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Die Vorläufer des Landbundes, der sich zunächst Burgenländischer Bauernbund nannte, sind in den deutschbewussten Kreisen Deutschwestungarns, also in Wollinger, Wolf, Ammon und Walheim zu suchen. Aus diesen Kreisen entstand einerseits die Großdeutsche Volkspartei, andererseits der Landbund.

Die Anfänge des Bauernbundes (Landbundes) fallen in die Monate November und Dezember 1921. In einem Brief an den Deutschen Schutzverein in Berlin erklärte DDr.  Ernst Schönbauer, der damalige Führer des österreichischen Landbundes, seine Organisation auch auf das Burgenland ausdehnen zu wollen. Er dachte an den Einsatz von Wanderlehrern  des Deutschen Schutzvereins, was dieser allerdings ablehnte.

Am 22. und 23. Dezember 1921 wurde der Burgenländische Bauernbund in Deutsch Kaltenbrunn gegründet, also verhältnismäßig spät und ohne dass diese Gruppierung an den Anschlusskämpfen und an den Ödenburger Ereignissen Anteil gehabt hätte. Im übrigen Österreich gab es schon seit 1918/19 Bauernbünde, die sich 1920 im Nationalrat zum "Abgeordnetenverband der Deutschösterreichischen Bauernbünde" zusammengeschlossen hatten. Die Entscheidung, auch im Südburgenland aktiv zu werden, ging von der Steiermark aus. Gründungsversammlungen wurden in Deutsch Kaltenbrunn, in Stegersbach und in Dobersdorf abgehalten. Der Steirische Bauernbund übernahm die Organisation. Am 25. Feber 1922 fand eine Vertrauensmännerversammlung in Güssing und am 8. März eine solche in Fürstenfeld statt. Auf beiden Versammlungen wurde der Anschluss des Südburgenlandes an die Steiermark verlangt. Steirische Bauernbundfunktionäre waren im Südburgenland im Einsatz.

Die erste Hauptversammlung des Burgenländischen Bauernbundes wurde am 23. April 1922 in Fürstenfeld, wo auch ein burgenländisches Parteisekretariat eingerichtet wurde, abgehalten. Zum Obmann wurde der Rudersdorfer Bauer Franz Schober gewählt. Seine Stellvertreter waren Bürgermeister Karl Halb aus Mühlgraben, Bürgermeister Josef Pomper aus Bocksdorf und Bürgermeister Franz Gabriel. Michael Vas wurde Schriftführer. Schon in der ersten Hauptversammlung wurde die Errichtung einer landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft beschlossen. Der organisatorische Aufbau ging dank der Hilfe der steirischen Parteisekretäre rasch voran. Am 23. April 1922 bestanden bereits 58 Ortsgruppen, allerdings ausschließlich im Südburgenland. Verhandlungen über einen Zusammenschluss mit den Großdeutschen scheiterten, ja im Wahlkampf kam es sogar zu heftigen Konflikten. Die, obwohl man sich ideologisch sehr nahe stand. Auch der Bauernbund war ja deutschnational.

Für die Wahl vom Juli 1922 stellte der Bauernbund nahezu ausschließlich Bauern als Kandidaten auf, sowohl für den Landtag wie für den Nationalrat. Man unternahm also gar nicht den Versuch, auch andere Gruppen anzusprechen. Das sollte sich als sehr vorteilhaft erweisen, da man - anders als die Großdeutschen - sehr konsequent nur für bäuerliche Interessen eintreten konnte. Die Verhandlungen über ein Zusammengehen mit den Großdeutschen scheiterten. Kurz vor der Wahl erließ der Bauernbund einen Aufruf, in dem er die Großdeutschen äußerst scharf angriff. Man warf ihnen vor, eine Ansammlung von Advokaten, Doktoren und Beamten zu sein und nur die Städter zu vertreten. Sie würden eine Beamtenmisswirtschaft errichten. Außerdem würden die Großdeutschen mit den eigentlichen Gegnern der Bauernschaft, mit den Sozialdemokraten, paktieren.

