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Die Anfänge der westungarisch - burgenländischen Arbeiterbewegung reichen in das 19. Jahrhundert zurück (siehe Anfänge der Arbeiterbewegung). Auch im Kampf um den Anschluss an Österreich waren Arbeiterführer wie etwa Hans Suchard aus Mattersburg beteiligt. Sie mussten zwangsläufig auch in der Räterepublik Bela Kuns mitarbeiten und bekleideten, wie etwa Ludwig Leser, wichtige Funktionen. Allerdings setzte auch schon früh die Kritik an der Räteregierung ein. In der Zeit des weißen Terrors nach der Gegenrevolution (siehe Horthy - Regime) mussten einige Arbeiterführer nach Österreich fliehen, auch weil sie für den Anschluss an Österreich eintraten. Sozialdemokraten wie Ludwig Leser, Ignaz Till und Ernst Hoffenreich waren auch im Ödenburger Heimatdienst tätig, der im Vorfeld der Ödenburger Volksabstimmung wirkte.

Die Sozialdemokraten waren auf die endgültige Landnahme durch Österreich gut vorbereitet. Schon am 9. Jänner 1921 wurde auf einem Parteitag in Wr. Neustadt eine eigene burgenländische sozialdemokratische Landespartei, die Sozialdemokratische Arbeiterpartei für das Burgenland, gegründet. Die Parteigründung wurde von den Niederösterreichischen Sozialdemokraten, besonders von Josef Pichler, dem Kommandanten der Wr. Neustädter Arbeiterwehr, und von Oskar Helmer besonders unterstützt. Daran beteiligt war Johann Fiala, der im August 1919 nach Österreich geflüchtet war und in Wr. Neustadt Arbeit bekommen hatte. Um ihn sammelten andere wie Adolf Berczeller, Johann Hareter, Hans Suchard, Johann Stockinger, Anton Probst und Stefan Springschitz. Sitz der neuen Landespartei war zunächst das Arbeiterheim in Wr. Neustadt. An die Spitze der Partei trat Fiala, die wichtigere Rollen spielten aber schon bald jüngere Persönlichkeiten wie Hans Suchard, Ignaz Till und Alois Mosler, der Sekretär der Bauarbeitergewerkschaft in Wr. Neustadt, vor allem aber die etwas später hinzugekommenen Ludwig Leser und Ernst Hoffenreich.

Die ersten Wahlen im neuen Bundesland Burgenland fanden am 18. Juni 1922 statt. Es waren dies gleichzeitig Landtags- und Nationalratswahlen. Stärkste Partei wurde - zur allgemeinen Überraschung - die Sozialdemokratie, die 38,5 % der Stimmen erhielt.Die Sozialdemokraten bekamen 13 . Es folgten die Christlichsozialen mit 10 Mandaten, der Bauernbund mit 6 und die Großdeutsche Volkspartei mit 4 Mandaten. Alle drei hatten sich weit mehr Stimmen erhofft. (Landespolitik von 1922 bis 1927, dort auch genaue Wahlergenisse).

An diesem Wahlergebnis war interessant, dass die Zahl der Wähler der Sozialdemokratie die der Arbeiter in der Industrie weit überstieg. Die Sozialdemokraten hatten ihre größten Erfolge in den Wanderarbeitergemeinden des Nordburgenlandes, wo offenbar auch eine beträchtliche Zahl von Kleinbauern sozialdemokratisch wählte. Dieses Phänomen hatte sogar Rückwirkungen auf die Bundepolitik: Die Sozialdemokraten schenkten nun den Landarbeitern und Kleinbauern österreichweit größere Aufmerksamkeit. In Pinkafeld hingegen, einer der weinigen Orte mit Industrie, erzielten die Christlichsozialen eine starke Mehrheit. Die dortigen "Fabriksarbeiter" sahen sich in der handwerklichen Tradition des Ortes. Die Juden des Burgenlandes wählten nahezu ausschließlich sozialdemokratisch.

Die Schwerpunkte der Sozialdemokraten lagen im Nordburgenland und in den nördlichen Gemeinden des Mittelburgenlandes. Im Südburgenland hatte der mit steirischer Unterstützung aufgebaute Burgenländische Bauernbund (Landbund) seine stärksten Positionen.

