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"Wenn wir wissen wollen, wie unsere Vorfahren in religiöser Hinsicht im Zeitalter der Reformation eingestellt waren, so müssen wir zunächst die Frage beantworten, wer in der fraglichen Zeit die Grundherren waren und welcher religiösen Richtung sie angehörten. Ihre Untergebenen mussten einfach dem Bekenntnis ihrer Herren folgen". (Rittsteuer, Kirche im Grenzraum,S.188).

Dazu wäre zunächst einmal zu bedenken, dass es im 16.Jh. für die meisten Menschen einfach "die Kirche" gab, die Kirchenorganisation, in die man eingebunden war. Sie hatten noch lange kein oder nur ein sehr schwaches Bewusstsein von Konfessionalität und die feinen Unterschiede in den einzelnen Lehrgebäuden kannten sie kaum. Selbst die Pfarrer sind sehr oft nicht eindeutig zu zuordnen, bis weit in die Zeit der Gegenreformation hinein. Viele Priester waren etwa verheiratet behielten aber ganz oder teilweise den alten Ritus bei. Erst im Verlauf der zweiten Hälfte des 16.Jahrhunderts wurden Kirchenorganisation und Zugehörigkeit zu einer Konfession zwei unterschiedliche Größen. Erst jetzt begann allmählich die Trennung in "katholisch" und "evangelisch", die Grenzen waren aber noch lange nicht eindeutig.

Es ist selbstverständlich richtig, dass später die konfessionelle Zugehörigkeit in erster Linie vom Bekenntnis des jeweiligen Grundherrn abhing - in der Reformation wie auch in der katholischen Gegenreformation. Man kann aber nicht - wie es die katholische Kirchengeschichtsschreibung gelegentlich noch immer tut - den Zwang bei der Protestantisierung entsprechend herausstreichen und bei der Rekatholisierung nur am Rande erwähnen. In der evangelischen Geschichtsschreibung gab es vor allem früher ähnliche Tendenzen, mit umgekehrten Vorzeichen. Die "Geschichtsschreibung" dient eben beiden Konfessionen zur Stärkung des Gruppenzusammenhanges und der Konfessionstreue.

Vor allem bei den Evangelischen des Burgenlandes war die "eigene Geschichte" immer besonders wichtig, um als konfessionelle Minderheit zu überleben. Dementsprechende große Aufmerksamkeit widmete man dieser "Geschichte", die freilich oft im Populärhistorischen, in der Pfarrer - und Lehrergeschichte stecken blieb und viele hochinteressante Aspekte wie etwa die Stellung der Pfarrer in der Gemeinde, die sozialen Strukturen, die sozialen

Spannungen und die sich daraus ergebenden Folgen häufig übersah. Erst in den letzten Jahren hat die evangelische Geschichtsschreibung mit den Arbeiten des Superintendenten Reingrabner ein wissenschaftlich sehr hohes Niveau erreicht, das den Boden konfessioneller Polemik weitgehend vermeidet. Mit der "Verwissenschaftlichung" hat die "Geschichte" allerdings auch als Identität stiftender Faktor kräftig verloren.

Rittsteuer schreibt zum Thema Zwangsbekehrung in der Reformation: "Daher mussten die Priester, die von ihnen (den Grundherrn) in den verschiedenen Pfarren als Seelsorger eingesetzt wurden, dieselbe Gesinnung annehmen wie ihre Herren. Andernfalls wären sie nicht auf diese Posten berufen worden oder mussten damit rechnen, bei der nächsten Gelegenheit entlassen zu werden...." (Kirche im Grenzraum,S.188)