Das Wahlergebnis war für den Bauernbund überraschend günstig. Mit 17,1 % der Stimmen wurde er drittstärkste Partei und übertraf das Ergebnis der Großdeutschen bei weitem, obwohl man lediglich im Süd- und Mittelburgenland geworben hatte. Im Bezirk Güssing wurde die Partei mit 46 % der Stimmen die stärkste Partei, in Oberwart erreichte sie mit 30,4 % den zweiten Platz, in Jennersdorf, traditionell eine Hochburg der Großdeutschen, konnte sie ebenfalls 24 % der Stimmen und selbst im Oberpullendorfer Bezirk, hier praktisch ohne die geringste Wahlwerbung, 17 % erzielen.  Für den Bauerbund zog Matthias Duld, Bauer aus Eltendorf, in den Nationalrat ein. Im Landtag stellte man 6 Mandate: Karl Plöchl (Bauer aus Lutzmannsburg), Johann Paul (Bauer und Wirt  aus Kemeten), Leopold Enzensberger (Bauer aus Kohfidisch), Joseph Pomper (Bauer aus Bocksdorf), Michael Vas (Bauer aus St. Michael), Karl Halb (Bauer aus Mühlgraben).

Das Wahlergebnis (siehe Landespolitik 1922 bis 1927) zeigte, dass der Bauernbund richtig kalkuliert hatte: Er schnitt im Südburgenland äußerst erfolgreich ab. In Jennersdorf war er sogar die stärkste Partei

Die Regierung, die schließlich zustande kam, war keine Koalitionsregierung, sondern eine Arbeitsgemeinschaft, an der alle vier im Landtag vertretenen Parteien Anteil hatten. Die Sozialdemokraten verzichteten als stärkste Fraktion auf das Amt des Landeshauptmannes. Landeshauptmann wurde der unabhängige Beamte Dr. Alfred Rausnitz. Von den zwei Landesräten, die den Sozialdemokraten zustanden, traten sie einen an die Großdeutschen ab. Diese Position bekam Dr. Alfred Walheim. Für den Bauernbund trat Gustav Walter in die Regierung ein. Er wurde jedoch schon am 30. Jänner von Dr. Viktor Johann Voit abgelöst.

In der Landespolitik, die durch diese Verschiebungen im freiheitlich - nationalen Lager kaum berührt wurde, beschlossen die Sozialdemokraten gemeinsam mit Walheim den Sturz des Landeshauptmannes Dr. Rausnitz, der sich in der Zwischenzeit immer mehr den Christlichsozialen angenähert hatte. Rausnitz trat, um seinen Sturz zuvorzukommen, zurück.

Die Wahl am 21. Oktober 1923 brachte für die Großdeutschen ein verheerendes Ergebnis. Nur 2,6 % der Stimmen bekam die Partei und damit kein einziges Landtagsmandat und kein Nationalratsmandat. Der Burgenländische Bauernbund (Landbund) schnitt hingegen bei der Wahl mit 19,2 % der Stimmen hervorragend ab. Damit war ein Nationalratsmandat sicher. Spitzenkandidat auf der burgenländischen Nationalratsliste war allerdings kein Burgenländer, sondern der aus Niederösterreich stammende Univ. Prof. Schönbauer. Auch die Stelle des Landesrates bekam ein Nichtburgenländer, der steirische   Rechtsanwalt Dr. Voit. Ihre Kandidatur hatte die Bundespartei durchgesetzt, wobei unterschwellig wohl auch die Ansicht eine Rolle spielte, dass die burgenländischen Kandidaten, überwiegend Bauern, für diese Positionen zu wenig qualifiziert wären. Daraus entstand schon bald Unzufriedenheit. Im Landtag erhielt der Burgenländische Bauernbund sieben Mandate (zuvor sechs). Abgeordnete wurden Duld Mathias, Bauer aus Königsdorf, Gsell Michael (Professor am Gymnasium Oberschützen und Landwirt, Paul Johann, Bauer in Kemeten, Pomper Joseph, Bauer in Bocksdorf, Vas Michael, Bauer in St. Nikolaus bei Güssing, Voit Viktor, Landbundanwalt in Sauerbrunn und Alfred Walheim.  Betrachtet man allerdings das gesamte national - freiheitliche Lager, so zeigt sich, dass der Stimmenanteil nicht gehalten werden konnte. Es gab offenbar eine Abwanderung zu den Christlichsozialen, die ein Mandat dazu gewannen und mit 37,5 % der Stimmen ihren Abstand zur Sozialdemokratie (38, 6 %) erheblich verringern konnten. Mit dem Ausscheiden der Großdeutschen aus dem Landtag war der Burgenländische Bauernbund die einzige Vertretung des deutsch - freiheitlichen Lagers. Von 1923 bis 1927 spielte der Bauernbund eine äußerst wichtige Rolle in der Landespolitik und konnte öfter in entscheidenden Fragen das Zünglein an der Waage sein. Wichtige Themen der Landespolitik waren in dieser Zeit etwa die Hauptstadtfrage, die bäuerliche Krankenversicherung und das Landwirtschaftskammergesetz. Insgesamt war diese Zeit durch wechselnde Koalitionen und durch schwere innere Krisen der drei Parteien gekennzeichnet. Die Bauernbündler versuchten zunächst, sich an keine der beiden größeren Parteien zu binden, mussten dann aber eine rot - schwarze Koalition hinnehmen. Es folgte die vorübergehende Zusammenarbeit mit den Christlichsozialen und eine Konzentrationsregierung, aus der der Landbund dann ausschied. Zeitweise war eine Arbeit in Regierung und Landtag völlig unmöglich.