Die Sozialdemokraten waren zwar mit 13 Landtagsmandaten die stärkste Partei, aber die drei anderen Landtagsfraktionen konnten mit zusammen 20 Sitzen einen sozialistischen Landeshauptmann verhindern. Schon nach der ersten Wahl ging es also wie später in der gesamten Zwischenkriegszeit um die Frage, ob es gelingen würde, eine "bürgerliche" Koalition zu verhindern. Es bestand für die Sozialdemokraten die Gefahr eines "Bürgerblocks", den die Christlichsozialen tatsächlich anstrebten. Diese Gefahr hatte Leser schon früh erkannt und ein gutes Verhältnis zu den Großdeutschen aufgebaut. Dabei kam ihm zugute, dass er selbst ja sehr deutschnational eingestellt war. Die deutsch - freiheitlichen Parteien, die Großdeutschen und der Bauernbund, sahen ihrerseits ihren Hauptgegner in den "klerikalen" Christlichsozialen. Die inhaltlichen Gemeinsamkeiten waren vor allem durch die Schulfrage und die Zivilehe gegeben. Alle Parteien mit Ausnahme der Christlichsozialen wollten das konfessionelle Schulwesen abschaffen und die in Ungarn bereits eingeführte Zivilehe beibehalten. Die antiklerikal-liberalen Gruppierungen hatten dabei allerdings ein großes Problem, ihre Bundesparteileitungen, die einen anderen Kurs steuerten. Die Regierungsbildung am 19.7.1922 war ein Kompromiss: Es wurde eine Konzentrationsregierung. Die Sozialdemokraten verzichteten auf den Landeshauptmann, bestanden aber auf einen parteiunabhängigen Bundesbeamten als Landeshauptmann. Ein Regierungsmandat überließen sie den Großdeutschen, ein taktisch kluger Schritt, wie sich bald zeigen sollte. Die Lösung, die man nach zähen Verhandlungen schließlich fand, war folgende: Landeshauptmann wurde Alfred Rausnitz, ein parteiunabhängiger Beamter und bisher schon Landesverwalter. Leser wurde Landeshauptmannstellvertreter. Zweiter Landeshauptmannstellvertreter wurde Stesgal von den Christlichsozialen. Die Sozialdemokraten verzichteten zugunsten des Großdeutschen Dr. Alfred Walheim auf einen Regierungssitz. Zweites sozaldemokratisches Regierungsmitglied neben Leser wurde Dr. Karl Ernest Hoffenreich. Weitere Landesräte waren der Christlichsoziale Alfred Ratz aus Rust und der Bauernbündler Gustav Walter. Die Sozialdemokraten hatten nun im Landtag zusammen mit den vier Großdeutschen eine Mehrheit.

Mosler und Hoffenreich wurden von Renner in die burgenländische Parteispitze eingesetzt. Das war eine Folge des Misstrauens, dass die Bundespartei gegenüber der burgenländischen Partei und ihre Funktionäre, die in der Rätezeit aktiv waren, hegte. Man befürchtete in Wien linksradikale Tendenzen. Diese Bevormundung durch Wien setzte sich auch in den folgenden Jahren fort und führte zu erheblichen Spannungen in der Partei. Erst 1924 wurden in einem heftigen Machtkampf die Nichtburgenländer ausgebootet.

Schon in der ersten Landtagssitzung erfolgte ein Angriff auf die konfessionellen Schulen. Großdeutsche und Bauernbündler stellten den Antrag auf Abänderung der Schulgesetze nach österreichischem Vorbild. Von den 388 Volksschulen waren 318 konfessionell, also in der Hand der örtlichen Schulstühle unter Vorsitz des Pfarrers. Das von Walheim eingebrachte neue Schulgesetz sah die Einführung von Ortsschulräten vor, die aus gewählten Vertretern bestehen sollten. Die Pfarrer sollten nicht mehr vertreten sein. Die Christlichsozialen wehrten sich dagegen, wurden aber überstimmt. Das Bundesministerium für Inneres und Unterricht aber wies das Gesetz wegen "formaler Mängel" zurück. Nach einem Beharrungsbeschluss des Landtages verweigerte der Nationalrat die Zustimmung. Lediglich ein neues Schulpflichtgesetz konnte im Juli 1923 durchgesetzt werden. Es verlängerte die Schulzeit von 6 auf 8 Jahre, wie im übrigen Österreich üblich.