Man sollte aber - stärker als es die katholische wie evangelische Geschichtsschreibung bis heute tut- beachten, dass der Wille des Grundherren wohl wichtig, bei weitem aber nicht der einzige maßgebende Faktor war. Vor allem die Klosterratsakten mahnen zur Vorsicht, denn sie zeigen, dass die Bewohner der Dörfer, zumindest deren führende Oberschicht, durchaus gewillt und auch in der Lage war, in konfessionellen Angelegenheiten mitzumischen. Dabei ging es - wie auch heute noch - wohl weniger um Fragen der Lehre, als um die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit mit bestimmten Pfarrerpersönlichkeiten, die gewissermaßen auch die konfessionellen Auseinandersetzungen personifizierten. Die erste Welle der katholischen Gegenreformation, die Bemühungen des Klosterrates um geeignete "katholische" Priester, spiegeln die Schwierigkeiten wider: In den Dörfern saßen evangelische Prediger, Flacianer zumal, also besonders "radikale" und auch besonders glaubensfeste, gebildete und streitgewohnte Pfarrer, die meist die Dorfbevölkerung geschlossen hinter sich hatten und durch ihr persönliches Beispiel zur Glaubenstreue aneiferten. Unter ihnen waren großartige Persönlichkeiten, die von der evangelischen Kirchengeschichtsschreibung wenig beachtet, von der katholischen als streitsüchtig und religiös unduldsam abqualifiziert werden. Auf sie trafen die neuen, katholischen, vom Klosterrat eingesetzten Priester, die in ihrer überwiegenden Zahl den Erwartungen keineswegs gerecht wurden und nicht in der Lage waren, den evangelischen Predigern entgegenzutreten. Dies musste auch der Klosterrat immer wieder einsehen. Erst die gewaltsame Vertreibung dieser evangelischen Pfarrer schuf die Basis, von der aus sehr langsam die katholische Kirche wieder Fuß fassen konnte. Allerdings wirkte der evangelische Einfluss noch Jahrzehnte, ja nahezu bis zu einem Jahrhundert nach und der Widerstand gegen die Rekatholisierung ist in vielen, heute gut katholischen Gemeinden noch lange zu erkennen, ein Faktum, das in der burgenländischen Geschichtsschreibung und vor allem in vielen Ortschroniken gerne verschwiegen wird, während die Jubelberichte etwa der Jesuitenmissionen - die erwiesenermaßen meist sehr "zweckoptimistisch waren", gerne als Beweis für die wieder gewonnene Treue zum katholischen Glauben zitiert werden.

In beiden Fällen, in der Reformation wie in der Gegenreformation, sollte man den betroffenen Menschen bis zu einem gewissen Grad doch die Fähigkeit zur eigenen Beurteilung und zu Entscheidungen zugestehen, auch wenn ihr Spielraum nicht sehr groß war. Es war immer wieder die Person des Pfarrers, die letztlich auch darüber entschied, ob die Menschen für die eine oder andere Richtung auch "innerlich" gewonnen werden konnte. Ein kontinuierliches Wirken einer neuen, besser ausgebildeten und vorbildlichen katholischen Pfarrern war erforderlich, um die Menschen langsam, sehr langsam wieder "katholisch zu machen"...

Völlig sinnlos ist bei Beachtung dieser Aspekte der Streit um Prozentsätze, also ob am Höhepunkt der Reformation 90% oder "nur" 70 bis 80 % der Bevölkerung evangelisch waren. Die Grenzen waren fließend, die eine wie die andere Zahl ist richtig und unrichtig zugleich. Selbst die Pfarrer sind sehr oft nicht eindeutig zuzuordnen. Auch viele "katholische" Priester waren verheiratet, selbst der Ödenburger Erzpriester Glöckel. Wie soll man etwa den von Rittsteuer als Beispiel angeführten Pfarrer von Kleinhöflein (um 1550) einordnen, der im Schwefelbad von Großhöflein gesagt haben soll , er würde lieber seine Gemeinde als seine junge Frau verlassen?

