Historisch gesehen war Westungarn nicht nur sehr gewerbereich, es gab durchaus auch eine Fülle von Erzeugungsstätten, die man heute als „Industriebetriebe" bezeichnen würde. Sie knüpften zumeist an die Rohstoffvorkommen des Landes an: Schwefel-, Kupfer- und Eisenhütten im Bernsteiner Bergland, Eisen- und Kupferhämmer, Glashütten und Papiermühlen. Die „Unternehmer" waren die Grundherren. Angestellte der Herrschaft betraute man mit der Führung der Betriebe. In der Zeit des Merkantilismus kamen weitere Betriebe dieser Art hinzu, etwa das von Ludwig Batthyäny betriebene Eisenwerk in Bocksdorf und der Eisenhammer in Loipersdorf, der etwa 140 t Eisen jährlich erzeugte. 1770 wurde er auf die Produktion von Messingwaren umgestellt und beschäftigte 1784/85 immerhin 32 Facharbeiter und 23 Hilfskräfte. Die ersten größeren Textilfabriken wurden ebenfalls schon im 18. Jahrhundert gegründet, in Neufeld etwa 1776 eine Kottonmanufaktur. 1789 entstand in Lockenhaus die Textilfirma Karl Popp, die nahezu 200 Jahre existierte. Für kurze Zeit bestand in Eisenstadt eine Samtbandmanufaktur und in Großpetersdorf eine Textilmanufaktur. Auch die Ledererzeugung war von Bedeutung: in Pinkafeld, wo sich mehrere Gerbereien zusammenschlössen, und besonders in Eisenstadt. Ebenfalls lokale Rohstoffe verarbeiteten die Sodafabriken in Illmitz, Essig- und Stärkefabriken in Homstein und natürlich die beiden großen Zuckerfabriken in Hirm und in Siegendorf (1850 und 1853 gebaut). Zu einer Welle von Industriegründungen kam es nach dem „Ausgleich", als die ungarische Regierung die Ansiedlung von Betrieben steuerlich begünstigte. Viele Unternehmen bauten so ihre Betriebe jenseits der Leithagrenze, wo sie nahe am österreichischen Markt waren, zugleich aber diese Vorteile in Anspruch nehmen konnten. Die Grenzgemeinden Neufeld und Neudörfl profitierten davon ganz besonders. In Neufeld etwa gründete das Wiener Chemieunternehmen J. Medinger & Söhne einen Zweigbetrieb, in den immer mehr Produktionszweige verlegt wurden. Um 1900 war die Weinsäureproduktion besonders wichtig. Ebenfalls in Neufeld wurde eine Zündkapselfabrik gegründet. Die Bleistiftfabrik Hardtmuth »estand in Müllendorf (heute in Hirm), in Neudörfl wurde die danals größte Zündwarenfabrik Ungarns errichtet. Zum wichtigsten Industriezweig wurde schon damals die Textilindustrie: Im Jahre 1888 wurde in Neufeld die „Erste Ungarische Jute-Spinnerei und Weberei" errichtet, die später mit anderen Betrieben zur ITIAG (Hanf-, Jute- und Textil-Industrie AG) erweitert wurde. In Neudörfl entstand ein Zweigwerk der Wiener Textilfirma M. J. Elsinger, das wasserdichte Stoffe erzeugte. In der Weberei Preis Co. waren sogar 400 Arbeitskräfte beschäftigt. In Pinkafeld, einem Zentrum der westungarischen Textilindustrie, wurden Kotzen und Loden erzeugt. Die Tuchmacher errichteten 1868 eine gemeinsame Spinnerei mit 300 bis 350 Beschäftigten. 1878 entstand durch den Zusammenschluss von 41 der insgesamt 85Tuchmacher die Schafwollwaren- und Deckenfabrik Alexander Putsch, die zu Beginn des Ersten Weltkrieges 140 Arbeitskräfte auf 35 mechanischen Webstühlen beschäftigte. 1919 entstand in Rudersdorf ein Zweigwerk der Leinweberei August Sattler's Söhne.