In seiner inneren Entwicklung konnte der Bauernbund seine südburgenländische Organisation weiter ausbauen und dehnte diese allmählich auch auf den Norden des Landes aus. 1926 bestanden 207 Ortsgruppen, der Bauernbund war damit in zwei Drittel aller Ortschaften vertreten. Es wurden zahlreiche Versammlungen abgehalten, die man ab 1923 als Bauerntage bezeichnete. Die Abgeordneten hielten Sprechtage ab. Ab 1923 wurde mit Nachdruck auch am Ausbau des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens gearbeitet, wobei von der Steiermark her besonders große Unterstützung kam. Im März 1923 wurden die ersten Raiffeisenkassen gegründet. Am 18. November 1923 fand die Gründung des "Landesverbandes der landwirtschaftlichen Genossenschaften" im Burgenland statt. Gründungsort war Fürstenfeld. Den Vorsitz in der Gründungsversammlung führte der Bauernbündler Michael Vas. Schon damals gehörten 40 Raiffeisenkassen und zwei Elektrizitätsgenossenschaften dem Verband an. Im Jahre 1924 bestand bereits eine nahezu lückenlose Organisation von Raiffeisenkassen im Südburgenland. Es folgten Viehzucht-, Milch- und Obstverwertungsgenossenschaften sowie Weinbaugenossenschaften. Mit dem Junglandbund wurde auch eine Jugendorganisation aufgebaut, die allerdings wenn man von Rechnitz und Lutzmannsburg absieht nur geringe Bedeutung erlangte.

Die Arbeit im Landtag wurde vom Steirer Voit geführt, der ja auch Landesrat war. Walheim musste sich mit einem Landtagsmandat zufrieden geben. Er litt unter diesen Verhältnissen und wurde auch persönlich immer wieder schwer angegriffen, etwa als "Überläufer". Schließlich bekam er das Bundesratsmandat. Die Regierungsverhandlungen nach der Wahl von 1923 zogen sich lange hin. Die Christlichsozialen versuchten, die Sozialdemokraten ganz auszuschalten und einen "Bürgerblock" mit dem Landbund zu bilden. Die Verhandlungen gediehen recht weit, dann aber tauchten Probleme bei der Referatsverteilung auf. Der Bauernbund verlangte den Landeshauptmannstellvertreter und den Agrarlandesrat. Gegen einen bündlerischen Landeshauptmannstellvertreter gab es verfassungsrechtliche Bedenken, dieses Amt stand den Sozialdemokraten zu. Das Agrarreferat aber wollten die Christlichsozialen nicht zur Gänze dem Bauernbund überlassen. So gerieten die Verhandlungen in eine Sackgasse. Überraschend einigten sich die Christlichsozialen daraufhin mit den Sozialdemokraten. Die neue Regierung unter Landeshauptmann Rauhofer setzte sich schließlich aus vier Christlichsozialen, drei Sozialdemokraten und einem Bauern (Land-) bündler zusammen. Voit als Landesrat bekam aber keinerlei Kompetenzen, was beim Bauernbund entsprechende Enttäuschung auslöste. Verbissene Angriffe gegen die Christlichsozialen waren die Folge. Allerdings war die schwarz - rote Koalition auch in der Sozialdemokratie heftig umstritten und Leser hatte mit einer innerparteilichen Opposition zu kämpfen. Die Zusammenarbeit war auch denkbar schwierig, denn mit dem Ablaufen des Mandates der Schulstühle waren Neuwahlen fällig. Damit brach der Schulstreit wieder auf. Die Koalition handelte zunächst einen Kompromiss aus. Die Christlichsozialen akzeptierten Ortschulratswahlen, die Sozialdemokraten gestanden den Pfarrern weiterhin einen Sitz im Ortschulrat zu und akzeptierten die kirchliche Schulaufsicht. Der Bauernbund wurde bei zwei damals sehr wichtigen Gesetzesvorhaben aktiv. Er lehnte die die geplante Einführung einer Pflichtkrankenkassenversicherung für die gesamte bäuerliche Bevölkerung ab und forderte statt dessen eine freiwillige Versicherung in Gebietskrankenkassen mit ehrenamtlichen Funktionären, die sich allerdings wohl nur die finanziell leistungsfähigeren Bauern hätten leisten können. Auch im Falle des Bauernkammergesetzes betrieb der Bauernbund Opposition. Er verlangte - vermutlich um den eigenen Einfluss besser zur Geltung bringen zu können - eine Mitgliedschaft erst ab 1 Hektar Grundbesitz. Vor allem die Sozialdemokraten aber traten für eine Untergrenze von einem Joch (0,56 ha) ein.