Ein weiterer, wenig beachteter oder gar verschwiegener Aspekt ist der des Zusammenhanges zwischen Konfession und Gemeindeautonomie. Der rasche Erfolg der evangelischen Richtung dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass sie - zumindest am Anfang - auch mit der Forderung nach freier Pfarrerwahl verbunden war, mit freier Verfügung über das Vermögen der Kirchengemeinde und der frommen Stiftungen. Am Höhepunkt reformatorischen Einflusses, als auch die Grundherren überwiegend evangelisch waren, war der Spielraum der Gemeinden vermutlich nicht sehr groß. Der Patronatsinhaber verwaltete die Pfarrstiftungen selbst, stellte den Pfarrer - oft nur für ein einziges Jahr - an und bezahlte diesen ein Gehalt. Der Pfarrer war damit vom Grundherrn abhängig. Dementsprechend häufig wechselten auch die evangelischen Prediger ihre Pfarrstelle, die niedrige Entlohnung hatte neben der Fluktuation gelegentlich auch eine eher bescheidene Qualität zur Folge. Einiges deutet jedoch darauf hin, dass die Gemeinden zeitweise auch ein gewichtiges Wort bei der Bestellung der Pfarrer mitzureden hatten. 1566 etwa schließt die Gemeinde Großhöflein, vertreten durch Richter und Geschworene, mit ihrem neuen evangelischen Pfarrer Hanns Seeperger einen Anstellungsvertrag. Der Grundherr stimmt der Berufung zwar zu, die Gemeinde aber nimmt recht selbstbewusst einige der früheren Pfarrgüter für sich in Anspruch. Ähnlich wurde in vielen nordburgenländischen Gemeinden das Pfarr- und Stiftungsvermögen übernommen. Der Pfarrer war also "Angestellter" der Gemeinde, diese konnte nach einem Jahr kündigen - gegenüber den früheren Zuständen ein gewaltiger Fortschritt hin zur echten Gemeindeautonomie.

Dass dies auch so verstanden wurde, dafür sprechen viele Zeugnisse aus der beginnenden Gegenreformation. Richter und Rat stehen hinter jenen Pfarrern, die sie angestellt haben. Am weitesten geht Johann Hauser in Donnerskirchen, der erklärt, der Kaiser (der Grundherr!) habe ihn nicht angestellt, er könne ihn auch nicht absetzen. Die Bewohner der Dörfer berufen sich bei ihrer Weigerung, die neu eingesetzten katholischen Pfarrer zu akzeptieren, immer wieder auf ihre "alten Rechte". Man kann in diesen Vorgängen - losgelöst von den konfessionellen Streitigkeiten - frühe und geradezu revolutionäre Beispiele für das Selbstbewusstsein und den unbändigen Freiheitswillen burgenländischer Gemeinden sehen.

Ein sehr schwieriges Problem - weil in der kirchlichen Geschichtsschreibung häufig missbraucht - ist das der konfessionellen Zugehörigkeit der Nationalitäten, kurz also die angebliche Präferenz der Deutschen für das Luthertum, der Magyaren für den Kalvinismus und der Kroaten für den Katholizismus. Rittsteuer schreibt dazu: "Besonders bei den Deutschen, die in Ungarn lebten, ist der Einfluss des Nationalen auch schon im Zeitalter der Reformation nicht zu übersehen. Nicht umsonst wurde in Ungarn das Luthertum als német hit (deutscher Glaube) bezeichnet...." (Kirche im Grenzraum,S.179)

Man fragt sich, wie weit dies eine Rückprojektion "nationaler" Kategorien des 19.Jahrhunderts in das Reformationszeitalter ist, auch wenn es natürlich stimmt, dass etwa das Luthertum allein schon aus Gründen der sprachlichen Zugänglichkeit zuerst bei den Deutschen Ungarns Eingang fand. Sehr bald aber wurden auch die Magyaren erfasst. Am umstrittensten ist aber die "Katholizität" der Kroaten. Dazu ein Zitat aus Rittsteuer, Kirche im Grenzraum, S.201):

"Die Kroaten wurden aber im geistigen Bereich ein Wall der katholischen Christenheit gegen die anstürmenden Ideen der Reformation. Die Kroaten sind stolz auf diesen Ehrentitel, Sturmbock der Christenheit zu sein und haben auch allen Grund dazu. Denn nicht nur in ihrer Heimat haben sie den Türken bis zur Selbstaufopferung Widerstand geleistet und so das Christentum vor dem Islam geschützt, auch in ihrer neuen Heimat haben sie eine Schutzmauer gegen die Reformatoren gebildet, die man zwar immer wieder zu stürmen bemüht war, was aber niemals gelang".