Die Pinkafelder Tuchmacher
1878 erfolgte in Pinkafeld der Zusammenschluss der Tuchmacher zu einer Tuchmachergenossenschaft. In diesem Jahr gehörten der Genossenschaft 37 ausübende Tuchmacher an. Die Tuchmacher betrieben auch eine Wollspinnerei und Tuchwalken mit 40 Arbeitsmaschinen. Die Genossenschaftsspinnerei hatte 15 Satz-Spinnmaschinen und 3 Hammerwalken, ferner besaß sie 12 Vorspinnmaschinen. Bei den einzelnen Genossenschafts-mitgliedern waren noch ca 60 Niederländer Spinnmaschinen und 75 bis 80 Handwebstühle in Betrieb. Beschäftigt wurden 300-350 Personen. Die Löhne waren annähernd gleich hoch wie in der Fabrik, es erhielten aber die Arbeiter Wohnung und Kost bei den Arbeitgebern. Erzeugt wurden Tuch, Flanell, Loden, Kotzen und Teppiche. Der Absatz von Tuch und Flanell ging weiter zurück, da die Konkurrenz der österreichischen Fabriken, die moderner ausgestattet waren, zu groß war. Dagegen nahm die Loden- und Kotzenfabrikation stark zu, da hier die steirische und Kärntner Konkurrenz nicht so drückend und das Pinkafelder Produkt von guter Qualität war und auch billiger angeboten wurde. Die Gesamterzeugung dürfte im Jahre 1879 bei 25 000 Paar Kotzen ...und 5000 Stück Loden...gelegen sein.
In der aufgelassenen Papierfabrik wurde von Alexander Putsch und Andreas Friedrich eine Loden- und Kotzenfabrikation mit 3 Satz-Spinnmaschinen und 10 Webstühlen eingerichtet. Die Satz-Spinnmaschinen und die Walke wurden mit Wasserkraft betrieben 1881 beschäftigte die Fabrik des Alexander Putsch 35 Tuchmachergehilfen, 20-30 Taglöhner und Arbeiterinnen, die wöchentlich 3-6 fl. verdienten. Die Tuchmachergehilfen dagegen erhielten 4-12 fl.(Gulden) in der Woche.
Damit war Pinkafeld zum Hauptsitz der Textilindustrie des Ödenburger Kammerbezirks geworden. Auf der Budapester Allgemeinen Landesausstellung etwa wurden die Pferdedecken (Kotzen) aus Pinkafeld wegen ihrer hohen Qualität sehr gelobt und die Spezialisierung auf ein Produkt begrüßt, zugleich aber angeregt, dass sich die Pinkafelder Tuchmacher auch auf die Produktion von "englischem Gewebe" verlegen sollten...
Auch in den Pottendorfer und Wiener Neustädter Spinnfabriken stammte ein beträchtlicher Teil der Arbeiter aus Westungarn. Arbeiter aus Westungarn waren Pottendorf, Schönau, Sollenau, Weigelsdorf, Neunkirchen, Unter-Eggendorf, Ebenfurth, Steinabrückl und Wr. Neustadt beschäftigt. Die Spinnfabrik Ebenfurth (408 Arbeiter) beschäftigte fast zwei Drittel der Arbeiter aus westungarischen Grenzgemeinden wie Neufeld, Hornstein, Steinbrunn, Müllendorf, Großhöflein...
Schlechte Zeiten für die Tuchmacher
"Die Tuchmacher sind hoch zu achten, weil sie feine Tuche machen, und wenn sie keine Arbeit hab'n, gehn sie Grumpien (Kartoffel) grab'n". Da ein Großteil der Bewohner Pinkafelds (an 300 Familien) in der Tuchmacherei Beschäftigung fanden, zeigten sich die Folgen einer Absatzkrise umso erschreckender. So lebt es noch in der Erinnerung fort, dass anläßlich einer Krise auf Jahre hindurch die Bevölkerung so arm war, dass sie auch an Sonntagen barfuss gehen musste, dass der Großvater, Vater und Sohn nur einen gemeinsamen Winterrock besaßen, den sie an Sonntagen abwechselnd benützten. Daher sahen sich gelegentlich Herrschaft und Regierung veranlasst, helfend einzuspringen. Die Krisenzeit um 1840 bewog die Gräfin Batthyany ...zu einer Stiftung: 'Ich Endesgefertigte versetze hiermit alle in Kentnis...daß ich - es als christliche Pflicht erachtend- auf alle mögliche Weise der bedrängten Lage meiner Untertanen des privilegierten Marktes Pinkafeld helfend nachzukommen, ernsten Willens sei. Nachdem ich aber, durch eigene Erfahrung geleitet, zur Kenntnis gelangt, dass mehrere unter den zahlreich hier anwesenden Tuchmachermeistern durch des Schicksals herben Schlägen in verarmten Zustand geratend, kaum fähig sind, ihren Kindern die Erlernung des Handwerks beibringen lassen zu können, so fühle ich mich entschlossen - diesen in ihrer Not hilfreiche Hand zu leisten -, eine aus 222 fl CM bestehende Kapitalsumme als ewige Fundation zu diesem Zwecke niederzulegen..." Die Gräfin bestimmte, dass von den Zinsen des Kapitals immer ein Lehrling... auslernen könne. Noch gegen Ende des Jahrhunderts wurde von dieser Stiftung regelmäßig Gebrauch gemacht.