1923 geriet Rausnitz immer mehr in christlichsoziales Fahrwasser und bemühte sich um eine "bürgerliche Koalition". Er wurde daher im Sommer 1923 gestürzt. In einer vertraulichen Besprechung zwischen Leser, Walheim und Viktor Voit vom Burgenländischen Landbund (früher Bauernbund) wurde der Sturz von Rausnitz beschlossen, wobei man dessen Haltung in der Landeshauptstadtfrage (er setzte sich für die Wr. Neustädter Militärakademie als Sitz der Landesregierung ein) und die Piringsdorfer Lynchaffäre als Vorwand dienten. Rausnitz hatte sich hinter den Bezirkshauptmann gestellt, dem man die Mitschuld am bewaffneten Auftreten eines Esterhazyförsters gab. Dieser hatte einen Piringsdorfer Bauern erschossen und war deshalb von der Ortsbevölkerung gelyncht worden. Am 14. 7. 1923 trat Rausnitz zurück und noch am selben Tag kam es zur Neuwahl. Im zweiten Wahlgang wurde Dr. Alfred Walheim gegen die Stimmen der Christlichsozialen zum neuen Landeshauptmann gewählt. Seine Stelle als Landesrat wurde von Ignaz Till besetzt. Das Jahr 1923 war durch einen sehr scharfen Wahlkampf geprägt. Zuerst fanden Gemeinderatswahlen, dann Landtags- und Nationalratswahlen statt. Die Sozialdemokraten mussten in der Landtagswahl einen Verlust von 3000 Stimmen hinnehmen, die Christlichsozialen gewannen 5000 Stimmen dazu. Die Christlichsozialen erhielten 13, die Sozialdemokraten 12 und der Bauernbund nur 7 Mandate. Man führte die Verluste auf die "Wahlmüdigkeit" und auf das Stimmverhalten der Frauen, die durch die "Wahlagitation, die auf der Kanzel getrieben wurde" zurück. Der Verband der Großßdeutschen und des Landbundes verlor 80 % der Stimmen und bekam kein Mandat. Es wurde lange Zeit über die Funktion des Landtagspräsidenten und über die Zusammensetzung der Regierung gestritten. Den Christlichsozialen gelang es auch diesmal nicht, den Bauernbund zu gewinnen. Erst am 27.12. 1923 gelang in einer vertraulichen Sitzung in Wien, ein schwarz - rotes Koalitionsabkommen zu schließen. Dagegen gab es starken Widerstand in den Reihen der Sozialdemokraten. Eine radikale Gruppe trat - unterstützt von Otto Bauer - für die Opposition ein. Leser aber wollte nicht " in der Opposition verhungern" . Neuer Landtagspräsident wurde Hans Morawitz, neuer Landeshauptmann der Christlichsoziale Josef Rauhofer. Dieser hatte sich zuvor von seiner Partei getrennt, war aber gegen den Willen Pfarrer Gangls und Michael Kochs von Pfarrer Thullner in die Christlichsoziale Partei zurückgebracht worden. Leser und Stesgal wurden Landeshauptmannstellvertreter, Till und Hoffenreich sozialdemokratische, Koch und Burgmann christlichsoziale Landesräte. Viktor Voit vom Bauernbund erhielt ebenfalls einen Regierungssitz, allerdings ohne Kompetenzen. Im Koalitionsabkommen wurde die Vermeidung der umstrittenen Themen vereinbart. Aber schon im Frühjahr 1924 kam es in der Schulfrage erneut zum Konflikt. Das Mandat der alten Schulstühle lief aus. Die Sozialdemokraten argumentierten, dass die Schulen, wenn sie von den Gemeinden ohne Glaubensunterschied unterhalten wurden und das Land den Großteil der Schulkosten trug, nicht mehr als konfessionelle Schulen zu gelten hätten. Sie könnten in staatliche Anstalten umgewandelt werden. Die Christlichsozialen hingegen vertraten die Auffassung, dass Schulumwandlungen nur durch die Kultusgemeinden erfolgen könnten. Die Sozialdemokraten gaben schließlich nach und gestanden den Pfarrern auch weiterhin einen Sitz in den Schulstühlen zu, die Kirchen gestatteten allgemeine Wahlen zu den Ortsschulräten. Der Kampf um die Schulen ging freilich auf Ortsebene unvermindert weiter, etwa indem in "roten" Gemeinden die Beiträge für die konfessionellen Schulen verweigert wurden.