Oder: "... die Kroaten waren von dieser These zutiefst überzeugt. Kroatentum und Katholizismus gehören zusammen. Das ist nicht nur eine These, das war damals Wirklichkeit".(S.207)

Wenn die Kroaten lutherische Prediger bekommen hätten, wäre ihnen der alte Glaube langsam, aber sicher geraubt worden ...denn auch die deutschen Gemeinden wären ja "vielfach" auf diese Weise "zum Luthertum gebracht worden"...(S.208) Oder: "Genau so, wie heute von den geistigen (und geistlichen) Führern des Kroatentums im Burgenland die Meinung vertreten wird, ein Aufgeben des Kroatentums bedeute auch ein Aufgeben des katholischen Glaubens und der christlichen Weltanschauung, so haben die Einwanderer vor 400 Jahren umgekehrt gesagt: Aufgeben der katholischen Religion und des alten Glaubens bedeutet ein Aufgeben des Nationalität. Es ist nicht nur ein Schlagwort gewesen, dass  'Lutheranisierung Germanisierung' bedeutet..."

Die historische Forschung ist heute mit Aussagen zu diesem Thema vorsichtig geworden. Es mehren sich die Beweise, dass in nicht wenigen kroatischen Gemeinden evangelischer Einfluss keineswegs auf einen Sturmbock des Katholizismus traf. Unbezweifelbar ist aber, dass die kroatischen Gemeinden im weit geringeren Ausmaß evangelisch wurden als ihre deutschen Nachbargemeinden. Man könnte darin auch einen Beleg dafür sehen, dass der "reformatorische Druck" von Seiten der Grundherren nicht allzu heftig war, auch wenn es in Einzelfällen zu Gewaltanwendung kam. So etwa ließ der Burgvogt von Lackenbach die Kroaten mit Haselnussstecken zum evangelischen Gottesdienst prügeln. Diese aber weigerten sich standhaft, das Abendmahl in beiderlei Gestalt zu nehmen. Es mag auch sein, dass der katholische Glaube in der Situation der Ansiedlung, die ja nicht ganz ohne Reibereien und Grenzstreitigkeiten abging, zur "Identität" der kroatischen Siedlungen in einer fremdsprachigen Umwelt beitrug. Entscheidend war aber vermutlich ein anderer Faktor, den auch Rittsteuer als besonders wichtig einstuft: Die Kroaten hatten das Recht, ihre Pfarrer zu wählen... ein Recht, dass sich die deutschen Gemeinden erst im Zuge der Reformation vorübergehend erkämpften. Deswegen und vielleicht auch darüber hinaus scheinen die kroatischen Pfarrer weit weniger Anlass zu Kritik geboten zu haben. In Wulkaprodersdorf etwa wirkte die ganze Zeit der Reformation, als die gesamte Umgebung evangelisch war, völlig unangefochten und zur vollen Zufriedenheit der Einwohner ein katholisch- kroatischer Priester. Ähnlich war es in Hornstein. Die Gegenreformation konnte sich weitgehend auf Pfarrer kroatischer Herkunft stützen.

