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Die so genannte Magnatenverschwörung von 1670/71 wurde zum Anlass genommen, um erneut und besonders scharf gegen die noch bestehenden evangelischen Gemeinden vorzugehen. Zwar waren die drei Haupträdelsführer Katholiken, der katholische Klerus machte aber die protestantische Nobilität und die evangelischen Prediger verantwortlich.  So wurden die zehn Jahre bis 1681 zum Trauerjahrzehnt für die Evangelischen Ungarns. Noch bevor ein königliches Edikt erging begann der katholische Klerus mit der Vertreibung. Die Verfassung wurde außer Kraft gesetzt, die Pfarrer vertrieben, die Schulen zerstört, hunderte Kirchen den Evangelischen weggenommen. Die brutale Eintreibung von Steuern und die Besetzung von Kirchen hatten Aufstände zur Folge, denen auch katholische Pfarrer, Mönche und der Bischof Barsony zum Opfer fielen. Aufständische drangen aus Siebebürgen vor, es kam zu Massakern. Der päpstliche Legat wandte sich gegen jede Form der Toleranz. Schließlich gab Kaiser Leopold dem Klerus freie Hand, den Protestantismus auszurotten. Primas Szelepscsényi setzte eine generelle Anklage gegen alle evangelischen Pfarrer wegen Revolte und Hochverrat durch.  Leopold Kollonitsch, der Bischof von Wr. Neustadt und spätere Erzbischof von Gran, tat sich besonders hervor. Im Süden zog der Probst von Vasvar mit 200 Söldner von Dorf zu Dorf, um die noch bestehenden Reste evangelischen Lebens zu vernichten. In Pressburg wurde ein Sondergerichtshof eingerichtet, vor den zunächst am 24. September 1673 drei evangelische Bischöfe und 31 evangelische Pfarrer unter dem Vorwurf des Landesverrates zitiert wurden. Sie mussten zwischen Todesurteil oder Exil wählen. Freigelassen wurde nur, wer einen Revers unterzeichnete, daß er auf sein Amt verzichtet und das Land verlässt. Sie wählten alle das Exil. Durch diesen Erfolg ermutigt ließ der Primas nun alle evangelischen Pfarrer und Lehrer aus dem habsburgischen Ungarn und selbst aus der von den Türken besetzten Zone für den 5. Mai 1674 nach Preßburg vorladen. 336 Personen, davon 52 Reformierte,  wurden vor Gericht gestellt. Die Anklage lautete auf Invektiven gegen die römisch katholische Kirhe, gegen die Person des Kaisers, auf Widerstand gegen die Staatsgewalt und Teilnahme an der Revolte. Alle Angeklagten wurden zum Tode verurteilt - wenn sie nicht bereit waren zu konvertieren oder das Land zu verlassen. Diejenigen, die sich weigerten, wurden gefoltert, zur Zwangsarbeit verurteilt. 236 gingen ins Exil. 46 lutherische und 47 reformierte Prediger hielten stand und wurden wie Kriminelle und Kriegsgefangene behandelt und schließlich wurden von den  42 Überlebenden  30  als Galeerensklaven nach Italien verkauft - was nach dem Bekanntwerden in ganz Europa große Empörung auslöste. Vor allem in England und in den Niederlanden, in der Schweiz und in Schweden wurde heftig protestiert Eine internatinale Sammelaktion zur Aufbringung der Lösegelder wurde gestartet. Erst nach vielen Jahren durften die noch Lebenden freigekauft werden.Die 24 überlbenden Prediger  wurden aber schon zuvor vom niederländischen Admiral de Ruyter befreit.

Völlig ausgerottet konnte aber auch dadurch der Protestantismus nicht werden. Manche Prediger kehrten heimlich zurück. Neue Aufstände brachen aus, sodass Kaiser Leopold schließlich 1681 den Ödenburger Landtag einberufen musste. Die evangelischen Stände waren stark in der Minderheit und es nützte nichts, dass sie ihre berechtigten Beschwerden immer wieder vorlegten. Kaiser und Kirchenfürsten waren unnachgiebig. Schließlich mussten die Evangelischen ein königliches Diplom akzeptieren, in dem ihnen nur minimale Rechte zugestanden wurden. Aber selbst diese wurden einige Jahre später wieder eingeschränkt.

