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Unter Nikolaus Esterhazy begann der Aufstieg der bis dahin eher unbedeutenden Familie. Er wurde 1625 Palatin und damit höchster Würdenträger des ungarischen Königreiches. Nikolaus vermehrte durch sein politisch geschicktes Verhalten und durch seine Heiratspolitik den Besitz seiner Familie. Sein Sohn Paul sicherte durch die Ehe mit seiner Nichte Ursula Esterhazy das Erreichte und fügte weitere Herrschaften hinzu. Er wurde 1687 vom Kaiser zum Fürsten des Hl.Röm. Reiches erhoben.

" Mit der hohen gesellschaftlichen Stellung verbunden war ein entsprechend aufwendiger Lebens- und Repräsentationsstil, der wegen der "homines novi" - Eigenschaft der jungen Fürstenfamilie eine überdimensional starke Ausprägung erfuhr; die Erwerbung kostbarer Ausstattungsstücke für den Hofstaat, von Spitzenerzeugnissen der europäischen Goldschmiedekunst und anderer Sparten des Kunsthandwerks, der Malerei und Bildhauerei, der Bau repräsentativer Residenzen, die Stiftung von Klöstern und Kirchenbauten, die Haltung einer Hofgarde, eines Regiments, einer Hofmusikkapelle u.a.m. erforderten einen ungeheuren, ständig steigenden Finanzaufwand, der auf mehreren Ebenen gedeckt wurde: die wichtigste Einnahmequelle des Fürstenhauses bildeten die Wirtschaftsgewinne aus den Grundherrschaften; eine zweite sirekte Geldquelle bildeten die Geldeinlagen von Adeligen, Klöstern, Gemeinden, Bürgern und Bauern beim Fürstenhaus, welches sozusagen als "Bank" fungierte. Diese Geldaufnahmen der Esterházy bzw. Geldeinlagen beim Haus Esterházy erfolgten im 17.Jahrhundert in der Regel in der Form, daß für einen größeren, von Adeligen, hohen geistlichen Würdenträgern (Bischöfen, Prälaten) oder Klosterkonventen zur Verfügung gestellten Betrag bestimmte Besitztümer, zumeist ganze Dörfer, mit allen oder zumindest den meisten Nutzungsrechten bis zur Wiedererstattung des geliehenen Geldbetrages als Pfand zur Verfügung gestellt wurden; im 18.Jahrhundert überwiegt die auch schon im 17.Jahrhundert vorkommende Form, daß die Geldsummen zu einem bestimmten Prozentsatz (zumeist 5 oder 6 %) verzinst wurden. Beiden Formen der Geldanlage wohnten gewisse Risikogefahren inne: Die Rücklösung verpfändeter Güter verzögerte sich aus Geldmangel manchmal um Jahrzehnte, ja sogar bis zu einem Zeitraum von einem halben Jahrhundert; bei der verspäteten Rückzahlung verzinslicher Anlagen stieg der Zinsenanteil oft auf eine unerträgliche Höhe an.

Geldanlagen der Untertanen beim Fürstenhaus erfolgten zumeist in der Art, daß für den zur Verfügung gestellten Betrag das untertänige Haus dem Besitzer 'inskribiert' wurde, d.h. für eine bestimmte Zeit, bis zur Wiedererstattung der unverzinsten Leihsumme oder für die Dauer einer oder mehrerer Generationen von allen oder auch nur von bestimmten, genau festgelegten, Abgabepflichten an die Herrschaft befreit wurde. Solche bäuerliche Inskriptionen verminderten manchmal über lange Zeiträume die Einnahmen der Grundherrschaft, die Herrschaftsverwalter trachteten daher, sie möglichst schnell zu liquidieren; umgekehrt bemühten sich die Inskriptionalisten, ihren höheren gesellschaftlichen Status als 'Freisassen' innerhalb der Dorfgemeinschaft möglichst lange beizubehalten bzw. diesen als Basis zum Aufstieg in die Beamtenschaft und in den niederen Adel zu nützen."

