Aus dem Regierungsprogramm von 1972:
- Schaffung neuer und Sicherung bestehender Arbeitsplätze: "Möglichst viele Burgenländer sollen in ihrer Heimat attraktive und gut bezahlte Arbeitsplätze finden". Gründung eines Industrieförderungsfonds und Novellierung des Wirtschaftsförderungsgesetzes
- Eindämmung des Pendlerwesens; besonderes Augenmerk auf die Abwanderungsgebiete
- Verstärkte Einbeziehung der Raumplanung in die Landespolitik
- Weitere Verbesserung der Infrastruktur: Abwasser- und Müllentsorgung, Schaffung eines Gemeindeinvestitionsfonds
- Erhöhung der Wohnbauförderung
- Förderung von Pensionistenheimen und Altenwohnungen
- Modernes Krankenhauskonzept: mit allen Abteilungen ausgestattete Schwerpunktkrankenhäuser in Eisenstadt und Oberwart
- Umweltschutz: Luft- und Wasserreinhaltung
Bau von Schwimmbädern und Sportstätten - Weitere Schulbauten; große Anstrengungen in der Kultur- und Bildungspolitik
- Schaffung ertragreicher Landwirtschaftsbetriebe
- Anbindung des Burgenlandes an das überregionale Verkehrsnetz
Die neue Wahlordnung
1972 hatte die SPÖ einen ersten Versuch unternommen, die Wahlordnung zu ändern, um " durch eindeutige Mehrheitsverhältnisse die politische Arbeit zu erleichtern". Der sehr kleine Abstand bei den Wahlen führte dazu, dass beide Großparteien annähernd gleich stark waren. Die Wahlordnung sollte nun so verändert werden, dass die stärkere Partei im Landtag wesentlich mehr Gewicht hätte. Ein erster Schritt in diese Richtung wurde 1973 getan, als der Verfassungsgerichtshof dem Landtagspräsidenten das volle Stimmrecht zuerkannte. 1975 wurde die Zahl der Landtagsmandate von 32 auf 36 aufgestockt. Ein Parteienübereinkommen bildete auch dafür die Grundlage. 1976 setzte die SPÖ schließlich auch eine Änderung der Wahlordnung durch: Es wurde ein "Verstärkereffekt" eingebaut, der die stimmenstärkste Partei bei der Zuteilung der Landtagsmandate bevorzugte. Schon 1976 brachte die ÖVP dagegen eine Anfechtung beim Verwaltungsgerichtshof ein, zwei Jahre später wurde diese neue Wahlordnung dann tatsächlich als verfassungswidrig aufgehoben.
Das eher enttäuschende Landtagswahlergebnis von 1972 hatte vermehrte Anstrengungen der SPÖ zur Folge. Parteiintern verordnete Sinowatz auf dem Landesparteitag 1973 noch mehr "Organisation und Information", aber auch ein vermehrtes Ausmaß an Bildungsarbeit und Diskussion.
LH Kery legte in seiner Regierungserklärung ein umfangreiches Arbeitsprogramm vor, das neben der Verfassungsreform auch die Schaffung einer Burgenländischen Industrie- und Betriebsansiedlungsgesellschaft sowie die Förderung strukturschwacher Regionen (besonders Seewinkel, mittleres Burgenland, Stremtal) vorsah. Dazu war die Novellierung des Wirtschaftsförderungsgesetzes notwendig ( Hilfe für die Gemeinden bei der Industrieansiedlung, Zinsenzuschüsse für die Betriebe; Begünstigung vor allem der großen Betriebe). Die Wohnbauförderung sollte weiter ausgebaut werden, für Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten sollten neue Konzepte entwickelt werden. Den steigenden Aufgaben der Gemeinden sollte ein Gemeindeinvestitionsfonds dienen. Ein weiterer wichtiger Programmpunkt war die Errichtung von Kulturzentren in den Bezirksvororten.
Ein entscheidendes Problem dabei war die Finanzierung all dieser Vorhaben. Die Situation war jedoch insofern günstig, als die Bundesregierung und in ihr ein burgenländischer Minister durchaus ein Ohr für burgenländische Anliegen hatten. Inzwischen hatte auch die österreichische Raumordnungskommission das Burgenland als ganzes zum Grenzlandförderungsgebiet erklärt, was eine Reihe von Sonderförderungsmaßnahmen möglich machte.
