazu kam, dass die SPÖ auch in der BIBAG mehr Einfluss anstrebte - wieder zu Lasten des Gewerbereferenten Sauerzopf... Dieser fühlte sich durch Kery an die Wand gespielt und antwortete auf Kerys Vorstoß mit der Forderung nach Ausweitung der Kreditaktion von 100 auf 300 Millionen.
Die Grundtendenz des SPÖ- Wahlkampfes war es, zu beweisen, dass die schwere Industriekrise gemeistert war, dass der Umstieg in "Hochtechnologie" begonnen habe, dass die Arbeitsplätze sicher seien. "Kein anderes Land hat die Krise besser überstanden und so viele Firmenzusammenbrüche aufgefangen wie das Burgenland. Diese Erfolge scheinen manchen Kräften ein Dorn im Auge zu sein. Miesmacherei, die dem Land schadet." (SPÖ - Wahlkampfprospekt aus dem Mai 1987). Dieser Aspekt war insofern von großer Bedeutung, als es im Winter 1986/87 noch eine sehr hohe Arbeitslosigkeit gegeben hatte; noch im März 1987 lag sie bei 14,7 %. Darauf wies die ÖVP auch immer wieder hin. Ebenso machte sie darauf aufmerksam, dass die Sanierung der "Großbetriebe" hunderte Millionen verschlang, für die Gewerbebetriebe aber nur wenig Förderung blieb.
Mit der SPÖ schloss die ÖVP ein Koalitionsabkommen, das auch - erstmals seit 1968 - auch wieder schriftlich festgehalten wurde. In fünf Punkten wurde die Zusammenarbeit vereinbart. Dem "Partner" wurde Informationspriorität zugestanden, d.h. sollte es zu unterschiedlichen Auffassungen kommen wäre die jeweils andere Fraktion zuerst zu informieren, bevor man an die Öffentlichkeit geht. Erst nach resultatlosen Gesprächen darf die Öffentlichkeit informiert werden. Eine Einigung über "Objektivierungsrichtlinien" in Personalfragen wurde beschlossen. Sipötz dazu: "Was früher 'Packelei' geheißen habe, nenne sich nun eben Zusammenarbeit" ... (BF 12.2.1986,S.3)
ÖVP - Experiment mit der Vorwahl
Im Jahre 1975 führte die ÖVP als erste burgenländische Partei Vorwahlen durch; alle Parteimitglieder durften sich beteiligen. Die endgültige Reihung der Kandidaten führte dann aber doch die Landesparteileitung durch, was eine gewisse Missstimmung zur Folge hatte.
Fred Sinowatz im Wahlkampf:
"... Die Vorwahlzeit ist ... ins Land gezogen und mit ihr die Sprücheklopfer und Besserwisser, die Verleumder und Scharlatane der Politik...jetzt melden sie sich lautstark zu Wort: Die Krankjammerer von der ÖVP ... Dann die Unbekannten von der FPÖ, die plötzlich ihre Anonymität verlassen haben ... Die Grünen, die bisher offenbar im Verborgenen geblüht haben... Alle miteinander haben am Aufbauwerk der Burgenländer nur als Zaungäste und bestenfalls als Ezzesgeber mitgewirkt; die harte Arbeit haben sie der Führungskraft im Lande, den Sozialisten, überlassen...
Die burgenländischen Sozialisten mit Theodor Kery an der Spitze haben keine Wunder bewirken können, aber sie haben in bewundernswerter Arbeit aus dem Armenhaus Österreichs eine liebenswerte und lebenswerte Heimat gemacht. Die anderen reden und reden, schimpfen und schimpfen, was soll das? ..."
BF 29.Juli 1987
Die Burgenland - Milliarde
Landeshauptmannstellvertreter Sauerzopf trat mitten im Wahlkampf mit einer neuen Idee an die Öffentlichkeit: Der burgenländischen Wirtschaft sollte eine kräftige Förderung durch eine Milliarde Schilling zugeführt werden. Das Geld sollte durch Privatisierung der Landesbetriebe, vor allem der BEWAG, aufgebracht werden. Heftige Angriffe auf die Führung der BEWAG begleiteten diese Forderung. Ebenso dachte man an die Hypobank und an die Kurbad Tatzmanssdorf AG. Bei der SPÖ stieß dieser Plan zunächst auf heftigste Ablehnung. Vor allem argumentierte man mit einer zu erwartenden kräftigen Strompreiserhöhung für die Konsumenten. Die BEWAG hätte dann kein Geld für Investitionen, könne sich nicht an der Entwicklung alternativer Energien beteiligen ... Auch die Arbeiterkammer wandte sich strikt gegen eine Privatisierung.