Die schwarz - rote Koalition zerbrach schließlich an der Hauptstadtfrage mit dem Rücktritt Rauhofers. In der Hauptstadtfrage trat der Bauernbund für Pinkafeld ein. Nur Walheim distanzierte sich von dieser Forderung und war für Eisenstadt. Rauhofer trat am 15. Mai 1925 zurück. Der sozialdemokratische Präsident des Landtages beauftragte daraufhin Landeshauptmannstellvertreter Leser mit der Führung der Geschäfte - zur Überraschung der Christlichsozialen, die diese Möglichkeit offenbar übersehen hatten. Sie zogen daraufhin ihre beiden Landesräte aus der regierung zurück. Leser aber trieb in der kurzen Zeit, die er an der Spitze der Regierung stand, die sozialdemokratischen Forderungen rasch voran. So wandelte er 21 konfessionelle Schulen in Gemeindeschulen um. Um diese unangenehme Situation zu beenden mussten sich die Christlichsozialen mit dem Bauernbund einigen. Rauhofer wurde als Kompromisskandidat wieder Landeshauptmann. Am 22. Juni 1925 schlossen die beiden "bürgerlichen" Parteien in Fürstenfeld einen Koalitionspakt. Damit gingen die Bauernbündler erstmals einen Weg, den auch die Bundespolitik vorzeichnete, den einer "antimarxistischen Koalition". Die Regierungsbildung führte zu einer Aufteilung der Kompetenzen der sozialistischen Landesräte. Die Sozialdemokraten zogen daraufhin aus der Regierung aus und machten diese (wegen eines Versehens in der Geschäftsordnung, vgl. dazu Landespolitik 1922 bis 1927) beschlussunfähig.  Erneut brach eine schwere Krise aus, die heftige Konflikte im Landtag zur Folge hatte. Diese Krise dauerte acht Monate an. Erst nachdem Demokratie wie Wirtschaft schweren Schaden erlitten hatten, entschloss man sich, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Das Ergebnis war eine neuerliche Zusammenarbeit (Konzentrationsregierung) aller drei Parteien. Rauhofer blieb Landeshauptmann, Landeshauptmannstellverteter war Leser, Landesräte Koch, Burgmann, Till und Voit. Die neue Landesverfassung konnte verabschiedet werden. Als aber die Christlichsozialen in der Mandatsaberkennungsaffäre gegen den Bauernbund vorgingen, trat dieser im April 1926 aus der Konzentrationsregierung aus.

Die Mandatsaberkennungsaffäre hatte folgenden Hintergrund: Die Wahlordnung für den burgenländischen Landtag sah einen ordentlichen Wohnsitz in einer burgenländischen Gemeinde vor. Walheim und Voit waren beide in Sauerbrunn gemeldet. Der dortige christlichsoziale Bürgermeister strich sie aber aus dem Wählerverzeichnis mit der Begründung, sie würden dort keinen ordentlichen Wohnsitz unterhalten. Die Bezirkswahlbehörde, ebenfalls unter christlichsozialer Mehrheit, bestätigte diese Entscheidung. Erst nach einer Abstimmung im Landtag konnte der Verfassungsgerichtshof angerufen werden, der letztlich zugunsten von Walheim und Voit entschied.