1,5 Milliarden Landesbuget
"... Das Budget ist ein Paukenschlag, mit dem eine neue Etappe im Aufbau des Burgenlandes eingeleitet wird, eine Etappe, an deren Ende das moderne Burgenland stehen wird..."
Abwasser- und Müllproblematik: Erste Projekte
Während die Wasserleitungsnetze in den 1970er Jahren weiter ausgebaut wurden (1970 Versorgung des Seewinkels mittels einer Transportleitung durch den Neusiedlersee) wurden die ersten Entsorgungsanlagen im mittleren Burgenland geschaffen: 1969 wurde der dortige Abwasser- und Müllbeseitigungsverband gegründet. 1980 entstand daraus der Burgenländische Müllverband (Umweltdienst Burgenland). Auch in anderen Landesteilen folgten bald Abwasserprojekte.1977 etwa ging die Zentralkläranlage des Abwasserverbandes Wulkatal in Wulkaprodersdorf in Betrieb. Die großen Umweltprobleme der 80er Jahre wurden also im Burgenland relativ früh angegangen und - wenn auch nicht immer optimal - gelöst.Viel Geld vom Bund.
Das Burgenland verlangte und bekam auch vom Bund große Geldmittel: Zuwendungen aus dem ERP-Sonderprogramm für die Schaffung gewerblicher Arbeitsplätze, finanzielle Unterstützung für die Industrie- und Betriebsansiedlungsgesellschaft, Bau eines Bundesumschulungszentrums in Neutal, Ausbau von Bad Tatzmannsdorf, Hilfe für die BEWAG beim Ausbau der Ortsnetze, Weiterbau der Südostautobahn und der Schnellstraßen S 4 und S 31, Bau der Kulturzentren und Schaffung des Verkehrsverbundes Ostregion. Ferner wurde der Ausbau des Schwerpunktkrankenhauses Oberwart sowie der Krankenhäuser Eisenstadt, Oberpullendorf und Güssing verlangt. Im Schulbereich wurde vor allem der Aufbau eines Netzes von berufsbildenden Schulen gefordert.
Im März 1974 konnten die ersten Wünsche realisiert werden, es wurde ein Kooperationsprogramm mit dem Bund abgeschlossen. Die Bundesregierung begann, vor allem im Schulbau, beim Ausbau der Krankenhäuser und Straßen, ihre Zusagen zu erfüllen. In dieser Zeit fiel auch die Entscheidung, die Schnellstraße von Eisenstadt bis in das mittlere Burgenland zu bauen. Sie wurde vom Land vorfinanziert. Mit Bundesmitteln wurde das Fernheizkraftwerk Pinkafeld entschuldet, 220 Millionen Bundesgelder flossen in die Wohnbauförderung, 22 Millionen in den Bau der Kulturzentren. Natürlich waren für die Bundeshilfe auch vermehrte Anstrengungen im Lande selbst erforderlich, die Ausgaben verfünffachten sich in zehn Jahren. Das führte zu einer starken Verschuldung. Die Erfolge waren allerdings nicht zu übersehen.
" ... Noch nie zuvor ist soviel für den Ausbau der Bundesstraßen geschehen als in den letzten Jahren, noch nie zuvor wurde so viel für Bundesschulen bereitgestellt als unter Minister Dr. Sinowatz, und die großen Brocken ... kommen noch! Noch nie zuvor wurde soviel für die Wohnbauförderung bereitgehalten als jetzt, und in keiner anderen Periode soviel aus dem Wasserwirtschaftsfonds für die burgenländischen Gemeinden und Abwasserverbände. Die SPÖ - Alleinregierung hat dem Burgenland auch die Last des Fernheizwerkes Pinkafeld abgenommen... Diese Zusammenarbeit mit einer dem Burgenland in allen Fragen wohlgesinnten Bundesregierung gilt es fortzusetzen und zu stärken ..." (BF, 15.1.1975, S.2)
"Allen Burgenländern geht es heute besser...."
