Die Parole der Sozialisten für die Landtagswahl im Herbst 1977, "Unser Burgenland - lebenswert, liebenswert", wurde auf dem Landesparteitag in Neudörfl ausgegeben, vor einer überaus selbstbewussten und siegessicheren SPÖ, die damals nahezu 30 000 Parteimitglieder hatte und im ÖVP-Spitzenkandidaten Soronics keinen ernstzunehmenden Gegner sah. Als Ziel für die nächste Gesetzgebungsperiode wurde die Schaffung von 15 000 neuen Arbeitsplätzen, der Ausbau der Wasserversorgung, die Abwasser- und Müllentsorgung, der Ausbau der Wohnbauförderung, der Spitäler und des Fremdenverkehrs angegeben.
Im Verlauf des Lantagswahlkampfes traten dann aber unvorhergesehene Themen in den Vordergund. In einem ORF - Interview am Pfingstsamstag erklärte sich Kery sehr eindeutig als Atomkraftbefürworter und ging sogar so weit, zu erklären: " Ich würde genauso ruhig schlafen und genauso ruhig spazieren gehen wie heute, wenn hinter meinem Haus Atommüll lagern würde." In der Landtagswahl vom 2. Oktober 1977 spielte also erstmals die Umweltproblematik eine größere Rolle. Kerys Aussage wurde von der ÖVP heftig angriffen. Sie ließ "Totenkopfplakate" drucken, in denen sie im Mittelburgenland vor einem Atommülllager warnte. Die starke Technikgläubigkeit Kerys sollte in der Folgezeit noch wiederholt zu Problemen führen.
Eine weitere Frage war die, ob im Raume Deutsch Schützen ein großes Braunkohlenbergwerk eröffnet werden sollte. Die Geologen stellten auf burgenländischer Seite ein Vorkommen von 50 Mill. t Braunkohle in 15 m Tiefe fest. Das Vorkommen setzt sich auf ungarischer Seite bis auf 200 m Tiefe fort. Im Gespräch war nicht nur ein großes kalorisches Kraftwerk, sondern auch die Erzeugung von Methanol. Kery trat für eine enge Zusammenarbeit mit Ungarn ein. In Gesprächen mit dem Nachbarland wurde zunächst der Abbau in Ungarn und ein Kraftwerk in Österreich geplant. Die Leistung des Kraftwerkes sollte in zwei Ausbaustufen bis auf 1200 Megawatt gesteigert werden. Ab 1985 sollten die Ungarn die Kohle anliefern. 500 Arbeitsplätze sollten entstehen. Der Investitionsbedarf betrug mehrer Milliarden Schilling. Die betroffene Bevölkerung war von diesen Aussichten wenig begeistert....
Ein weiterer Wahlkampfschlager war die "Kerystiftung". Die ÖVP warf dem Landeshauptmann vor, dass Gewerbetreibende und Privatpersonen gezwungen würden, einen Beitrag zu dieser Stiftung zu leisten. In einer dringlichen ÖVP-Anfrage im Landtag hieß es: "...gezahlt haben Burgenländerinnen und Burgenländer, die Angst hatten oder haben, es sich mit der SPÖ oder dem Herrn Landeshauptmann oder dem Herrn Generaldirektor Horwath (BEWAG) zu verderben. Aus Angst, aus Unkenntnis, aber nicht aus Begeisterung für die Stiftung wurde das Geld bezahlt..."