Die Angelegenheit führte auch zu einer schweren innerparteilichen Krise, die im Juni 1926 offen ausbrach. Die vier "bodenständigen" bäuerlichen Abgeordneten des Burgenländischen Bauernbundes begehrten gegen die drei Akademiker Gsell, Walheim und Voit und gegen die "Nichtburgenländer" Voit und Walheim auf. Die Mandatsaberkennungsaffäre wurde zum Anlass genommen, um den Steirer Voit auszuschalten. Die vier "Bauern" (Duld, Pomper, Vas und Enzenberger) distanzierten sich in einem Brief an den Landeshauptmann von ihrem Klubobmann Voit. Sie forderten diesen auf, sein Mandat an die Partei zurückzugeben. Voit aber beharrte auf seiner Position und bekam schließlich vom Verfassungsgericht recht. Die vier rebellierenden Abgeordneten mussten ihr Schreiben zurückziehen. Äußerlich schien der Konflikt damit beigelegt. Der innere Gegensatz aber war nicht mehr überbrückbar. Die Position Voits wurde auch deshalb schwächer, weil auf Bundesebene die in den Wahlen erfolgreicheren Kärtner unter Landesgauptmann Schumy die Steirer unter Leopold Stocker aus der Bundesparteileitung verdrängten. Im Feber 1927 wurde schließlich der Landesratsposten umbesetzt. Voit musste gehen und wurde von Josef Pomper abgelöst.

Nach der Nationalratswahl von 1927 kam es auf Bundesebene zum Eintritt des Landbundes in die Regierungskoalition von Christlichsozialen und Großdeutschen. Das hatte auch auf die burgenländische Politik Auswirkungen. Allerdings konnte im Land nur eine Konzentrationsregierung gebildet werden (die Geschäftsordnung von 1924 bestimmte, dass die Regierung nur bei Anwesenheit von 5 Regierungsmitgliedern beschlussfähig sei; damals gab es noch 8 Regierungsmitglieder, 1925 aber war die Regierung auf 6 Mitglieder reduziert worden, die Geschäftsordnung wurde nicht geändert; da die Sozialdemokraten zwei Regierungsmitglieder stellten, konnte ohne sie nicht regiert werden). Die Geschäftsordnung konnte ihrerseits nur mit Zweidrittelmehrheit geändert werden. Landeshauptmann wurde zunächst wieder Rauhofer. Dieser hatte aber in seiner eigenen Partei kaum mehr Rückhalt. Obwohl er von den Sozialdemokraten unterstützt wurde, musste er nach einem Jahr zurücktreten. Der Landbund lehnte Rauhofer ohnedies ab, da man ihm die Schuld für die Geschäftsordnungsmisere gab. Neuer Landeshauptmann wurde Anton Schreiner, der über gute Beziehungen zu Bundeskanzler Seipel verfügte. In seiner Amtszeit wurde die Landeshypothekenanstalt gegründet, ein Schritt, der sich auf die burgenländische Wirtschaft sehr positiv auswirkte. Nach Seipels Rücktritt konnte auch Schreiner nicht mehr im Amt gehalten werden. Als neuer Kompromisskandidat wurde der katholische Pfarrer Johann Thullner aus Neusiedl a. S. Landeshauptmann. Unter ihm gelang es endlich, die Naturalabgaben an die katholischen Pfarrer abzuschaffen, wofür der Landbund schon lange eingetreten war.

Auf Landesebene versuchte der Landbund, einige bereits beschlossene Gesetze zu ändern, etwa die landwirtschaftliche Krankenversicherung. Nach wie vor ein Ziel des Landbundes war die Einführung des Reichsvolksschulgesetzes auch im Burgenland, ohne die konfessionellen Schulen abschaffen zu wollen. Diese sollten durch Landeszuschüsse sogar gesichert werden. Die Schulaufsicht sollte aber durch staatliche Behörden erfolgen. Die schwere Krise der Landwirtschaft hoffte man durch eine Zollunion mit dem Deutschen Reich beenden zu können. Ein erstes Problem der neuen Regierung war die Wahl des Landtagspräsidenten. Die Christlichsozialen beanspruchten diese Position. Die Sozialdemokraten hingegen wollten dem nur zustimmen, wenn Christlichsoziale und Großdeutsche zu einer Partei verschmolzen wurden oder wenn Wollinger zu den Christlichsozialen übertrat. Beides kam für die Großdeutschen natürlich nicht in Frage. So wurde ein Sozialdemokrat Landtagspräsident.