Ein weiterer "Wahlkampfschlager" der ÖVP war die "Gemeindetrennung" , dort wo die Bevölkerung die Zusammenlegung nie akzeptiert hatte. Nunmehr setzte sich die ÖVP dafür ein. Sie griff also wirksame Themen auf - gegenüber einer SPÖ , die nach wie vor auf Kery ("mit Erfahrung die Zukunft sichern") setzte.
Im Juni 1987, also noch knapp vor der Wahl, wurden noch einige wichtige Gesetze beschlossen: die neue Gemeindeordnung, die die Ortsteile und die Rechte der Bürger aufwertete, ein Landwirtschaftsförderungsgesetz (Schulung, Beratung, Forschung), eine Krankenanstaltengesetznovelle; zum wichtigsten Gesetz, dem so genannten Objektivierungsgesetz, verweigerte die ÖVP die Zustimmung und brachte einen Antrag auf eine Volksabstimmung ein - ein Antrag, der später noch zu einem großen Problem werden sollte. Die SPÖ argumentierte im Wahlkampf, dass das Gesetz längst fertig sei, dass es der ÖVP lediglich um ihren Einfluss in der Besetzungskommission gehe.
ÖVP - Wahlkampfslogans zur "Objektivierungsproblematik"
"Gegen Machtmißbrauch!"
"Freiheit vor Parteiterror"
"Wer jetzt 'nein' sagt zum roten Parteibuchgesetz, verhindert, daß die Burgenländer weiter buckeln müssen, wenn sie in den Landesdienst wollen"
Die ÖVP warf der SPÖ also vor, dass der Parteiterror und die Parteibuchwirtschaft und der damit verbundene Machtmissbrauch im Burgenland unerträglich geworden seien - ein Vorwurf, den die SPÖ immer wieder mit Entrüstung zurückwies, indem sie auf die Mitregierung der ÖVP und auf deren Methoden in den von der ÖVP dominierten Organisationen hinwies.
Kery zur wirtschaftlichen Entwicklung
...Ohne Arbeit funktioniert keine Umweltpolitik und Beschäftigungslosigkeit war immer wieder Ursache für inneren Unfrieden und weltweite Konflikte. Dazu kommt, daß gerade die burgenländischen Gemeinden ohne Arbeit zum Aussterben verurteilt wären. Dann ginge überhaupt nichts mehr ..."
Wahlkampfprospekt der SPÖ, Mai 1987
Das Ergebnis: Verluste für die Großparteien, FPÖ im Landtag
Unmittelbar vor der Wahl, im September 1987, lebten die vielen Spekulationen, die von einem Zusammengehen der ÖVP mit der FPÖ sprachen, wieder auf. Das "TV- Duell" zwischen den Spitzenkandidaten eine Woche vor der Wahl verlief eher unspektakulär, in höflicher Atmosphäre. Auch der Schlusswahlkampf verlief ruhig.
Das Ergebnis der Wahl fiel dann aber deutlicher aus, als die Großparteien erwartet hatten: 17 Mandate SPÖ, 16 ÖVP, 3 FPÖ
Die SPÖ verlor 5,9 % der Stimmen und drei Mandate, die ÖVP sank weiterhin um 1,5 % ab. Eindeutige Gewinnerin der Wahl war die FPÖ, die 7,3 % der Stimmen erreichte. Die Grün-Alternativen und die "Burgenland-Initiative Matysek" erreichten ihre Wahlziele, den Einzug in den Landtag, nicht annähernd. Sehr hoch war erstmals im Burgenland der Anteil der Nichtwähler und die Zahl der ungültigen Stimmzettel. Selbst die sozialistische Parteizeitung sprach von "erdrutschartigen Veränderungen".