Die Sozialdemokratie geriet in eine schwere innere Krise. Es gab Gruppen, die sich heftig befehdeten. Eine Gruppe wandte sich strikt gegen die Bindung an die Christlichsozialen. Sie hatte sich sehr geschickt die Unterstützung der Wiener Parteiführung gesichert. Nur mit Mühe gelang es Leser, diese Gruppe zu entmachten. Gegen ihn wurden heftige Vorwürfe erhoben, er wäre nur auf persönliche Erfolge aus. Dazu kam noch die Spaltung in "Bodenständige" und in "Nichtburgenländer". Letztere hatten immer mehr einträgliche Posten besetzt. 1923 etwa mussten von den vier burgenländischen Nationalratsmandaten an Wiener Funktionäre abgetreten werden. Dahinter stand die wirtschaftliche Abhängigkeit der Landespartei etwa von niederösterreichischen Gewerkschaften. 1924 wurde von burgenländischen Funktionären unter Till nach einer Korruptionsaffäre Morawitz gestürzt. Morawitz war zwar gebürtiger Burgenländer, war aber Funktionär in Niederösterreich und hatte eigenmächtig mit Geldern des Land- und Forstarbeiterverbandes den burgenländischen Wahlkampf finanziert. Als Gegenleistung bekam er einen Sitz im Landesparteivorstand und ein Nationalratsmandat zugesichert. Er zog als Abgeordneter in den burgenländischen Landtag ein und war nach Leser der mächtigste Funktionär im Land. Bald stellte sich aber heraus, dass er in einer Siedlungsgesellschaft sich auch persönlich bereichert hatte. Er musste alle seine Ämter zurücklegen.

Auch die Christlichsozialen waren gespalten. Die "Scharfmacher" Gangl, Thullner und Koch traten gegen den moderaten Rauhofer mit Unterstützung Seipls auf. Am 30.4.1925 trat er zurück. Dahinter stand der Plan, die Koalition mit den Sozialdemokraten zu sprengen. Die Sozialdemokraten aber reagierten unerwartet: Der Landtagspräsident betraute Leser als Landeshauptmannstellvertreter mit den Agenden des Landeshauptmannes. Damit wurden die Christlichsozialen völlig überrumpelt. Leser begann sofort, das Amt sehr tatkräftig in Anspruch zu nehmen. Die Christlichsozialen zogen als Protest ihre beiden Landesräte Koch und Burgmann aus der Regierung zurück. Leser genehmigte die Umwandlung von 21 konfessionellen Schulen in Gemeindeschulen. Die Christlichsozialen sahen keine andere Möglichkeit, als sich mit dem Bauernbund zu einigen. Rauhofer wurde erneut zum Landeshauptmann gewählt. Sie teilten unter sich die sozialdemokratischen Referate auf. Leser und Till verließen die Regierungssitzung und machten die Regierung beschlussunfähig. Das wurde möglich, weil die 1924 beschlossene Geschäftsordnung vorsah, dass mindestens 5 der damals noch 8 Regierungsmitglieder anwesend sein mussten.1925 hatte man dann aber die Zahl der Regierungsmitglieder von 8 auf 6 herabgesetzt, ohne die Geschäftsordnung zu ändern. Damit war die neue Regierung ohne zumindest einen sozialdemokratischen Landesrat beschlussunfähig. Die Krise zog sich bis Dezember 1925 hin, im Landtag spielten sich wüste Szenen ab. Erst nach 8 Monaten entschlossen sich die Christlichsozialen zu Verhandlungen. Am 30.12. 1925 wurde wieder eine Konzentrationsregierung aller drei Parteien unter Rauhofer eingesetzt, die sehr produktiv arbeitete. Der Friede dauerte allerdings nicht lange. Die Christlichsozialen inszenierten die Mandatsaberkennungsaffäre gegen Walheim und Voit. Im April 1926 gingen die Bauernbündler in Opposition.

