Ulrich von Grafenegg, ein Söldnerführer des Spätmittelalters
Die Grafenegger stammten aus Schwaben. Ihre Stammburg liegt bei Memmingen. Ulrich I. von Grafenegg kam als Söldnerführer im Verlauf der Grenzkämpfe unter Friedrich III. in den westungarischen Raum. Wie Baumkircher gelangte er zu Ansehen und Reichtum. In Niederösterreich besaß er Trautmannsdorf und Wolfenreut, wo er eine Burg erbauen ließ, die er nach der Stammburg der Familie ebenfalls Grafenegg nannte. In Westungarn bekam er die Kleinherrschaft Baumgarten, zu der neben dem Ort Baumgarten auch Rohrbach und Siegendorf gehörten. Zeitweise war er auch Pfandherr von Landsee.
Wie Ulrich von Grafenegg in den Besitz von Baumgarten kam, ist nicht ganz klar. Es scheint, als ob der Vorbesitzer Martin Weitracher sich in den bis 1445 andauernden Grenzkämpfen auf die Seite des Johann Hunyady gestellt hätte. Baumgarten wurde von den Anhängern Friedrichs erobert. Weitracher fiel oder starb bald darauf, sein Sohn Konrad ist jedenfalls nicht mehr Besitzer von Baumgarten, obwohl er sich noch jahrelang nach diesem Ort nannte. So dürfte der Grafenegger Baumgarten wahrscheinlich 1445 oder 1446 bekommen haben. Als Johann Hunyady 1446 gegen den Habsburger zog, war Grafenegger jedenfalls schon im Besitz der Burg, denn er versuchte mit Hilfe der Ödenburger, deren Wallanlagen auszubessern. Da Ulrich im Dienste Kaiser Friedrichs III. auch Burghauptmann von Güns und oft abwesend war, bestellte er in Baumgarten einen Burggrafen namens Friedrich Raben. In einem Brief an die Ödenburger nannte er seinen Pfleger auf Baumgarten Bogram, also Wagram - möglicherweise ein Angehöriger des alten österreichischen Adelsgeschlechtes von Wagram. Ein anderer Wagram, Wolfgang, findet sich später ebenfalls im Umfeld des Grafeneggers.
Die Burg in Baumgarten war also nicht in bestem Zustand und der Grafenegger nicht unbedingt ein angenehmer Nachbar. Das sollte vor allem die Stadt Ödenburg zu spüren bekommen. Ödenburg befand sich damals im Besitz Friedrichs III.Es war 1440 von der Königinwitwe Elisabeth an Friedrich III. verpfändet worden. Dieser befahl den Ödenburgern, ihre Untertanen zum Bau der Befestigungsanlagen nach Baumgarten zu schicken. Sie mußten dem Grafenegger außerdem Arbeitskräfte für die Bestellung seiner Weingärten und Felder in Mörbisch, Rust, Baumgarten und Rohrbach stellen und Zahlungen für dessen Kriegsvolk leisten. 1451 mussten sie auf Anweisung des Raaber Bischofs sogar den Zehent an Grafenegger und Baumkircher abliefern.
Das Verhältnis zwischen den Nachbarn Ödenburg und Baumkircher wurde schwieriger, als sich letzterer von Friedrich III. abwandte. Zusammen mit anderen westungarischen Söldnerführern wie Baumkircher und Liechtenstein ging er auf die Seite des jungen Ladislaus Postumus über, in dem viele den rechtmäßigen König von Ungarn und Erzherzog von Österreich sahen. 1156 ließ der Kaiser daraufhin die Ödenburger gegen Baumgarten ausrücken und die Burg erobern. Als Verwalter von Baumgarten wurde für kurze Zeit Markgraf Albert von Brandenburg, Burggraf von Nürnberg, tätig. Ödenburg geriet zwischen die Mühlsteine der Parteien, wurde von beiden Seiten umworben, von Grafenegger aber auch gewarnt. Die Stadt erkaufte sich den Frieden. Bald darauf kam es zur Aussöhnung zwischen den Parteien, die Ödenburger mussten die Besitzungen des Grafeneggers, die ihnen Friedrich III. zur Nutzung übertragen hatte, wieder herausgeben. Aber schon kurze Zeit später brach der Streit wieder aus. Diesmal ging es um die reiche Erbschaft der Grafen von Cilli. Der Grafenegger trat mit zahlreichen Adeligen wieder auf die Seite des Ladislaus Postumus. Die Ödenburger wurden wieder ins Feuer geschickt und mussten im Auftrag Friedrichs III. Wein und Getreide auf den Grafenegger - Gütern ernten und nach Wiener Neustadt abliefern. Der Grafenegger eroberte inzwischen im Auftrag des Ladislaus die Stadt Bruck an der Leitha und bekam von diesem als Entschädigung und Belohnung für ein Jahr Steuereinnahmen und Zehent der Stadt Ödenburg. Im November 1457 starb der junge Ladislaus, die streitenden Parteien söhnten sich aus. In dieser Zeit taucht Grefenegger auch als Pfandherr von Landsee auf. Als Pfleger setzte er den Ödenburger Wilhelm Mischlinger ein, einem anderen Ödenburger, dem Edlen Hanusko Tettlinger überließ er einen Stubenhof genannten Freihof in Siegendorf auf Lebzeiten. Aber schon im Mai 1459 war Sigmund von Weispriach Pfandherr von Landsee.