Die Erwerbung der einzelnen Herrschaften

  • Frauenkirchen: Um 1700 durch den Zusammenschluß von Dörfern, die zuvor zu den Herrschaften Eisenstadt und Forchtenstein gehörten, sowie durch den Anschluß von Neuerwerbungen (Gols, Tadten) entstanden
  • Eisenstadt: ab 1622 in Pfandbesitz, 1647 im Eigentum (ohne die Stadt Eisenstadt, die 1648 Freistadt wurde)
  • Hornstein
  • Forchtenstein: 1622 Pfandbesitz, ab 1626 Eigentum
  • Kobersdorf: Um 1700 erworben
  • Landsee (Landsee-Lackenbach): gelangte schon 1612 als erste Herrschaft im burgenländischen Raum durch die Heirat Nikolaus Esterhazy- Ursula Dersffy in Esterházy-Besitz
  • Deutschkreutz, Klostermarienberg, Lockenhaus: 1676 durch Kauf von der Hofkammer erworben; ehemaliger Nadasdy-Besitz
  • Güns: Um 1690 erworben, mit Ausnahme der Stadt Güns, die 1648 ebenfalls Freistadt wurde

In Westungarn gehörten außerdem noch die Herrschaften Kapuvar, Süttör, Besitzungen um Csorna den Esterhazy, in Niederösterreich die Herrschaft Schwarzenbach und kleinere Besitzungen.

Diese Aufzählung umfasst keineswegs alle Esterhazybesitzungen. Dazu kommen noch zahlreiche weitere Herrschaften im übrigen Ungarn.

Von der spätmittelalterlichen "Rentenherrschaft" zur "Wirtschaftsherrschaft" der frühen Neuzeit

In der Herrschaft älteren Typs (spätmittelalterliche Rentenherrschaft) diente die herrschaftliche Eigenwirtschaft mehr der Versorgung des Grundherrn und seiner Familia. Die Abgaben der Hörigen bestanden in Geldleistungen ("Hausdienst" zu Georgi und Michaeli) und in Naturalleistungen (Getreide, Geflügel, Eier, Käse, Holz...); dazu kamen Abgaben, die sich aus Hoheitsrechten des Grundherrn ableiteten (Gerichtsabgaben, Mauten, Schankrecht ...) und solche Abgaben, die ursprünglich der Kirche zustanden (Zehent), die aber vom Grundherrn gepachtet wurden. Die Eigenwirtschaft des Grundherrn wurde teils durch Knechte und Mägde, teils durch die Robot der Untertanen bewirtschaftet. Die Belastung der Untertanen durch die Robot war zumeist nicht allzu groß, sie beschränkte sich auf einige Tage Pflügen, Anbauen, Heuarbeit, Fuhrwerksdienste und ähnliches. Nur wenn die Burg oder herrschaftliche Gebäude gebaut oder ausgebaut wurden, konnte sie auch schon früher unangenehme Ausmaße annehmen.

Etwa um die Mitte des 16.Jahrhunderts begannen sich große Veränderungen abzuzeichnen. Die Bevölkerungszahl stieg an, besonders in den Städten. Es entstand ein Absatzmarkt für agrarische Produkte. Die Grundherrn begannen nunmehr, sich in den Markt einzuschalten und ihre Eigenwirtschaften auszubauen. Sie vermehrten den direkt bewirtschafteten Herrschaftsbesitz, indem sie verödete Bauernstellen einzogen oder Weingärten aufkauften. Das bedeutete, daß auch die Robotverpflichtungen der Bauern immer umfangreicher wurden. Die Teilung der Ansässigkeiten (Hofstellen) war oft die einzige Möglichkeit, um der zu hohen Robotlast zu entgehen. Den dadurch verlorenen Grund ersetzten die Bauern durch Rodungsgrund und durch Weingärten, die nicht zu den Hofstellen gehörten und nicht mit Robotleistungen belastet waren. Diese Grundstücke konnten auch jederzeit verkauft werden und ermöglichten den Bauern so eine viel freiere Art des Wirtschaftens. Die starke Erhöhung der Robotleistung bis auf mehrere Tage der Woche, im Extrem sogar auf sechs Tage pro Woche und pro ganzer Ansässigkeit führte vielfach zu heftigem Widerstand der Bauern, ja sogar zu aufstandsähnlichen Unruhen.

Einige der westungarischen Herrschaften (Eisenstadt, Forchtenstein, Hornstein, Kobersdorf, Güns) waren zunächst begünstigt. Sie kamen im 15. Jh. in den Besitz der Habsburger und wurden von Österreich aus verwaltet bzw. an zumeist österreichische Adelige verpfändet. Die Pfandherrn, etwa Hans v.Weispriach, versuchten zwar ebenfalls die Lasten für die Untertanen zu erhöhen, dann aber wurden sie von der niederösterreichischen Kammer wieder eingelöst und von ihr durch einen Burghauptmann und von Beamten verwaltet. In dieser Zeit unterblieb der Ausbau der herrschaftlichen Eigengüter - ein großer Vorteil für diese Herrschaften, die damals zu den wohlhabendsten ganz Ungarns gehörten. Wie die Beamten richtig erkannten, war es besser, die Bauern ohne allzu große Belastung wirtschaften zu lassen. Sie waren so in der Lage, beträchtliche Geldabgaben aufzubringen.