Landesrat des Landbundes wurde zunächst Josef Pomper. Dieser blieb jedoch nur vom 20 Mai bis 2. August im Amt. Es folgte bis 16. Dezember 1927 Gottfried Grabenhofer und dann Alfred Walheim. Es gelang Walheim nunmehr, verstärkt Einfluss zu gewinnen, da es im Landbund noch immer weitgehend an profilierten und entsprechend gebildeten Persönlichkeiten fehlte.

Die Schulfrage war vom Land aus nicht zu lösen. Am 23. Dezember 1926 machte daher der burgenländische Abgeordnete des Landbundes im Nationalrat, Univ. Prof. Schönbauer, einen neuerlichen Anlauf. Er stellte den Antrag, das Reichsvolksschulgesetz unverzüglich auch auf das Burgenland auszudehnen. In einer Kampfabstimmung wurden die Christlichsozialen mit 83 zu 80 Stimmen von Großdeutschen, Landbund und Sozialdemokraten überstimmt. Dabei wollte auch Schönbauer die konfessionelle Schule keinesfalls abschaffen. Dort, wo die Bevölkerung es wollte, sollte sie weiter bestehen.  Diese sollte nur unter staatlicher Schulaufsicht gestellt werden. Diese Abstimmung brachte den Schulstreit wieder zum Ausbruch. Kardinal Piffl nahm in einem Hirtenbrief, der in allen burgenländischen Kirchen verlesen wurde, dazu Stellung. Tatsächlich hatte aber die Abstimmung im Nationalrat keinerlei Konsequenzen, da die Regierung sie ignorierte. Erst im Dezember 1927 stellten die Sozialdemokraten im Finanzausschuss erneut den Antrag auf Einführung des Reichsvolksschulgesetzes. Bei der Abstimmung zeigte sich jedoch, dass der Landbund seine Meinung geändert hatte. Er stimmte nun mit den Christlichsozialen gegen den Antrag. Im Burgenland folgte man nur zögernd und widerwillig dieser neuen Linie. Selbst Walheim, bisher konsequenter Gegner der konfessionellen Schule, lenkte schließlich ein, sehr zum Schaden für seine Glaubwürdigkeit. Sogar eine Ausdehnung des Reichsvolksschulgesetzes nur auf die Staatsschulen im Burgenland kam nicht zustande.

Die Bodenreformfrage, lange Zeit in den Hintergrund gedrängt, wurde Ende 1927 wieder aufgegriffen. Sie konnte aber nicht auf Landesebene gelöst werden. Es war ein Rahmengesetz des Bundes erforderlich. Die bürgerliche Bundesregierung verhielt sich aber in dieser Frage äußerst reserviert. Sie lehnte etwa einen sozialdemokratischen Gesetzesentwurf, der eine Zwangsenteignung mit Entschädigung vorsah, ab. Am 1. März 1928 wurde im Landtag mit der Zustimmung aller Parteien ein Sonderausschuss eingesetzt. Vor allem die Großdeutschen, besonders deren Landesgeschäftsführer Maier, traten entschieden für die Auflösung des magyarischen Großgrundbesitzes im Burgenland ein. Der Landbund war vorsichtiger, er machte Vorschläge zu einer "Binnenkolonisation". Ein Landeskulturförderungsgesetz sollte in Richtung Bodenreformen Maßnahmen setzen. So sollten etwa schlecht bewirtschaftete Güter zu den üblichen Pachtpreisen an die Bauern zur Bewirtschaftung übergeben werden. Im Landbund sah man in den Meierhöfen, unter den schlecht entlohnten Landarbeitern, eine Brutstätte des Kommunismus. Die Christlichsozialen lehnten eine Enteignung entschieden ab und verlangten eine "Agrarreform" mit Bodenregulierung (Kommassierung), Entwässerung, Nutzung von Ödland. Diese Maßnahmen lenkten vom eigentlichen Problem, der höchst ungleichen Besitzverteilung, mehr ab als dass sie zu einer Lösung beitrugen. Die christlichsoziale "Agrarreform" scheiterte rasch am Geldmangel. Der Versuch, Großgüter aufzukaufen und an Bauern aufzuteilen, scheiterte an der mangelnden Verkaufsbereitschaft der Großgrundbesitzer.