Kery trat nach diesem Wahlergebnis am nächsten Tag zurück und schlug Hans Sipötz als seinen Nachfolger vor. Am 5.Oktober 1987 wurde dann der Lehrer Hans Sipötz vom Landesparteivorstand der SPÖ als Nachfolger Theodor Kerys bestimmt.
SPÖ: Innerparteiliche Konsequenzen der Wahlniederlage
Am 12.Dezember 1987 hielt die burgenländische SPÖ in Oberschützen ihren Parteitag ab. Der neue Spitzenkandidat Sipötz erklärte die Wahlniederlage mit einer zu zögernden Darstellung des Arbeitsprogrammes "Burgenland '90" und mit einem "verfahrenen Verhältnis" zu den Medien. Der Wertewandel müsse, so sagte er, von der SPÖ genauer erfasst werden, ein neues Verhältnis zwischen Staat und Privat sei zu finden; man müsse der Jugend Utopien bieten. Der Problemkomplex "Parteibuchwirtschaft" sollte durch ein neues Gesetz entdämonisiert werden. "Ein neues sozialdemokratisches Zeitalter - das ist das große Vorhaben von Sipötz " - schrieb die parteieigene Zeitung. Sipötz nahm für sich eine politische Stiländerung in Anspruch: Diskussion und Transparenz sowie Teamarbeit sollten in den Vordergrund treten.
Es gab am Parteitag durchaus auch Ansätze zur Selbstkritik - eine für die burgenländischen Sozialisten eher ungewöhnliche Vorgangsweise, wie die BF schrieb. So sagte etwa Sinowatz: " Manchmal gab es Selbstgefälligkeit statt Selbstbewusstsein, Überheblichkeit statt Überlegenheit".
Heftige Angriffe kamen von der Vertreterin der Jungen Generation in der SPÖ, vor allem bezüglich der innerparteilichen Demokratie. Diese Kritik wurde aber als zu wenig konstruktiv zurückgewiesen.
In der "Privilegiendiskussion", die schon im Wahlkampf wichtig war und seither in der burgenländischen Politik bis heute immer wieder auflebte, wurde ein damals bemerkenswerter Beschluss gefasst:
" Abgeordnete der SPÖ Burgenland zum Nationalrat, Bundesrat und Landtag dürfen in Zukunft neben ihrer beruflichen Tätigkeit keine weitere bezahlte politische Funktion ausüben." Eine Kommission sollte Durchführungsbestimmungen erarbeiten.
Auffallend war vor allem der starke Rückgang der Wahlbeteiligung um 5,1 %, darunter relativ viele SPÖ-Wähler; eindeutiges Ergebnis dieser Wahl war die beginnende Auflösung des relativ "statischen" Verhaltens des burgenländischen Wählers, der aus "Tradition" eine Partei bevorzugte. Die Verluste der SPÖ konzentrierten sich auf ihre früheren "Hochburgen", und zwar vor allem auf jene, in denen der Anteil der Arbeiter zugunsten der Angestellten immer mehr zurückgegangen war. Die FPÖ gewann nahezu in allen Gemeinden, besonders stark aber in jenen mit hohem evangelischen Bevölkerungsanteil.
Sipötz zur Wahlniederlage:
"Am Sonntag ist ... eine Ära zu Ende gegangen. Sie ist für Theodor Kery, der diesem Land seit mehr als zwei Jahrzehnten seinen Stempel aufgedrückt hat, mit einem politischen Tiefschlag zu Ende gegangen...
... Die SPÖ Burgenland wird in den nächsten Tagen keinerlei Bereichsansprüche stellen, sie wird aber auch nicht vergessen, dass sie trotz einer Wahlniederlage mit mehr als 47 % die eindeutig führende Kraft ist und dass auch die zweitstärkste Partei trotz ihrer Herausfordererrolle an einem Tiefstand weitere Stimmen und Prozente abgegeben hat ..." (BF 7.10.1987,S.2)
" Nach den starken Verlusten am 4.Oktober, der für die SPÖ, aber auch für die ÖVP ein 'Qualsonntag' war, nahm der seit 21 Jahren amtierende Landeshauptmann Theodor Kery die Verantwortung auf sich und legte sein Amt in jüngere Hände ..." (BF 7.10.87,S.2)
Als neues Mitglied in der sozialistischen Regierungsmannschaft wurde Dr. Christa Krammer nominiert, die das Kulturreferat übernahm. Krammer, geboren in Deutschkreutz, Lehrerin, seit 1984 Direktorin an der Handelsakademie Oberpullendorf, war zuvor Abgeordnete im Bundesrat. Später wurde sie von Kanzler Vranitzky als Gesundheitsministerin in die Regierung berufen.