Versuche, die kroatische Dörfer für die Reformation zu gewinnen, gab es in den Herrschaften Forchtenstein und Eisenstadt. Hans von Weispriach gewann dafür den kroatischen Prediger Stefan Consul. Er wirkte als Prediger der Weißpriach in Eisenstadt und der Stadt Ödenburg (für Kolnhof) Auch reformatorische Schriften wurden in kroatischer Sprache gedruckt. Sie kamen aus der Druckerei  des Hand Ungnad von Sonneck in Urach. Ab 1568 wirkte Consul für kurze Zeit in den kroatischen Dörfern Weispriachs. Wie weit diese Bemühungen tatsächlich erfolglos waren, ist noch immer nicht ausreichend erforscht. Es mehren sich aber die Belege, dass die Bemühungen nicht ganz erfolglos waren. Immerhin waren mit dem Wirken kroatischer Prediger auch beachtliche kulturelle Leistungen für die burgenländischen Kroaten verbunden. Zu erwähnen wären etwa die Brüder Zwonarich in Deutschkreutz oder Gregor Mekinic, der zwei kroatische Liederbücher verfasste.

Ein besonderes Merkmal des heutigen Burgenlandes ist der relativ hohe Anteil an Evangelischen an der Gesamtbevölkerung. Er ist weit höher als in jedem anderen Bundesland. Dies ist eine Folge der Zugehörigkeit zu Ungarn. In Ungarn ist die Gegenreformation niemals in dem Ausmaß gelungen wie in den österreichischen Ländern. Zwar war auch in Ungarn im 18.Jh. der Landtag mit weit überwiegender Mehrheit katholisch, aber es konnte sich eine protestantische Minderheit halten und in der besonderen Situation der Bedrohung durch die Türken - in der man auch ihre Hilfe brauchte - immer wieder ein beschränktes Maß an Duldung erlangen oder in den diversen Aufständen erzwingen. So war der Anteil derjenigen Gemeinden, die nach dem Toleranzedikt sich als evangelisch deklarierten, auch in Westungarn relativ hoch.

Der Prozess der Konfessionsbildung

Die Herausbildung der klar abgrenzbaren Konfessionen war - wie oben schon angedeutet - ein allmählicher und komplexer Prozess. "So erweist sich der Vorgang der Konfessionsbildung wie der Konfessionalisierung als ein mehrschichtiges Unternehmen ... wobei nicht übersehen werden darf, dass die Ausgangspunkte dafür religiöse Momente waren, die sich in der Formulierung von Lehraussagen nieder schlugen.

Zunächst war die erste Welle reformatorischer Strömungen endeutig von Wittenberg her bestimmt. Vor allem Philipp Melanchthon hatte Verbindungen zu Westungarn. Auch später, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, dominierte das Luthertum, vor allem als nach 1570 zahlreiche flacianische (gnesiolutheranische) Prediger in Deutschwestungarn wirkten. Sie waren gelehrte, redegewandte und überzeugende Prediger. Zwei Katechismen entsatanden damals im Land: der des Flacianers Johann Hauser in Donnerskirrchen und der des Simon Gerengel in Ödenburg. Sie trugen besonders zur konfessionellen Abgrenzung und Konsolidierung bei. Im nördlichen Teil des Landes waren nahezu alle adeligen Grundherrn Lutheraner. Im heutigen Südburgenland (mit Ausnahme der Herrschaft Bernstein unter den Königsberg) verlief die Entwicklung etwas anders. Die Batthyány wanden sich zunehmend der reformierten Richtung, dem Calvinismus, zu. Zunächst gelang es aber noch, die beiden Richtungen, die im Religonsgespräch von Tschapring (Csepreg) 1591 unterschiedliche Positionen vertraten, organisatorisch zusammen zu halten. Erst nach dem Tod des angesehenen Stephan Beythe wählten die beiden Konfessionen egene Superintendenten. Die Pfarren der Batthyány unterstanden freilich alle dem reformierten Superintendenten - ohne Folgen für das Bekenntnis. Mit dem Übertritt Adam Batthyánys zum Katholizismus verfiel das reformierte Seniorat. Die Gemeinden - mit Ausnahme von Oberwart - erwiesen sich unter der Führung von Wolfgang Lang in Rechnitz als lutherisch.