Die Lockenhauser Tuchmacher
Bereits um 1756 läßt sich in Lockenhaus eine Tuchmacherzunft nachweisen. Am Beginn des 19. Jahrhunderts war bereits ein Drittel der Bevölkerung ( 350-400 Personen) in diesem Gewerbe beschäftigt. Die Tuchmacherzunft hatte 1829 die "Hackerschmiede" gekauft, um sie als Tuchwalke zu nützen. Um 1840 arbeiteten ca. 100 Meister und 150-200 Gesellen im Marktort. Die Absatzprobleme der Produkte ließ die Walke kurzfristig schließen. Es konnten in der Folge nur "ordinäre Tücher" - billiger Loden - hergestellt werden. 1878/79 besaß die Lockenhauser Tuchmachergenossenschaft vier Wasserwerke mit Kratz- und Spinnmaschinen und eine Handwalke mit Webstühlen. Die Lage der Tuchfabrikation glich 1881 einem "langsamen Dahinsterben". In den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts besserte sich die Situation mit Salomon Kopstein.
Die Lockenhauser beschränkten sich auf die Herstellung von Loden und die Erzeugung von Pferdedecken und Laufteppiche. Die 25 Arbeiter erzeugten jährlich ca. 1000 Paar Pferdedecken, 500-600 Stück Loden und Laufteppiche, die in Wien und Budapest verkauft wurden. Nikolaus und Franz Moser erhielten 1885 bei "der allgemeinen Landesausstellung" die große Aussellungsmedaille für Loden und Pferdewolldecken.
Die Walke der Tuchmacherinnung wurde nur mehr zur Kotzenerzeugung verwendet. Während Franz Moser 1894 seine Erzeugung einstellte, konnte Nikolaus Moser mit seiner Wasser-Spinnmaschine noch jährlich 500 Stück Pferdedecken herstellen. Die anderen Mitglieder der Genossenschaft stellten mit ihren Handmaschinen 100-200 Stück Pferdedecken her.
Für einen Aufschwung der Lockenhauser Tuchmacher fehlten das nötige Eigenkapital und Kredite; die Arbeiten mit der Walke wurden eingestellt. Nach der Klärung der Eigentumsfrage übernahm die Marktgemeinde Lockenhaus das Wasserwerk und die Walke. Es ging ab 1895 wieder aufwärts.........
Die Ödenburger Handels-und Gewerbekammer berichtet 1895 über die Auflösung der Lockenhauser Tuchmacherinnung und über eine "Lockenhauser Genossenschaft": die Genossenschaftsmitglieder erzeugten 1895 insgesamt 50 Stück Stoffe, 6o Stück Tuch, 90 Stück ungarisches Manteltuch und 100 Stück Flauschtuch in verschiedenen Farben. Der Verkauf konzentrierte sich auf Jahrmärkte. Ausländische Konkurrenz erschwerte den Absatz. Der Wochenlohn eines Arbeiters betrug 3 - 4 Gulden, jener der Arbeiterinnen 2,5-3 Gulden.
Aus dem Jahre 1906 gibt es ein Ansuchen der Gemeinde Lockenhaus, der Tuchmacher Karl, Wilhelm und Rudolf Popp, Nikolaus und Josef Moser und Johann Jesztl um "Unterstützung und staatliche Maschinen." Für eine gemeinsame Spinnerei hätten sich die genannten Tuchmacher verpflichten müssen, ein "Gebäude von 8 x 12 m, die notwendige Arbeitskraft und ein unbedingt notwendiges Betriebskapital" zur Verfügung zu stellen. Die Gemeinde erfüllte alle Voraussetzungen für die staatliche Hilfe. Für die Reparatur der Walke wurden 2.200 Kronen zugesagt.
Die Tuchmacherfamilie Popp gründete 1789 in Lockenhaus einen Betrieb, der von der ungarischen Regierung unterstützt wurde. Dadurch waren die Gebrüder Popp in der Lage, ihre Produktion auszuweiten: staatliche Maschinen - ein Reißwolf, Wollkrempelmaschinen, eine Mulejenny-Spinnmaschine mit 120 Spindeln - wurden 1907 genehmigt. Sieben Arbeiter waren an 4 Webstühlen beschäftigt. 1908 erlaubte der ungarische Handelsminister die Anschaffung eines Rohölmotors (Dieselmotor) mit 8 PS und zwei mechanische Webstühle.