Der Wahlkampf zu den Wahlen im April 1927 begann schon sehr früh. Im April 1927 hatten die Frontkämpfer mit dem Aufbau ihrer Organisation begonnen und agitierten auch in den "roten" Gemeinden entlang der Bahnlinie nach Ödenburg, darunter auch in Schattendorf. Die Sozialdemokraten vermuteten dahinter sofort den Plan, den Waffennachschub aus Horthy-Ungarn zu sichern. Auch sie begannen, den Aufbau bewaffneter Formationen in Erwägung zu ziehen. Am 10. Juli 1925 wurde ein sozialdemokratischer "Ordnertag" in Eisenstadt abgehalten - eine Brigade des Schutzbundes aus Niederösterreich marschierte auf. Eine Feldübung im Leithagebirge wurde allerdings nach Protesten abgesagt. Die Spannungen häuften sich, etwa am 16. Mai 1926 durch die Vorfälle auf den Bahnhöfen in Wiesen und in Rohrbach. Es folgte der Aufbau des Schutzbundes auch im Burgenland. Die Sylvesterereignisse in Loipersbach 1926 verschärften neben zahlreichen anderen Zwischenfällen die Situation bis hin zu den Schattendorfer Ereignissen. (vgl. dazu Kapitel Schattendorf 1927). Hier sei nur angemerkt, dass der nicht genehmigte Schutzbundaufmarsch in Schattendorf vom Schutzbundführer Preschitz betrieben wurde, der die Kraftprobe bewusst provozierte. Es waren keineswegs alle Sozialdemokraten damit einverstanden, mehrere Schutzbundabteilungen lehnten die Teilnahme ab und warnten vergeblich vor den Folgen.

Im Burgenland wirkten die Ereignisse von Schattendorf und der Justizpalastbrand eher ernüchternd und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit wuchs, auch wenn man die Angelegenheit propagandistisch entsprechend nutzte. Es kam zu Gesprächen mit großer Kompromissbereitschaft, ein Wahlkampfabkommen wurde eingehalten. Die Christlichsozialen, die sich mit den Großdeutschen und der Kroatenpartei zur "Einheitsliste" zusammenschlossen, erhielten 14, die Sozialdemokraten 13 und der Landbund 5 Mandate. Es wurde wieder eine Konzentrationsregierung gebildet. Hoffenreich wurde Landtagspräsident, Rauhofer Landeshauptmann. Leser und Till, Koch und Thullner wurden Landesräte, ebenso Pomper vom Landbund. Rauhofer schied aber bald aus, neuer Landeshauptmann wurde der Walbersdorfer Ziegeleibesitzer Anton Schreiner. Die Zusammenarbeit war positiv, etwa bei der Errichtung der Landeshypothekenanstalt. Unterschiedliche Auffassungen gab es naturgemäß in der Bodenreformfrage, die nun verstärkt in den Vordergrund rückte. Schon lange wurde die Möglichkeit einer Bodenreform diskutiert, wobei bei Großdeutschen und Landbund auch die nationale Frage eine wichtige Rolle spielte: die Großgrundbesitzer waren ja zumeist ungarische Staatsbürger und im Anschlusskampf wie auch danach stark promagyarisch. Das führte immer wieder zu Konflikten, etwa in der Tadtener Affäre 1922, wo einheimische Landarbeiter entlassen und durch billige ungarische Kräfte ersetzt wurden. 1928 griffen die Sozialdemokraten die Frage verstärkt auf und stellten ihren Landesparteitag in St. Martin unter das Motto "Der Boden dem Volk, das ihn bearbeitet". Großgrundbesitz über 100 ha sollte gegen Entschädigung enteignet werden, ein Burgenländischer Bodenfonds sollte den Grundbesitz an Landarbeiter, Kleinpächter und Kleinbauern verteilt werden, der Kaufpreis in 40 Jahresraten zurückbezahlt werden. Natürlich war klar, dass das Parlament in Wien einem solchen Gesetz niemals zustimmen würde. Die Christlichsozialen konnten nicht zurückstehen und beschlossen auf einem Pinkafelder Parteitag ebenfalls eine Bodenreform, ohne allerdings den Großgrundbesitz, soweit er produktiv war, antasten zu wollen. Am 24. 7. 1929 trat Schreiner zurück, Nachfolger wurde der Pfarrer Johann Thullner.

