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Entkrampfung in der Volksgruppenfrage

Im Sommer 1984 wurde unter Vermittlung von Bundeskanzler Sinowatz zwischen den zerstrittenen kroatischen Gruppierungen, dem Kulturverein und der Bürgermeisterkonferenz, eine prinzipielle Einigung erzielt, die die Bildung des Volksgruppenbeirates vorbereitete. Nach dem Rücktritt Robaks im Jahre 1988 übernahm der Siegendorfer Bürgermeister Prior die Führung im Präsidium der sozialistisch - kroatischen Gemeindevertreter; erstmals fand ein Treffen mit der "Arbeitsgemeinschaft kroatischer Kommunalpolitiker" der ÖVP statt. Das Ergebnis dieses Treffens war: zweisprachige Ortstafeln sollten nur nach einer Bürgerbefragung aufgestellt werden.

Die Aufkündigung des ÖVP-FPÖ-Abkommens

Das Übereinkommen wurde im Verlaufe des Jahres 1988 immer brüchiger. Dr. Rauter schrieb schließlich an den ÖVP-Klobobmann Dr. Dax einen Brief, in dem er die Aufrechterhaltung an Bedingungen knüpfte, insbesondere an die BEWAG-Privatisierung. Die endgültige Aufkündigung erfolgte im Oktober 1988

Neue Probleme im Verhältnis der Großparteien zueinander entstanden, als bekannt wurde, dass Vorerhebungen gegen einige Mitglieder des sozialistischen Landesparteivorstandes, darunter auch Landeshauptmann Hans Sipötz, wegen falscher Zeugenaussage im Prozess Sinowatz - Worm im Herbst 1985 eingeleitet wurden ("Waldheims braune Vergangenheit"). Matysek hingegen wurde im "Bundesländerprozess" in erster Instanz freigesprochen. Der Staatsanwalt legte Berufung ein. Anfang Feber 1989 waren die Erhebungen der Staatsanwaltschaft wegen "falscher Zeugenaussage" abgeschlossen. Im Burgenland unterstellte die SPÖ sofort Politjustiz, vor allem gegen den zuständigen Staatsanwalt, dem man ein Nahverhältnis zu den Freiheitlichen nachsagte. Über Neuwahlen wurde verschiedentlich spekuliert.

Neue Probleme in der burgenländischen Politik brachten diverse Umweltfragen, so etwa die geplante Errichtung einer 380 -kV-Leitung des Verbundkonzerns, die vor allem im Raume Oberwart auf heftigen Widerstand stieß, und die geplante südburgenländische Mülldeponie mit Standort Siget. Auch dagegen gab es Bürgerinitiativen und Protestversammlungen.

Gedrängt fühlte man sich auch durch die damals noch für 1995 geplante Weltausstellung in Wien und Budapest, in der man auch dem Burgenland eine wichtige Rolle zudachte. Aus der Weltausstellung wurde dann allerdings nichts.

Der Sommer und der Herbst 1989 standen ganz unter dem Eindruck der riesigen Flüchtlingswelle, die über die burgenländische Grenze kam.

Das Jahr 1990 war durch die Auseinandersetzungen um das neue, von ÖVP und FPÖ gegen die SPÖ eingebrachte Kanalanschlussgesetz (bestimmte Gebäude, wie etwa landwirtschaftliche Nebengebäude, wurden aus der Anschlusspflicht herausgenommen, um die Bauern zu entlasten; es kam nicht zum von der SPÖ befürchteten Chaos). Die wirtschaftliche Situation war im Jahre 1990 gut. Erstmals konnte das - schon in den 1970er Jahren unter Kery angekündigte - Ziel von 70 000 Arbeitsplätzen im Burgenland erreicht werden. Neue Arbeitsplätze brachte vor allem der Ausbau von Packard Electric in Großpetersdorf, die neue Großdruckerei Tusch in Neudörfl und das Steigenberger -Hotel in Bad Tatzmannsdorf. Die politische Situation war durch das das geplante Recyclingwerk in Siegendorf und durch eine von der Kulturlandesrätin Krammer gestartete "Bespitzelungsaktion" gegen FPÖ-Mandatare geprägt. Auch der Streit um die vom Verbundkonzern durch das Burgenland geplante 380-kV-Leitung lebte wieder auf. Der Verbundkonzern bezeichnete die Leitung als unbedingte Notwendigkeit, das Burgenland wollte die Leitung durch zwei Naturschutzgebiete nicht genehmigen. Der Verbundkonzern erhob Einspruch beim obersten Gericht. Große Unruhe rief der Plan des Innenministers hervor, in Kaisersteinbruch 800 -1000 Rumänienflüchtlinge unterzubringen. Protestaktionen und Straßensperren folgten. Der Widerstand war erfolgreich, von einer Unterbringung in der Kaserne wurde schließlich Abstand genommen. Einige hundert Flüchtlinge konnten privat oder in Gasthöfen untergebracht werden. Auch der Plan einer Recyclinganlage in Siegendorf musste angesichts des heftigen Widerstandes der Bevölkerung (es wurden etwa 19 000 Unterschriften gegen dieses Projekt gesammelt!) endgültig fallengelassen werden. Das Raumordnungsgesetz wurde novelliert, um der Landesregierung in dieser und ähnlichen Fragen eine Eingriffsmöglichkeit zu geben. An den Baustellen der Ostautobahn kam es erneut zu Problemen: "grüne" Demonstranten versuchten den Weiterbau zu verhindern. Die Dörfer an der B 10, die seit vielen Jahren unter dem Durchzugsverkehr litten, antworteten mit Straßensperren. Die burgenländischen Politiker ließen sich auf keine weiteren Diskussionen um die Autobahn ein.