Die Rolle des Adels

Entscheidend für den Durchbruch der evangelischen Lehren waren neben den Städten Ödenburg, Pressburg, Güns u.a. vor allem die Grundherrenfamilien bzw. die Pfandherrn und Verwalter. Vor allem die Pfandherrn der Herrschaften, die unter niederösterreichischer Verwaltung, etwa die Weißpriach in Forchtenstein und Eisenstadt, förderten den Protestantismus. Nach der Übernahme in die landesfürstliche Verwaltung konnten die Verwalter zumindest noch für einige Zeit ihre schützende  Hand über die Evanelischen halten.Erst mit der Übergabe der Herrschaften an die Esterházy begann die gnadenlose Gegenreformation. Die Batthyany erklärten sich erst 1569 unter Balthasar eindeutig für die reformatorische Bewegung. Er und sein Sohn Franz förderten die reformierte Richtung. Die Gattin von Franz, Eva von Poppel - Lobkowitz, war entschiedene Lutheranerin. DieZrinyi in den Herrschaften Eberau und Rotenturm (bis 1613) förderten den Protestantismus und lösten das Paulinerkloster in Kulm auf. Mit dem Übergang der beiden Herrschaften an die katholischen Erdödy war es damit jäh zu Ende. Ganz entschiedene und frühe Anhänger reformatorischer Bestrebungen im heutigen Mittelburgenland waren die Nadasdy. Schon um 1560 waren sie eindeutig lutherisch und bauten ihre Residenzen, u.a. in Deutschkreutz, zu evangelischen Zentren aus. Die Königsberg in der Herrschaft Bernstein waren an allen Forderungen des niederösterreichischen Adels nach Glaubensfreiheit beteiligt, hatten gute Beziehunhen zum deutschen Reich und stellten zahlreiche evangelische Pfarrer und Lehrer an.

Organisation und rechtliche Situation

An der räumlich-organisatorischen Situation des Niedrigkirchenwesens änderte sich durch die Reformation nichts. Die katholischen Pfarren und Kirchen wurden nun evangelisch. Die Pfarrer wurden durch die Patronatsherren, in der Regel durch die Grundherrn, ernannt, angestellt und besoldet. Ein Berufungsbrief oder "Dienstvertrag" wurde ausgestellt, in dem die Pflichten der Parrer und auch ihre - meist karge - Besoldung festgelegt wurden. Die Grundherrn übernahmen die Pfarrpfründe und Stiftungen. Welchen Einfluss die Laien, etwa die Dorfrichter und Geschworenen auf die Pfarrereinstellung  hatten, ist umstritten. In der Gegenreformation traten diese dann oft entschieden für ihre Pfarrer ein. Auf übergeordneter Ebene entstanden, anders als in Österreich, kirchliche Einrichtungen, die dann sogar in der Gegenreformation Bestand hatten. Es waren dies die Kirchendistrikte und die Seniorate. Die Seniorate deckten sich manchmal mit grundherrschaftlichen Einheiten, etwa im Güssinger Seniorat im Südburgenland.  In den Senioraten, weniger in den Distrikten, fanden Predigersynoden statt, zum Teil jedes Jahr. An ihnen nahmen auch weltliche Herren teil. Die Senioratssynoden ordinierten die Prediger und nahmen ihnen den Eid ab. An der Spitze der Distrikte standen Superintendenten.  Zu den bedeutendsten unter ihnen gehörte etwa gehörte Gregor Musay, der noch in der Mitte des 17. Jahrhunderts in den verbliebenen evangelischen Gemeinden Visitationen durchführte.