Der rasche wirtschaftliche Aufschwung hatte allerdings dazu geführt, dass viele Burgenländer die Entwicklung des Landes sehr positiv sahen. Landeshauptmann Kery war auch geschickter in seinem Einsatz der Medien, überzeugte in einer Fernsehkonfrontation mit dem ÖVP-Kandidaten Soronics und entschied so den Persönlichkeitswahlkampf eindeutig für sich. Hinter ihm stand allerdings auch ein sehr schlagkräftiger Parteiapparat, der damals den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht hatte. Er konnte auf ein gewaltiges Potential an Vertrauensleuten und Helfern zurückgreifen. Tatsächlich zweifelte auch kaum jemand am Wahlsieg der SPÖ. Dieser fiel nur weit deutlicher aus, als man in der ÖVP gehofft hatte. Die SPÖ erhielt am 2.Oktober 1977 51,9% der Stimmen und 20 Mandate, die ÖVP 45,1 % der Stimmen und 16 Mandate. Die Freiheitlichen zahlten die Zeche für die ungeschickte, stark an die SPÖ angelehnte Politik ihres Spitzenkandidaten Rezar: sie verloren stark an Stimmen und ihr einziges Mandat. Nur wenige Wochen nach der Landtagswahl fanden auch Gemeinderatswahlen statt. Sie brachten den Sozialisten in weiteren neun Gemeinden die Mehrheit.
Mit dem Wahlerfolg von 1977 hatte die SPÖ des Burgenlandes den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht. Sie hatte ein neues "Landesbewusstsein" geschaffen und dieses weitgehend an die Partei und an deren führende Politiker gebunden. Eine IFES-Umfrage zeigte: 80 % der Befragten waren überzeugt, dass im Burgenland im Jahrzehnt zuvor "mehr weitergegangen" sei als in anderen Bundesländern. Der Wahlslogan "Stolz auf unser Burgenland" lag also genau richtig. Überwältigend war die Führerrolle Kerys, die von 90 % der Bevölkerung bestätigt wurde.
Aufgrund des Wahlergebnisses wurden jedoch zwei Landtagsmandate nur vorläufig besetzt, da die ÖVP ja die neue Wahlordnung angefochten hatte und eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes noch ausstand. Kery bot der ÖVP weiterhin drei Regierungssitze an, unter der Voraussetzung, dass "jede Blockierung der Regierungsarbeit ausgeschaltet wird", d.h. also unter Anerkennung des Dirimierungsrechtes des Landeshauptmannes bei Stimmengleichheit in der Regierung.
Am 27.Oktober 1977 fand die konstituierende Sitzung des Landtages statt. Damit begann eine schwierige Zeit der heftigen Auseinandersetzungen und der Unsicherheit rund um die Regierungsbildung.
Probleme mit dem Parteieneinfluss
"Als richtig 'ang'rührt' präsentierte sich die ÖVP: Man hat keinen der ihren in der Arbeiterkammer angestellt, lamentiert sie. Dabei wäre es doch wohl besser, würde sie in punkto Kammerangestellte vor der eigenen Tür kehren, dort häuft sich wahrlich genug. Die Handelskammer, die Landwirtschaftskammer, der Raiffeisenverband - um nur die signifikantesten Beispiele zu nennen-, das alles sind tiefschwarze Domänen, und die ÖVP würde es bestimmt als Zumutung abtun, wollte man versuchen, dort einen andersfarbigen Bediensteten einzuschleusen. Was also soll das Gejammer wegen der Arbeiterkammer?" (BF 3.März 1976,S.4)
Im Dezember 1971 sprach der in Wien im Exil lebende Primas der Katholischen Kirche in Ungarn, Kardinal Mindszenty, in einem Hirtenbrief von den "nicht endgültigen" Grenzen Ungarns. Der bgld. Landeshauptmann Kery protestierte in einem Schreiben an Bundeskanzler Kreisky scharf. Die Bundesregierung beschwichtigte allerdings und spielte den Zwischenfall herunter.
Kery am Landesparteitag 1977 in Neudörfl:
"Fleißig waren die Burgenländer auch früher, aber die Führung durch die Sozialisten war notwendig, um die großen Erfolge zu erringen. Das Burgenland ist bei der SPÖ in guter Hand - und so soll es bleiben ..." (BF 27.4.77,S.5)
"Nun steht es unumstößlich fest: Die Burgenländer haben ihre politische Reifeprüfung mit Auszeichnung bestanden. Sie haben die gute Arbeit von Landeshauptmann Kery, den Baumeister des neuen, modernen Burgenland in überwältigender Weise honoriert ..." (BF 5.10. 1977,S.3)