Der neue Parteiobmann Hans Sipötz war 46 Jahre alt, Lehrer; 26-jährig hatte er erste polit.Funtion im Gemeinderat von Pamhagen übernommen. 1974 wurde Landtagsabgeordneter, 1977 Bürgermeister in Pamhagen und 1984 Landesrat für Kultur, Gesundheitswesen, Soziales
Das Abkommen ÖVP-FPÖ und die sensationalle Wahl von Hans Sipötz zum Landeshauptmann
Im Landtag war der Mandatsstand 17 SPÖ,16 ÖVP, 3 FPÖ. Die SPÖ erhob den Anspruch auf den Landeshauptmann und vereinbarte mit der ÖVP, keine Gespräche mit den Freiheitlichen zu führen. Die SPÖ signalisierte sogar, dass sie bereit sei, von ihrem Widerstand gegen die Privatisierung abzurücken. In der ÖVP war anscheinend der größere Teil der führenden Funktionäre für ein Zusammengehen mit den Freiheitlichen. Am 12.Oktober, in einer Sitzung des ÖVP-Vorstandes, wurde eine "kleine Koalition" mit den Freiheitlichen beschlossen. Damit erhob auch Franz Sauerzopf von der ÖVP Anspruch auf den Landeshauptmann. Er gab dies am 14.Oktober in einem Gespräch mit dem Fernsehen bekannt und fügte hinzu, dass er gegen eine Aufteilung der Macht durch die beiden Großparteien sei. Sipötz sagte ein Gespräch mit Sauerzopf ab. Gespräche der ÖVP mit den Freiheitlichen wurden bekannt, in denen bereits ein umfangreicher Katalog von Sachfragen abgeklärt worden war. Sauerzopf sprach von einer "weitgehenden Einigung", Rauter von einer "interessanten Annäherung". Am 16. Oktober schrieb der Kurier, dass sich Sauerzopf und die Freiheitlichen einig seien. Weitere Gespräche ÖVP-FPÖ am 18.Oktober verliefen "sachlich", brachten aber keine Einigung. Daraufhin brach die SPÖ ihre Verhandlungen mit der ÖVP ab und nahm ihrerseits Kontakte zur FPÖ auf. Verhandlungen am 19. Oktober verliefen ebenfalls sachlich, Ausschüsse sollten Detailfragen klären. Am 20.Oktober gab es ein weiteres Gespräch ÖVP - FPÖ. Rauter gab bekannt, dass er Sauerzopf wählen werde und berief sich dabei auf den eindeutigen Willen der FPÖ - Basis. Die SPÖ sprach von einem "Landeshauptmann auf Widerruf". Sie meinte, das Burgenland würde unregierbar, da die Sozialisten ja auch weiterhin die Mehrheit in der Landesregierung stellen würden.
Die entscheidende Sitzung des neu gewählten Landtages fand am 30. Oktober 1987 statt - und sie endete mit einem Knalleffekt, der ungeheures Aufsehen hervorrief. Das geplante Zusammengehen ÖVP-FPÖ scheiterte. Der neue Landtagspräsident Rittsteuer (ÖVP) wurde mit ÖVP-und FPÖ-Stimmen gewählt. Der alte Landtagspräsident Matthias Pinter hielt seine Abschiedsrede. Bei der Wahl des Landeshauptmannes gab es dann jedoch eine Überraschung: Als stimmenstärkste Partei präsentierte die SPÖ zunächst ihren Kandidaten Sipötz und dieser bekam 18 Stimmen, also eine mehr als erwartet. Die Vermutungen, wer Sipötz die Mehrheit verschafft haben könnte, richteten sich vor allem auf Gregor Munzenrieder, einem freiheitlichen Mandatar aus dem Neusiedler Bezirk. Aber auch über einen "Umfaller" in der ÖVP wurde spekuliert. Da die Wahl geheim war blieben das aber alles Vermutungen.