Zum Selbstverständnis der burgenländischen Sozialisten im Jahre 1975 in einem Kommentar des Abg. Pinter zum Neudörfler Landesparteitag: "Diese Einmütigkeit, getragen von nüchterner Entschlossenheit ebenso wie von enthusiastischer Einsatzbereitschaft einer ganzen Generation verantwortungsbewusster Vertrauenspersonen und Mitarbeiter wird am besten durch eine Entscheidung des Parteirates manifestiert, die in geheimer Wahl erfolgte: Bundesminister Dr. Fred Sonowatz wurde einstimmig zum sozialistischen Spitzenkandidaten des Burgenlandes für die Nationalratswahl gewählt. Diese Grundstimmung, dieses instinktive Zusammenrücken war schließlich auch besonders spürbar, gleichsam das tragende Element... Es wird kein leichter Weg sein ... aber gerade für das Burgenland der beste, ja der einzig gangbare, der unseren Menschen sichere Arbeitsplätze, der Jugend bessere Berufschancen und der älteren Generation einen wohlverdienten Lebensabend garantiert ... man hat das Burgenland brutal zurückgestoßen, wie ein Stiefkind behandelt... Unter Kreisky war das ganz anders, wurde das Unrecht, das die anderen unserem Land zugefügt haben, wieder gutgemacht ... Allen Burgenländern geht es heute besser als je zuvor ... Die Burgenländer waren lange Zeit die Gastarbeiter Österreichs, die ersten, die im Herbst arbeitslos wurden... Diese Zeit haben wir überwunden. Sie darf niemals wiederkehren. Die beste Garantie dafür: eine sozialistische Bundesregierung..." (BF vom 9.April 1975, S.2)
LR Dr.Helmut Vogl:
Sozialisten als Führungspartei
"Besonders stark ist aber die Aufbauleistung und die Initiative für das Burgenland geprägt, seit im Jahre 1964 die SPÖ dieses Landes die Hauptverantwortung übernahm. Zum einen wurde seit diesem Zeitpunkt das Selbstbewusstsein aller Burgenländer gestärkt und das Burgenland als selbständiges Bundesland mit seiner fortschrittlichen Politik tief im Herzen aller Österreicher verwurzelt. Das ist vielleicht die größte historische Leistung der SPÖ als Führungspartei... Und in dieser Phase war es wieder Landeshauptmann Kery, der den Burgenländern dieses neue Selbstgefühl vermittelte und konsequent den Kurs des Landes auf Erfolg und Fortschritt steuerte... Die großen Linien der Politik in diesem Lande werden von den Sozialisten als Führungspartei vorgezeichnet. Dies wird sicher auch in der Zukunft so bleiben..." (BF 15.Mai 75, S. 2)
Zum Selbstverständnis der burgenländischen Sozialisten: Burgenlandtreffen 1976 in Kohfidisch
22 000 zeigten es Sonntag in Kohfidisch: Wir sind stolz auf unser Burgenland"... Dann tritt Landeshauptmann Kery ans Rednerpult und spricht aus, was die 22 000 fühlen: 'Es gibt Stunden, die man nie vergisst. Es gibt Erlebnisse, die zur dauernden Erinnerung werden. Es gibt Bilder, die sich dem Auge für immer einprägen. Das ist eine solche Stunde. Das ist ein solches Ereignis. Das ist ein solches Bild!
Haben wir erwartet, dass so viele kommen? Haben wir gewusst, dass wir so stark sind? Haben wir gewusst, dass es die Heimat ist, die uns zu diesem Treffen ruft? Die Heimat: das neue Burgenland! Das Burgenland, das wir gebaut haben... wir - die Sozialisten des Burgenlandes! Das Burgenland der guten Straßen und sauberen Dörfer, der neuen Betriebe und der schmucken Häuser. Das Burgenland der aufgeschlossenen, fleißigen und zukunftsfrohen Menschen... Es lebe und gedeihe unsere Heimat, unser schönes Burgenland !' schließt Theodor Kery. Dann klingt die Landeshymne über den weiten Platz, während rote und gelbe Ballons in das strahlende Blau dieses Spätsommerhimmels steigen" (BF 15.9.1976, S.5)