Im November 1990 wurde - nachdem man zuvor schon ein Luftreinhalte- und ein Bodenschutzgesetz geschaffen hatte - das neue Naturschutzgesetz beschlossen. Es stellte einen Kompromiss zwischen den Vorstellungen von SPÖ und ÖVP dar. Einige Bestimmungen, wie etwa das Verbot des Strohabbrennens, blieben aber heftig umstritten. Mit diesen Gesetzen wurde man dem neuen, auch im Burgenland sehr stark entwickelten Umweltbewusstsein gerecht. Noch ausständig war ein Umweltschutzgesetz. Der SPÖ - Entwurf sah einen eigenen Umweltanwalt, eine Umweltschutzanstalt und eine Umweltakademie vor.

Die Nationalratswahl 1990 war zunächst durch heftige innerparteiliche Kontroversen um die Kandidatenlisten geprägt. In der ÖVP bekam der Wirtschaftssprecher Gabriel Wagner nicht das versprochene NR-Mandat und legte alle seine Funktionen zurück; er arbeitete als "wilder" Abgeordneter mit der FPÖ im Landtag zusammen. Auch in der FPÖ gab es heftige Streitigkeiten, die zur Abspaltung einer kleinen Gruppe von Funktionären aus dem Neusiedler Bezirk führten. Unmittelbar vor der Wahl gab es heftige Angriffe der FPÖ und der Grünen gegen den Ex-Agrarlandesrat und Landwirtschaftskammerpräsidenten Josef Wiesler, dem man 13 aktive politische Funktionen mit einem riesigen Monatseinkommen nachweisen konnte. Wiesler verzichtete zwar sofort auf sein Kammergehalt, blieb aber weiterhin unter Beschuss.

Das Ergebnis der Nationalratswahl 1990 brachte einen leichten Stimmengewinn der SPÖ (1 %), schwere Verluste für die ÖVP (7%) und sehr hohe Gewinne für die Freiheitlichen, die ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln konnten und über 11 % erreichten. Die Grünen konnten keine wesentlichen Zuwächse erreichen. Verglichen mit den übrigen Bundesländern war das burgenländische Ergebnis zwar relativ "stabil", es zeigte sich aber doch deutlich ein Rückgang des "Traditionswähleranteils". Das relativ gute Ergebnis für die SPÖ dürfte vor allem auf die Person des Kanzlerkandidaten Vranitzky zurückzuführen gewesen sein, der im Burgenland 21 000 Vorzugstimmen erhielt.

Die schweren Verluste der ÖVP, vor allem in den Weinbaugemeinden, führten zu parteiinternen Problemen. Wiesler trat als Präsident der Landwirtschaftskammer zurück, sein Nachfolger wurde Franz Hautzinger. Auch der Direktor des Bauernbundes, Jellasitz, legte seine Funktion zurück.

Einigung in der Privatisierungsfrage - Die Burgenland - Holding entsteht

Im November 1988 gaben die beiden Parteiobmänner von SPÖ und ÖVP eine Einigung bekannt. Statt einer reinen Privatisierung sollte eine Landesholding- Gesellschaft gegründet werden, in die man BEWAG, BEGAS und Kurbad Tatzmansdorf AG einbringen wollte. Das Stammkapital der Holding in der Höhe von 565 Millionen sollte teilweise in der Form von Aktien verkauft werden, vorzugsweise an Mitarbeiter und an burgenländische "Normalanleger"...Mit dem Verkaufserlös sollte eine Risiko- und Entwicklungskapitalgesellschaft gegründet werden.

Landesrat Stix bekannte sich dazu, dass die Holding bei der Schaffung großräumiger Industrie-, Thermal- und Fremdenverkehrszonen die Risikofinanzierung übernehmen sollte. Auf Vorwürfe vor allem durch die Gewerkschaften entgegnete er: "Wir haben nichts weggeschenkt, die Eigenständigkeit der Betriebe bleibt unangetastet. Durch diese Konstruktion ist uns gelungen, die Einzelprivatisierung der Betriebe zu verhindern".

"Wenn der Erlös aus der teilprivatisierten Holding für die Verwirklichung der sich abzeichnenden Zukunftsperspektive eingesetzt wird, sind alle Burgenländer Nutznießer dieser Lösung".                                                  

BF 23.11.1988 und 1.2. 1989

Eine endgültige Einigung zwischen SPÖ und ÖVP wurde dann im Oktober 1989 erzielt. 49 % der BEWAG und 51 % der BEGAS (alle Landesanteile) wurden in die Holding eingebracht - rd.900 Mill. S.  70 % davon sollten privatisiert werden, und zwar so, dass 49 % der Aktien an Kleinanleger verkauft wurden und 21 % einem Bankenkonsortium zugesichert wurden. Die aus dem Aktienverkauf eingenommenen Gelder sollten an die geplante "Risikokapital- und Beteiligungsgesellschaft" gehen. Damit sollten wirtschaftliche Projekte gefördert werden. Entgegen der ursprünglichen Absicht wurde die Kurbad Tatzmannsdorf AG nicht in die Holding einbezogen.

 

 

 

 

 
 
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