Die Schüsse von Schattendorf hatten auch im Burgenland eine Polarisierung zwischen dem bürgerlichen Lager und den marxistischen Parteien zur Folge. Die Heimwehren wurden zunächst von Christlichsozialen und Landbund gemeinsam aufgebaut. Erst 1930 distanzierte sich der Landbund von den Heimwehren, die immer deutlicher ins christlichsoziale Lager schwenkten. Diesen Kurs konnten viele Landbündler nicht mehr mitmachen.

Zur Radikalisierung trug zunächst die Gründung der Frontkämpferorganisation bei. Ab Frühjahr 1926 begannen die Sozialdemokraten mit der Ausdehnung des Republikanischen Schutzbundes auch auf das Burgenland. Noch 1927 wurden im Burgenland in sehr kurzer Zeit etwa 300 Heimwehrgruppen geschaffen. Maßgebend waren dabei der christlichsoziale Nationalratsabgeordnete Franz Binder und Michael Vas von Seiten des Landbundes. Johann Paul, ebenfalls ein Landbündler, war Bezirksführer der Heimwehr in Oberwart, Martin Drescher, ein Landtagsabgeordneter des Landbundes, gehörte dem Führungsstab der Heimwehr an. 1929 sollen die Heimwehren bereits etwa 10.000 Mitglieder gehabt haben, der Schutzbund hatte damals etwa 3.000 Mann.

Im Jahre 1930 trat Franz Binder, der sich weigerte, den Korneuburger Eid zu leisten, als burgenländischer Heimwehrführer zurück. Sein Nachfolger war Michael Vas, der keinerlei Bedenken hatte. Damit drohten die Christlichsozialen ihren Einfluss in der burgenländischen Heimwehr vollständig zu verlieren. Die Heimwehr spaltete sich in einen christlichsozialen und einen "nationalen" Flügel. Vor den Wahlen 1930 konnte die Einheit nicht wiederhergestellt werden. Die Christlichsozialen bildeten mit der Heimwehr unter Vas eine Einheitsliste, in den beiden nördlichen Bezirken kandidierte der "nationale" Flügel selbständig unter der Bezeichnung "Heimatblock" unter der Führung von Major Gerstner und Oberamtmann Peter Lang. Erst im Verlauf des Jahres 1930 begann sich der Landbund von den Heimwehren zu distanzieren. Michael Vas, der noch Landtagsabgeordneter des Landbundes war, kandidierte für die Einheitsliste, ebenso wie Kammerrat Paul. Beide wurden nun aus dem Landbund ausgeschlossen und wechselten zur christlichsozialen Partei. Die beiden Heimwehrflügel wurden neu organisiert: in den christlichsozialen "Burgenländischen Landesschützen" und im "Österreichischen Heimatschutz im Burgenland" (Starhemberg - Heimwehr). Die Landbündler verloren endgültig ihren Einfluss auf die Heimwehren.

Für den 9. November 1930 wurden Nationalratswahlen ausgeschrieben. Daraufhin beschloss der burgenländische Landtag ebenfalls seine Auflösung und Neuwahlen. Zusammen mit den Großdeutschen kandidierte der Landbund nun auf einer Liste   "Nationaler Wirtschaftsblock und Landbund" (=Schoberblock). Gerade im Burgenland war Schober aber ein wenig geeigneter Spitzenkandidat. Schober wurde ja im Burgenland vom deutschbewussten Lager für den Verlust von Ödenburg verantwortlich gemacht - nicht ganz zu Unrecht, wie wir heute wissen. An der Spitze der Nationalratsliste stand Schober persönlich. Dr. Dr. Schönbauer schied damals aus der Politik aus. Auf den Landeslisten waren die Großdeutschen so gereiht, dass sie gegenüber den Landbündlern keine Chance hatten. Walheim, der weiterhin den Posten des Landesrates anstrebte, kandidierte diesmal sicherheitshalber auf der Oberwarter Liste. Ein schwerer Schlag für den Landbund war der Übertritt zweier weiterer Funktionäre zu den Christlichsozialen: Kammerrat Fleischhacker und Johann Bauer aus Ritzing. Erstmals kandidierten bei den Wahlen von 1930 auch der Heimatblock, die Nationalsozialisten und die Kommunisten. Alle drei erreichten kein Mandat und nur wenige Stimmen. Das Ergebnis der Wahl brachte im Burgenland wenig Veränderungen. Die Mandatsverteilung blieb gleich. Die Christlichsozialen erhielten 14 Mandate. Statt des Großdeutschen Wollinger zog nun der frühere Landbündler und jetzige Christlichsoziale Vas in den Landtag ein. Die Sozialdemokraten erhielten 13, der Landbund 5 Mandate. Landbundabgeordnete waren Lorenz Göltl (Landwirt und Bürgermeister in Apetlon, früher ein Großdeutscher), Martin Drescher, Bauer aus Raiding, Alfred Walheim, Josef Pomper (Bauer aus Bocksdorf) und Georg Fiedler (Bauer aus Jennersdorf). Insgesamt erhielt der Nationale Wirtschaftsblock und Landbund 16 % der Stimmen. Das Schwergewicht verschob sich erneut in Richtung Norden.