1622 aber brachte Nikolaus Esterhazy diese Herrschaften an sich und verleibte sie wieder Ungarn ein. Esterhazy enteignete zunächst die österreichischen Grundbesitzer, Adelige und Klöster ("Edelhöfe" in den genannten Herrschaften) und führte diese Besitzungen als Meierhöfe, also als estehazysche Eigengüter weiter. Unter den folgenden Esterhazy, besonders unter Paul I., wurden diese Eigenwirtschaften kräftig ausgebaut. Die Herrschaftsgründe wurden erweitert, Mühlen gekauft oder neu gebaut, neue Gewerbebetriebe gegründet wie Glashütten, Papiermühlen, Sägemühlen, Steinbrüche, Pulverstampfen, Salpeter-siedereien, Krügelmachereien, Bierbrauereien und Branntweinbrennereien; Meierhöfe wurden zu Schweizereien (Erzeugung von Milch und Molkereiprodukten) oder Schäflerhöfen ausgebaut, neue Granarien (Getreide-schüttkästen), Hofstadel und Großkellereien angelegt. Neue Herrschaftswirtshäuser wurden gebaut. Diese Betriebe wurden zumeist verpachtet, ebenso wie die Fleischbänke und Schmieden,die es in den größeren Dörfern gab und die ebenfalls meist der Grundherrschaft gehörten.

Auch der Handel geriet immer mehr in die Hand des Grundherrn. Waren früher ortsansässige Kramer in den Städten und Märkten tätig, wurde nunmehr die Versorgung der Bevölkerung durch die esterhazyschen "Schutzjuden" bewerkstelligt. Die Judengemeinden standen in einem Schutzverhältnis zum Grundherren ("Siebengemeinden" Eisenstadt, Mattersburg, Frauenkirchen, Kittsee, Kobersdorf, Lackenbach, Deutschkreutz).

Wichtig für die Herrschaft waren auch die an den Handelsstraßen eingehobenen Mauten. Ihre Pächter (zumeist Juden) lieferten an die Herrschaft manchmal riesige Summen ab.

Alle diese herrschaftlichen Unternehmungen erforderten eine wachsende Anzahl von "Beamten". Unter Fürst Paul II.Anton wurde die Zentralverwaltung der Esterhazygüter in Eisenstadt neu geordnet. Eine "Zentrale Kommission" wurde als oberste Verwaltungsbehörde errichtet, 1762 wurde von Nikolaus I. dem Prachtliebenden ein "Regentenamt" geschaffen. Einzelne Betriebe, die unrentabel waren, wurden wieder aufgelassen, so etwa die Glashütte von Lockenhaus und die von einem jüdischen Unternehmer errichtete Lederfabrik in Strebersdorf oder die Brauereien von Lackenbach und Unterloisdorf. Neu entstanden hingegen eine Majolikafabrik in Stoob (die unter Nikolaus schon wieder aufgegeben wurde), eine Leinwandfabrik in Neufeld und eine Seidenfabrik in Großhöflein.

Unter Fürst Nikolaus I. dem Prachtliebenden wurde Schloß Esterhaza gebaut. Dafür wurde die Robot der Untertanen übermäßig stark in Anspruch genommen. Die Untertanen mußten unzählige Fuhren von Bauholz, Ziegel und Kalk heranführen. Es gab wiederholt Proteste der Bauern.

Der Bau des Schlosses und das kostspielige Mäzenatentum hatten zur Folge, daß viele wirtschaftliche Unternehmungen wieder aufgegeben wurden, so neben der Majolikafabrik auch die Leinwand- und die Seidenfabrik und eine in Dörfl errichtete Lederfabrik - Unternehmungen also, die durchaus den Keim für eine Industrialisierung im westungarischen Raum in sich getragen hätten. Nur wenige wirtschaftliche Unternehmungen entstanden neu, so etwa die vielen Salitterhöfe (Salpetersudwerke). Der erzeugte Salpeter wurde an das kaiserliche Hauptmagazin (Zeugamt) in Wien verkauft.