Die Aussöhnung nach dem Tode des Ladislaus Postumus währte nicht lange. Es kam zu einer Doppelwahl. Der Pester Generallandtag von 1459 wählte Matthias Corvinus zum neuen König. Die westungarischen Adeligen aber standen größtenteils auf der Seite Friedrichs III. und wählten eineinhalb Monate später diesen auf Burg Güssing zum König von Ungarn. Zwar wandten sich die meisten Wähler bald enttäuscht von ihm ab, Baumkircher, Ellerbach und der Grafenegger blieben jedoch auf seiner Seite. Sie kamen den von Corvinus - Anhängern bedrängten Ödenburgern zur Hilfe. An den Kämpfen war auch schon Ulrichs Sohn, Wolfgang von Grafenegg, beteiligt. Die Ödenburger, die neuerliche Parteienämpfe fürchteten, trugen Ulrich von Grafenegg die Würden des Obergespans und des Burghauptmannes an. Friedrich bestätigte dies. Zuvor hatte der Kaiser Grafenegger für seine Treue reich belohnt und ihn zum kaiserlichen Rat erhoben. Auch das Münzregal erhielt er in dieser Zeit.
Mit ein Teil der Belohnung für seine Söldnerführer war die Verleihung des Münzregals an den Grafen von Sankt Georgen - Bösing, an Berthold von Ellerbach, an Baumkircher und an den Grafenegger. Freilich verzichteten diese auch auf eine beträchtliche Summe, die der Kaiser ihnen schuldete. Grafenegger übte das Münzregal zwischen 1460 und 1463 tatsächlich aus. Die Münzstätte lag in Ödenburg, wovon die Bürger nicht begeistert waren, obwohl ihnen Grafenegger beiderseitigen Nutzen in Aussicht stellte. Grafenegger ließ Goldgulden prägen. Spätestens 1463, mit dem Ödenburger Frieden und dem Verlust der Obergespanswürde, wurde auch die Münzprägung in Ödenburg eingestellt.
In die Zeit des Grafeneggers als Hauptmann von Ödenburg fiel auch der kaiserliche Auftrag, mit aller Härte gegen das Unruhenest Katzenstein vorzugehen.
Im Frieden von Ödenburg von 1463 fiel die Stadt Ödenburg freilich an Corvinus. Ulrich von Grafenegg gab seine Würden ab. Corvinus belehnte ihn für kurze Zeit mit Eisenstadt. In der Folgezeit stand der Grafenegger weiterhin auf Kaiser Friedrichs Seite, etwa im Zwist mit dessen Bruder Albrecht VI. 1462 erhielt Ulrich die Pfandherrschaft über Bruck an der Leitha. Für den abwesenden Sigmund von Weispriach übernahm er die Burghut von Kobersdorf. Grafenegger war als Hauptmann in Böhmen und gegen die Türken im Einsatz. Diese kriegerischen Unternehmungen kosteten sehr viel, sodaß Matthias Corvinus die Ödenburger aufforderte, ihm einen Teil der Wegzölle zu überlassen. Ulrich wurde in den Freiherrnstand erhoben.
Im Zuge der Baumkircherfehde brach Ulrich von Grafenegg endgültig mit Kaiser Friedrich III. 1472 stellte er sich unter den Schutz von Matthias Corvinus. Er blieb nunmehr bis zu seinem Tod im Jahre 1487 im Dienste des Corvinus.Vermittlungsversuche scheiterten zunächst. Für die Burg in Baumgarten bedeutete das das Ende. Sie wurde wahrscheinlich im Verlauf einer Fehde, die der Burghauptmann von Wiener Neustadt im Auftrag Friedrichs III. gegen den Grafenegger führte, endgültig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Im Jahre 1475, im Jahr der Gründung des Baumgartner Klosters, wurde sie jedenfalls als zerstört erwähnt. Da Grafenegger in dieser Zeit Landsee erhielt, war er an einem Wiederaufbau der Burg wahrscheinlich auch nicht mehr interessiert.