Zur Vorgeschichte des Abkommens zwischen ÖVP und FPÖ
Schon im Feber 1987, also lange vor der Landtagswahl, wurde über ein Zusammengehen zwischen den beiden "bürgerlichen" Parteien spekuliert. Sauerzopf gab bekannt, dass er auf eine starke FPÖ hoffe. In der FPÖ war damals die Obmannfrage noch ungeklärt.
Als möglicher neuer Obmann war Robert Dürr, ein junger Bauer aus Nickelsdorf und Mitorganisator der Bauernblockaden an den Grenzübergängen, im Gespräch. Er wurde offenbar zunächst auch vom Bundesparteiobmann Jörg Haider favorisiert. Dann geriet Dürr aber unter Dauerbeschuss der Medien, die ihn als rechtsradikal bezeichneten. Auf erste Annäherungen durch Sauerzopf antwortete Jörg Haider anlässlich einer Landesparteileitungssitzung der FPÖ Burgenland ablehnend. Zahlreiche weitere Gerüchte und eine Österreich weite Medienresonanz löste Sauerzopf mit einem Interview für die Wochenpresse aus: "Die FPÖ, wenn sie die Fünfprozentklausel übersteigt, kommt ins billige Reststimmenverfahren. Und das heißt, dass sie zwei Mandate mehr bekommt. Wir brauchen nur eines dazu gewinnen - dann ist der Herr Kery weg!" Daraufhin im Kurier: "Geklärt scheint zu sein, dass Sauerzopf und die FPÖ nach gewonnenen Wahlen koalieren und Kery gemeinsam stürzen". Zwei Wochen später ließ Sauerzopf freilich dementieren: " Überlegungen, wonach nach den Landtagswahlen die ÖVP und die FPÖ in einer kleinen Koalition die Landessozialisten vom Thron stürzen wollen, verweist der VP- Parteichef Franz Sauerzopf ins Reich der Phantasie." (Burgenland - Kurier)
Nach dem Rücktritt des langjährigen Parteiobmannes Rezar und dem kurzen Zwischenspiel von Bucher und Pelikan war der Zurndorfer Kaufmann Paul Schiessler freiheitlicher Landesparteiobmann geworden. Mit dem jungen Bauernfunktionär und Mitbegründer der Notwehrgemeinschaft der Bauern, Robert Dürr, begann die Obmanndiskussion wieder aufzuleben. Am 29.März 1987 fand ein Sonderparteitag der burgenländischen FPÖ statt, der über die Kandidaten bei der Landtagswahl entscheiden sollte. Man einigte sich schließlich auf ein Team von vier Kandidaten: Schiessler, Dürr, den Eisenstädter Richter Dr. Rauter und den Bad Tatzmannsdorfer Architekten Grünberger, der bald durch den Lehrer Eduard Nicka ersetzt wurde.
Jedenfalls wurde Sipötz als neuer Landeshauptmann angelobt und Ende 1987 auch zum neuen Landesparteivorsitzenden gewählt. Im April 1988 bestätigte dann auch der Verfassungsgerichtshof die umstrittene und angefochtene Wahl.
Die positive Seite des Wahlergebnisses bestand darin, dass die nunmehr unsicheren Mehrheitsverhältnisse den Landtag erheblich aufwerteten. Im Landtag begann eine durch interessante Diskussionen belebte Phase der Arbeit an neuen Gesetzen, darunter das Objektivierungsgesetz für die Postenvergabe im öffentlichen Dienst. Es begann in dieser Zeit auch die Diskussion über eine Änderung des Wahlrechtes in Richtung mehr Persönlichkeits- und Direktwahl.