Fürst Nikolaus II. (Regierungszeit 1794-1833) war zwar ebenfalls sehr verschwenderisch (Schloß Eisenstadt, Gemäldegalerie...), er war aber auch bemüht, die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Besitzungen zu ordnen. 1796 wurde eine zentrale Wirtschaftsdirektion errichtet, die 1806 die Bezeichnung Domänendirektion erhielt. Damals stiegen die Esterhazy auch in die Braunkohleförderung ein (Brennberg/Ritzing, Sieggraben, Karl, Hornstein, Neufeld, Zillingtal, Pöttsching ...). Die Braunkohle fand als Brennstoff in Wien Absatz, wurde aber auch in den herrschaftlichen Betrieben (besonders in den Ziegeleien, Kalkofen, Sodafabriken, Brauereien) verwendet. Das Haus Esterhazy stieg in dieser Zeit außerdem neuerlich in die Tuchproduktion ein. 1798 bis 1806 betrieben sie eine große Tuchfabrik in Wr.Neustadt, das Material kam aus einem Spinnhaus in Apetlon. Zahlreiche Schaflerhöfe wurden neu errichtet. Der Schafbestand stieg von 74 000 auf 200.000 Tiere. Die Ausweitung der Weiden hatte zahlreiche Konflikte mit den Untertanen zur Folge. Die Schafwolle wurde zentral im ehemaligen Servitenkloster von Loretto gelagert. 1806 wurde die Fabrik aber an einen aus Graz stammenden jüdischen Unternehmer verkauft.

Das Haus Esterhazy stieg gerade in der Zeit, als die Phase der Industrialisierung begann, aus der protoindustriellen Entwicklung, die gute Ansätze in unserem Raum zeigte, aus. Die hohe Verschuldung, der aufwendige Lebensstil etwa eines Paul III., der eine Vorliebe für edle Rennpferde hatte und kostspielige Gestüte einrichten ließ, trugen dazu bei. Die Esterhazygüter wurden unter Zwangsverwaltung gesetzt. Nur vereinzelt gab es neuerliche Betriebsgründungen (Sodafabrik in Illmitz, Pottaschesiedereien, Knochenmehlfabrik in Deutschkreutz, Rübenzuckerfabrik in Esterhaza ...). Sehr fortschrittlich war hingegen die Einführung einer geregelten Bewirtschaftung des Waldes   (Forstakademie in Eisenstadt). Der Braunkohlebergbau nahm stark zu. Die Bergwerke waren aber zumeist verpachtet, die Einnahmen kamen den Pächtern zugute. Die Verwaltung der Esterhazy-Domänen wurde immer aufgeblähter und kostete viel Geld. Erneut mußten die Güter, diesmal für lange Zeit, unter Zwangsverwaltung gestellt werden ...

"Gerade in der Periode nach der Aufhebung der Feudalverfassung, in der europaweit der Wirtschaftsliberalismus zum Aufbau der modernen Großindustrie führte, waren die Kräfte des Fürstenhauses durch die tiefe Krise und die Zwangsverwaltung zu stark gebunden, um an diesem enormen Umwandlungsprozess im zeitgemäßen Ausmaße teilnehmen zu können. Dies ist einer der Gründe, warum unser Gebiet, welches lange Zeit (16.-18.Jhdt.) zu den wirtschaftlich stärksten und führenden Regionen des ungarisch-österreichischen Raumes gehört hatte, gegenüber den benachbarten österreichischen und auch den zentralungarischen Gebieten ins Hintertreffen geriet, daß dieses im 17.Jhdt. (vor der "Reincorporation" nach Ungarn) von den österreichischen Behörden als wirtschaftlich "bester Teil" des Viertels unter dem Wienerwald bezeichnete Gebiet eine überwiegend agrarisch ausgerichtete Grenzlandschaft geblieben ist."

 

 

 

 

Grafik / Karte

esterhazy1713 
Die Esterházy - Herrschaften des burgenländisch - westungarischen Raumes im Jahre 1713;
Entwurf: Dr. Felix Tobler - Zeichnung: M. Floiger

 

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Quellen

  • H. Prickler, Die Grundherrschaft als wirtschaftliche Bais des Fürstenhauses Esterhazy. Katalog der Ausstellung die Fürsten Esterhazy. Eisenstadt 1995, S. 60 f.
  • H.Prickler, Katalog der Ausstellung "Die Fürsten Esterhazy", S.75
 
 

 

 
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