Die Landesgesetze bestimmten natürlich den Status der Konfessionen. Die Bestimmungen des Reichstages (Landtages) von 1606/8 wurden mehrmals bestätigt. In den  Beschlüssen von 1647 wurden mehrere Kirchen aufgezählt, die den Evangelischen zurückgegeben werden sollten, etwa die Kirchen von Nickelsdorf,Zurndorf, Deutsch Jahrndorf, Hannersdorf, Kitzladen, Riedlingsdorf, Neusiedl, Kukmirn und Wolfau. Adam Batthyany wäre ebenfalls verpflichtet gewesen, Kirchen zurück zu geben, brachte aber allerhand Ausflüchte vor. Ein großer Einschnitt war dann das das Vorgehen Leopolds I. nach der sogenannten Magnatenverschwörung 1671. Eine Kommission unter der Leitung des Konvertiten Bischof Leopold Graf Kollonitsch durchzog die habsburgischen Herrschaften und vertrieb auch noch die verbliebenen Prediger und Lehrer. Es gab keine Möglichkeit mehr, evangelische Gottesdienste zu besuchen. Der Landtag von Ödenburg 1681 beendete dieses "Trauerjahrzehnt". Die Zugehörigkeit zu einer der beiden evangelischen Konfessionen wurde zwar grundsätzlich gestattet, wenn es der Grundherr duldete. Kirchen und Pfarrer gab es aber nur in den wenigen "Artikularkirchen" - in Oberwart für die Reformierten, im Ödenburger komitat in Nemeskér und Vádosfa, im Eisenburgr Komitat in Tschobing - Nemescsó und in Dömölk für die Lutheraner. 1687 wurde den dortigen Pfarrern verboten, außerhalb zu predigen, 1715 in der Explanatio Leopoldina wurde die Religionsfreiheit weiter eingeschränkt. Unter König Karl III. wurden den Protestanten weitere 140 Kirchen und Bethäuser entzogen und unter Maria Theresia sogar 192. Alle diese Maßnahmen änderten aber nichts an der Tatsache, dass es nicht verboten war, sich zu einer evangelischen Kirche zu bekennen. Die Religion durfte allerdings nur in der Form der häuslichen Andacht ausgeübt werden. Die Taufen wurden von den zuständigen katholischen Priestern durchgeführt und sie wurden in die katholischen Matriken - oft mit dem Zusatz akatholisch oder haeretisch eingetragen. Auch die Begräbnisse nahm der katholische Priester vor, überließ diese aber manchmal den Lehrern. Natürlich mussten auch die Stolgebühren von den Evangelischen an den katholischen Priester bezahlt werden. Trotz der prinzipiellen Anerkennung waren die Evangelischen immer wieder Schikanen ausgesetzt. Zum Bweispiel wurde den Evangelischen in Nemeskér ihre Kirche weggenommen, ein Neubau wurde innerhalb von 6 Monaten gestattet. Es gelang dann tatsächlich, diese Bedingung mit Hilfe von Spenden zu erfüllen. Das Toleranzpatent Josefs II. brachte - anders als in Österreich - keine Änderung für den Einzelnen. Aber es durften nunmehr Gemeinden gebildet werden und es entstanden in kürzester Zeit zahlreiche neue Kirchen.