Auch die alte Walkerei wurde auf Staatskosten erneuert und den Tuchmachern zur Verfügung gestellt. Fürst Nikolaus Esterházy ließ für seine Angestellten die Kleidung aus "Lockenhauser Tuch" fertigen. Die Gebrüder Popp erzeugten Flausch, Lodenstoffe und gehäkelte Tücher aus Wollgarn.
In den Jahren 1935, 1948 und 1955 wurde der Betrieb um eine Halle vergrößert . Trotz Kurzarbeit konnte der kapitalarme Betrieb nicht gehalten werden. 1986 wurde die Produktion endgültig eingestellt.
Neudörfl
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Bauerndorf Neudörfl zu einer der frühesten und bedeutendsten Industriesiedlungen Westungarns.Der Bau der Eisenbahn und der rasche Aufschwung des Wr. Neustädter Raumes trugen dazu bei.1910 hatte der Ort bereits 2460 Einwohner.In vorindustrieller Zeit war der fürstliche Meierhof, der aus einem herrschaftlichen Eisendepot hervorging, ein wichtiger Arbeitgeber. Die Hauptarbeit, besonders die Zuckerrübenernte auf dem Meierhof, wurde von der Ortsbevölkerung gegen einen sehr niedrigen Lohn geleistet.Es gab auch eine sehr große Weinhandlung der Firma Sandor Wolf, die neben zwei Gesellen auch 10 Hilfsarbeiter beschäftigte. Das Gewerbe war stärker entwickelt als in anderen Dörfern, darunter Ersatzkaffee-Erzeuger, Lebzelter usw. Auch zahlreiche Kaufleute gab es in Neudörfl. Aus Häuslern, Handwerkern und verarmten Kleinbauern entstand eine neue Schicht von Lohnarbeitern in den Fabriken in Wr.Neustadt und Neudörfl. Die ersten Fabriken entstanden, weil sie in Ungarn steuerlich begünstigt waren.1831 ließ sich die "Zündrequisitenfabrik Edler und Wolf" nieder, die 1853 bereits 40 Arbeiter beschäftigte und jährlich 150 Zentner Zündhölzer herstellte. Sie war die erste Zündholzfabrik in Ungarn. 1885 ging sie in das Eigentum des Wr. Neustädter Zündwarenfabrikanten Max Pock über. Die Fabrik beschäftigte hauptsächlich Frauen. Weitere Fabriken folgten: Eine weitere Zündholzfabrik, die 1906 in eine Segeltuchfabrik umgewandelt wurde, 1901 eine Zündschnurfabrik, 1902 eine Möbelfabrik, die später in eine Baumwollreinigungsfabrik und schließlich in eine Weberei umgewandelt wurde, 1913 eine Fabrik für optische Geräte. In den Textilfabriken wie etwa in der Firma Elsinger arbeiteten auch zugewanderte Weber aus dem Riesengebirge. Erzeugt wurden wasserdichte Stoffe, Plachen, Zeltplanen, Schläuche und Linoleum, PLachen für Autos, Stoffe für Liegestühle ...In der Zündschnurfabrik arbeiteten vor allem während des Ersten Weltkrieges viele Frauen unter sehr gefährlichen Bedingungen. Mehrmals kam es zu Explosionen. Auch in der Zwischenkriegszeit blieb Neudörfl ein wichtiger Industriestandort. Die heutigen modernen Industriebetriebe entstanden aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg.
Eisenstadt - die "Ledermetropole"
Im 19. Jahrhundert gab es Gerbereien in Lackenbach, Lockenhaus, Rechnitz, Oberwart, Pinkafeld, Bernstein und Eisenstadt. 1817 gründete Abraham Spitzer in Unterberg-Eisenstadt Nr.26 (heute Unterberggasse 26) eine Lederfabrik, die zu einer der größten im Ödenburger Kammerbezirk wurde. Im Jahre 1866 durfte die Lederfabrik den kaiserlichen Adler führen.Erzeugt wurden "Sohlenleder", glatte Kuhhäute, Blankleder, Maschinenriemen und Alaunleder. Für ihre "Fabrikate" erhielt die Lederfabrik Spitzer bei der Wiener Weltausstellung 1873 ein "Anerkennungsdiplom". Durch die gute Absatzlage bedingt, wollte Leopold Spitzer 1895 seine Lederfabrik erweitern, das aber wegen "der Hygiene in Unterberg" abgelehnt wurde. Nach einer Vergrößerung der Fabrik 1903 wurde eine neue Dampfmaschine aufgestellt. Im April 1907 kam es zu einer Arbeitseinstellung in der Fabrik. Trotz Lohnerhöhung und Areitszeitverkürzung traten die Gerbergesellen am 28. April in den Streik. Der Streikgrund war, dass der Fabriksinhaber - Emil und Moritz Spitzer - die "Organisation für die Taglöhner" und den Beitritt der Taglöhner in den "Centralverband der Lederarbeiter" nicht anerkannte. Nach der Einigung anerkannten die Fabriksinhaber die Organisation der Arbeiter. Die Arbeiter wiederum verpflichteten sich, jeden Donnerstag um eine Stunde länger zu arbeiten; dafür wurden sie auch an Feiertagen bezahlt.