Inzwischen waren die Heimwehren ausgebaut worden und es kam zu ersten Kraftproben, etwa in der Oberpullendorfer Bauarbeiteraffäre (Hans Suchard, der Gewerkschaftsführer, verweigerte christlichsozialen Arbeitern den Arbeitsplatz). Im Sommer 1929 wurde ein allgemeines Aufmarschverbot erlassen, Die zunehmende Arbeitslosigkeit sorgte aber weiterhin für große Beunruhigung. Die Wahl von 1930 brachte den Sozialdemokraten und den Christlichsozialen je 14 Mandate, der Nationale Wirtschaftsblock und Landbund erhielt 5. Durch den Übertritt des Landbündlers Vass zu den Christlichsozialen hatten diese aber eine Mehrheit. Der Heimatblock der Heimwehren erhielt 5105 Stimmen. Wieder kam es zu einer Koalition unter Einbeziehung des Landbundes, Thullner wurde Landtagspräsident, Schreiner Landeshauptmann. In der Christlichsozialen Partei gab es aber immer mehr Personen, die gegen eine Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten waren, darunter Hans Sylvester, Lorenz Karall und Johann Wagner. Als am 5. Oktober 1931 Schreiner erneut zurücktrat waren diese nicht mehr kompromissbereit. Leser erkannte die Chance, setzte sich erneut mit dem Landbund in Verbindung und so wurde am 25.11. 1931 wieder Walheim zum Landeshauptmann gewählt. Die Rechnung Lesers ging aber nicht auf, den Walheim näherte sich den Christlichsozialen, als diese durch Fernbleiben jeden Regierungsbeschluss verhinderten. Walheim blieb Landeshauptmann, war nun aber von den Christlichsozialen abhängig.


Die große Wirtschaftskrise traf das Burgenland besonders hart. 1929 gab es im Jahresdurchschnitt 4593 Arbeitslose, 1932 und 1933 stieg ihre Zahl auf über 8000. Die Bauarbeiter aus dem Burgenland waren deshalb besonders betroffen, da diese oft noch den einen oder anderen Acker besaßen und daher nach Ansicht der Arbeitsämter nicht ganz so existenzgefährdet waren. Auch die Jugendarbeitslosigkeit war besonders hoch. Die Nationalsozialisten und auch die Kommunisten erhielten starken Zulauf, die Zusammenstöße mit der SA häuften sich. 1932 wurde anlässlich eines Grenzlandtages der SA in Eisenstadt auch Leser misshandelt.

Leser befand sich häufig auf Vortragsreisen in Deutschland und vertrat dort nach wie vor seine deutschnationale Einstellung. In Heidelberg erhielt er dafür die Ehrendoktorwürde. Die Führung der sich radikalisierenden Partei aber entglitt ihm immer mehr.Viel Ärger verursachten auch sein Lebensstil und seine privaten Affären. Vor allem in der mittleren Führungsebene gärte es. Zudem verlor der Schutzbund unter Koloman Tomsich ständig an Mitglieder.