Die Regierungsverhandlungen gestalteten sich als äußerst schwierig, da die ÖVP zunächst das Personalreferat, die Wirtschaftsförderung, den Fremdenverkehr ... verlangte. Schließlich kam es aber doch überraschend einfach zu einem Übereinkommen. Sipötz: " Eine tragfähige Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit in der neuen Legislaturperiode. Es wurde ein Weg gefunden, der für unser Land sicherlich die beste Lösung bedeutet." In einer Zusatzvereinbarung beschlossen ÖVP und SPÖ ein neues Objektivierungsgesetz.
Es kam zu einer gemeinsamen Regierungserklärung und zu einem einstimmigen Beschluss über das Budget 1988. Sipötz kündigte als Hauptziel der neuen Regierung einen "Modernisierungsschub" an: aktive Arbeitsplatzpolitik, Ausbau der Verkehrswege für die Pendler, Arbeitnehmerförderung, neue Strukturen in der Landwirtschaft (neue, qualitätsbewußte Produktionsmethoden, Marketing und Werbung) und die Dorferneuerung. Objektivierung der Postenvergabe und Verwaltungsreform sollten weitere Ziele sein. Die Regierungserklärung stand unter dem Motto "Qualität Burgenland" .
Die geplante Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ wurde unter diesen Umständen bald beendet, die FPÖ kündigte den Pakt. Gregor Munzenrieder wurde zwar nicht aus seiner Partei ausgeschlossen, distanzierte sich aber immer mehr von seiner Fraktion, die aber ihrerseits durch den Übertritt des ÖVP-Mandatars Gabriel Wagner in den FPÖ-Klub Verstärkung erhielt. In dieser schwierigen Situation und nachdem die starken Emotionen abgeflaut waren kam es erneut zu einer Zusammenarbeit zwischen den Großparteien, die sich im Laufe des Jahres 1988 verstärkte.
Die Freiheitlichen wurden zunehmend isoliert und hatten nach der Aufkündigung des Abkommens mit der ÖVP auch keine Möglichkeit mehr, Gesetzesanträge einzubringen. Von den großen Regierungsvorhaben konnte nur wenig verwirklicht werden. Vor allem die Verwaltungsreform stockte, da die Beamtenschaft geschlossen Widerstand leistete; auch die Neuorganisation der BIBAG ging zunächst nur langsam voran; erst im Juli 1988 konnte der Vertrag unterzeichnet werden. In den Aufsichtsrat der neuen BIBAG zogen fünf Vertreter des Landes und je zwei der Handelskammer und der Hypobank ein. Die wirtschaftliche Entwicklung kam der politischen Wiederannäherung von SPÖ und ÖVP entgegen. Die Beschäftigungslage war günstig. Probleme bereitete allerdings der Umweltbereich, da hier die Kompetenzen zu sehr aufgesplittert waren. Ein Problem, das jahrelang ungelöst war, die Abwasserentsorgung des "Römersees" in Wiesen und der Siedlung des angrenzenden Keltenberges, konnte zwar durch entschlossenes Auftreten des "Umweltlandesrates" Ehrenhöfler gelöst werden, der Wunsch der ÖVP nach einer Novellierung des Kanalgesetzes brachte aber neue Schwierigkeiten.
Die erste Volksabstimmung im Burgenland
Am 24.Jänner 1988 kam es zur ersten Volksabstimmung im Burgenland, und zwar über ein Objektivierungsgesetz, das bereits hinfällig war, da man sich auf eine Neufassung geeinigt hatte. Trotzdem musste man die Volksabstimmung durchführen und die ÖVP erhoffte sich davon wohl auch eine Mobilisierung und Sensibilisierung in der Privilegienfrage. Strittiger Punkt war der Vorsitz in der Objektivierungskommission, wo die ÖVP einen unabhängigen Richter haben wollte. Die Beteiligung an dieser Volksabstimmung war allerdings gering (etwa 19 %). Der neue, gemeinsame Gesetzesentwurf sah für jede Erstaufnahme in den Landesdienst eine Ausschreibung vor; eine Objektivierungskommission, bestehend aus je drei Dienstgeber- und Dienstnehmervertretern sollte die Eignung feststellen; ein Objektivierungskatalog wurde vorgegeben. Im höheren Dienst sollte zudem die Stellungnahme eines Management- und Personalberatungsbüros eingeholt werden.