Eine zweite Lederfabrik stand in Eisenstadt in der Hauptstraße 19( heute: Hauptstraße 22).In diesem Haus betrieb schon 1752 Joseph Paur das Ledergewerbe. 1822 kam Anton Ignatz Grüssner nach Eisenstadt, pachtete von Lederermeister Georg Pogatscher das "Lederhaus" und kaufte es 1827. Mit seiner Tüchtigkeit baute er die kleine Gerberei zu einer kleinen Fabrik um und verbesserte seine Einrichtungen. Von Ignatz Spitzer bezog er "Knoppern" von ausgezeichneter Qualität. (Knoppern wurden für das Gerben verwendet.) Der Betrieb erzeugte vorwiegend Rind - und Sohlenleder. Der Absatz reichte bis Wien , Preßburg und Ödenburg. Die Lederfabrik wurde in der Zwischenkriegszeit von Adalbert Grüssner geschlossen, nur der Lederhandel blieb noch einige Jahre aufrecht.
Die Zuckerfabriken
Von größter Bedeutung waren die beiden Zuckerfabriken auf heute burgenländischem Gebiet -in Hirm und in Siegendorf. Im Jahre 1848 verließen Daniel Rothermann und Conrad Patzenhofer ihren bisherigen Arbeitsplatz, einer Wr. Neustädter Zuckerraffinerie. Daniel Rothermann trat in Kontakt zu Ölonomierat Leidenfrost, der von Nikolaus II. Esterhazy den Meierhof in Hirm gepachtet hatte. Im Jahre 1850 gründete Rothermann eine Zuckerfabrik in Hirm. Conrad Patzenhofer, der die Pläne entworfen und den Bau geleitet hatte, wurde technischer Leiter der neuen Fabrik. Er nahm Verbindung zum Fürstlich Esterhazyschen Pächter Michael Ruehietl in Siegendorf auf, der Patzenhofer anbot, in Siegendorf Rüben anzubauen, falls eine Zuckerfabrik gegründet würde. Nach zwei Rübenkampagnen in Hirm beschloss Patzenhofer, sich selbständig zu machen.Sein Partner bei der ursprünglich kleinen Zuckerfabrikim Jahre 1852 war der Maschinenfabrikant Josef Baechle. Die Fabrik entstand 1853 auf einem Gelände, das Patzenhofer vom Fürsten Esterhazy kaufte. Sie wurde mit Brennberger Kohle beheizt. 1853 lief in Siegendorf bereits die erste Rübenkampagne. Es wurden 36 000 Wiener Zentner Rüben verarbeitet.Die Siegendorfer Fabrik erzeugte zunächst nur Rohzucker, der dann in Hirm zur Raffination kam.Bis in die Jahre vor dem ersten Weltkrieg stieg die verarbeitete Rübenmenge auf 700 000 bis 800 000 Doppelzentner. 1912/13 wurden daraus 106 000 Doppelzentner Zucker erzeugt. In der Zwischenkriegszeit wurde die verarbeitete Rübenmenge weiter auf naze eineinhalb Millionen Doppelzentner gesteigert.Conrad Parzenhofer heiratete eine Tochter Rothermanns, sodass die beiden Familien auch privat verbunden waren. Sie erwarben bzw. bauten weitere Zuckerfabriken in Landegg, Großzinkendorf, Ács und Ercsi bei Budapest. Vo0n Triest aus wurde Zucker der Firma Rothermann und Engelmann bis nach Argentinien, Nordafrika, Indien und Japan exportiert.
Noch in den 1960er und 1970er Jahren erzeugte die Siegendorfer Fabrik rd. 50 000 t Zucker jährlich. Etwa 300 Menschen fanden Beschäftigung,dazu 200 Saisonarbeitskräfte. Das "Rübeneinzugsgebiet" umfasste 1800 landwirtschaftliche Betriebe mit 7500 ha: 1977 wurde die Siegendorfer Fabrik von der Tullner Zuckerfabrik AG übernommen, die den Betrieb einstellte.