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Nach der Abtretung Ödenburgs an Ungarn - eine Folge des Venediger Protokolls und der umstrittenen Abstimmung in Ödenburg - wurden die neuen Landesbehörden zunächst in Sauerbrunn untergebracht. Der Kurort war im ganzen Burgenland der einzige Ort, in dem in den Hotels und Pensionen geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung standen. Der Landtag fand hingegen sofort in Eisenstadt Unterkunft, denn in der Eisenstädter Kaserne gab es einen entsprechend großen Saal, der als Sitzungssaal dienen konnte. Der Streit um die neue (provisorische) Hauptstadt nahm drei Jahre in Anspruch. Damit verbunden waren lokalpolitische Anliegen, es ging aber auch um den Einfluss von Politikerpersönlichkeiten. Der erste Landeshauptmann Rausnitz etwa war für Wiener Neustadt als neue Hauptstadt des Burgenlandes. Die Bauernbündler (Landbund) die vor allem im südlichen Burgenland sehr stark waren, traten für Pinkafeld ein. Pinkafeld, Sauerbrunn und Eisenstadt kamen schließlich in die engere Wahl.

Nach der Beendigung der "Zweiten Landnahme" beschloss die Verwaltungsstelle für das Burgenland mit einem Teil des Landesverwaltungsamtes nach Wr. Neustadt, in das Stift Neukloster, zu übersiedeln. Ein Teil der Verwaltung blieb in Wien.Ödenburg war zunächst als Sitz für die "Verwaltungsstelle für das Burgenland" vo9rgesehen. Nach dem Verbleib der Stadt bei Ungarn musste eine neue Lösung gefunden werden. Gegen die Idee, Wien als Sitz zu etaqblieren, fiel die Entscheidung für eine "burgenländishe Lösung".

Im Jänner 1922 verlegte Dr. Davy den Sitz der Verwaltung nach Sauerbrunn. Am 2. Jänner erfolgte die Übersiedlung. Der Kurort verfügte über leerstehende Villen und Wohnungen. Im 2. Bundesverfassungsgesetz über das Burgenland vom 7. April 1922 heißt es "Einstweiliger Sitz der Landesregierung ist Sauerbrunn". Die n ötigten Häuser und Wohnungen wurden beschlagnahmt. Damit waren sowohl die Besitzer wegen des teilweisen Verdienstentganges wie auch die oft unnzulänglich untergebrachten Beamten unzufrieden.Am 29. September 1922 kam es sogar zu einer Demonmstrationsversammlung gegen die "unerhörte Mietzinswillkür der Sauerbrunner Hausbesitzer"

Ein Problem war nach der Landtagswahl vom 18. Juni 1922, dass es in Sauerbrunn keinen geeigneten Saal für für die Landtagssitzungen gab. Der Landtag musste schließlich in Eisenstadt, im Festsaal der Kaserne, tagen. Am 12.Oktober 1922 stellten die Landtagsabgeordneten der drei großen Parteien den Antrag, Verhandlungen mit den in Frage kommenden Gemeinden für den Sitz der Landesverwaltung aufzunehmen. Ein Antrag der Großdeutschen forderte die Landesregierung auf, den Sitz der Landesregierung nach Eisenstadt zu verlegen, wurde vom Landtag abgelehnt. Im Antrag der drei Parteien wurde auf die Möglichkeit, Sauerbrunn und Mattersburg gemeinsam zur provisorischen Landeshauptstadt zu machen,hingewiesen. Die verkehrsgünstige Lage wurde ins Treffen geführt. Aber auch Eisenstadt wurde wegen seiner kulturellen Bedeutung nicht ausgeschlossen. In der Debatte setzte sich der Mattersburger Michael Koch für seine Heimatgemeinde ein. Adalbert Wolf hingegen argumentierte für eine schnelle Entscheidung zu Gunsten von Ei9senstadt. Damit waren neben Eisenstadt auch Sauerbrunn, Mattersburg und bald darauf auch Pinkafeld im Rennen um die vorläufige Landeshaußptstadt.

Sauerbrunn präsentierte sich in einer Petition als die günstigste Lösung. Nachdem die Landesregierung die Anforderungen an den Raumbedarf bekannt gegeben hatte legte Sauerbrunn entsprechende Vorschläge vor, einschließlich einer Landtagssaales und die Finanzierungsmöglichkeiten. Eine große Parzelle für 100 Beamtenwohnungen wurde angeboten. Die Alternativen, Eisenstadt oder Mattersburg, wären viel zu teuer.

Am 9.Dezember 1922 wurde auch im Mattersburger Gemeinderat ein Beschluss gefasst, die Baugründe für die Regierungsgebäude zur Verfügung zu stellen. Am 17.Dezember trafen sich Gemeindevertreter der Bezirke Mattersburg und Pullendorf. In Anwesenheit vieler Landespolitiker wurde vehement Mattersburg als Standort eingefordert und in den folgenden Tagen ein Aufruf an alle Gemeinden - mit Ausnahme der Bezirke Eisenstadt und Neusiedl - geschickt. 51 ERklärungen für Mattersburg langten ein. Auch Mattersburg wolte Baugründe zur Verfügung stellen und hohe Sachleistungen einbringen.