Die städtischen Zentren

In vielen Arbeiten zur burgenländischen Geschichte wird betont, dass das Gebiet des heutigen Burgenlandes eine Region ohne Städte war und ist. Das ist nur bedingt richtig, denn außerhalb der heutigen Landesgrenzen waren die nahen Städte pressburg, Ödenburg und Güns von größter Bedetung für die kulturelle, geistige und religiöse Entwicklung auch der Dörfer im heutigen Burgenland. Eisenstadt und Rust waren im Zeitalter der Reformation noch keine autonomen königlichen Freistädte, Schlaining sollte nie zur Vollstadt werden. Das gilt auch für die Herrschaftszentren Güssing, Deutschkreutz, Lockenhaus ...Von einem Bürgertum kann man in diesen Orten keineswegs sprechen. Ödenburg hingegen war schon im Spätmittealter für damalige Verhältnisse  eine "Großstadt" , mit einem differenzierten und selbstbewußten Bürgertum. Die Stadt hatte zudm eine Grundherrschaft aus acht Dörfern aufgebaut. Mit kurzen Unterbrechungen gab es in Ödenburg immer evangelische Gottesdienste- So etwa hatte in der Zeit des "Trauerjahrzehnts" die verwitwete Fürstin Eggenberg, eine geborene Prinzessin von Hohenzollern - Ansbach, das Recht, in ihrem Stadtpalais einen Hofprediger anzustellen. Die Gottesdienste im Hof des Eggenberg - Hauses konnten auch von den Bürgern und Bewohnern der Dörfer besucht werden. Bald konnte nach der Wegnahme aller Kirchen ein Bethaus errichtet werden und zwei Prediger nangestellt werden. Von noch größerer Bedeutung war das evangelische Gymnasium, das später zur Akademie ausgebaut wurde, und eine lange Reihe von Persönlichkeiten hervorbrachte, die dann an deutschen Universitäten studierten und als Pfarrer, Lehrer oder Juristen in der Stadt wirkten. Mit ihnen kam ein religiös fundierter Humanismus in die Stadt, der auch die Gegenreformation überstand. Auch im Günser Bürgertum war dieser Geist verankert. Ösdenburg unterstützte die Artikulöarkirche in Nemeskér, Güns die in Tschobing (Nemescsó). So wie Ödenburg war auch Pressburg evangelisch geprägt. Beide Städte brachten für das kulturelle Leben bedeutende Persönlichkeiten hervor, etwa den Bürgermeister und Humanisten Christoph Lackner in Ödenburg oder Matthias Bel, Pfarrer und Gelehrter in Pressburg.

Die Städte und Dörfer Westungarns wurden auch zu Zufluchtsorten für viele Evangelische aus Niederösterreich und der Stteiermark.Sie besuchten die Gottesdienste jenseits der Grenze oder verschten dort Freihöfe zu erwerben oder städtische Bürgerhäuser zu kaufen. Freihöfe gab es etwa in Kittsee, Donnerskirchen, Piringsdorf, Deutsch Kaltenbrunn, Hannersdorf, Jormannsdorf, Oberschützen, Stadt Schlaining, Pinkafeld. Vereinzelt besaßen sie als Pfandherrn ganze Dörfer wie etwa die Freiherrn von Rindsmaul in Buchschachen. In den Esterhazyherrschaften wurden diese evangelischen Freihofbesitzer enteignet und vertrieben, in den Batthyanyherrschaften konnten sie sich vereinzelt bis in das 18. Jahrhundert halten, etwa in Pilgersdorf. Bürgerliche Exulanten gingen hauptsächlich nach Pressburg und Ödenburg, wo der Zuzug aus Niederösterreich und Wien beträchtlich war.

 

 

 

 

Grafik / Karte

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Reformation

 

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Quellen

  • Die neueste zusammenfassende Darstellung von Reingrabner,Gustav in : Ein Christenherz auf Rosen geht ...500 Jahre Reformation im Burgenland. Ausstellungskatalog Eisenstadt Landesmuseum. 2017

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    Rittsteuer Josef, Kirche im Grenzraum.Eisenstadt 1968

  •  

    Reingrabner Gustav: Das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich. Eisenstadt 1979

  •  

    Evangelisch im Burgenland. 200 Jahre Toleranzpatent. Ausstellungskatalog. Oberschützen 1981

  •  

    Reingrabner, Gustav:Faktoren der Konfessionsbildung im westungarischen Raum In: Reformation und Gegenreformation im pannonischen Raum. 13. und 14. Schlininger Gespräche.1993 und 1994. Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 102

  •  

    Fiedler, Karl:Pfarrer, Lehrer und Förderer der evangelischen Kirche im Burgenland.Eisenstadt 1959

  •  

    Prickler, Harald:: Neue Namen zur burgenländischen Kirchengeschichte des 16. Jahrhunderts. Burgenländische Heimatblätter Nr 23, 28, 34 und 59.

  •  

    Müller, Mathias: Geschichte des evangelischen Gymnasiums in Ödenburg. Ödenburg 1857.

 
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