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Im 6. Jahrtausend v. Chr. kam es auch in unserem Raum zu jenen einschneidenden Veränderungen, die man als jungsteinzeitliche (neolithische) Revolution bezeichnet. Zwei bis drei Jahrtausende nach dem ersten Auftreten des Ackerbaues im Vorderen Orient drangen Gruppen von Bauern um 6.000 v. Chr. von der Balkanhalbinsel in das Karpatenbecken vor. Der burgenländische Raum, besonders das Nordburgenland, gehörte vermutlich zusammen mit Teilen Niederösterreichs zu den ersten ackerbaulich erschlossenen Gebieten Österreichs. Diese Vermutung wird durch die Archäologie bestätigt. Die ältesten Funde der Linearbandkeramischen Kultur stammen aus dem mittleren und nördlichen Burgenland. Funde der linearbandkeramischen Kultur gibt es etwa aus Bruckneudorf, Illmitz, Jois, Neusiedl a. S., Weiden und Winden, Steinäxte stammen aus Pamhagen, Podersdorf und Wallern.  Erst im Verlauf von etwa drei Jahrtausenden wurden zunächst die Ebenen und Hügelländer und schließlich auch die größeren Becken- und Tallandschaften der Alpen besiedelt. Gegen Ende der Jungsteinzeit war das ganze Land erschlossen. 

Mit dem Seßhaftwerden, mit Ackerbau und Viehzucht (Ziege und Schaf, später auch Rind und Schwein) veränderten sich die Lebensbedingungen der Menschen. Die Ernährung war nun sicherer und besser, die Zahl der Menschen, die sich in einem bestimmten Gebiet ernähren konnte, wuchs auf ein Vielfaches. Die Bevölkerungsdichte nahm zu, es entstanden Dörfer. Aus der Jägerhorde wurde die seßhafte bäuerliche Dorfgemeinschaft. Die Töpferei, Spinnen und Weben von Schafwolle, neue und bessere Bearbeitungsmethoden bei der Erzeugung von Steinwerkzeugen waren Kennzeichen der jungsteinzeitlichen Revolution.

Die Lebensbedingungen, die Wirtschaftsweise und die kulturellen Äußerungen scheinen über ein riesiges Gebiet und über lange Zeit ziemlich konstant geblieben zu sein. Man spricht von der Kultur der donauländischen Lössbauern. Fruchtbare Lössböden, die man leicht bearbeiten konnte, waren es nämlich, die diese ersten Bauern bevorzugt aufsuchten. Diese Siedlungen lagen oft am Wasser, meist an einem Bach.

Ein Dorf bestand aus mehreren großen Langhäusern, in denen jeweils eine Großfamilie oder eine Sippe wohnte. Zu diesen Häusern kamen noch in den Boden versenkte Vorratsgruben, Stellen, aus denen Lehm oder Ton entnommen wurde (die dann oft als Abfallgruben dienten und für die Archäologen besonders wertvoll sind), gelegentlich auch halb in den Boden versenkte kleinere Häuser, die vielleicht Werkstätten waren. Eine solche jungsteinzeitliche Siedlung wurde in Neckenmarkt ausgegraben.

Vermutlich betrieben die Menschen der Jungsteinzeit eine Art "Wanderfeldbau". Wenn der Boden nach einigen Jahrzehnten oder einigen Generationen erschöpft war, suchte man neuen, unverbrauchten Boden in der Nähe und verlegte das ganze Dorf.

Außerhalb der Siedlungen lagen die Bestattungsplätze. Die Verstorbenen wurden meist in Hockerstellung in Gruben beigesetzt. Keramikgefäße, Schmuck (Ketten aus Muscheln oder Schneckengehäusen) und Werkzeuge wurden ihnen ins Grab gegeben.

Die archäologisch wichtigste Hinterlassenschaft der jungsteinzeitlichen Bauern sind Tongefäße. Zu den ältesten Formen gehören die halbkugeligen Gefäße, die man als "Bomben" bezeichnet. Die Bombe von Winden etwa gehört in die älteste Phase der Jungsteinzeit, sie ist etwa 8.000 Jahre alt. Später wurden auch konische Becher, Hängegefäße, Schalen und Schüsseln erzeugt. Die meisten dieser Linearbandkeramik - Gefäße der donauländischen Lössbauern sind mit Spiralmustern geschmückt. Manchmal wurden auch kleine Dellen als Verzierungen angebracht, sodass man von "Notenkopfkeramik" spricht.

Unter der Keramik der Jungsteinzeit fand man immer wieder - besonders in Ungarn - auch Tonfiguren in Menschengestalt, meist Frauen. In diese Kategorie von Funden ist auch die berühmte Venus von Drassburg einzuordnen.

Um 4.800 v. Chr. wurde die linearbandkeramische Kultur von der Bemaltkeramischen Kultur (nach einem Fundort in Ungarn auch Lengyel - Kultur genannt) abgelöst. Der Ursprung dieses Kulturkreises war ebenfalls an der mittleren Donau; von dort aus verbreitete er sich bis nach Mittelpolen, Bayern und Kroatien. Die Gefäße - Schalen mit ausladendem Rand, Schüsseln mit Standfuß, flaschenförmige Gefäße -  wurden nach dem Brennen mit verschiedenen Naturfarben bemalt: Streifenmuster, Mäander, Spiralen und Winkelmuster in rot, gelb, braun oder weiß waren am häufigsten. Tonlöffel werden häufig gefunden. Schöne Funde stammen etwa aus Winden. Neben Körperbestattung in Hockerlage gab es erste Brandbestattungen und Urnengräber. Zur Zeit dieser Kultur scheint es auch zu den ersten weiträumigen Handelsbeziehungen gekommen zu sein. Belegt ist dies durch Klingen aus Obsidian (einem Gestein, das bei uns nicht vorkommt) und durch Muscheln aus dem Mittelmeerraum. Die Lengyelkultur steht am Übergang zur beginnenden Kupferzeit.

 

 

Grafik / Karte

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Die wichtigsten Fundorte aus der Jungsteinzeit

 

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Die "Bombe" von Widnen, eines der ältesten jungsteinzeitlichen Gefässe Österreichs. (Foto: Bgld. Landesmuseum)

 

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Quellen:

Jettmar, Philipp und Kern Angelika: Haus und Hof - Alltag in der Lengyelkultur. Burgenländische Heimatblätter 2019, Heft 1 & 2, S. 31 - 39

 

 

 

 

 

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