 Der Bürgermeister von Pinkafeld Julius Lehner mobilisierte die Gemeinden des Südburgenlandes für seine Gemeinde Pinkafeld. Er machte die verkehrsgünstige Lage, den Ausbau der Bahnstrecke Pinkafeld-Friedberg und die Bedeutung Pinkafelds als Industriestandort geltend. Die Oberwarter Sonntagszeitung und der Burgenländische Bauernbund (Landbund), der seine Hochburgen im Südburgenland hatte, unterstützten dieses Anliegen.Als Regierungsgebäude wurde das ehemalige Batthyany-Schloss angeboten.

Am 14. Juli 1923 demissionierte Landeshauptmann Rausnitz, wobei die Hauptstadtgrage eine Rolle spielte. Rausnitz trat für Wr. Neustadt als Landeshauptstadt ein. Innerhalb der politischen Parteien gab es unterschi3edliche Interessen.Bei den Großdeutschen war Walter für Mattersburg, Necessany für Eiusenstadt. Bei den Christlichsozialen war Michael Koch für Mattersburg, Bauer für Eisenstadt,

Auch Eisenstadt wollte sämtliche Baugründe unentgeltlich zur Verfügung stellen und bot den Bau von 100 Beamtenwohnungen an. Von Seiten des Bundes wurde Eisenstadt favorisiert, wie aus einem Brief von Felix Frank, Bundesminister für Inneres und Vizekanzler, an Landeshauptmann Rausnitz hervorgeht. Dieser wies jedoch die vorgebrachten Argumente zugunsten Eisenstadts zurück und verbat sich die Einmischung des Bundes.

Von 1923 bis 1925 wurden Gutachten eingeholt, Besprechungen - etwa mit der Esterhazy-Gutsverwaltung - geführt und Kostenschätzungen vorgenommen. Die zu erwartenden Kosten in den Bewerbergemeinden unterschieden sich kaum. In Eisenstadt wurde das Vorhandensein bundeseigener Gebäude positiv bewertet. Der Finanzminister gab bekannt, dass für 1924 keine Gelder zur Verfügung stehen würden.

Im April 1924 verlangte Sauerbrunn eine Entscheidung vom Landtag. Am 25. Oktober fand eine Demonstration statt. Am 2. Jänner 1925 brachte die Kurort AG eine Räumungsklage beim Bezirksgericht ein. Die Klage wurde abgewiesen. Am 13. Feber 1925 regte sich auch Mattersburg wieder. Eine Abordnung unter Bürgermeister Steiger spraxh bei Landeshauptmann Rauhofer vor. Am 19. April fand eine Massenversammlung statt, an der auch Rauhofer, Landesrat Koch und Dr. Walheim teilnahmen. Eine Resolution wurde beschlossen. In Eisenstadt reagierte Bürgermeister Koller mit einem "Medien-Coup". Die eingeladenen Journalisten besuchten zwar auch Sauerbrunn und Mattersburg, wurden aber in Eisenstadt groß hofiert und verbreiteten ein positives Bild von Eisenstadt. Schließlich gelang es, die Zusage von Geldern von Seiten des Bundes für "außergewöhnliche Neubauten" für 1925 zu erlangen.

In der Landtagssitzung vom 29./30. April sollte die Entscheidung fallen, und zwar zwischen Pinkafeld, Sauerbrunn und Eisenstadt. In Fraktionssitzungen mussten sich die Mattersburger Koch von den Christlicsozialen und Suchard von den Sozialdemoraten der Parteilinie widerwillig fügen. Mattersburg schied aus dem Rennen aus.Die Mattersburger Gruppe unterstützte nun Sauerbrunn.  In einem letzten Versuch Sauerbrunns  wurden dem Land sieben Gebäude als Schenkung angeboten. Nach Walheim stand hinter diesem Manöver Esterhazy, der befürchtete, das Eisenstädter Schloss durch Enteignung zu verlieren.

Vier Abstimmungen im Landtag blieben erfolglos, da keine Zwei-Drittel-Mehrheit zustande kam. Erst in der fünften Abstimmung gab es 20 Ja- und 9 Neinstimmen für Eisenstadt. Als Landeshauptstadt wollte man Eisenstadt aber keineswegs sehen, sondern lediglich als Sitz der Landesregierung. Als Landeshauptstadt sah man weiterhin Ödenburg an. Erst 1981 wurde in der Landesverfassung festgeschrieben: "Landeshauptstadt und Sitz des Landtages und der Landesregierung ist Eisenstadt". Eine Volksbefragung, die offenbar von Einigen erhofft und auch geplant war, kam nicht zustande. Auch alle Proteste Sauerbrunns und Mattersburgs gegen den Landtagsbeschluss und die Hoffnung auf dessen Aufhebung durch die Bundesregierung blieben vergeblich. Die Umsiedlung in das neue Landhaus in Eisenstadt erfolgte erst Anfang 1930.

 

 

 

 

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Literatur:

Hess, Michael: Landeshauptstadt? Leider nein.Die vergeblichen Bemühungen von Sauerbrunn, Mattersburg und Pinkafeld  Burgenländische Heimatblätter 2021. Heft 3 & 4

 Krizsanits, Brigitte: Von der Residenz- und Bürgerstadt zur Landeshauptstadt. Eisenstadt 2015

Schlag Gerald: Eisenstadts Weg zur Landeshauptstadt. IN: Eisenstadt. Bausteine zur Geschchte Eisenstadts 1998

Seedoch, Johann: Zur Geschichte Eisenstadts . Von der Hallstattsiedlung zur Landeshauptstadt. In: Österreich in Geschichte und Literatur mit Geoo9graphie 1986.

Pötschner, Angelina: Das Landhaus in Eisenstadt. Burgenlandische Heimatblätter 2021, Heft 3 & 4

 
 
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