"In Mogersdorf, an des Ortes End...." - Die Schlacht von Mogersdorf im Jahre 1664
Kein anderes Ereignis aus der "Türkenzeit" ist so sehr im historischen Bewusstsein der Burgenländer verankert wie die Schlacht von Mogersdorf, die in der Fachliteratur zumeist Schlacht von St. Gotthard genannt wird. Dafür sorgten und sorgen immer wieder "Jubiläumsveranstaltungen", Gedächtnismessen, die Gedenkstätten in Mogersdorf selbst. Die historische Bewertung der Schlacht ist bisher höchst unterschiedlich. Besondere Beachtung findet sie wohl deshalb, weil erstmals tatsächlich "die Christenheit" den Türken entgegentrat: Reichstruppen hauptsächlich, die in mühseligen Märschen durch alle Gegenden Österreichs heraneilten, aber auch Rheinbundtruppen und Franzosen. Dementsprechend groß war auch die Konfusion, bis man sie alle an Ort und Stelle hatte, am Sammelplatz rund um Ödenburg. Der Sieg wird von einigen als bedeutungslos eingestuft, vor allem auch im Hinblick auf den rasch abgeschlossenen Frieden ("Schandfrieden") von Eisenburg/Vasvár, von anderen hingegen als "die Wende" im Jahrhunderte langen Türkenkampf gesehen. In der österreichischen Geschichtsschreibung werden die Schlacht und die Rolle Montecuccolis hoch bewertet. In der ungarischen Geschichtsschreibung wird sie zumeist nur knapp erwähnt. Es waren ja auch kaum ungarische Truppen an ihr beteiligt. Der "Held" der ungarischen Historiker ist Nikolaus Zrinyi, dessen Erfolge im Winterfeldzug 1663/64 ausführlich geschildert werden. Zrinyi und Montecuccoli waren verfeindet. Dem kaiserlichen Oberbefehlshaber wurde und wird sein Misstrauen und seine Ungarnfeindschaft vorgeworfen, für die sich in seinen Schriften tatsächlich zahlreiche Belege finden. Der ungarische Geschichtsschreiber Ignac Acsády fand 1898 doch noch zu einer Deutung der Schlacht im magarisch - nationalistischen Sinn: Die hochwasserführende Raab wäre ja eine Ungarin und die eigentliche Siegerin der Schlacht gewesen. Außerdem hätten sich die Türken deshalb zur Flucht gewannt, weil sie fälschlicherweise auf christlicher Seite den gefürchteten Zrinyi vermuteten ...
Die eigentliche burgenländische Landesgeschichte berührt die Schlacht wenig, wenn man von Mogersdorf selbst absieht. Die westungarischen Bauern waren, wie diverse Klagen von Kriegsteilnehmern zeigen, von den durchmarschierenden "Befreiungstruppen" wenig begeistert, ja sogar Überfälle kamen vor. Trotzdem kommt man in einer burgenländischen Geschichte natürlich nicht umhin, die Ereignisse von 1664 zu schildern.
Dem Krieg, der auch der "kurze Türkenkrieg" genannt wird, gingen diplomatische Verhandlungen voraus. 1661 versuchten Grenzdelegationen die Grenzstreitigkeiten in Siebenbürgen beizulegen. Der neue Growesir Fazil Ahmed Pascha zeigte sich wenig nachgiebig. 1662 überbrachten die Gesandten des Kaisers, Reniger von Renigen und Johann Philipp Beris, in Istambul die Forderungen des Kaisers. Der Streit ging vor allem um den Rückzug der kaiserlichen Truppen aus Siebenbürgen, das die Osmanen ja als ihr Tributärfürstentum sahen, um die Festung Ziclehid und um die von Nikolaus Zrinyi gegenüber Kanizsa neu errichtete Festung Neu - Zrin. Der Krieg brach 1663 um Siebenbürgen aus. Habsburgische Truppen hatten die Festung von Zickelhid und Klausenburg erobert. In der Nähe von Kanizsa wurde mit Neu - Zrin eine neue Burg erbaut. Darin sahen die Osmanen einen Bruch des Friedensabkommens. Die Pforte brach schließlich die Friedensverhandlungen ab und die kaiserliche Seite war nicht bereit, die Forderung des Großwesirs nach einem jährlichen Tribut von 30 000 Dukaten zu erfüllen.
Die Hohe Pforte beschloss wieder einmal einen Angriff auf die Erbländer, auf Wien - so vermutete man wenigstens im Westen oder behauptete es , um möglichst große Hilfe zubekommen. Die überaus wichtige kaiserliche Festung Neuhäusl fiel am 24. September 1663. Der Großvesir verbrachte den Winter in Belgrad. Im Jänner eilte er den von den kaiserlichen belagerten Festungen Szigetvár und Kanizsa zur Hilfe und zerstörte Neu- Zrin.