Wann genau Ulrich von Grafenegg mit Landsee belehnt wurde, ist nicht bekannt, es muß zwischen 1471 und 1473 gewesen sein. Sigmund von Weispriach verlor Landsee wahrscheinlich, weil er sich gegen Corvinus stellte und versuchte, die Bürger von Ödenburg gegen diesen aufzubringen.
Der Grafenegger war als Herr von Landsee nunmehr zwar weiter von Ödenburg entfernt, trotzdem gab es weiterhin eine Reihe von Problemen, etwa einen Streit wegen der Besitzung von Egered (Agaren), die beide für sich reklamierten, und wegen eines Grafenegger - Hauses in Ödenburg. Die Kleinherrschaft Baumgarten - Rohrbach - Siegendorf wurde Landsee angeschlossen.
1477 konnte ein Ausgleich der Grafenegger mit den Habsburgern erzielt werden. Für 50.000 Goldgulden überließen die Grafenegger alle ihre Besitzungen in Österreich dem Landesherrn. Sie verpflichteten sich, Österreich nicht mehr zu betreten. Im Feldzug des Matthias Corvinus gegen die Habsburger im Jahre 1484 spielte Ulrich von Grafenegg nochmals eine wichtige Rolle. Corvinus besetzte weite Teile Niederösterreichs. Ulrich bekam als Belohnung einige beschlagnahmte Herrschaften, etwa Eisenstadt, das bisher Johannes Siebenhirter von Friedrich III. zu Pfand hatte, Bernstein, die Hälfte der Besitzungen, die zu den zerstörten Burgen Oslip und Trausdorf gehörten. Etwas früher hatte Ulrich auch die Burg Hornstein bekommen, die Georg von Pottendorf von Friedrich III. zu Lehen hatte und die nach dessen Tod an Ungarn fiel. Auch Scharfeneck und Seibersdorf kamen an den Grafenecker. 1487 fiel Ulrich I. von Grafenegg bei der Belagerung des Schlosses Klamm - Schottwien. Sein Sohn Wolfgang war zu dieser Zeit ebenfalls schon tot. Auch er war in einem Gefecht gefallen.
Ulrich I. von Grafenegg war auch der Stifter des Klosters von Baumgarten (heute "Ödes Kloster" genannt).
Ulrich I. von Grafenegg war in erster Ehe mit Elisabeth von Pernegg verheiratet. Aus dieser Ehe stammten die Kinder Wolfgang, Veit und Margarethe. In zweiter Ehe war er mit Katharina von Pottendorf vermählt. Dieser Ehe entsprangen vier Kinder: Andreas, Ulrich II, Friedrich und Elisabeth.
Nach dem Tod Ulrichs von Grafenegg hatte die Familie anscheinend große Probleme. Landsee wurde vom ungarischen König Wladislaw II. an böhmische Söldnerführer übergeben, die auch Baumgarten, Rohrbach und Siegendorf beanspruchten. Zudem kehrten die Weispriach zurück, die ebenfalls Anspruch auf Landsee anmeldeten. 1506 ist Ulrich, der Sohn Sigismunds von Weispriach, Pfandherr von Landsee, nach seinem Tod behauptete sich seine Witwe Gertrud im Rahmen der Landseer Fehde, die von 1508 bis 1524 tobte und auch die Kleinherrschaft Baumgarten schwer in Mitleidenschaft zog.
Es scheint, als ob sich die Nachkommen Ulrichs von Grafenegg zumindest in Baumgarten noch behauptet hätten. 1503 wurde Ulrich II. in einer Urkunde, Walbersdorf betreffend, als Zeuge genannt. Er muss also noch Baumgarten, das an Walbersdorf grenzt, besessen haben. 1504 schloss dieser Ulrich in Augsburg einen Kaufvertrag mit seinem Oheim Dr. Veit von Fürst, der Scharfeneck, Hornstein und Seibersdorf betraf. Ulrich wollte damals in den Johanniterorden eintreten, starb aber schon 1505/06. Sein Bruder Georg war zu dieser Zeit ebenfalls schon tot. Seine Schwester Elisabeth, die mit Christoph von Topel vermählt war, lebte zu dieser Zeit noch. Sie übertrug 1507 ihr Vermögen an ihren Schwager Christoph von Zinzendorf. Sie verfügte die Übertragung der Güter in Baumgarten an die Pauliner in Wandorf. Das Wandorfer Kloster wurde freilich 1529 von den Türken zerstört und erst 1533 auf Anordnung König Ferdinands I. wieder aufgebaut. Es bestand bis zur Aufhebung durch Josef II.