In Artikel XXV wurde zwar ausdrücklich der Wiener Friede von 1606 und damit die allgemeine Religionsfreiheit bestätigt, allerdings nur mit Vorbehalt der Rechte der Grundherren. In Artikel XXVI wurden jene Kirchen festgelegt, in denen auch weiterhin evangelische Kirchen bestehen durften. (Artikularkirchen). Auf heute burgenländischem Gebiet war das nur eine einzige Kirche, die reformierte Kirche von Oberwart. Im Komitat Ödenburg gab es nur zwei solche Kirchen, in Nemeskér und Nemescsó. In Ödenburg durfte evangelischer Gottesdienst in deutscher Sprache gehalten werden. Aber immerhin wurde dekretíert, dass in Zukunft niemand in seiner Religionsausübung gestört oder zur Teilnahme am Ritus einer anderen Konfession gezwungen werden sollte. Die Evangelischen sollten auch Zugang zu allen Ämtern haben.

Trotz aller Unterdrückung war aber - anders als im benachbarten Österreich - ein Überleben der Evangelischen möglich. Nach der Niederschlagung des Kuruzzenaufstandes wurde die Unterdrückung allerdings fortgesetzt. Schon 1691 wurden die Zugeständnisse wieder eingeschränkt, 1711, im Frieden von Szatmar, wurde erneut Kultusfreiheit zugestanden, aber wieder nicht eingehalten. Der Landtag von Preßburg 1715 beraubte die Evangelischen weiterer grundsätzlicher Rechte, jede Diskussion von Religionsfragen wurde untersagt.

Auch noch zur Zeit Kaiser Karls VI. und Maria Theresias setzten sich die Verfolgungen fort. 1731 etwa verloren die Evangelischen weitere bürgerliche Rechte (Carolina resolutio). Wer ein Amt übernehmen wollte, musste einen Eid auf Maria und alle Heiligen ablegen, was die Evangelischen aus allen Ämtern ausschloss. Selbst ihre Hausandachten durften nur für Familienangehörige abgehalten werden, Fremde durften daran nicht teilnehmen. Evangelische Pfarren wurden vom katholischen Erzdiakon visitiert, Glaubenswechsel wurde strengstens bestraft, gemischte Ehen durften nur von katholischen Priestern geschlossen werden. Evangelische Schulen gab es nur in den Orten mit Artikularkirchen. In diesen weiteren 100 Jahren der Protestantenverfolgungen von 1681 bis 1781, bis zum Toleranzpatent, war es für die Evangelischen außerordentlich schwer, an ihrem Glauben festzuhalten, da sie praktisch Menschen zweiter Klasse waren.

Im Jahre 1781 erließ Kaiser Joseph II. schließlich das Toleranzpatent, das den Evangelischen in Österreich und Ungarn die Wiedererrichtung ihrer Kirche und ihres Schulwesens ermöglichte. Im Einleitungssatz heißt es: " Da wir überzeugt sind, dass jeder Zwang, der das Gewissen vergewaltigt, sehr schädlich ist, die von der christlichen Frömmigkeit gutgeheißene Toleranz dagegen den größten Nutzen für die Religion und für den Staat einträgt, fassten Wir den Beschluss, diese Toleranz in all unseren Erbländern gesetzlich zu befestigen".

Die Duldung erfolgte also nur aus Nützlichkeitserwägungen, die katholische Religion blieb weiter Staatsreligion, die Zugeständnisse an die Evangelischen waren noch mit manchen Problemen verbunden und stellten diese noch keineswegs den Katholiken gleich.

Die evangelisch-reformierte Kirche in Oberwart

Im Burgenland gibt es neben den lutherischen Gemeinden (evang.A.B.= Augsburger Bekenntnis) auch eine reformierte Gemeinde (evang.H.B. = Helvetisches Bekenntnis) . Diese calvinistische Gemeinde ist Oberwart. Sie war eine der wenigen Artikularkirchen, die auf dem Ödenburger Landtag den Evangelischen belassen wurde und so zum Zentrum für die ganze Umgebung in der Zeit der Gegenreformation wurde. Noch 1766 wurde der Oberwarter Pfarrer vor die Komitatsbehörden zitiert und bestraft, weil er auch lutherische Kinder taufte und am Unterricht der Schule teilnehmen ließ. Die neue Kirche wurde 1770-72, also noch vor dem Toleranzpatent, erbaut .Sie gehört damit zu den ältesten evangelischen Kirchen des Landes. (Katalog S.68)

 

Grafik / Karte

 

 

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Quellen

  • Barton, Peter F. und Makkai Laszló , Rebellion oder Religion ? Srudien und Texte zur Kirchengeschichte und Geschichte, Zweite Reihe Band III.  Budapest 1977
  • Kriszt, Roman: Fallstudien zur Lage der Protestanten in Westungarn vor 1781. Burgenländische Heimatblätter 2022, Heft 1 & 2. 

 

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