Überblick nach H.Prickler:
"Die Periode der Türkenkriege im strengen Sinn wird begrenzt durch die Jahre 1529 und 1683, in denen die Türken versuchten, Wien zu erobern. Im weiteren Sinne gehören zu dieser Epoche aber auch die Zeiträume davor und danach: Die benachbarten Länder Steiermark und Krain wurden bereits im späten 15. Jh. von den Türken angegriffen, in unserem Raum bildeten die auf die türkischen Befreiungskriege folgenden ungarischen Nationalerhebungen zu Beginn des 18. Jh. für das geplagte Volk eine Erlebniseinheit mit den Schrecken der Türkenkriegszeit; diese Kriege werden bei uns gewöhnlich als 'Kuruzzenkriege' bezeichnet, in Ungarn hingegen - etwas pathetisch - als' Rákóczi-Freiheitskampf'.
Im einzelnen wurde das Gebiet des Burgenlandes während dieses Zeitraumes durch kriegerische Ereignisse in folgenden Jahren mehr oder minder berührt:
- 1529. 1.Türkenbelagerung Wiens. Damals wurden weite Teile des Landes, vor allem im Norden, verwüstet, beim Rückzug der Türken geriet auch der mittlere und südliche Landesteil in Mitleidenschaft.
- 1532. Der geplante Zug Sultan Solimans II. nach Wien wurde beim Städtchen Güns aufgehalten und führte danach über Wiener Neustadt in die Ost- und Untersteiermark, Streifscharen der Türken drangen bis zur Enns vor. Der burgenländische Raum als unmittelbares Hinterland von Güns hatte natürlich während der Belagerung besonders schwer zu leiden.
- Während des so genannten 'Fünfzehnjährigen' oder 'Langen' Türkenkrieges 1593-1606 wurde unser Landstrich in zwei Jahren vom Kriegsge-schehen direkt berührt: 1594,nach dem Fall der Festung Raab, drangen tatarische Streifscharen nach Westen vor und verbrannten im Seewinkel und auf dem Heideboden mehr als zehn Dörfer; 1605 verbanden sich die ungarischen Aufständischen unter dem Siebenbürger-Fürsten Bocskay mit den Türken und Tataren und überzogen in mehreren Wellen das westungarische und ostösterreichisch- steirische Grenzgebiet. Während des Feldzuges wurde Ödenburg durch mehrere Wochen vergeblich belagert, in dieser Zeit geriet das Hinterland in Not und Verderben, die Angriffe der Rebellen auf Bernstein, Hartberg, Radkersburg, eine verheerende Niederlage der kaiserlichen Partei bei Steinamanger wirkten sich für das Südburgenland katastrophal aus.
- 1619-1622. Der ungarische Nationalaufstand des Fürsten Gabriel Bethlen gegen die Habsburger hat zwar mit den Türken nichts zu tun, für die in den Feldzügen Bethlens gegen die Westgrenze des ungarischen Königreiches gepeinigte Bevölkerung verdrängten jedoch die Schrecken der so genannten 'Bethlehemischen Flucht' für lange Zeit die Erinnerung an die früheren Türkenkriege.
- 1662-1664. Der an zwei Fronten im heute slowakischen Oberungarn und im südwestungarisch-nordkroatischen Bereich ausgetragene Krieg endete mit dem Abwehrsieg Montecuccolis bei Mogersdorf - St.Gotthard 1664 und mit dem von den Ungarn als Schmach empfundenen Frieden von Eisenburg/Vasvár; der Krieg berührte zwar unser Gebiet nur kurz, der Durchzug der kaiserlichen Truppen und ihrer Hilfsvölker sowie eine starke Fluchtbewegung der Bevölkerung beim Herannahen der Front verursachten aber doch folgenschwere Beeinträchtigungen.
- 1683. Beim letzten Versuch der Türken, die Reichshauptstadt Wien zu erobern, geriet unser Landstrich für mehr als zwei Monate in die Botmäßigkeit der Türken bzw. der Kuruzzen; im Gegensatz zu früheren Kriegen gelang es diesmal manchem Magnaten unseres Raumes, auch den Freistädten, durch rechtzeitige Huldigung und Unterwerfung das ärgste Verhängnis für ihre Besitzungen und Untertanen abzuwenden, wenngleich der Kleinkrieg, der sich zwischen den 'türkentreuen' Batthyány bzw. ihren Untertanen und den Steirern entwickelte, in seinem Effekt nicht viel von den Verwüstungen unterschied, die von den Türken, Tataren und Kuruzzen in den Besitzungen der habsburgtreuen Grafen Esterházy und Kéry angerichtet wurden.
- 1704-1709. Während der Kuruzzenkriege durchzogen aufständische Kuruzzen und kaiserliche 'Labanzen' immer wieder unser Gebiet, lieferten sich gelegentlich Schlachten und plagten gleicherweise die arme Landbevölkerung durch Requirierung von Viktualien, Vieh, Wein, Futtermitteln usw. Zweifelsohne haben die Kuruzzenkriege wegen ihrer Langwierigkeit zu der merklichen Verarmung der nordburgenländischen Bevölkerung im 18.Jahrhundert gegenüber dem 17. Jahrhundert beigetragen, zumindest haben sie einen bereits bestehenden ökonomischen Prozeß in seiner Wirkung verstärkt."