Unter dem autoritären Dollfuß - Regime wurde die sozialdemokratische Presse zensuriert und Versammlungen immer wieder verboten. Im März 1933 wurde der Schutzbund aufgelöst, Ende 1933 auch die Arbeiterkammern. Die Sicherheitsdirektion konnte Personen zur "Wahrung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit" ohne Haftbefehl und Urteil einsperren lassen. Im Jahre 1934 wurde in Kaisersteinbruch ein Anhaltelager für politische Gefangene errichtet.Am 7. 2. 1934 legten die Führer der Vaterländischen Front, der Burgenländischen Landesschützen, des Österreichischen Heimatschutzes und der Ostmärkischen Sturmscharen Landeshauptmann Walheim eine Resolution vor, in der sie eine "Säuberung" von allen "Staatsfeinden" aus Regierung und Landtag sowie aus Ämtern und Schulen verlangten.

Während des Februaraufstandes der Sozialdemokratie blieb es im Burgenland ruhig. Heimatschutz und Landesschützen besetzten alle wichtigen Positionen. Lediglich in fünf Gemeinden kam es zu Zwischenfällen. In Pöttsching versuchten einige Sozialdemokraten, sich zu bewaffnen. Der Gendarmerie gelang es jedoch zuvor, die Waffen zu beschlagnahmen. In Siegendorf wurden aus einem Gebäude einige Schüsse abgegeben. Gendarmerie und Landesschützen stürmten das Haus und verhafteten die dort Anwesenden. In Neutal wurden Waffen, darunter auch ein Maschinengewehr, beschlagnahmt. Das Standrecht wurde ausgerufen und die Sozialdemokratische Partei verboten. Till, Hoffenreich, Suchard, Tomsich, Bögl und Adolf Berczeller wurden verhaftet, Ludwig Leser konnte nach Pressburg fliehen. Noch am 12. Feber wurde den sozialistischen Mandataren im burgenländischen Landtag ihr Mandat aberkannt (Berloschnik, Bögl, Dostal, Glaser, Hoffenreich, Leser, Müller, Rosenberger, Striny, Springschitz, Suchard, Till, Tomsich). Am 17. Feber verloren auch die sozialistischen Nationalratsabgeordneten aus dem Burgenland ihr Mandat (Böhm Johann, Hareter Alex, Probst Anton, Sassik Raimund). Alle sozialdemokratischen Gemeinderäte mussten aus ihrer Funktion ausscheiden. Es wurden Ergänzungswahlen vorgenommen. Die Sozialdemokratische Partei verlor ihr Vermögen, ihre Lokale. Auch die vielen Vorfeldorganisationen und Vereine, selbst Gesangs-, Musik- und Sportvereine, wurden aufgelöst. Auch die Parteizeitung musste eingestellt werden. Ebenfalls aufgelöst wurden die sozialdemokratischen Gewerkschaften. Der Ständestaat installierte Einheitsgewerkschaften mit Zwangsmitgliedschaft. Im Untergrund entstanden "Freie Gewerkschaften" mit Gruppen in Zillingtal, Neufeld, Neudörfl, Pöttsching und Eisenstadt. Eine wichtige Rolle spielte in dieser Gewerkschaft der Pöttschinger Landarbeiter Heinrich Knotzer.

Walheim wurde durch Hans Sylvester, den Führer der Vaterländischen Front, ersetzt. Landbund und Großdeutsche Partei wurden ebenfalls aufgelöst. 1935 wurde die SAG (Soziale Arbeitsgemeinschaft) als Auffangorganisation früherer Sozialdemokraten gegründet, blieb aber ohne Bedeutung, Viele Sozialdemokraten waren von der eigenen Partei enttäuscht. Sie fühlten sich von den ins Ausland geflohenen Parteiführern alleingelassen und betrogen, man warf ihnen Verrat vor. Einige Junge schlossen sich den Kommunisten an, sehr viel mehr aber den Nationalsozialisten, darunter auch führende Funktionäre wie etwa Hans Suchard. Sie fühlten sich vom Kampfgeist und der ungebrochenen Gegnerschaft der Nationalsozialisten gegenüber dem Schuschnigg- Regime angezogen. Außerdem hoffte man auf Arbeit und Brot nach einem Anschluss an Hitler - Deutschland. Die vielen Burgenländer, die nach 1933 im "Reich" Arbeit gefunden hatten, waren zumeist Propagandisten des Anschlusses.