Diese Tendenz wurde 1931 auch bei den Landwirtschaftskammerwahlen bestätigt (Kammerräte des Landbundes: Lorenz Schmelzer aus Gols, Johann Wenzl aus Mörbisch, Karl Böhm aus Lutzmannsburg, Stephan Kodnar aus Unterpullendorf, Gottfried Grabenhofer aus Unterschützen, Franz Laschober aus Stuben, Karl Halb aus Mühlgraben, Karl Kroboth aus Krottendorf, Franz Schober aus Rudersdorf).

Die neue Landesregierung war eine Arbeitsgemeinschaft von Christlichsozialen, Sozialdemokraten und Landbündlern. Landeshauptmann war Anton Schreiner, Landeshauptmannstellvertreter Leser, Landesräte Dr. Karall, Wagner, Till und Walheim. Schreiner wurde Landeshauptmann, weil Thullner von den Sozialdemokraten nicht mehr akzeptiert wurde, Schreiner dankte aber bereits am 5. Oktober 1931 ab. Nach seinem Rücktritt war es die entscheidende Frage, wer nachfolgen sollte. Eine junge Generation in der Christlichsozialen Partei, der neben Karall etwa Sylvester, Wagner und andere angehörten, war nicht mehr bereit, dem Wunsch der Sozialdemokraten nach einem Kompromisskandidaten nachzugeben. Sie beharrten auf Thullner. Leser leistete entschieden Widerstand und kam schließlich auf die Idee, den Landbündler Walheim wieder zum Landeshauptmann zu machen.

Am 25. November wurde Walheim schließlich mit den Stimmen der Sozialdemokraten und des Landbundes zum Landeshauptmann gewählt. Für Walheim, der unter dem Verlust an Einfluss durch den Niedergang der Großdeutschen und dann in den ersten Jahren seiner Zugehörigkeit zum Landbund sehr gelitten hatte, bedeutete diese Wahl sehr viel. Er war ehrgeizig und machtbewusst. Das Problem aber war, dass bei einem Fernbleiben der drei christlichsozialen Landesräte kein Regierungsbeschluss gefasst werden konnte. Dies hatte wohl auch Leser nicht bedacht, als er - gegen heftigen Widerstand in seiner eigenen Partei - Walheim zum Landeshauptmann gemacht hatte. Walheim aber hing so sehr an seinem Amt, dass er nun über Sylvester Verbindung zu den Christlichsozialen aufnahm und mit diesen ein Bündnis schloss. Er ging sogar noch weiter und erklärte, dass die Zeit für eine autoritäre Regierung gekommen, der Parlamentarismus am Ende sei. Er blieb noch bis zum 18. Feber 1934 im Amt, war dann noch für kurze Zeit Landeshauptmannstellvertreter, schied aber mit dem Beginn des Ständestaates ganz aus der Politik aus.

Mit dem Beginn der ständestaatlichen Ära wurden der Landbund ebenso wie die Großdeutschen  völlig in den Hintergrund gedrängt. Der Landbund löste sich am 18. Mai 1934 auf, so wie etwas später auch die Christlichsoziale Partei. Die Großdeutschen schlossen im Mai 1933 mit den Nationalsozialisten ein Abkommen, in dem sie sich der nationalsozialistischen Kampfgemeinschaft anschlossen. Die meisten Wähler der Großdeutschen waren ohnedies schon längst diesen Weg gegangen.

 

 

 

 

Grafik / Karte

 landtagswahl 1927
Landtagswahl 1927

 

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Quellen

  • Charlotte Heidrich, Burgenländische Politik in der Ersten Republik. Deutschnationale Parteien und Verbände im Burgenland vom Zerfall der Habsburgermonarchie bis zum Beginn des autoritären Regimes (1918 - 1933), Verlag für Geschichte und Politik, Wien 1982

 
 
 
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