Die türkische Armee, so wurde behauptet, hätte eine nie dagewesene Größe von 300 000 Mann. Der Regensburger Reichstag stimmte tatsächlich einer umfangreichen Türkenhilfe zu. Neben diesen Reichstruppen unter Markgraf Wilhelm von Baden kamen auch Rheinbundtruppen und sogar französische Kontingente. Eune äußerst problematische Angelegenheit war das Angebot des Rheinbundes und - in dessen Rahmen - Frankreichs, am Feldzug gegen die Osmanen teilzunehmen. Denn dadurch wurde der "Erbfeind" Frankreich aufgewertet und der Rheinbund als Sonderbund im Reich akzeptiert. Kaiser Leopold hatte jedoch keine andere Wahl, er brauchte die Untestützung der Rheinbundtruppen. So wurde im Jänner 1664 offiziell Ludwig XIV. um Unterstützung gebeten. Ein Kontingent von 6000 Mann französischer Hilfstruppen unter Graf Jean de Coligny - Saligny nahm neben der kaiserlichen und der Reichsarmee an der Schlacht teil. Die Franzosen hatten einen erheblichen Anteil am Sieg. Die französischen Generäle wurden reich beschenkt und Ludwig XIV. erhielt die nehezu 300 goldenen Bienen, die man 1653 im Grab des Merowingerherrschers Childerich I. in Tournai entdeckt hatte. Ludwig stelle christliche Solidarität zur Schau und trug einen erheblichen Prestigegewinn davon. Außerdem war zu dieser Zeit das traditionell gute Verhältnis zwischen der Pforte und Frankreich belastet - der französische Gesandte war misshandelt worden, Frankreich unterstützte Venedig im Kampf um Kreta und ging gegen die Barbareskenstaaten in Nordafrika vor. Der Sieg von Mogersdorf wurde von der französischen Propaganda ausgeschlachtet. Den Oberbefehl hatte der kaiserliche General Graf Raimund Montecuccoli.
Der Großwesir Achmed Köprülü marschierte, nachdem ein Versuch, die Hochwasser führende Raab bei Körmend zu überschreiten, gescheitert war, sein etwa 100 000 Mann starkes Heer Raab aufwärts, Montecuccoli folgte ihm am anderen Raabufer mit dem Ziel, den Flussübergang zu verhindern. Die Situation war insofern sehr schwierig, als es tagelang geregnet hatte und die christliche Armee - wie üblich- schlecht versorgt war. Die Raab war ein schwer zu überwindendes Hindernis.
Am 30.Juli schlugen die Türken bei Sankt Gotthard, am rechten Raabufer, ihr riesiges Lager auf, Montecuccoli stellte seine Armee gegenüber, an den Hängen des Mogersdorfer Schlösselberges, auf. Die Kaiserlichen bildeten den rechten Flügel, in der Mitte stand die Reichsarmee und links die Franzosen und Rheinbundtruppen. Etwa 60 000 kämpfenden Türken standen etwa 26 000 Christen gegenüber ( Schätzungen nach Wagner).
In der Nacht auf den 1.August 1664 überschritten osmanische Elitetruppen die Raab, errichteten Behelfsbrücken und bildeten einen starken Brückenkopf. Mogersdorf wurde besetzt. Erst am Morgen begannen Kaiserliche und Reichstruppen mit dem Gegenangriff. Die Türken täuschten eine Flucht vor, stürzten sich dann aber plötzlich auf ihre Gegner und lösten damit große Verwirrung aus. Ein Augenzeuge berichtet:
"So erstaunungswürdige Wirkung eines panischen Schreckens sah ich niemals als damals. Es gab ganze Regimenter, wo sich die Soldaten die Köpfe herab hauen ließen, ohne aus ihren Gliedern zu weichen und ohne den geringsten Widerstand zu tun; so hatte sie der Schrecken ergriffen; sie schrieen immer nur mit lauter Stimme zur heiligen Maria..." (K. Peball, Die Schlacht bei St.Gotthard-Mogersdorf. Militärhistorische Schriftenreihe ,1964,S.15)
Gegen Mittag trat ein Kriegsrat der christlichen Heerführer zusammen. Die Franzosen, die den Auftrag hatten, möglichst ihre Truppen schonend vorzugehen, mussten erst zu einem neuen Angriff überredet werden. Montecuccoli zögerte. Der Befehlshaber der Reichstruppen, Hohenlohe, aber trat enschieden für einen Großangriff ein, obwohl seine Kontingente bisher die größten Verluste erlitten hatten. Erst jetzt trat die christliche Armee zum Gegenangriff an, wobei ihre Generäle, etwa der Herzog von Lothringen und selbst Montecuccoli vor persönlichem Einsatz nicht zurückschreckten. Sie drängten die Türken, die inzwischen bereits die christlichen Linien erreicht hatten , zurück. Um Mogersdorf gab es einen regelrechten "Häuserkampf", da die Türken außerordentlich tapfer Widerstand leisteten; die Häuser wurden angezündet, die Türken verbrannten lieber, als sich zu ergeben... Die türkische Reiterei versuchte inzwischen, über die Raab hinweg die Christen in die Zange zu nehmen, dem Reitergeneral Sporck gelang es jedoch, sie in einer großartigen Attacke zurückzuwerfen.
Inzwischen hatten die Türken ihren Brückenkopf ausgebaut. Gegen ihn richtete sich nun der christliche Hauptangriff, der in Ruhe und Ordnung, mit der geballten Feuerkraft der Infantrie vorgetragen wurde... Die Türken begannen zu weichen, zuerst langsam, dann in panikartiger Flucht: "und sie stürzten sich massenweise in das Gewässer, dessen Lauf ziemlich reißend ist. Eine Stunde lang war dieses ganz bedeckt, der große Teil wurde erstickt, der Rest ging durch das Feuer unserer Soldaten zugrunde, die ohne Unterlass und nach Belieben auf jene salvenweise feuerten, welche die Ufersäume gewinnen wollten..." (Wagner,S.356)
Der Großwesir musste am anderen Ufer der Raab das ganze Fiasko seiner Truppen mit ansehen. Er beschloss den Abzug seiner Armee. Etwa 12-14 000 Türken und etwa 2000 Angehörige der christlichen Armee waren gefallen.
Genaue Schilderung der Geschichte der Schlacht von Mogersdorf in:
- G. Wagner, Das Türkenjahr 1664 - eine europäische Bewährung. Burgenländische Forschungen 48, Eisenstadt 1964