Einige Sozialisten, Kommunisten und Nationalsozialisten arbeiteten illegal weiter. Die "Revolutionären Sozialisten" (Febristengruppe) gaben die die illegale "Burgenländische Freiheit" heraus. Diese löste, da sie genaue Informationen über das Geschehen im Lande enthielt, beträchtliche Unruhe aus, da die Polizei nicht eruieren konnte, wo sie gedruckt wurde. Am 2. Oktober erschien die Nr. 2, die in der Tschechoslowakei gedruckt wurde.Leser hatte in Pressburg einige Genossen, darunter den früheren Landesparteisekretär Hans Menzl, um sich geschart. Es gelang, die Zeitung in das Land zu schmuggeln. Diese griff vor allem die "Huldigung" der Vaterländischen Front anlässlich eines Aufmarsches in Eisenstadt für Erzherzog Friedrich auf und malte das Gespenst einer Wiedererrichtung der Monarchie an die Wand. Die Aktivitäten der Revolutionären Sozialisten beschränkten sich allerdings auf wenige, stark sozialdemokratisch geprägte Gemeinden im Nordburgenland (Neufeld, Siegendorf, Pöttsching, Sigleß, Steinbrunn, Neufeld und Horstein). Aktiven Widerstand gab es nicht, man beschränkte sich auf die Verbreitung von Flugschriften und der illegalen "Arbeiter - Zeitung", die in Brünn gedruckt wurde. In Eisenstadt war eine kommunistische Gruppe aktiv.

Der Kontakt der Sozialisten zu ihren ins Ausland geflüchteten Parteiführern wurde von Hoffenreich und Richard Berczeller aufrecht erhalten. Sie trafen Leser mehrmals in Pressburg. Von dort transportierten sie die "Burgenländische Freiheit" nach Ödenburg, von wo sie über die Grenze geschmuggelt wurde. Hans Bögl, der nach seiner Entlassung als Versicherungsvertreter unterwegs war, sorgte dann für die weitere Verteilung. In der Illegalität wirkte auch die "Sozialistische Arbeiterhilfe", die Not leidende Familien unterstützte. Im Lande agierten Alexander Stagl, der aber 1935 verhaftet und zu einer mehrjährigen Kerkerstrafe verurteilt wurde, Ludwig Parise und Josef Steiger aus Pöttsching und Fritz Robak aus Steinbrunn.

Im Jahr 1936 wurden mehrere illegale Aktivitäten von Sozialdemokraten von der Polizei aufgedeckt. So flog etwa die Pöttschinger Gruppe um A. Stagl, Josef Steiger und G. Dörfler auf.
1938, als das Schuschnigg - Regime immer mehr in Bedrängnis geriet, wandte man sich an die Sozialdemokratie um Unterstützung. Auch im Burgenland wurde ein geheimes Treffen der Revolutionären Sozialisten im Hirmer Wald zwischen Pöttsching und Sauerbrunn abgehalten und der Beschluss gefasst, die Vaterländische Front zu unterstützen. Auch Hans Sylvester suchte Kontakt zu den illegalen Sozialisten, In der Nacht vom 9. auf den 10. März traf er sich mit Till. Till versuchte, eine Einsatzzentrale in Eisenstadt zu improvisieren und bekam Geld und Fahrzeuge von der Vaterländischen Front. Diese Aktionen kamen aber viel zu spät, die Nationalsozialisten beherrschten bereits die Straße. Die ersten Verhaftungswelle nach dem Anschluss traf neben den "Vaterländischen" auch wieder die Sozialdemokraten. An eine Weiterarbeit in der Illegalität war zunächst kaum zu denken, die Begeisterung der Bevölkerung und die Zustimmung zu Hitlerdeutschland war zu groß. Tausende Arbeiter fandenim "Altreich" Beschäftigung und im Raume Wiener Neustadt entstand ein großes Zentrum der Rüstungsindustrie. Im Sommer 1939 gab es keine Arbeitslosen mehr.

 

 

 

 

Grafik / Karte

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Aufmarsch der burgenländischen Sozialisten 1932 in Eisenstadt. Foto aus: Aufbruch an der Grenze.

 

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Quellen

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